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OVG Bautzen Beschluss vom 10.12.2014 - 3 B 148/14 - Drogenabhängigkeit und Entwöhnungsnachweis

OVG Bautzen v. 10.12.2014: Drogenabhängigkeit und Entwöhnungsnachweis


Das OVG Bautzen (Beschluss vom 10.12.2014 - 3 B 148/14) hat entschieden:
  1. Zur schriftlichen Begründung des besonderen Interesses am sofortigen Vollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis reicht es aus, dass sich die Behörde zur Rechtfertigung auf die allgemein bekannten Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Fahrtauglichkeit bezieht.

  2. Wird die Fahrerlaubnis wegen nachweislichen Konsums harter Drogen entzogen, ist bei der Prüfung, ob der Betroffene die Fahreignung wiedererlangt hat, danach zu unterscheiden, ob der Betroffene nachweislich drogenabhängig ist oder nicht.

  3. Lässt sich eine Abhängigkeit nicht nachweisen, kann eine Entwöhnungsbehandlung nicht gefordert werden. Auch genügt unter Umständen der Nachweis einer Abstinenzzeit von weniger als einem Jahr.

  4. Als Nachweis der Drogenabstinenz sind ärztliche Drogenscreenings nur aussagefähig, wenn sich ihnen entnehmen lässt, dass der Betroffene im Rahmen einer Vereinbarung aufgrund kurzfristiger Einbestellung und nicht aus eigenem Entschluss zur Substanzentnahme erschienen ist.

  5. Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt grundsätzlich auch dann, wenn der Betroffene - etwa als Berufskraftfahrer - auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist.

Siehe auch Drogen im Fahrerlaubnisrecht und Drogenabstinenz und Wiedererlangung der Fahrerlaubnis


Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass es das Verwaltungsgericht zu Unrecht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom... Juni 2014 wiederherzustellen oder anzuordnen. Mit diesem Bescheid entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen A1 und CE einschließlich der beinhalteten Klassen (Nr. 1), forderte ihn auf, den Führerschein innerhalb von drei Werktagen abzugeben (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügungen Nr. 1 und Nr. 2 an (Nr. 4).

Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO den Anforderungen an eine schriftliche Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden öffentlichen Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen.

Die Fahrerlaubnisbehörde hat zur Begründung angegeben, die sofortige Vollziehung der Verfügungen Nr. 1 und Nr. 2 ihres Bescheids sei im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten, um Nachteile für Leben, Gesundheit und Eigentum zu vermeiden, die dem Antragsteller selbst, aber auch der Allgemeinheit unter Umständen entstehen könnten, wenn der Antragsteller weiterhin Betäubungsmittel konsumiere. Ungeeignete Kraftfahrer sollten deswegen vom Kraftverkehr ferngehalten werden. Demgegenüber habe sein privates Interesse, von der Fahrerlaubnis bis zur Klärung in der Hauptsache Gebrauch machen zu können, zurückzustehen.

Der Antragsteller wendet dagegen ein, die gegebene schriftliche Begründung sei floskelhaft und daher unzureichend. Weder habe der Antragsgegner seine lang anhaltende Abstinenz seit dem letzten Vorkommnis oder die Tatsache, dass er in den vergangenen Jahren keinerlei Auffälligkeiten gezeigt habe, noch den Umstand berücksichtigt, dass er alternativ auf freiwilliger Basis stabilisierende verkehrstherapeutische Maßnahmen angeboten habe, um die Entziehung der Fahrerlaubnis abzuwenden.

Die gegebene schriftliche Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Das Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist rein formeller Natur. Notwendig und zugleich ausreichend ist, dass die Begründung erkennen lässt, dass und warum die Behörde dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Dies ist hier der Fall. Die drohende weitere Verkehrsteilnahme von Konsumenten sog. harter Drogen beinhaltet eine Gefahrenlage, in der sich die Begründung für die Ordnungsverfügung selbst und diejenige für deren sofortige Vollziehung typischerweise weitgehend decken. Daher reicht es aus, wenn sich die Behörde - wie hier - zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung auf die allgemein bekannten Auswirkungen des Drogenkonsums auf die Fahrtauglichkeit bezieht, ohne dabei ausdrücklich eine Verbindung speziell zum Fall des Betroffenen herzustellen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 12. Mai 2014 - 16 B 330/14 -, juris Rn. 2). Ob die Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen, dem Betroffenen die Fahrerlaubnis zu entziehen, ist keine Frage des formellen Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern vielmehr eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Fahrerlaubnisentziehung.

Die Beschwerde bleibt auch ohne Erfolg, soweit sich der Antragsteller gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Entziehung der neuerteilten Fahrerlaubnis wendet. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Antragsteller am 23. Februar 2014 als Führer eines Kraftfahrzeugs im Rahmen einer Polizeikontrolle aufgegriffen wurde und die Untersuchung der sodann entnommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig einen Nachweis von 471,3 ng/ml Methamphetamin („Crystal“) sowie 30,5 ng/ml Amphetamin („Speed“) erbrachte.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller wegen der Einnahme von solchen Betäubungsmitteln i. S. v. § 1 Abs. 1 BtMG i. V. m. dessen Anlagen II bis III gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. Nr. 9.1 Anlage 4 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Bei nachgewiesenem Konsum solcher Betäubungsmittel kommt es nicht auf eine bestimmte Häufigkeit des Konsums oder darauf an, ob der Betroffene Drogenkonsum und Fahren trennen kann. Bereits der erstmalige gesicherte Nachweis einer relevanten Menge von Amphetamin und Methamphetamin im Blut eines Kraftfahrzeugführers rechtfertigt die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (SächsOVG, Beschl. v. 14. Februar 2012 - 3 B 357/11 -, juris Rn. 4), wobei der Senat bislang die Frage offen gelassen hat, ob das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung der Droge nachgewiesen sein muss (SächsOVG, Beschl. v. 3. Juni 2014 - 3 B 67/14 -, juris Rn. 8 m. w. N.).

Soweit der Antragsteller dagegen unter Vorlage entsprechender eidesstattlicher Versicherungen vorträgt, die festgestellten Blutwerte könnten nur auf eine Verwechselung von Getränkebüchsen desselben Herstellers zurückzuführen sein, hilft dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (SächsOVG, Beschl. v. 14. Dezember 2012 - 3 B 274/12 -, juris Rn. 5) zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht durch bloßes Abstreiten des bewussten Konsums von Betäubungsmitteln widerlegen lässt. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einem harte Drogen konsumierenden Fahrerlaubnisinhaber für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen, sind an die Plausibilität der Einlassung des Betroffenen, das Betäubungsmittel sei ihm ohne sein Wissen von Dritten verabreicht worden, erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Fahrerlaubnisinhaber muss zumindest eine nachvollziehbare Schilderung abgeben, wie es zu einem unbewussten, zufälligen oder durch Dritte manipulierten Genuss des Betäubungsmittels gekommen sein soll. Dies ist dem Antragsteller auch unter Berücksichtigung seines Beschwerdevorbringens nicht gelungen.

Dass der Antragsteller abstinent sein soll, wie er im Beschwerdevorbringen wiederholt versichert, und das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Einfluss von Betäubungsmitteln nur auf eine Verwechselung zurückzuführen sein könne, ist jedenfalls nicht glaubhaft. Hierzu trägt der Antragsteller mit der Beschwerde vor, sein Bruder habe am Abend, bevor der Antragsteller aufgegriffen wurde, anstatt zu dessen eigener mit Betäubungsmitteln gemixten Getränkedose zu seiner, des Antragstellers, benutzten Getränkedose derselben Marke gegriffen. So habe er, der Antragsteller, unwissentlich aus derjenigen seines Bruders getrunken und somit unbewusst Betäubungsmittel zu sich genommen.

Dieses Vorbringen ist insgesamt unglaubhaft. Der Antragsgegner hat das Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig während des laufenden Beschwerdeverfahrens mit der Klärung der Frage beauftragt, ob „anhand des früheren BtM-​Konsums, der angeblichen anschließenden jahrelangen Abstinenz und der heutigen Nachweise von Amphetamin und Methamphetamin in der nachgewiesenen Menge“ beim Antragsteller davon auszugehen ist, „dass er tatsächlich keine Auswirkungen der behaupteten unbewussten Drogenaufnahme verspürte“. Aufgrund des vom Institut für Rechtsmedizin erstellten Gutachtens vom... August 2014 ist im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht drogenabstinent war. Angesichts der beim Antragsteller festgestellten Betäubungsmittelkonzentrationen einerseits und den Feststellungen der Ärztin, welche die Blutabnahme vorgenommen hatte, zu drogenkosumbedingten Effekten und Verhaltensweisen andererseits, ist es nämlich unwahrscheinlich, dass der Antragsteller - wie er vorgibt - nach längerer Abstinenz wieder erstmalig Drogen konsumiert hatte.

Die Gutachter kommen in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei demjenigen, der sich - wie der Antragsteller - auf jahrelange Methamphetaminabstinenz beruft, angesichts der festgestellten Konzentration an Methamphetamin deutlichste Auswirkungen in körperlicher als auch in psychischer Hinsicht zu erwarten gewesen wären. Diese wären von der Ärztin, die das Blut entnommen hatte, mit Sicherheit auch erkannt und dokumentiert worden. Nach deren Protokoll sei der Antragsteller jedoch vielmehr als unauffälliger Proband erschienen. „Toxische, methamphetaminassoziierte Effekte wie z. B. Muskelzuckungen, Erbrechen, Herzbeschwerden (Tachykardie und Arrhytmie), Pupillenerweiterung oder aggressives und gereiztes Reagieren gegen die eigene Person als auch gegen andere Personen“ seien jedoch nicht dokumentiert worden. Dieser Zustand lasse sich schlüssig nur durch eine regelmäßige Aufnahme entsprechender Zubereitungen und die dadurch hervorgerufene individuelle Toleranzausbildung erklären. Die festgestellte Methamphetaminkonzentration von 471,3 ng/ml sei als deutlich übertherapeutisch anzusehen und für methamphetaminungewohnte Personen hochtoxisch.

Ist nach diesen nachvollziehbaren Feststellungen der Gutachter aber davon auszugehen, dass der Antragsteller in der Zeit, bevor er aufgegriffen wurde, regelmäßig Drogen konsumiert haben muss, ist sein Vorbringen, er sei abstinent und könne sich die Betäubungsmittelkonzentrationen in seinem Blut nur mit einer Verwechselung erklären, somit insgesamt unglaubhaft und als Schutzbehauptung zu werten. Im Übrigen hätte der Antragsteller nach den Feststellungen der Gutachter im Falle unbewusster Einnahme der Betäubungsmittel auch deutlichste Anzeichen spüren müssen, zumal ihm diese Wirkungen aus früheren Zeiten regelmäßigen Betäubungsmittelkonsums bekannt gewesen sein mussten.

Das Beschwerdevorbringen ist auch nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Soweit der Antragsteller dagegen vorträgt, die von den Gutachtern zu methaphetaminungewohnten Personen beschriebenen Effekte seien bei ihm ausweislich älterer Gutachten sogar festgestellt worden, als er regelmäßig solche Drogen zu sich genommen und an diese gewöhnt gewesen sei, spricht dies jedenfalls nicht gegen die Schlüssigkeit dieses Gutachtens. Denn die Gutachter behaupten darin nicht, dass diese Effekte bei einem regelmäßig konsumierenden Menschen nicht auftreten können, sondern vielmehr nur, dass diese Anzeichen und Wirkungen jedenfalls zu erwarten seien, wenn ein Betroffener seit mehreren Jahren abstinent gewesen ist, wie der Antragsteller von sich behauptet.

Auch kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller die Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen wiedererlangt hat. Soweit der Antragsteller zum Beleg dafür, dass er keine Betäubungsmittel mehr konsumiert, auf diverse Laborberichte aus der Zeit seit seinem Aufgriff verweist, sind diese nicht geeignet, den Nachweis zu führen, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiedererlangt zu haben.

Wird die Fahrerlaubnis wegen nachweislichen Konsums harter Drogen entzogen, ist bei der Prüfung, ob der Betroffene die Fahreignung im Entscheidungszeitpunkt wiedererlangt hat, zu unterscheiden, ob der Betroffene von Betäubungsmitteln abhängig war oder nicht. Lässt sich seine Abhängigkeit feststellen, ist die Fahreignung erst dann wieder gegeben, wenn der Betroffene - gegebenenfalls nach einer speziellen Entwöhnungsbehandlung - eine längere, in der Regel einjährige Suchtmittelabstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV) nachgewiesen und darüber hinaus durch Vorlage eines positiven medizinisch-​psychologischen Gutachtens die prognostische Überzeugung herbeigeführt hat, dass er infolge eines gefestigten Einstellungswandels auch in Zukunft nicht in ein fahrerlaubnisrechtlich sanktioniertes Konsumverhalten zurückfallen wird.

Lässt sich eine Abhängigkeit hingegen nicht nachweisen, kann eine Entwöhnungsbehandlung nach der Rechtsprechung des Senats nicht gefordert werden. Auch genügt unter Umständen der Nachweis einer Abstinenzzeit von weniger als einem Jahr, weil Nr. 9.5 Anlage 4 FeV nur für den Fall einer Abhängigkeit eine solche einjährige Abstinenz verlangt (SächsOVG, Beschl. v. 14. Februar 2012 - 3 B 357/11 -, juris Rn. 5). Die Beurteilung hat in Fällen nicht nachgewiesener Abhängigkeit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierzu gehört neben der nachgewiesenen Drogenabstinenz über eine gewisse Zeitdauer hin jedoch auch der Nachweis eines stabilen Verhaltens- und Einstellungswandels.

Als Nachweis der Drogenabstinenz sind ärztliche Atteste über durchgeführte Drogenscreenings freilich nur dann aussagefähig, wenn sich ihnen entnehmen lässt, dass der Betroffene im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung aufgrund einer kurzfristigen ärztlichen Einbestellung und nicht aus eigenem Entschluss zu einem ihm günstig erscheinenden Zeitpunkt zu der Substanzentnahme erschienen ist (OVG NRW, Beschl. v. 11. Juni 2014 - 16 B 341/14 -, juris Rn. 4 f.).

Dies vorausgeschickt kann beim Antragsteller derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass er die Fahreignung zum jetzigen Zeitpunkt wiedererlangt hat. Zwar verhält sich das Gutachten nicht zu der Frage, ob der Antragsteller als Drogenabhängiger anzusehen ist. Von der Wiedererlangung seiner Fahreignung kann aber selbst dann nicht bei ihm ausgegangen werden, wenn man unterstellt, dass er im Zeitpunkt seines Aufgriffs nicht drogenabhängig war. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die vom Antragsteller im Laufe des Eilverfahrens vorgelegten ärztlichen Drogenscreenings auf Grundlage einer solchen ärztlichen Vereinbarung erstellt wurden und damit die notwendige Aussagefähigkeit besitzen.

Die nach § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung führt auch im Übrigen zu keinem anderen Ergebnis. Solange der Antragsteller nicht den Nachweis der wiedererlangten Fahreignung geführt hat, hat sein persönliches Mobilitätsinteresse gegenüber dem öffentliche Interesse am wirksamen Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer sowie seiner selbst vor den Gefahren, die durch Fahrten unter Drogeneinfluss entstehen, regelmäßig zurückzutreten.

In Anbetracht der erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer reicht der Umstand, dass sich ein Kraftfahrer als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, in aller Regel aus, um die Verfügung zur Entziehung der Fahrerlaubnis für sofort vollziehbar zu erklären und den ungeeigneten Fahrerlaubnisinhaber unverzüglich von der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen. Gerade im Bereich des Verkehrsrechts ist anerkannt, dass die Interessen, die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigen, zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung begründen können. In aller Regel trägt somit allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs (OVG NRW, Beschl. v. 22. Mai 2012 - 16 B 536/12 -, juris Rn. 33; ThürOVG, Beschl. v. 6 September 2012 - 2 EO37/11 -, juris Rn. 21; BayVGH, Beschl. v. 17. Juli 2002 - 11 CS 02.1320 -, juris).

Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Fahrerlaubnis überwiegt grundsätzlich auch dann, wenn der Betroffene auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist, also auch wenn er als Berufskraftfahrer - wie der Antragsteller als LKW-​Fahrer in einem Straßenbaubetrieb - seinen Arbeitsplatz zu verlieren droht. Die Fahrerlaubnisentziehung kann die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers durchaus gravierend beeinflussen. Derartige insbesondere auch berufliche Folgen muss ein Betroffener angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben jedoch regelmäßig hinnehmen (BVerfG, Beschl. v. 19. Juli 2007 - 1 BvR 305/07 -, juris Rn. 6; zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO: Beschl. v. 15. Oktober 1998 - 2 BvQ 32/98 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschl. v. 22. Mai 2012 a. a. O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt im Übrigen der Streitwert[fest]setzung des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Verfahren, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).