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OLG Saarbrücken Urteil vom 27.07.2010 - 4 U 585/09 - Vorteilsausgleich bei einer Heimunterbringung und Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung

OLG Saarbrücken v. 27.07.2010: Zur Vorteilsausgleich bei einer Heimunterbringung und zur Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung


Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 27.07.2010 - 4 U 585/09) hat entschieden:
  1. Wird der Geschädigte aufgrund unfallbedingter Verletzungsfolgen in einem Heim untergebracht, so sind auf den korrespondierenden Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse im Wege des Vorteilsausgleichs die ersparten Kosten der häuslichen Verpflegung anzurechnen. Im Rahmen des Schätzermessens nach § 287 ZPO begegnet es keinen Bedenken, diese ersparten Kosten mit 7,50 EUR pro Tag anzurechnen.

  2. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung scheidet aus, solange der Haftpflichtversicherer berechtigte Zweifel hegen darf, dass das eigene Verschulden des Versicherungsnehmers vollständig hinter das grobe Mitverschulden des Geschädigten zurücktreten werde. Eine Erhöhung des Schmerzensgeldes wegen verzögerter Regulierung kommt nur dann in Betracht, wenn - wozu klägerischer Sachvortrag erforderlich ist - die verzögerte Zahlung schutzwürdige Interessen des Schuldners beeinträchtigt.

Siehe auch Vorteilsausgleichung - Anrechnung von Vorteilen bei der Unfallschadenregulierung und Schmerzensgeld


Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres während des laufenden Rechtsstreits verstorbenen Ehemannes G. S. (im Folgenden: Geschädigter) die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, welcher sich am 29.11.2002 gegen 17:25 Uhr auf der Straße in D. ereignete.

Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW der Marke Ford-​Fiesta, amtliches Kennzeichen, mit Abblendlicht die Straße aus Fahrtrichtung D. in Richtung W.. Der im Jahr 1925 geborene Geschädigte befuhr mit seinem unbeleuchteten Fahrrad einen Weg, der in Höhe einer Werbetafel der P.S. GmbH auf die Straße trifft. Dort beabsichtigte er, die Straße zu überqueren, um seine Fahrt auf dem auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Radweg fortzusetzen. Kurz vor Erreichen des in Fahrtrichtung W. gesehen rechten Fahrbahnrandes wurde der Geschädigte vom Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst, über die Motorhaube auf die Windschutzscheibe geschleudert und kam auf dem Gehsteig zum Liegen. Der Geschädigte erlitt bei der Kollision eine Oberschenkelhalsfraktur und befand sich bis April 2003 in stationärer Krankenhausbehandlung. Er wurde am 15.4.2003 in eine geriatrische Fachklinik eingeliefert. Aus Anlass einer Rehabilitationsmaßnahme wurde ein subdurales Hämatom festgestellt, welches weite Bereiche des Großhirns zerstört hatte. Darüber hinaus litt der Geschädigte an zahlreichen unfallunabhängigen Leiden und war körperlich stark eingeschränkt. Seit Mai 2003 befand er sich in vollstationärer Pflege und verstarb am 4.8.2007.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, den Beklagten zu 1) treffe am Verkehrsunfall eine Mitverantwortlichkeit, die zumindest mit einer Haftungsquote von 40% zu bemessen sei. Sie hat hierzu behauptet, der Beklagte zu 1) sei mit innerorts überhöhter Geschwindigkeit (60 km/h) gefahren und habe verspätet auf den die Fahrbahn kreuzenden Radfahrer reagiert. Die Unfallstelle sei trotz der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Dämmerung gut ausgeleuchtet gewesen. Die vom Geschädigten erlittene Schädelverletzung und die in der Folge erforderlich gewordene vollstationäre Pflege seien unfallbedingt. Hierdurch seien außer einem unstreitigen Eigenanteil zu Krankentransportkosten in Höhe von 476,70 EUR im Zeitraum Mai 2003 bis Dezember 2005 Kosten in Höhe von 29.659,19 EUR und für die Zeit vom Januar 2006 bis zum Tode des Klägers weitere 15.620,26 EUR angefallen.

Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
  1. an die Klägerin 11.863,64 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie einen weiteren Schadensersatz in Höhe von 6.248,10 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.8.2007 zu zahlen;

  2. an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, das unter Berücksichtigung eines Haftungsanteils von 40% jedoch einen Betrag in Höhe von 52.000 EUR erreichen solle.
Dem sind die Beklagten entgegengetreten. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der Geschädigte habe den Unfall allein verursacht, indem er mit seinem unbeleuchteten Rad von dem Weg auf die Straße gefahren sei, ohne den dort befindlichen Verkehr zu beobachten. Der Unfall sei für den Beklagten zu 1) nicht vermeidbar gewesen, da der Geschädigte aus einem unbeleuchteten Feldweg gekommen und daher nicht erkennbar gewesen sei. Die später erforderlich gewordenen vollstationären Pflegekosten seien ausschließlich durch die erheblichen Vorerkrankungen des Geschädigten bedingt gewesen.

Das Landgericht hat eine Haftung der Beklagten von 25 % angenommen und unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 10.515,90 EUR sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 EUR zu zahlen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstreben die Beklagten die vollständige Abweisung der Klage.

Die Berufung rügt zunächst, das Landgericht sei in seiner rechtlichen Würdigung in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Weg, aus dem der Geschädigte gekommen sei, ein Feld- oder Waldweg gewesen sei. Vielmehr sei dieser Weg mit dem Zeichen Nr. 239 zu § 41 StVO markiert gewesen, was bedeute, dass dieser Weg Fußgängern vorbehalten gewesen sei. Unter Zugrundelegung dieses Sachverhalts sei dem Geschädigten kein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 2 StVO, sondern ein Verstoß gegen § 10 StVO vorzuwerfen, der die höchste Sorgfaltsnorm enthält, die die Straßenverkehrsordnung kenne. In der Regel spreche ein Anscheinsbeweis für die alleinige Verursachung desjenigen, der diese gesteigerte Sorgfaltspflicht verletze.

Auch sei dem Beklagten zu 1) kein Vorwurf wegen Verstoßes gegen das allgemeine Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme zu machen: Da der vom Geschädigten benutzte Fußweg weder von seinem optischen Erscheinungsbild noch von der Art der Beschilderung die Warnfunktion besessen habe, dass sich ein unbeleuchteter Radfahrer nähern könne, habe der Beklagte zu 1) darauf vertrauen dürfen, dass außer der von ihm zu überschauenden Fahrbahn und den gekennzeichneten Einmündungen keine anderen Verkehrsteilnehmer sich plötzlich unvorhergesehen in die Fahrbahn hinein bewegten. Zu Gunsten des Beklagten zu 1) greife der allgemeine Vertrauensgrundsatz, welcher nicht durch ein vorangegangenes Verhalten des Geschädigten oder sonstige Signalaufforderungen erschüttert gewesen sei. Dem Beklagten zu 1) sei kein Vorwurf zu machen, dass er erst nach dem Zuruf der Insassen die Bremsung eingeleitet habe. Unter Zugrundelegung der Wertungen des Sachverständigen seien dem Beklagten zu 1) bei einer unterstellten Geschwindigkeit von circa 13 m/s weniger als 2 Sekunden Zeit geblieben, um zu reagieren. Dies reiche nicht aus, um einen Verschuldensvorwurf gegenüber dem Beklagten zu 1) zu erheben.

Bei der Haftungsabwägung müsse die alleine zulasten des Beklagten zu 1) zu berücksichtigende Betriebsgefahr seines Fahrzeugs hinter den nachgewiesenen Verstoß des Geschädigten gegen § 10 StVO vollständig zurücktreten.

Bei der Bemessung des materiellen Schadensersatzes habe das Landgericht übersehen, dass der Geschädigte gemäß Bescheid der Krankenkasse vom 18.3.2008 für den Aufenthalt im Pflegeheim B. einen Betrag von 1.295,64 EUR erhalten habe. Weiterhin sei dem Landgericht bei der Bemessung des Vorteilsausgleichs für das Jahr 2006 ein Rechenfehler unterlaufen: Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Landgerichts sei tatsächlich ein Betrag von 1.440 EUR, mithin ein um 1.296 EUR höherer Betrag anzurechnen. Schließlich wendet sich die Berufung gegen die Bemessung der ersparten Eigenaufwendungen. Nach Auffassung der Berufung sei eine tägliche Ersparnis von 10 EUR angemessen, da dies dem Betrag entspreche, welcher bei einer fehlenden Versorgung, Verköstigung und Unterbringung zuhause erspart werde.

Zudem wendet sich die Berufung gegen die Bemessung des Schmerzensgeldes. Sie vertritt die Auffassung, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, wie lange das Unfallopfer unter den Unfallfolgen gelitten habe. Die Dauer des Leidens sei letztendlich weder schmerzensgelderhöhend noch schmerzensgeldmindernd zu berücksichtigen. Dennoch sei die zeitliche Komponente ein wichtiger Faktor bei der Findung des angemessenen Schmerzensgeldes. Auch sei der Beklagten zu 2) keine Verzögerung der Regulierung vorzuwerfen: Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger erst im Dezember 2005 erfolgt sei. Die Verzögerung um dreieinhalb Jahre nach dem Unfall liege daher auf Klägerseite begründet. Auch sei das Erstgutachten des Sachverständigen H. der Beklagtenseite erst am 21.2.2007 zugegangen. Erst nach einem Richterwechsel habe das Landgericht in der Sitzung vom 17.3.2008 einen Beschluss zur Ergänzung des Gutachtens erlassen, in dessen Erfüllung Sichtbarkeitsversuche zeitnah vom Sachverständigen im Beisein der Prozessbevollmächtigten durchgeführt worden seien. Dies belege, dass das Gericht bei sachgerechter prozessleitender Tätigkeit bereits ein Jahr zuvor den Rechtsstreit hätte erledigen können, so dass diese Verzögerung alleine dem Gericht anzulasten sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass es für die Erhöhung des Schmerzensgeldes unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion eines entsprechenden Vortrags der Klägerseite bedürfe. Es sei nicht vorgetragen worden, dass der Geschädigte unter der Art der Prozessführung beziehungsweise den Verzögerungen gelitten habe. Das vom Landgericht als zynisch empfunden Argument, wonach die Dauer des Überlebens Einfluss auf die Schmerzensgeldbemessung habe, sei erst nach dem Tode des Geschädigten vorgebracht worden und habe den Geschädigten als denjenigen, dem die Genugtuungsfunktion eines Schmerzensgeldes zukommen müsse, nicht treffen können.

Die Beklagten beantragen,
auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 2.11.2009 – 14 O 43/05 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung (GA III Bl. 620 ff.) sowie der Berufungserwiderung (GA III Bl. 699 ff.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll (GA III Bl. 709 f.) verwiesen.


II.

A.

Die zulässige Berufung hat nur hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen materiellen und immateriellen Schadensersatzes Erfolg: Der zugesprochene materielle Schadensersatz war mit Blick auf einen offensichtlichen Rechenfehler in der angefochtenen Entscheidung, unter Berücksichtigung einer Zahlung der Krankenkasse in Höhe von 1.295,64 EUR und hinsichtlich der Höhe der ersparten Aufwendungen auf einen Gesamtbetrag von 8.563,36 EUR zu korrigieren. Die Berechnung des Schmerzensgeldes hält einer Rechtskontrolle nicht in vollem Umfang stand: Zum Ausgleich der immateriellen Schäden erachtet der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR für erforderlich, aber auch für ausreichend.

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin, die den Rechtsstreit mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2007 (GA II Bl. 272 ff.) aufgenommen hat, sowie die Verwirklichung des straßenverkehrsrechtlichen Haftungstatbestandes (§ 7 Abs. 1 StVG) stehen im Berufungsrechtszug nicht im Streit. Die Haftung der Beklagten zu 2) folgt aus § 3 Nr. 1 und 2 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung. Daneben in Betracht kommende deliktische Ansprüche besitzen keine prozessuale Relevanz.

2. Ohne Erfolg rügt die Berufung, dass die Haftung der Beklagten wegen überwiegenden Mitverschuldens des Geschädigten vollständig entfallen müsse. Die vom Landgericht festgesetzte Haftungsquote von 25% lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

a) Gem. § 9 StVG findet die Vorschrift des § 254 BGB Anwendung, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt hat. Hierbei folgt die Haftungsabwägung den zu § 17 Abs. 1 StVG entwickelten Rechtsgrundsätzen: Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursacherbeiträge sind nur solche Umstände einzubeziehen, die erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden geworden sind (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 9 StVG Rdnr. 7; BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 115/05, NJW 2007, 506; Urt. v. 24.6.1975 – VI ZR 159/74, VersR 1975, 1121). Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben. Hierbei kann die Abwägung zum vollständigen Ausschluss des Ersatzanspruchs führen, wenn das Verschulden des Geschädigten derart überwiegt, dass die vom Schädiger ausgehende Ursache völlig zurücktritt (Hentschel/König/Dauer, aaO, Rdnr. 9; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 22 Rdnr. 239; Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 9 StVG Rdnr. 18 f.; OLG Koblenz, Urt. v. 11.12.2006 – 12 U 1184/04).

b) Die Voraussetzungen für ein die Haftung des Beklagten zu 1) vollständig überwiegendes Mitverschulden des Geschädigten liegen jedoch im vorliegenden Fall nicht vor:

aa) Es steht außer Streit, dass dem Geschädigten ein ganz erhebliches Mitverschulden zur Last fällt. Denn er entschloss sich dazu, die in der Annäherungsrichtung des Beklagten zu 1) gut einsehbare Fahrbahn zu überqueren, obwohl sich Fahrzeuge näherten. Mit Recht weist die Berufung darauf hin, dass der Geschädigte beim Überqueren die strengen Sorgfaltsanforderungen des § 10 StVO beachten musste. Diese Vorschrift regelt das Einfahren auf die Fahrbahn von einem Fußgängerbereich heraus und legt dem Verkehrsteilnehmer hierbei auf, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diesen strengen Sorgfaltsmaßstab musste der Geschädigte beachten, da er – wie auf Lichtbild GA I Bl. 168 zu ersehen – aus einem Fußgängerbereich heraus die Fahrbahn überqueren wollte.

bb) Dennoch ist auch dem Beklagten zu 1) ein Sorgfaltsverstoß unterlaufen:

aaa) Es ist der Berufung zuzugestehen, dass das Mitverschulden nicht gewissermaßen spiegelbildlich aus der Wertung hergeleitet werden darf, dass der Unfall für den Beklagten zu 1) nach dem Ergebnis der sachverständigen Beurteilung nicht unvermeidbar war. Dieser Umkehrschluss ist nicht tragfähig: Der Umstand, dass ein Verkehrsunfall von einem Idealfahrer hätte vermieden werden können, belegt nicht zugleich, dass sich der Fahrer in subjektiver Hinsicht fahrlässig und mithin schuldhaft verhalten hat. Erst Recht erlaubt das Kriterium der Vermeidbarkeit eines Unfallgeschehens keine Rückschlüsse auf die Schwere des Sorgfaltverstoßes.

bbb) Im entschiedenen Fall hat das Landgericht die rechtliche Wertung, wonach der Beklagte zu 1) aufgrund mangelhafter Aufmerksamkeit gegen die Grundregel des § 1 Abs. 1 StVO verstoßen hat, nicht lediglich auf die Feststellungen des Sachverständigen H. zur Vermeidbarkeit des Unfalls gestützt. Vielmehr hat sich das Landgericht zugleich mit dem Ergebnis der Anhörung des Beklagten zu 1) auseinandergesetzt, die bei verständiger Würdigung nur den Schluss zulässt, dass der Beklagte zu 1) den vor ihm liegenden Verkehrsraum unter Verwirklichung des Fahrlässigkeitsvorwurfs nicht mit der gebotenen Sorgfalt beobachtete:

Der Beklagte zu 1) will den Geschädigten erst gesehen haben, als dieser vor ihm „auf der Spur“ gewesen sei. Wörtlich ist protokolliert, er habe den Geschädigten erst gesehen, als er ihm „auf dem Auto gesessen“ habe. Zwar bedarf die Aussage insoweit nach den Ermittlungen des Sachverständigen H. einer Korrektur, als der Beklagte zu 1) den Geschädigten noch vor Einleitung der Vollbremsung gesehen haben musste. Angesichts der geringen Länge der Blockierspur (7 m) und des Umstandes, dass der Kollisionspunkt fast im Bereich der rechten Fahrbahnbegrenzungslinie lag, nahm der Beklagte zu 1) den Geschädigten erst zu einem Zeitpunkt wahr, als dieser die Mittellinie bereits überquert hatte und sich unmittelbar vor dem Beklagten zu 1) befand. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts, die sich auf die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen H. (GA II Bl. 335 ff.) stützen, war der Radfahrer jedoch aus der Annäherungsrichtung des Beklagten zu 1) aus einer Entfernung von 40 bis 50 m am linken Fahrbahnrand erkennbar. Demnach überzeugt der Schluss, dass der Beklagte zu 1) den Geschädigten nur deshalb so spät sah, weil er den Verkehr unter Verstoß gegen § 1 Abs. 1 StVO nicht mit der gebotenen Sorgfalt beobachtete.

ccc) Soweit die Berufung einwendet, der Beklagte zu 1) hätte den Radfahrer deshalb nicht früher sehen können, weil er seinen Blick – anders als seine Mitinsassen – nicht nach rechts oder links habe schweifen lassen dürfen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen: Die Unfallörtlichkeit lag in einem bebauten Bereich, der neben einer gewerblichen Nutzung auch Einrichtungen der Freizeitgestaltung (Eissporthalle) und an die Fahrbahn angrenzende Wege (Fußgängerweg und Radweg) umfasste. In einer solchen Situation muss ein situationsadäquat aufmerksamer Kraftfahrer jederzeit mit kreuzendem Fußgänger- und Radverkehr rechnen, weshalb auch die Beobachtung der Fahrbahnränder zur Blickrichtung gehört, die von einem sorgfältigen Fahrer zu verlangen ist.

cc) Auch die Kausalität des Sorgfaltsverstoßes ist nachgewiesen: Der Sachverständige H. kommt in seinem Gutachten zu dem überzeugenden Schluss, dass der Unfall bei gebührender Aufmerksamkeit des Beklagten zu 1) und bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit von 50 km/h hätte vermieden werden können. Die Einschränkung des Sachverständigen bei einem unterstellten „maximalen“ Anfahrverhalten des Geschädigten ist ohne Relevanz, da ein solches Anfahrverhalten mit Blick auf das Alter des Geschädigten und nach dem Ergebnis des Zeugenbeweises (Aussage W. GA I Bl. 125 f.) ausgeschlossen werden kann.

Zusammenfassend begegnet es keinen Bedenken, den Beklagten in der Zusammenschau von Betriebsgefahr des Fahrzeugs und dem eigenen Verschulden des Beklagten zu 1) eine Haftung von 25% aufzuerlegen.

3. Gem. § 11 StVG ist im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Mithin gehören die geltend gemachten Aufwendungen für die vollstationäre Pflege des Geschädigten zum erstattungsfähigen Aufwand. Hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen materiellen Schadensersatzes erhebt die Berufung insgesamt drei Rügen:

a) Sie trägt vor, der zugesprochene Betrag sei in der Ausgangsberechnung um 1.295,64 EUR zu kürzen. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Mit Schreiben vom 18.8.2003 (GA I Bl. 92) hat die Krankenkasse angekündigt, an den Geschädigten als Entgeltentschädigung für den Aufenthalt des Geschädigten im Altenheim B. in der Zeit vom 20.5 bis 12.6.2003 insgesamt 1.295,64 EUR zu überweisen. Diese Überweisung, deren Ausführung die Berufungserwiderung nicht in Zweifel zieht, hat in den korrespondierenden Rechnungen (GA I Bl. 39 bis 41) keine Berücksichtigung gefunden. Die Leistung der Pflegeversicherung ist mit dem Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen vermehrter Bedürfnisse des Geschädigten sachlich und zeitlich kongruent, weshalb im Umfang der Leistungspflicht nach Anspruchsübergang auf die Pflegekasse (§ 116 Abs. 1 SGB X) die Aktivlegitimation der Klägerin fehlt. Die auf S. 14 der angefochtenen Entscheidung berechnete Summe von 46.374,90 EUR ist zunächst um 1.295,64 EUR auf 45.079,26 EUR zu korrigieren.

b) Weiterhin rügt die Berufung mit Recht einen Rechenfehler bei der Berechnung des Vorteilsausgleichs für das Jahr 2006 (S. 15 des Urteils): Der Geschädigte war während des gesamten Jahres in Pflege, weshalb die Vorteilsausgleichung für das genannte Jahr mit 1.440 EUR, nicht lediglich mit 144 EUR in Ansatz zu bringen ist.

c) Schließlich bedarf die Höhe der ersparten Aufwendungen für die ersparte Eigenverpflegung während des Heimaufenthalts des Geschädigten einer Korrektur:

aa) Im Grundsatz sind bei einem Kranken- oder Kuraufenthalt die ersparten häuslichen Verpflegungskosten im Wege des Vorteilsausgleichs anrechenbar (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 249 Rdnr. 93). Dieselben Erwägungen beanspruchen auch im Fall der Heimunterbringung Geltung: Auch dort ist dem Geschädigten hinsichtlich der Kosten für die Verpflegung im Pflegeheim nur insoweit ein Schaden entstanden, als diese Kosten der Verpflegung im Pflegeheim die Kosten übersteigen, die der Geschädigte ohnehin auch im häuslichen Bereich hätte aufwenden müssen (KG, Urt. v. 12.3.2003 – 22 U 39/06).

Für die Bemessung ist eine normative Bewertung geboten: Da es unbillig erschiene, den Schädiger mit einem erzwungenen Konsumverzicht des Geschädigten zu entlasten, kommt es nicht darauf an, ob der Geschädigte ohne schädigendes Ereignis einen besonders aufwendigen Lebensstil gepflegt hätte. Vielmehr ist in die Vergleichsberechnung einzubeziehen, was der Geschädigte für eine der Heimverpflegung entsprechende Verpflegung im privaten Haushalt hätte aufwenden müssen (MünchKomm(BGB)/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rdnr. 235). Die konkret ersparten Aufwendungen sind nur dann von Relevanz, wenn der Geschädigte konkret darlegen kann, über ein besonders geringes Einkommen zu verfügen (so der Sachverhalt des vom KG, aaO, entschiedenen Falles).

bb) Diese Einschränkung kommt im vorliegenden Sachverhalt mangels substantiierten Sachvortrags zu den Haushaltsverhältnissen des Geschädigten nicht zum Tragen, weshalb der Senat den Wert der ersparten Eigenverpflegung in der Qualitätsstufe der Heimverpflegung in Ausübung seines Schätzermessens gem. § 287 ZPO auf 7,50 EUR schätzt. Der Senat bewegt sich mit seiner Schätzung in dem in Literatur und Rspr. eröffneten Rahmen: In der Kasuistik ist eine Bandbreite zwischen 4 und 10 EUR pro Tag nachgewiesen (OLG Hamm, NJW-​RR 2001, 218: 20 DM; KG, Urt. v. 12.3.2003 – 22 U 39/06: 4 EUR). Die Literatur erachtet – soweit sie sich auf konkrete Beträge festlegt – einen Betrag zwischen 5 und 10 EUR für angemessen (Palandt/Grüneberg, aaO, § 249 Rdnr. 93).

d) Nach alldem ergeben sich folgenden rechnerische Konsequenzen: Die ersparten Aufwendungen addieren sich auf 11.302,50 EUR: Mai 2003 (11 Tage): 82,50 EUR, Juni – Dezember 2003 (214 Tage): 1.605 EUR, 2004 – 2006 (3 Jahre): 8.212,50 EUR, Januar – Juli 2007 (183 Tage): 1.372,50 EUR, August 2008 (4 Tage): 30 EUR. Die erstattungsfähigen Aufwendungen in Höhe von 45.079,26 EUR sind um die ersparten Verpflegungskosten zu vermindern, weshalb ein Betrag von 33.776,76 EUR verbleibt. Hinzu kommen die erstattungsfähigen Krankentransportkosten (476,70 EUR), woraus bei einer 25%-​igen Quote der in Ziff. 1a) tenorierte Betrag von 8.563,36 EUR verbleibt.

Die Zinsforderung beruht auf Verzugsgesichtspunkten.

4. Darüber hinaus steht der Klägerin aus übergegangenem Recht auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung gem. § 11 S. 2 StVG ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld zu. Hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes bedarf die angefochtene Entscheidung jedoch der Korrektur:

a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO., § 253 Rdnr. 17; Erman/I. Ebert, BGB, 12. Aufl., § 253 Rdnr. 20 ff.).

Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes (Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 253 Rdnr. 10). Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an: Ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden.

Auch das Mitverschulden des Verletzten ist ein wichtiger Bemessungsfaktor, der freilich nicht zu einer quotenmäßigen Begrenzung des Anspruchs führen darf (Palandt/Grüneberg, aaO, § 253 Rdnr. 20).

Bei der Schmerzensgeldbemessung verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen“ Schmerzensgeldhöhe zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 8.6.1976 – VI ZR 216/74, VersR 1976, 967 f.; Beschl. v. 1.10.1985 – VI ZR 195/84, VersR 1986, 59).

b) Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt prägen die ganz erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Bemessung des Schmerzensgeldes:

aa) Der Geschädigte erlitt eine Oberschenkelhalsfraktur, die zunächst mittels Implantation eines Femurnagels operativ versorgt wurde und einen Krankenhausaufenthalt bis zum 10.1.2003 erforderlich werden ließ. Am 10.1.2003 verschlechterte sich eine bereits zuvor aufgetretene Desorientiertheit, weshalb der Geschädigte in die Klinik verlegt wurde. Dort wurde die Diagnose eines subduralen Hämatoms gestellt, dessen Unfallursächlichkeit im zweiten Rechtszug nicht im Streit steht. Die Versorgung dieses Hämatoms erforderte im Zeitraum bis zum 12.2.2003 mehrere operative Eingriffe, bevor er in die neurologische Frührehabilitation der K. überwiesen wurde. Während dieses Klinikaufenthalts wurde der Geschädigte parenteral ernährt. Schließlich schloss sich bis zum 20.5.2003 ein weiterer Klinikaufenthalt an (alle Angaben sind dem Gutachten V. entnommen; GA II Bl. 227 ff.). Allein die primäre Krankenhausbehandlung der Unfallverletzungen rechtfertigt die Zuerkennung eines ganz erheblichen Schmerzensgeldes.

bb) Allerdings wurden die durch die Versorgung der Primärverletzungen entstandenen Beschwerden durch die Folgewirkungen des Verletzungsbildes bei weitem übertroffen: So führte insbesondere der neurologische Befund dazu, dass der Geschädigte sukzessive seine Selbständigkeit verlor: Im Entlassungsbefund des S. ist vermerkt, dass der Geschädigte zwar in der Lage war, in Begleitung über 20 – 40 m zu gehen. Transfers und Lagewechsel mussten jedoch mit Hilfe durchgeführt werden. Durch deutliche kognitive Defizite war eine Umsetzung von Übungsaufträgen nur sehr bedingt möglich, weshalb der Geschädigte für nahezu alle Verrichtungen auf Hilfe angewiesen war (GA II Bl. 234). Der Geschädigte war in allen Ebenen desorientiert, litt unter einer reduzierten Aufmerksamkeit, unter einer erschwerten Auffassung und einer verminderten Merkfähigkeit. Er wurde schließlich zu einem Pflegefall. Insbesondere das subdurale Hämatom führte zu einer massiven Halbseitenlähmung rechts mit nahezu vollständiger Aufhebung der Bewegungsfähigkeit. Unter diesem bedauernswerten Zustand musste der Geschädigte vom Unfall im November 2002 bis zu seinem Tod im August 2007 nahezu fünf Jahre leiden. Dieser lange Zeitraum relativiert den Umstand, dass den Geschädigten aufgrund seines hohen Alters die Beeinträchtigung seiner Lebensführung bei objektiver Betrachtung nicht in gleichem Maße traf wie einen jungen Menschen.

c) Soweit das Landgericht in der Verzögerungstaktik ein das Schmerzensgeld erhöhendes Moment erblickt hat, vermögen die Argumente des Landgerichts letztlich nicht zu überzeugen:

aa) Zwar entspricht es anerkannten Rechtsprechungsgrundsätzen, dass die verzögerte Schadensregulierung als Bemessungsfaktor Beachtung finden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass sich der leistungsfähige Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt (Palandt/Grüneberg, aaO, § 253 Rdnr. 17; vgl. OLGR Nürnberg, 2007, 112 = MDR 2007, 718; Naumburg, NJW-​RR 2002, 672; 2008, 693; VersR 2010, 73). Hinzu kommt, dass die Erhöhung des Schmerzensgeldes keinen Sanktionscharakter besitzen darf, sondern nur dann gerechtfertigt ist, wenn die verzögerte Zahlung das gem. § 253 BGB geschützte Interesse des Gläubigers beeinträchtigt. Davon ist etwa dann auszugehen, wenn der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet. Aber auch dann, wenn der Gläubiger den Schadensersatz dazu verwenden kann, um die Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu lindern, ist es geboten, der Verzögerung der Schadensregulierung durch eine Anhebung des Schmerzensgeldes Ausdruck zu verleihen. Im vorliegenden Rechtsstreit liegen diese Voraussetzungen nicht vor:

bb) Zunächst ist von Relevanz, dass die Beklagten berechtigte Zweifel hegen durften, ob mit Blick auf das doch erhebliche Mitverschulden des Geschädigten überhaupt noch ein eigener Haftungsanteil verbleiben werde. Mithin fehlt es bereits am Nachweis eines erkennbar begründeten Anspruchs. Schließlich greift die Klägerin auch in der Berufungserwiderung das zutreffende Argument der Beklagtenseite nicht auf, dass kein qualifizierter Sachvortrag dazu gehalten worden ist, dass der Geschädigte unter der verzögerten Leistung des Schmerzensgeldes tatsächlich litt. In diesem Zusammenhang weisen die Beklagten mit Recht darauf hin, dass der Geschädigte selbst mehr als drei Jahre verstreichen ließ, bis er sich dazu entschloss, Klage zu erheben.

d) Obwohl das Landgericht unter Auswertung der Schmerzensgeldtabelle für vergleichbare Verletzungen Schmerzensgeldbeträge in Höhe von durchschnittlich 70 bis 80.000 EUR nachgewiesen hat, erachtet der Senat in der Ausgangsberechnung ein Schmerzensgeld von 100.000 EUR für angemessen. Der Senat nimmt zum Nachweis der Kasuistik ergänzend auf folgenden Entscheidungen Bezug: OLG Stuttgart, Urt. v. 13.5.2008 – 1 U 75/07 (100.000 EUR); KG, NJW-​RR 203, 24 (ständige ambulante Nachbehandlung erforderlich nach Hirnschädigung: 110.000 EUR); OLG Zweibrücken, Urt. v. 24.6.1998 – 1 U 172/97 (125.000 EUR; Hirnschädigung eines jüngeren Verletzten, kein Pflegefall); KG, Urt. v. 22.3.1993 – 12 U 99/92 (175.000 EUR; Hirnschädigung mit Dauerbeeinträchtigung; Geschädigte war junge Frau). Mit Blick auf das hohe Mitverschulden des Geschädigten verbleibt ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1, § 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).