Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Koblenz Beschluss vom 28.10.2015 - 12 W 693/15 - Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung

OLG Koblenz v. 28.10.2015: Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung im Unfall prozess und Angemessenheit der Regulierungsdauer


Das OLG Koblenz (Beschluss vom 28.10.2015 - 12 W 693/15) hat entschieden:
  1. Haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und hat der Beklagte die Forderung des Klägers nach Klagezustellung erfüllt, kommt eine Kostenbelastung des Klägers - in Anwendung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO - nur in Betracht, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat.

  2. Dem Haftpflichtversicherer ist grundsätzlich nach einem Unfall eine Prüfungszeit von 4 - 6 Wochen zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst ist. Hat der Kläger diese Frist - vorliegend mehr als 6 Wochen - abgewartet, können dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen sein. Die Tatsache allein, dass das Fahrzeug des Unfallgegners in Frankreich zugelassen ist, führt nicht zu einer Fristverlängerung.

Siehe auch Erledigungserklärung und Kostenentscheidung und Dauer der Schadenregulierung - angemessene Regulierungsfrist


Gründe:

Die Beschwerde hat Erfolg.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Dies führt dazu, dass die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen sind.

Der Beklagte hat die Forderung des Klägers nach der Zustellung der Klage erfüllt. Unter diesen Umständen kommt eine Kostenbelastung des Klägers nur in Betracht, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung geben hat (Rechtsgedanke des § 93 ZPO). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte jedoch Veranlassung zu der Klage gegeben.

Dem Beklagten war nach dem Unfall eine Prüfungszeit von 4 - 6 Wochen zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst war (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 93 Rn. 6 Stichwort „Haftpflichtversicherung“; Senat 12 W 195/11; Senat 12 W 197/15). Der Kläger hat diese Frist abgewartet. Er hat mit Schreiben vom 5.05.2015 Schadensersatzansprüche bei dem Beklagten angemeldet. Seine Klage ist am 20.06.2015, mithin über 6 Wochen nach dem Schreiben vom 5.05.2015 bei dem Landgericht eingegangen.

Allein die Tatsache, dass das Fahrzeug des Unfallgegners des Klägers in Frankreich zugelassen ist, führt nicht zu einer Verlängerung der Frist. Im Hinblick darauf, dass die Regulierung von Fällen mit Auslandsbezug zum täglichen Geschäft des Beklagten gehört, und im Hinblick auf die heutigen Kommunikationsmittel kann erwartet werden, dass der Beklagte - jedenfalls in Fällen mit Bezug zu Frankreich - eine Regulierung innerhalb des oben genannten Zeitraums vornimmt.

Der Kläger hat zwar seinen Anspruch der Höhe nach erst mit seinem Schreiben vom 28.05.2015 beziffert; dieses Schreiben ist ausweislich des vorgelegten Scan-​Protokolls am 1.06.2015 bei dem Beklagten bzw. bei der von den Beklagten mit der Regulierung beauftragten ...[A] eingegangen. Das bedeutet aber nicht, dass die vorgenannte Frist von 4 - 6 Wochen erst am 1.06.2015 begonnen hat. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 5.05.2015 den Unfall geschildert und den Unfallgegner benannt, so dass der Beklagte mit einer Prüfung der Haftung dem Grunde nach beginnen konnte. Nach dem Eingang des Schreibens vom 28.05.2015 hatte der Beklagte dann bis zum Eingang der Klage immer noch nahezu drei Wochen Zeit zur Prüfung. Da es sich bezüglich der Höhe der Forderung des Klägers um einen eher übersichtlichen Streitstoff handelte, war diese Zeit ausreichend.

Der Beklagte kann dem Kläger nicht vorwerfen, er habe das Schreiben vom 2.06.2015 nicht beantwortet.

Zum Teil hatte der Kläger bezüglich der Fragen bereits in seinen Schreiben vom 5.05.2015 und vom 28.05.2015 Angaben gemacht. Soweit Fragen zum Unfallhergang gestellt und insbesondere gefragt wurde, durch welche Polizeidienststelle der Unfall aufgenommen wurde, hatte der Kläger bereits in seinem Schreiben vom 5.05.2015 den Unfall dargestellt und insbesondere darauf verwiesen, dass der Unfall durch die Polizeistation ...[Z] aufgenommen wurde. Der Aufforderung zur Bezifferung seiner Ansprüche und zur Vorlage von Belegen war der Kläger bereits mit seinem Schreiben vom 28.05.2015 nachgekommen. Zur Möglichkeit des Vorsteuerabzugs hatte der Kläger sich bereits in seinem Schreiben vom 5.05.2015 geäußert.

Bezüglich der weiteren Fragen erschließt sich nicht, dass der Beklagte eine Zahlung von der Beantwortung der Fragen abhängig gemacht hat. Die Frage nach einer Vollkaskoversicherung und die Frage, ob es sich um ein geleastes oder ein finanziertes Fahrzeug handelt, hat der Kläger auch in der Klageschrift nicht beantwortet. Dennoch hat der Beklagte nach Zustellung der Klageschrift gezahlt.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 91 ZPO.



Datenschutz    Impressum