Das Verkehrslexikon

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OVG Koblenz Urteil vom 24.05.2012 - 7 A 10976/11 - Verkehrsberuhigende Maßnahmen und Verkehrsdichte

OVG Koblenz v. 24.05.2012: Klagebefugnis von Anwohnern gegen verkehrsberuhigende Maßnahmen


Das OVG Koblenz (Urteil vom 24.05.2012 - 7 A 10976/11) hat entschieden:
  1. § 11 Abs. 3 Satz 1 Landesstraßengesetz - LStrG - (juris: StrG RP) konkretisiert nur die öffentliche Aufgabe der Straßenbaulast und dient nicht auch dem Schutz der Interessen einzelner Personen. Etwas anderes gilt auch nicht für die in der Vorschrift ausdrücklich erwähnten Personengruppen der Kinder, der Personen mit Kindern sowie der behinderten und alten Menschen.

  2. Zur Notwendigkeit verkehrsrechtlicher Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in einer als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Straße, weil die Verkehrsdichte so hoch ist, dass ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern ohne eine das allgemeine Risiko übersteigende Gefährdung von Leib oder Leben faktisch nicht mehr möglich wäre (hier: eine solche Gefährdung verneint bei einer durchschnittlichen Verkehrsdichte an Werktagen von 758 Kraftfahrzeugen und 52 bis maximal 69 Fahrzeugen pro Stunde am Nachmittag)

Siehe auch Verkehrsberuhigter Bereich und Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen


Tatbestand:

Der Kläger begehrt weitere straßenbautechnische und verkehrsrechtliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in einer als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Straße.

Er wohnt mit seiner Familie, zu der zwei minderjährige Kinder gehören, in der P.-​Straße (Haus Nr. …) in K.. Wie im vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Beklagten aus dem Jahre 2003 (Nr. 211a und b "Im F.") vorgesehen, wurde die P.-​Straße als Verbindungsstraße zwischen der Landstraße L 127 im Norden und der parallel dazu verlaufenden B.-​Straße im Süden gebaut, und zwar als sogenannte Mischverkehrsfläche ohne separate Gehwege. Entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan über Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung ist die Straße - mit Ausnahme eines kleinen Teilstücks vor der Einmündung zur Landstraße L 127 - als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen (durch Verkehrszeichen Nr. 325.1 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO). Die Straße liegt in einem allgemeinen Wohngebiet.

Bereits seit dem Jahre 2006 wandten sich wiederholt verschiedene Anwohner der P.-​Straße an die Beklagte und beschwerten sich darüber, dass die dort vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit nicht eingehalten werde, was auch durch Messungen des ADAC im Mai 2007 bestätigt worden sei. Außerdem werde die Straße in erheblichem Maße als Abkürzung zwischen dem Zentrum des Stadtteils A. und der Landstraße L 127 genutzt. Sie forderten die Beklagte auf, Maßnahmen zur Reduzierung des Durchgangsverkehrs und der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit zu ergreifen.

Daraufhin verbot die Beklagte in der P.-​Straße den Verkehr für Kraftfahrzeuge mit einem Gewicht über 3,5 t (durch Verkehrszeichen Nr. 253 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) und ordnete 20 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit an zu Beginn des Teilstücks nach der Einmündung von der Landstraße L 127 bis zum Anfang des verkehrsberuhigten Bereichs (durch Verkehrszeichen Nr. 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO).

Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aus den von ihr bei einer Verkehrszählung am 23. Juni 2009 in der Zeit zwischen 15:00 und 19:00 Uhr festgestellten Zahlen ergebe sich im Wege der Hochrechnung eine durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge von 955 Kraftfahrzeugen. Der hieraus nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen ermittelte Dauerschallpegel liege selbst bei Ansatz ungünstiger Parameter - erhöhte Verkehrsmenge durch Umleitungsverkehr wegen Sperrung der B.-​Straße und Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h statt der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit - unter 58 dB(A). Unter Berücksichtigung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im verkehrsberuhigten Bereich werde sogar ein Wert von 55 dB(A) eingehalten.

Im Herbst 2009 errichtete die Beklagte in der P.-​Straße an drei Stellen Aufpflasterungen (Bodenwellen) und stellte am Straßenrand - im Bereich gegenüber der Stichstraße "Im F." - einen Pflanzkübel auf.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13. August 2010 an die Beklagte erklärte der Kläger, die bisher ergriffenen Maßnahmen hätten weder zu einer Reduzierung des Verkehrsaufkommens noch zur Einhaltung der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit geführt. Er beantrage daher, kurzfristig weitere verkehrsberuhigende bzw. verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa die Schließung der P.-​Straße für den Durchgangsverkehr, die Errichtung eines Pollers im Bereich der Einmündung in die Landstraße L 127, die nur von Anliegern geöffnet werden könne, oder die Anordnung einer Einbahnstraßenregelung, hilfsweise die Errichtung weiterer Bodenwellen sowie das Aufstellen weiterer Blumenkübel.

Die Beklagte teilte hierauf mit Schreiben vom 11. Oktober 2010, dem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, mit, eine Überprüfung habe gezeigt, dass die Fahrgeschwindigkeit durch die ergriffenen Maßnahmen habe reduziert werden können. Bei einer Messung am 4. August 2010 in der Zeit von 07:48 bis 08:57 Uhr seien nur bei 3 von 48 Fahrzeugen eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden. Der Ortsbeirat habe die Schließung der P.-​Straße für den Durchgangsverkehr oder die Errichtung eines Pollers abgelehnt. Hierfür sei zudem eine Änderung des Bebauungsplans erforderlich. Es sei daher nicht beabsichtigt, den Anträgen des Klägers zu entsprechen. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 21. Januar 2011 vorsorglich Widerspruch.

Bereits am 13. Januar 2011 hat der Kläger Klage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zu weiteren Maßnahmen zur tatsächlichen Beruhigung des fließenden Verkehrs in der P.-​Straße zu verpflichten. Selbst nach der nicht repräsentativen Verkehrszählung von wenigen Stunden im Juni 2009 sei das Verkehrsaufkommen zu hoch. Ein gefahrloser Aufenthalt von Fußgängern, insbesondere von Kindern, sei auf der als Mischverkehrsfläche gebauten Straße nicht möglich. Dies gelte umso mehr, als nach seinen eigenen Verkehrsbeobachtungen - zu denen er mehrere DVDs vorgelegt hat - in der P.-​Straße nach wie vor mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren werde. Dies habe bereits zu mehreren Verkehrsunfällen geführt. Der Durchgangsverkehr verursache außerdem eine erhebliche Lärmbelästigung der Anlieger.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2011 der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, durch zusätzliche verkehrsrechtliche und straßenbautechnische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der fließende Verkehr in der P.-​Straße tatsächlich beruhigt wird. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig. Der Kläger sei auch hinsichtlich des Anspruchs auf straßenbautechnische Maßnahmen klagebefugt. § 11 Abs. 3 LStrG diene zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen. Zwar erfolge die Wahrnehmung der Straßenbaulast grundsätzlich nur im öffentlichen Interesse. Wenn aber die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Personengruppen - wie Kinder und Personen mit Kleinkindern - zu den Anliegern einer Straße gehörten, verdichte sich die abstrakte Berücksichtigungspflicht gegenüber der Allgemeinheit zu einer konkreten Berücksichtigungspflicht gegenüber den Anliegern. Die Klage habe auch in der Sache Erfolg. Der Kläger habe einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Durchführung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1b Nr. 4, Abs. 9 Satz 2 StVO. Unschädlich sei, dass die Widmung der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen P.-​Straße an einem besonders schweren und offensichtlichen Fehler leide und daher nichtig sei, weil sie nur für Personenkraftverkehr, Krafträder sowie Fahrzeuge zur Versorgung der Anlieger und Fahrzeuge öffentlicher Einrichtungen, aber nicht für Fußgänger- und Fahrradverkehr erfolgt sei. Die Straßenverkehrsordnung sei gleichwohl anwendbar, da es sich hier um eine tatsächlich öffentliche Straße handele. Aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehe eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung des Klägers - und der übrigen Anwohner - erheblich übersteige. In einem verkehrsberuhigten Bereich, in dem Fußgänger die gesamte Straßenbreite benutzen und Kinder überall spielen dürften, werde das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung dann erheblich überschritten, wenn diese Benutzungsformen faktisch unmöglich oder nur mit ständigen Unterbrechungen möglich seien. Als Indiz könne auf die Zumutbarkeitskriterien für die Übertragung der Fahrbahnreinigungspflicht auf die Anlieger zurückgegriffen werden. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-​Pfalz sei eine solche Übertragung wegen einer Gefahr für Leib und Leben unzumutbar, wenn ein relativ kontinuierlicher Verkehrsfluss vorhanden sei. Dies sei der Fall bei einer Fahrzeugfrequenz im Abstand von maximal drei Minuten. Hieraus errechne sich eine stündliche Verkehrsmenge von 20 Fahrzeugen. Diese Verkehrsmenge sei selbst nach den Verkehrszählungen der Beklagten etwa um das Zwei- bis Dreifache überschritten. Bei einer Verkehrsdichte von bis zu 48 bzw. 90 Kraftfahrzeugen pro Stunde sei ein überwiegender Aufenthalt von Personen einschließlich spielender Kinder auf der Mischverkehrsfläche nicht möglich. Welche weiteren straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen die Beklagte ergreife, etwa die Anordnung einer Einbahnstraßenregelung oder einer reinen Anliegerstraße, sei in ihr Auswahlermessen gestellt. Überdies habe der Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Durchführung straßenbautechnischer Maßnahmen nach § 11 Abs. 3 LStrG.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Soweit der Kläger weitere straßenbautechnische Maßnahmen begehre, sei er nicht klagebefugt, da § 11 Abs. 3 LStrG keine drittschützende Wirkung zukomme. Er habe auch keinen Anspruch auf Durchführung weiterer verkehrsrechtlicher Maßnahmen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei die Nutzung der gesamten Fahrbahnbreite durch Fußgänger und spielende Kinder nicht aufgrund der Verkehrsdichte faktisch unmöglich. Die Rechtsprechung zur Zumutbarkeit der Straßenreinigungspflicht sei mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht übertragbar. Sie verweise auf die Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-​Pfalz vom 13. September 2011, der die Auffassung des Verwaltungsgerichts ebenfalls nicht teile. Da im Juni 2009 die B.-​Straße und in den Jahren 2008 und 2010/11 die C.-​Straße, eine Verbindungsstraße zur Landstraße L 127, mehrere Monate gesperrt gewesen seien, dürfte ein Teil des Verkehrs auf die P.-​Straße ausgewichen sein, sodass die früheren Verkehrszählungen nur begrenzt aussagefähig seien. Daher habe sie am Dienstag, dem 8. November 2011 eine Verkehrszählung durchführen lassen. Danach sei ein durchschnittlicher täglicher Verkehr an Werktagen von 758 Kraftfahrzeugen ermittelt worden. Am Nachmittag in der Zeit von 15:00 bis 19:00 Uhr seien 52 bis maximal 69 Fahrzeuge pro Stunde gezählt worden; am Vormittag habe der Spitzenwert 49 Fahrzeuge pro Stunde betragen. Der Anteil des reinen Durchgangsverkehrs liege vormittags bei 56 % und nachmittags bei 55 %. Eine Vorgabe für den maximalen Verkehr in einem verkehrsberuhigten Bereich bestehe nicht. Es sei im Einzelfall zu entscheiden, ob die jeweilige Verkehrsmenge verträglich sei. Dabei sei auch zu beachten, dass nach den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 (RASt 06), bei einem Wohnweg als der Ausbauform mit der höchsten Aufenthaltsqualität eine Verkehrsstärke bis zu 150 Kraftfahrzeugen pro Stunde noch als verträglich angesehen werde. Die P.-​Straße entspreche mit Ausnahme der Länge (bis ca. 100 m) den in den Richtlinien angeführten Kriterien des Straßentyps Wohnweg. Die vom Kläger genannten Verkehrsunfälle in der P.-​Straße hätten zu keinen Personenschäden geführt und beruhten im Übrigen alle auf individuellen Fahrfehlern.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 18. Juli 2011 die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat am 25. April 2012 eine Ortsbesichtigung zum baulichen Zustand der P.-​Straße und zu den dortigen Verkehrsverhältnissen durchgeführt. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift über den Ortstermin verwiesen. Bezüglich der Angaben des Ortsvorstehers von K., der Vertreterin des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-​Pfalz und des ehemaligen Baudirektors der Beklagten, Herrn Prof. D., in der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2012 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Hinsichtlich der Ergebnisse der Verkehrserhebung vom 8. November 2011 im Einzelnen wird auf den Bericht des beauftragten Ingenieurbüros (Bl. 232 ff. der Gerichtsakte) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungsakten einschließlich des Bebauungsplans und die Gerichtsakte 3 L 1425/08.KO Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen.

1. Soweit der Kläger zusätzliche straßenbautechnische Maßnahmen zur Beruhigung des fließenden Verkehrs in der P.-​Straße in K. begehrt, ist die Klage unzulässig. Die Klage ist zwar als Verpflichtungsklage statthaft. Der Kläger kann aber nicht geltend machen, in seinen Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu sein.

a) Richtige Klageart ist die Verpflichtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO. Bei den vom Kläger begehrten straßenbautechnischen Maßnahmen dürfte es sich zwar um schlichte Realakte handeln. Die ihnen vorgelagerte Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche weiteren Maßnahmen zu ergreifen sind, enthält jedoch eine Regelung im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG und stellt somit einen Verwaltungsakt dar.

b) Die Klage ist aber unzulässig, weil dem Kläger die Klagebefugnis fehlt. Die Klage auf Erlass eines Verwaltungsaktes setzt nach § 42 Abs. 2 VwGO voraus, dass der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Verletzung eigener Rechte muss hiernach auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich sein. Diese Möglichkeit ist auszuschließen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (vgl. BVerwG, Teilurteil vom 13. Dezember 2006 - 6 C 23/05 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 42 Rn. 65 f. m. w. N.). Dies ist hier der Fall.

Ein subjektives öffentliches Recht liegt dann vor, wenn ein Rechtssatz des öffentlichen Rechts nicht nur öffentlichen Interessen, sondern zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können (sogenannte Schutznormtheorie, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 1985 - 8 C 43/83 -, juris, Rn. 15; Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 66 und 78 ff. m. w. N.).

§ 11 Abs. 3 Satz 1 Landesstraßengesetz - LStrG - dient entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht auch dem Schutz von Interessen des Klägers und kann daher kein subjektives Recht zu seinen Gunsten begründen.

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 LStrG hat der Träger der Straßenbaulast die Straße nach den Erfordernissen der Sicherheit und Ordnung zu bauen; beim Neu- und Ausbau von Straßen sind die besonderen Belange der Kinder, der Personen mit kleinen Kindern sowie der behinderten und alten Menschen im Rahmen der technischen Möglichkeiten zu berücksichtigen mit dem Ziel, eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, soweit nicht überwiegende andere öffentliche Belange, insbesondere Erfordernisse der Verkehrssicherheit, entgegenstehen.

Die Straßenbaulast besteht als öffentliche Aufgabe ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit (vgl. Tegtbauer, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Seite 478 m. w. N.). Da § 11 Abs. 3 Satz 1 LStrG nur die öffentliche Aufgabe der Straßenbaulast nach § 11 Abs. 1 LStrG konkretisiert und nicht auch dem Schutz der Interessen einzelner Personen zu dienen bestimmt ist, begründet die Vorschrift keinen Anspruch darauf, dass und wie die Straßenbaulast wahrgenommen wird (so im Ergebnis auch die Vorinstanz noch in VG Koblenz, Urteil vom 26. April 2010 - 4 K 1138/09.KO -, juris, Rn. 27 m. w. N.). Etwas anderes gilt auch nicht für die in § 11 Abs. 3 Satz 1 2. Hs. LStrG ausdrücklich erwähnten Personengruppen der Kinder, der Personen mit kleinen Kindern sowie der behinderten und alten Menschen. Da § 11 Abs. 3 Satz 1 LStrG die Aufgabe des Straßenbaulastträgers umschreiben und ihm Ziele für die Aufgabenerfüllung vorgeben will, dient die Erwähnung besonders schutzwürdiger Gruppen von Verkehrsteilnehmern nicht der Begründung individueller Schutzansprüche, sondern der Erläuterung genereller Zielvorgaben (vgl. zu der vergleichbaren Bestimmung in Art. 9 Abs. 1 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes Häußler, in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand September 2011, Art. 9 Rn. 4 am Ende). Für ein solches Verständnis der Vorschrift spricht insbesondere auch die darin verwendete Formulierung, wonach die besonderen Belange der genannten Personengruppen beim Neu- und Ausbau von Straßen zu berücksichtigen sind, soweit nicht überwiegende "andere öffentliche Belange" entgegenstehen. Die besonderen Belange der erwähnten Personengruppen zählen demnach im Rahmen der Wahrnehmung der Straßenbaulast ebenfalls zu den öffentlichen Belangen, so dass ihre ausdrückliche Erwähnung nicht dem Schutz individueller Interessen zu dienen bestimmt ist. Der Umstand, dass diese Personen - wie im vorliegenden Fall der Kläger - auch zu den Anliegern einer Straße gehören können, vermag hieran nichts zu ändern. Dass ihm aus dem sogenannten Anliegergebrauch ein subjektives Recht auf Durchführung weiterer Straßenbaumaßnahmen zustünde, macht der Kläger selbst nicht geltend.

2. Soweit der Kläger weitere straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zur Beruhigung des fließenden Verkehrs in der P.-​Straße begehrt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

a) Die Klage ist insoweit zulässig. Der Kläger kann geltend machen, durch die Ablehnung bzw. das Unterlassen der von ihm begehrten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen in seinen Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu sein.

Ein diesbezügliches subjektives öffentliches Recht des Klägers kann ihm aus § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4b Satz 1 Nr. 3 und 4 und Abs. 9 Straßenverkehrsordnung - StVO - zustehen. Danach können die Straßenverkehrsbehörden aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs verkehrsbeschränkende Maßnahmen anordnen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO) und auch die notwendigen Anordnungen treffen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in verkehrsberuhigten Bereichen (vgl. § 45 Abs. 1b Nr. 3 und 4 StVO). Zwar sind diese Vorschriften grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet (vgl. BVerwGE 74, 234 [236] m. w. N.). Es ist aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass der Einzelne einen - auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzten - Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten haben kann, wenn die Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung umfasst die Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Dazu gehört ferner im Vorfeld der Grundrechte der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen (vgl. nochmals BVerwGE 74, 234 [236] m. w. N.).

Der Kläger begehrt von der Beklagten, durch verkehrsrechtliche Maßnahmen zu sorgen, dass der fließende Verkehr in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen P.-​Straße tatsächlich beruhigt wird. Er macht geltend, angesichts der hohen Verkehrsdichte und der überhöhten Geschwindigkeit der Fahrzeuge sei ihm - und auch seinen beiden minderjährigen Kindern - ein Aufenthalt als Fußgänger auf der Straße, die als Mischverkehrsfläche ausgebaut worden sei und in ihrer ganzen Breite von Fußgängern und spielenden Kindern genutzt werden dürfe, ohne Gefahr für Leib und Leben nicht möglich. Eine Verletzung seiner durch § 45 StVO geschützten Individualinteressen ist nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Die Klage ist auch ohne Durchführung eines Vorverfahrens als sogenannte Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig. Denn über den Antrag des Klägers vom 13. August 2010, weitere verkehrsberuhigende bzw. verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu ergreifen, ist ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden. Das Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2010 stellt nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten keinen Verwaltungsakt dar, sondern eine bloße Mitteilung ohne Regelungswirkung. Eine förmliche Ablehnungsentscheidung ist daher bis heute nicht erfolgt.

b) Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten weiteren verkehrsrechtlichen Maßnahmen zur Beruhigung des fließenden Verkehrs in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen P.-​Straße.

aa) Im Ergebnis zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Straßenverkehrsordnung in der P.-​Straße Anwendung findet, weil es sich um eine öffentliche Straße und damit um Straßenverkehr im Sinne von § 1 StVO handelt (vgl. Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl. 2010, § 1 StVO Rn. 5). Dies folgt bereits aus der straßenrechtlichen Widmung, die entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht wegen eines besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlers nichtig ist. Die Widmung umfasst auch den Fußgänger- und Fahrradverkehr, so dass der vom Verwaltungsgericht gerügte Fehler, die P.-​Straße dürfe als verkehrsberuhigter Bereich nach der straßenrechtlichen Widmung ausschließlich mit Kraftfahrzeugen und Krafträdern befahren werden, nicht vorliegt. Wie der vorgelegten Behördenakte zu entnehmen ist (vgl. Bl. 38), enthält die Widmung der P.-​Straße nämlich keine Beschränkung "auf" den Kraftfahrzeugverkehr, sondern lediglich eine Einschränkung "für" den Kraftfahrzeugverkehr, so dass der Fußgänger- und Fahrradverkehr hiervon nicht betroffen und vom Widmungszweck nicht ausgeschlossen ist.

bb) Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Sie treffen auch die notwendigen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in verkehrsberuhigten Bereichen (vgl. § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und 4 StVO). Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (vgl. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO).

Im vorliegenden Fall sind keine weiteren verkehrsrechtlichen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen P.-​Straße notwendig. Die nach der aktuellen Verkehrszählung vom 8. November 2011 ermittelte Verkehrsdichte ist noch nicht so hoch, dass die in einem verkehrsberuhigten Bereich geltenden Ge- und Verbote faktisch nicht mehr eingehalten werden können, weil dort ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern ohne eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefährdung für Leib und Leben faktisch nicht mehr möglich wäre.

In einem verkehrsberuhigten Bereich müssen nach der Straßenverkehrsordnung Fahrzeugführer mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Fahrzeugführer dürfen Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen Fahrzeugführer warten. Fußgänger dürfen den Fahrverkehr nicht unnötig behindern. Außerdem dürfen Fußgänger die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt (vgl. Verkehrszeichen Nummer 325.1 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO). Nach den Verwaltungsvorschriften zu dem Verkehrszeichen 325.1 (abgedruckt bei Burmann/Heß/Jahnke/Janker, a. a. O., Anhang zur StVO) kommt ein verkehrsberuhigter Bereich nur für einzelne Straßen oder für Bereiche mit überwiegender Aufenthaltsfunktion und sehr geringem Verkehr in Betracht. Die Straßen müssen durch ihre besondere Gestaltung den Eindruck vermitteln, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr eine untergeordnete Bedeutung hat. In der Regel wird ein niveaugleicher Ausbau für die ganze Straßenbreite erforderlich sein.

Dem Kläger ist einzuräumen, dass im Hinblick auf diese Aufenthaltsfunktion eines verkehrsberuhigten Bereichs die Planung der P.-​Straße nicht unproblematisch ist. Sie ist nämlich einerseits von der Beklagten bereits im Bebauungsplan als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen und dementsprechend als Mischverkehrsfläche ohne separate Gehwege gebaut worden, andererseits aber von Anfang an als eine Verbindungsstraße zwischen der B.-​Straße im Ortszentrum von K. und der Landstraße L127 geplant worden. Nach den Angaben der Vertreterin der Beklagten und des Ortsvorstehers von K. in der mündlichen Verhandlung des Senats sollte die P.-​Straße als Verbindungsstraße zur Landstraße L127 nicht nur eine weitere Belastung der vorhandenen Verbindungen der B.-​Straße durch das dortige Neubaugebiet vermeiden, sondern sogar eine gewisse Entlastung bringen. Da in einem verkehrsberuhigten Bereich die Fußgänger die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen dürfen und Kinderspiele überall erlaubt sind, läuft eine solche Planung, die zur Entlastung vorhandener Straßen den dortigen Durchgangsverkehr teilweise in die neu gebaute P.-​Straße umleiten will, deren Ausweisung und Ausbau als verkehrsberuhigter Bereich und der damit verbundenen Aufenthaltsfunktion tendenziell zuwider. Denn mit zunehmender Verkehrsdichte verringert sich für Fußgänger und spielende Kinder die Möglichkeit, den verkehrsberuhigten Bereich seiner Aufenthaltsfunktion entsprechend tatsächlich zu benutzen, ohne sich einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung für Leib oder Leben auszusetzen.

Gleichwohl kann nach der aktuellen Verkehrszählung vom 8. November 2011 eine solche Gefährdung in der P.-​Straße nicht festgestellt werden. Die gemessene Verkehrsdichte ist noch nicht so hoch, dass ein Aufenthalt von Fußgängern und spielenden Kindern auf der Straße ohne eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefährdung für Leib und Leben faktisch nicht mehr möglich wäre.

Nach der Verkehrszählung vom 8. November 2011, einem Dienstag außerhalb der Schulferien, wurde ein durchschnittlicher täglicher Verkehr an Werktagen von 758 Kraftfahrzeugen ermittelt. Am Vormittag in der Zeit von 7:00 bis 10:00 Uhr wurden maximal 49 Fahrzeuge pro Stunde gezählt, am Nachmittag in der - gerade für Kinderspiel bedeutsamen - Zeit von 15:00 bis 19:00 Uhr zwischen 52 und maximal 69 Fahrzeugen; die Spitzenstunde mit 69 Fahrzeugen lag zwischen 16:15 Uhr und 17:15 Uhr. Der Anteil des reinen Durchgangsverkehrs betrug vormittags 56 % und nachmittags 55 %. Fast jede zweite Fahrt war Ziel- oder Quellverkehr des Wohngebiets entlang der P.-​Straße. Früheren Verkehrszählungen kommt keine maßgebliche Bedeutung mehr zu, da die hierbei ermittelten Zahlen nicht mehr hinreichend aktuell und teilweise auch deswegen nicht ausreichend verlässlich sind, weil sie erhoben wurden, als wegen Bauarbeiten die B.-​Straße bzw. die C.-​Straße, eine Verbindungsstraße zur Landstraße L127, gesperrt waren, so dass während dieser Zeiten von Ausweichverkehr durch die P.-​Straße ausgegangen werden muss.

Es kann offen bleiben, ob ab einer bestimmten Verkehrsdichte generell in verkehrsberuhigten Bereichen ein Aufenthalt für Fußgänger und spielende Kinder wegen einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung faktisch unmöglich ist oder ob eine solche Gefährdung abhängig ist von der Lage des verkehrsberuhigten Bereichs (wie Stadtzentrum, Stadtrand oder Dorf) und den sonstigen Umständen des Einzelfalles. Ebenso kann dahinstehen, ob zur Beurteilung einer solchen Gefährdung auf die in den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) als verträglich angegebene Verkehrsstärke für "Wohnwege" zurückgegriffen werden kann. Der vorliegende Fall gibt auch keine Veranlassung, die Frage abschließend zu klären, ab welcher Verkehrsdichte in der P.-​Straße eine solche Gefährdung anzunehmen wäre. Es genügt hier festzustellen, dass die genannte aktuelle Verkehrsdichte noch nicht so hoch ist, dass von einer solchen Gefährdung ausgegangen werden kann.

Für diese Einschätzung ist insbesondere von maßgeblicher Bedeutung, dass Fahrzeuge in einem verkehrsberuhigten Bereich anders als auf sonstigen innerörtlichen Straßen nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen, wie oben ausgeführt (vgl. nochmals Verkehrszeichen Nummer 325.1 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO). Schrittgeschwindigkeit ist eine sehr langsame Geschwindigkeit, die in etwa der eines normal gehenden Fußgängers entspricht. Es kann dahinstehen, ob dies eine Geschwindigkeit von maximal 7, 10 oder 15 km/h bedeutet. Sie muss jedenfalls deutlich unter 20 km/h liegen (vgl. König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 42 StVO Rn. 147 und 181 m. w. N.). Bei einer solch langsamen Geschwindigkeit des Fahrzeugverkehrs, das heißt nicht nur von Kraftfahrzeugen, sondern auch von Mopeds, Mofas und Fahrrädern (vgl. König, a. a. O., § 42 StVO Rn. 147), besteht eine erheblich geringere Gefahr für Personen, die sich in einem verkehrsberuhigten Bereich auf der Straße aufhalten, als auf sonstigen Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften, auf denen eine Geschwindigkeit bis zu 50 km/h zulässig ist (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Dies gilt auch für spielende Kinder, zumal für Fahrzeugführer in verkehrsberuhigten Bereichen die besondere Sorgfaltspflicht besteht, sich auf plötzlich auftauchende Kinder einzustellen (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2004, 1887; König, a. a. O., § 42 StVO Rn. 181, jeweils m. w. N.).

Aus diesem Grunde kann auch für die Beurteilung einer Gefährdung von Personen auf einer verkehrsberuhigten Straße nicht die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-​Pfalz zur Unzumutbarkeit der Übertragung der Straßenreinigungspflicht auf die Anlieger herangezogen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. August 1999 - 1 C 10016/99.OVG - eine solche Unzumutbarkeit wegen einer Gefährdung von Leib und Leben des die Fahrbahn reinigenden Anliegers in einem Fall bejaht, in dem ein relativ kontinuierlicher Verkehrsfluss mit einer zeitlichen Lücke von maximal drei Minuten, großteils sogar minütlicher Kraftfahrzeugverkehr zu verzeichnen war. Diese Annahme einer Gefährdung von Leib und Leben von Personen auf der Fahrbahn bezieht sich indes auf normale Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Sie kann daher auf eine als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesene Straße, in der lediglich Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf, nicht übertragen werden.

Vor diesem Hintergrund erscheint die in der P.-​Straße festgestellte Verkehrsdichte mit 758 Fahrzeugen an einem Werktag und 52 bis maximal 69 Fahrzeugen am Nachmittag in der - gerade für Kinderspiel bedeutsamen - Zeit von 15:00 bis 19:00 Uhr noch nicht so hoch, dass von einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung von Leib und Leben für Personen ausgegangen werden kann, die sich als Fußgänger oder beim Kinderspiel auf der Straße aufhalten. Der Senat hält daher auch die Einschätzung des ehemaligen Baudirektors der Beklagten für plausibel, dass kein wesentlicher Unterschied zwischen der P.-​Straße und anderen verkehrsberuhigten Bereichen im Gebiet der Beklagten besteht. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung der Vertreterin des Landesbetriebs Mobilität in der mündlichen Verhandlung, dass die P.-​Straße nach ihrer baulichen Gestaltung mit Verschwenkungen und Auflastungen und ohne separate Gehwege vom äußeren Erscheinungsbild keine "klassische" Verbindungsstraße ist. Dies wird auch durch die Verkehrszählung vom 8. November 2011 insofern bestätigt, als danach nahezu jede zweite Fahrt durch die P.-​Straße kein Durchgangsverkehr, sondern Ziel- und Quellverkehr ist.

Soweit der Kläger geltend macht, viele Fahrzeugführer hielten sich nicht an die in der P.-​Straße vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit, kann dies die begehrten verkehrsrechtlichen Maßnahmen - wie etwa eine Einbahnstraßenregelung oder die Anordnung einer reinen Anliegerstraße - nicht rechtfertigen. Maßgeblich für die Notwendigkeit einer Anordnung zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesem verkehrsberuhigten Bereich wegen einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung von Personen auf der Straße ist, ob die festgestellte Verkehrsdichte bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit eine solche Gefahr begründet. Wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit tatsächlich vielfach überschritten, so ist es hingegen Aufgabe der Beklagten, durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch häufigere Geschwindigkeitskontrollen darauf hinzuwirken, dass die vorgeschriebene Geschwindigkeit grundsätzlich beachtet wird.

Sollte das Verkehrsaufkommen in der P.-​Straße allerdings künftig deutlich ansteigen, kann die Frage der Gefährdung von Personen, die sich auf der Straße aufhalten, neu zu bewerten sein.

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm erforderlich wären (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 StVO), nachdem bei einer Verkehrszählung am 23. Juni 2009 ein Dauerschallpegel unter 58 dbA ermittelt worden ist, obwohl dort eine höhere Verkehrsmenge (955 Kraftfahrzeuge pro Tag) als die aktuelle gemessene Menge und auch eine höhere Fahrgeschwindigkeit (30 km/h) als die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit der Berechnung zu Grunde gelegt worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.


Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € (§§ 47, 52 Abs. 2 GKG).