Das Verkehrslexikon

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VGH München Beschluss vom 20.02.2017 - 8 ZB 15.1084 - Kein Anspruch auf Herstellung oder Erweiterung eines Straßenbestandteils

VGH München v. 20.02.2017: Kein Anspruch privater Dritter auf Herstellung oder Erweiterung eines Straßenbestandteils


Der VGH München (Beschluss vom 20.02.2017 - 8 ZB 15.1084) hat entschieden:
Die Herstellung oder Erweiterung von Straßen erfolgt nur im öffentlichen Interesse, so dass ein privater Dritter insoweit grundsätzlich keine Rechtsansprüche geltend machen kann.


Siehe auch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen und Straßenrecht - Gemeingebrauch - Sondernutzung


Gründe:

I.

Der Kläger begehrt, den beklagten Markt zu verurteilen, den Straßenkörper einer Gemeindeverbindungsstraße im Bereich der Innenseite einer Kurve in einer Breite von mindestens 8,50 m auszugestalten (zu verbreitern). Die betroffene Fläche beträgt 37 m². Der Beklagte hat diese Fläche an den Beigeladenen veräußert. Nach den von der Beklagten vorgelegten Fotos ist die Fläche nicht in die Fahrbahn einbezogen, sondern Grünland.

Der Kläger macht geltend, er benötige diese Fläche als Straßenbestandteil für Zwecke der Holzabfuhr.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 1.4.2015).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.


II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig, so dass der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

1. Das Verwaltungsgericht führt aus, bei der Gemeindeverbindungsstraße handle es sich um eine Straße, die im Wege der Rechtsbereinigung nach Art. 67 Abs. 3, 4 BayStrWG als öffentliche Straße in das gemeindliche Bestandsverzeichnis eingetragen worden sei (Eintragung vom 29.8.1961). Jedoch leide die Eintragung an einem schwerwiegenden Fehler, weil jede Angabe von Flurnummern für die betroffene Straßentrasse fehle. In der Eintragung ist nämlich nur von „sämtl. Ortswege in J..., Gesamtstrecke 0,100 km“ die Rede. Es spricht einiges dafür, dass diese Einschätzung des Erstgerichts zutrifft. Auch wenn die Anforderungen an Eintragungen im Wege der Rechtsbereinigung ab 1958 nicht überspannt werden dürfen (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – BayVBl 2013, 84/85 ff. = FStBay 2012 Rn. 172 S. 512 ff.), so erscheinen hier die Angaben in der Eintragung vom 29. August 1961 in einem Maße kümmerlich, dass von einer Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG auszugehen sein dürfte.

Geht man danach vom Nichtvorliegen einer öffentlichen Straßenfläche aus, ist es unmöglich, dass dem Kläger ein Anspruch auf Verbreiterung der Straße zustehen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO). Einen solchen Herstellungsanspruch eines Dritten schließt Art. 9 Abs. 1 BayStrWG aus; Verpflichtungen aus der Straßenbaulast begründen nur Pflichten, die im öffentlichen Interesse bestehen (BayVGH, B.v. 12.1.2010 – 8 CE 09.2582 – BayVBl 2010, 509/510).

2. Sollte gleichwohl eine öffentliche Straße (Gemeindeverbindungsstraße) vorliegen, wäre der vom Kläger verfolgte Anspruch ebenfalls ausgeschlossen (§ 42 Abs. 2 VwGO). Denn die fragliche Fläche am Rande der Straße ist nach den vom Beklagten vorgelegten Fotos nur eine Grünfläche. Sie wäre danach allenfalls als Seitenstreifen im Sinn des Art. 2 Nr. 1 Buchst. b) BayStrWG anzusehen. Der Kläger räumt selbst ein, dass der Seitenstreifen früher – vor der jetzigen Bepflanzung mit einem Rhododendronstock – ein, wenn angeblich auch befahrbarer Grünstreifen gewesen sei (Schriftsatz vom 1.6.2016). Art. 14 Abs. 3 BayStrWG schließt es aber ausdrücklich aus, dass der Gemeingebrauch immer in unveränderter Weise aufrechterhalten wird. Bei einem – wenn möglicherweise auch befahrbaren – Grünstreifen gilt dies erst recht. Denn es ist schon nicht die Zweckbestimmung eines Grünstreifens im Sinn des Art. 2 Nr. 1 Buchst. b) BayStrWG, befahren zu werden. Insoweit kann auch kein Anspruch auf eine solche Erweiterung des Gemeingebrauchs bestehen (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2002 – 8 B 96.3098 – BayVBl 2003, 526/527; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2015, Art. 14 Rn. 7 a. E.). Es ist mithin nicht ersichtlich, inwiefern dem Kläger hier eine Rechtsposition zukommen könnte.

3. Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem der Kläger einen Anspruch aus Art. 17 BayStrWG herleiten könnte (Änderung von Zufahrten oder Zugängen für Straßenanlieger), hat er nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

4. Im Übrigen wäre, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, die Klage auch aus den vorstehenden Gründen offensichtlich unbegründet. Dies gilt insbesondere auch für Ansprüche aus dem einfachrechtlichen Institut des Anliegergebrauchs.

In diesem Zusammenhang wird deshalb auch auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 1, 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwertfestsetzung: § 52 Abs. 1 GKG, Vorschläge nach Tz. 43.3 Streitwertkatalog Fassung 2012/2013.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).



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