Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 13.02.1990 - VI ZR 128/89 - Sichtfahrgebot und Fahrgeschwindigkeit wegen rechts parkender Fahrzeuge

BGH v. 13.02.1990: Sichtfahrgebot und Fahrgeschwindigkeit wegen rechts parkender Fahrzeuge


Eine Verringerung der Fahrgeschwindigkeit wegen rechts parkender Fahrzeuge wird nicht durch das Sichtfahrgebot (§ 3 I StVO) gefordert, denn dieses bezieht sich immer nur auf die Fahrbahn selbst, so daß eine Straßenstelle nicht schon dadurch unübersichtlich wird, daß der Verkehrsverlauf in der seitlichen Umgebung der Fahrbahn nicht voll überblickt werden kann; parkende Fahrzeuge begründen im allgemeinen keine Unübersichtlichkeit (BGH VersR 1990, 535; BGH NJW 1985, 1950).


Siehe auch Fahren auf Sicht - Sichtfahrgebot - Auffahren auf Hindernisse und Auffahren auf unbeleuchtete Hindernisse oder Fahrzeuge bei Dunkelheit


Der BGH (Urteil vom 13.02.1990 - VI ZR 128/89) hat hierzu ausgefürht:
"... Auch wenn nach der Örtlichkeit zum Unfallzeitpunkt - 6,3 m breite Fahrbahn, rechts von einem 0,7 m breiten Gehweg begrenzt, daran anschließend 1,6 m hoher Sichtschutzzaun, dahinter Garagenhof, vor dessen 8,4 m breiten Zufahrt der Gehweg endet - nicht auszuschließen war, daß Kinder auf dem Garagenhof spielen und unvorsichtig von dort auch auf die Straße gelangen konnten, mußte die Bekl. nicht schon deswegen die Geschwindigkeit unter 30 km/h bis 40 km/h zurücknehmen. Konkrete Anhaltspunkte für die Anwesenheit von Kindern die zu erhöhter Vorsicht nach § 3 Abs. 2a StVO gemahnt hätten, sind nicht festgestellt.

Die Revision kann sich nicht darauf berufen, in einem Wohngebiet sei immer damit zu rechnen, daß Kinder gelegentlich auf Garagenhöfen spielten und sich von dort - häufig unvorsichtig - in den Straßenverkehr begäben. Grundsätzlich muß der Fahrzeugführer die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nicht auch einer derart abstrakten Gefahrenlage anpassen. Zwar muß er die Fahrgeschwindigkeit bei unübersichtlicher Verkehrslage herabsetzen; dieses Gebot ist aber auf die Unübersichtlichkeit der Fahrbahn bezogen und umfaßt nicht schwer einsehbare Grundstücksausfahrten und Garagenhöfe (vgl. auch BGH vom 21.2.1985 - III ZR 205/83 = VersR 1985, 637 (638). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß eine Herabsetzung der Geschwindigkeit in der konkreten Verkehrssituation nicht schon wegen des auf der anderen Straßenseite angebrachten Verkehrsspiegels geboten war. Der Verkehrsspiegel diente dem aus dem Grundstück Ausfahrenden zur Orientierung über die Verkehrssituation auf der G.-Straße; nicht war der Verkehr auf der Straße verpflichtet, sich durch einen Blick in den Verkehrsspiegel über die Verkehrsverhältnisse im Bereich der Garagenausfahrt zu vergewissern. ..."