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Amtsgericht Köln Urteil vom 26.06.2012 - 272 C 33/12 - Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs bei automatisiertem Waschvorgang

AG Köln v. 26.06.2012: Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs bei automatisiertem Waschvorgang mittels eines Förderbandes


Das Amtsgericht Köln (Urteil vom 26.06.2012 - 272 C 33/12) hat entschieden:

   Ein Fahrzeug in einer Waschstraße befindet sich nicht im Betrieb im Sinne von § 7 StVG, wenn es sich - wie hier - um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das zu waschenden Fahrzeug weder durch eigene Motorkraft noch durch das Eigengewicht vorwärts bewegt, sondern nur von einem Förderband getrieben wird. Auch nach dem sehr weit gefassten Betriebsbegriff konnte sich die dem Kraftfahrzeugbetrieb typischerweise innewohnende Gefährlichkeit so lange nicht auswirken, wie das Fahrzeug durch ein Förderband innerhalb der Waschanlage vorwärts bewegt wird.


Siehe auch
Betriebsgefahr - verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung
und
Autowaschanlage -Carwashing - Ersatzansprüche


Tatbestand:


Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis in Köln.

Am 24.08.2011 befand sich der PKW der Klägerin in der Waschanlage der Firma „NX“ in Köln. Die Fahrzeuge werden dort durch Mitarbeiter des Betreibers zur Einfahrt gewunken und anschließend mittels eines Förderbandes durch die Waschstraße gezogen, ohne dass die Kunden den Waschgang beeinflussen können. Vor der Einfahrt in die Waschstraße befindet sich ein Schild mit dem Gebot, den Motor während des Waschgangs laufen zu lassen. In der Waschstraße befindet sich ein weiteres Schild mit dem Gebot, sofort loszufahren, sobald die am Ende der Waschstraße befindliche Lichtzeichenanlage auf Grün schaltet.

Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs hatte den Motor während des Waschgangs ausgeschaltet. Als der Waschvorgang beendet war und die Leichtzeichenanlage auf Grün schaltete, blieb er stehen, bis das Fahrzeug des Beklagten zu 1), das sich direkt dahinter befand, durch das Förderband auf das Fahrzeug der Klägerin geschoben wurde. An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte zu 1. habe den Unfall zu verantworten. Sie behauptet, er habe nicht den erforderlichen Abstand zwischen den Fahrzeugen eingehalten.

Die Klägerin beantragt,

   die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner einen Betrag in Höhe von 984,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. November 2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 130,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. November 2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Klägerin habe den Unfall zu verantworten. Sie behaupten, die Kollision sei darauf zurückzuführen, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges während des Waschgangs den Motor abgestellt und nach Beendigung des Waschgangs Probleme aufgetreten seien, den Motor wieder zu starten.

Wegen der näheren Einzelheiten Sach- und Streitstand wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie sonstigen Unterlagen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Der Klägerin steht gegen die Beklagten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG. Ein Fahrzeug in einer Waschstraße befindet sich nicht im Betrieb im Sinne von § 7 StVG, wenn es sich - wie hier - um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das zu waschenden Fahrzeug weder durch eigene Motorkraft noch durch das Eigengewicht vorwärts bewegt, sondern nur von einem Förderband getrieben wird. Auch nach dem sehr weit gefassten Betriebsbegriff konnte sich die dem Kraftfahrzeugbetrieb typischerweise innewohnende Gefährlichkeit so lange nicht auswirken, wie das Fahrzeug durch ein Förderband innerhalb der Waschanlage vorwärts bewegt wird. In diesem Fall ist das Fahrzeug nur passives Objekt und könnte in gleicher Weise auch nach einem vorherigen Ausbau des Motors durch die Anlage gezogen werden (AG Koblenz, Urteil vom 06.12.1989 - Az. 15 C 2648/89; AG Köln, Urteil vom 26.07.2010 - Az. 261 C 506/09).

Ein Schadensersatzanspruch folgt auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Die dafür erforderliche Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten wäre nur dann zu bejahen, wenn dieser den Eintritt des schädigenden Ereignisses hätte vermeiden können und müssen (Grüneberg, in: Palandt, 71. Auflage, § 276 BGB, Rn. 21). Dies ist nicht der Fall. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte den Ablauf des Waschvorgangs nicht beeinflussen konnte. Sein Fahrzeug wurde allein durch das Förderband der Waschanlage betrieben, ohne dass der Beklagte den Waschgang hätte unterbrechen können. Dem Beklagten kann auch nicht etwa vorgehalten werden, dass er zu dicht hinter dem Fahrzeug der Klägerin auf das Förderband aufgefahren sei. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten sind die Kunden in der Waschanlage nicht für den Abstand zwischen den Fahrzeugen verantwortlich. Unstreitig erfolgt die Einweisung der Fahrzeuge durch Mitarbeiter des Betreibers. Dass für den Beklagten Anlass bestanden hätte, von den Weisungen der Mitarbeiter abzuweichen, ist nicht ersichtlich und wurde von dem Kläger auch nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund scheidet die Annahme aus, der Beklagte habe sorgfaltswidrig gehandelt, weil er den erforderlichen Abstand nicht eingehalten habe.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 Satz 2 ZPO. Streitwert: 984,57 €.

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