Das Verkehrslexikon
BGH Urteil vom 08.02.1989 - IV a ZR 57/88 - Zum Begriff der groben Fahrlässigkeit
BGH v. 08.02.1989: Zum Begriff der groben Fahrlässigkeit
Siehe auch Die grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Voll- oder Teilkaskoversicherung und Vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Kfz-Versicherung
Der BGH (Urteil vom 08.02.1989 - IV a ZR 57/88) führt zur Definition des Begriffes der groben Fahrlässigkeit folgendes aus:
"... b) Die tatrichterliche Würdigung, einem VN sei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar.
Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände des Einzelfalls außer Betracht geblieben sind (st. Rspr.: BGHZ 89, 153 (160) = VersR 1984, 281 (283); Senatsurteil vom 4.12.1985 - IV a ZR 130/84 VersR 1986, 254; BGH vom 12.1.1988 - VI ZR 158/87 = VersR 1988, 474; jeweils m. w. Nachw.).
2. Den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit hat das Berufungsgericht richtig gesehen.
Es versteht darunter ein gefahrenträchtiges Verhalten - Handeln oder Unterlassen -, bei dem nach den gesamten Umständen die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maß verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dabei werde zwar in der Regel das Bewußtsein der Gefährlichkeit vorausgesetzt. Aber auch unbewußte Fahrlässigkeit könne grob sein. Für die Schwere des Vorwurfs mache es keinen Unterschied, ob eine Gefahr erkannt, aber unterschätzt werde oder ob sie aus Gedankenlosigkeit gar nicht erkannt werde. Neben den besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt trete der Vorwurf eines subjektiv nicht entschuldbaren Fehlverhaltens, das erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgehe.
Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Die grobe Fahrlässigkeit wird vom Gesetzgeber in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X ebenso gesehen. Die Erwägungen des Berufungsgerichts entsprechen der ständigen Rechtsprechung des BGH (z. B. Urteile vom 2.3.1977 - IV ZR 43/75 = VersR 1977, 465; vom 27.6.1985 l ZR 40/83 = VersR 1985, 1060 unter ll 2b; vom 12.1.1988 - VI ZR 158/87 = VersR 1988, 474; Senatsurteile vom 23.1.1985 IVa ZR 128/83 = VersR 1985, 440 und vom 12.10.1988 - IVa ZR 46/87 = VersR 1989, 141) und gesicherter Auffassung im Schrifttum (Bruck/Möller" VVG 8. Aufl. § 61 Anm. 46; Prölss/Martin, VVG 24. Aufl. § 6 Anm. 12 und § 61 Anm. 4 B; Martin, Sachversicherungsrecht 2. Aufl. Ol 18 ff.; Hanau in Münch. Komm. zum BGB 2. Aufl. § 277 Rdn. 2 ff.; vgl. auch Müller VersR 1985, 1101 ff. m. zahlr. Nachw., der allerdings aaO S. 1105 f. das Merkmal der subjektiv schweren Schuld verneint). ..."