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BGH Urteil vom 23.10.1990 - VI ZR 310/89 - Zum Umfang der Ansprüche des Leasinggebers gegen den Drittverursacher eines Unfalls, bei dem das Leasingfahrzeug Totalschaden erleidet

BGH v. 23.10.1990: Zum Umfang der Ansprüche des Leasinggebers gegen den Drittverursacher eines Unfalls, bei dem das Leasingfahrzeug Totalschaden erleidet


Der BGH (Urteil vom 23.10.1990 - VI ZR 310/89) hat entschieden:
Nach einem Totalschaden an einem Leasingfahrzeug steht dem Leasinggeber weder aufgrund eigenen Rechts noch aufgrund abgetretenen Rechts des Leasingnehmers gegen den schädigenden Dritten ein Anspruch auf Ersatz der Leasingraten zu, die ihm bei vertragsgemäßer Beendigung des Leasingvertrages zugestanden hätten.


Siehe auch Leasingfahrzeug - Leasingvertrag


Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Beklagte schuldhaft das im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug beschädigt hat und ihr daher gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz des ihr dadurch entstandenen Schadens verpflichtet ist. Der Schaden besteht nach Ansicht des Berufungsgerichts im wesentlichen in den Beträgen, die der Klägerin - unter Berücksichtigung einer Abzinsung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung - bei vertragsgemäßem Ende des Leasingvertrages zugeflossen wären.

Den Schadensersatzanspruch der Klägerin hält das Berufungsgericht auch nicht für verjährt.


II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zusteht und die Verjährungsfrist für diesen Anspruch bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen war.

a) Der Beklagte hat - was auch von der Revision nicht angegriffen wird - bei der privaten Nutzung des ihm zur Reparatur überlassenen Pkw fahrlässig dieses im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug beschädigt und ist damit nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung der Klägerin gegenüber schadensersatzpflichtig geworden.

b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin noch nicht verjährt ist.

Es entspricht zwar der gefestigten Rechtsprechung, dass die kurze Verjährungsfrist des § 558 BGB auch dann gilt, wenn der Ersatzanspruch wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache nicht auf eine Vertragsverletzung, sondern auf eine unerlaubte Handlung des Mieters oder eines Dritten gestützt wird, der in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1988 - VI ZR 150/87 - NJW-RR 1988, 1358). Soweit leasingtypische Besonderheiten nicht entgegenstehen, finden die mietrechtlichen Bestimmungen des BGB - und mithin auch § 558 BGB - grundsätzlich auch Anwendung auf Finanzierungsleasingverträge (BGHZ 82, 121, 130; 95, 39, 49; 97, 65, 70; 97, 135, 139; BGH, Urteil vom 28. März 1990 - VIII ZR 17/89 - WM 1990, 935, 939). Inwieweit eine Anwendung von § 558 BGB in Betracht kommt (vgl. insoweit BGHZ 97, 65, 70f und Meyer auf der Heyde, BB 1987, 498), kann für die Entscheidung des Streitfalles dahinstehen, da der Beklagte aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht in den Schutzbereich des Leasingvertrages einbezogen war und schon damit nicht in den Genuss der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB kommen konnte. Es ist jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, dass bei Abschluss des Leasingvertrages nicht angenommen werden musste, dass H. dem Inhaber einer Kfz-Reparaturwerkstatt, der den Pkw vorübergehend in Besitz hat, für von ihm nicht gestattete Privatfahrten denselben Schutz zukommen lassen wollte, wie er ihm selbst zusteht (vgl. BGHZ 71, 175, 178 m.w.N.). Ist das aber der Fall, dann kommt es nicht auf den von der Revision hervorgehobenen Umstand an, dass H. das Fahrzeug verkaufen wollte und der Beklagte deswegen nach Käufern suchte.

Damit gilt im Streitfall die 3-jährige Verjährungsfrist des § 852 BGB, die bei Klageeinreichung am 19. April 1988 noch nicht verstrichen war.

2. Die Revision rügt jedoch mit Recht, dass die bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen den Klageanspruch der Höhe nach nicht rechtfertigen.

a) Danach kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin durch die Beschädigung des in ihrem Eigentum stehenden Leasingfahrzeugs ein Schaden in Höhe der ausstehenden Leasingraten entstanden ist, die ihr bei vertragsgemäßer Beendigung des Leasingvertrages zugestanden hätten.

Der Leasinggeber hat bei Vernichtung des Leasingobjektes nach § 823 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich Anspruch auf vollen Schadensersatz einschließlich des entgangenen Gewinns (vgl. Graf von Westfalen, Der Leasingvertrag, 3. Aufl., Rdn. 357). Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Sachverhalts ist aber nicht ersichtlich, inwieweit der Klägerin ein Schaden entstanden ist.

aa) Durch Nr. 8 ihrer Mietbedingungen hat die Klägerin nämlich - wie bei Leasingverträgen üblich - die Sach- und Gegenleistungsgefahr voll auf ihren Leasingnehmer abgewälzt. Eine solche Vereinbarung ist grundsätzlich auch mit § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGB-Gesetz vereinbar, wenn für den Fall des völligen Verlustes oder einer nicht unerheblichen Beschädigung des Fahrzeugs ein kurzfristiges Kündigungsrecht des Leasingnehmers vorgesehen ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1986 - VIII ZR 319/87 - WM 1987, 38, 39 und vom 30. September 1987 - VIII ZR 226/86 - ZIP 1987, 1390, 1392). Die Klägerin hatte in Nr. 8 Abs. 2 ihrer Mietbedingungen mit ihrem Leasingnehmer auch ein derartiges Kündigungsrecht vereinbart. Danach kann der Mieter im Falle der Vernichtung des Kraftfahrzeugs nach seiner Wahl u.a. an den Vermieter als Entschädigung sämtliche zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden Mietraten nebst Restwert, abgezinst zu 4% über dem zur Zeit des Vertragsabschlusses gültigen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, zahlen. Diese Regelung kommt einem kurzfristigen Kündigungsrecht des Leasingnehmers gleich.

Steht der Klägerin damit aber ein auf Vollamortisation ihres Aufwands gerichteter Ausgleichsanspruch gegen ihren Leasingnehmer zu, dann entgeht ihr durch die Beschädigung des Fahrzeugs kein Gewinn und ihr steht damit auch gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz eines Gewinnentganges zu (Graf von Westfalen, aaO; vgl. auch Lange, Schadensersatz, 2. Aufl., S. 477). Auch wenn sie den Zahlungsanspruch gegen den Leasingnehmer nicht realisieren könnte, wäre das kein auf die unerlaubte Handlung des Beklagten zurückzuführender Schaden.

bb) Einzustehen hat der Beklagte für den Totalschaden am Leasingfahrzeug.

Da der Leasingnehmer nach der Beschädigung des Leasingfahrzeugs offensichtlich nicht die von ihm nach Ziff. 8 Buchst. b der Mietbedingungen geschuldete Entschädigung an die Klägerin gezahlt hat, steht dieser gegen den Beklagten jetzt noch ein Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes des Pkw zu, der andernfalls allein auf den Leasingnehmer übergegangen wäre (vgl. Dörner VersR 1978, 884, 892). Aufgrund der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich dieser Wert allerdings nicht ermitteln.

cc) Es kann im gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht verlässlich beurteilt werden, ob der Klägerin etwa unfallbedingte Aufwendungen entstanden sind, deren Ersatz sie von dem Beklagten verlangen kann. Von der Klägerin ist nicht dargelegt, dass zur Verwertung des beschädigten Leasingfahrzeuges die von ihr geltend gemachten Transportkosten in Höhe von 845,61 DM für den Transport des Fahrzeugs nach Nürnberg, zum Geschäftssitz der Klägerin, erforderlich waren. Desgleichen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde der Beklagte der Klägerin eine vertragliche Bearbeitungsgebühr in Höhe von 2% erstatten soll.

b) Die Klageansprüche könnten der Klägerin - zumindest teilweise - auch aufgrund abgetretenen Rechts des Leasingnehmers zustehen.

Der Leasingnehmer hat aber gegen den Schädiger ebenfalls keinen Anspruch auf Ersatz der Leasingraten. Denn sein Unfallschaden besteht, wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat, grundsätzlich nicht in der Belastung mit den Leasingraten, sondern nur in dem Entzug der Sachnutzung (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1976 - VI ZR 78/75 - VersR 1976, 943, 944 und vom 23. November 1976 - VI ZR 191/74 - VersR 1977, 227, 228). Feststellungen zu einem Nutzungsschaden des Leasingnehmers, der nicht bereits durch den vom Beklagten zu leistenden Ersatz für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtfahrzeugs mit abgedeckt wäre, hat das Berufungsgericht bisher nicht getroffen.

Auch für einen weitergehenden Schaden des Leasingnehmers ist bisher nichts dargetan. Da der Leasingnehmer im Streitfall nach der Beschädigung des Leasingfahrzeugs keinen neuen Leasingvertrag über ein anderes Fahrzeug abgeschlossen hat, stellt sich hier auch nicht die Frage, ob er dann etwa einen Anspruch auf Ersatz der Kosten gehabt hätte, die erforderlich gewesen wären, um ein gleichwertiges Fahrzeug für den Rest der ursprünglich vorgesehenen Vertragsdauer zu leasen (so Dörner, VersR 1978, 884, 893).


III.

Bei dieser Sachlage muss das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es Gelegenheit erhält, die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.



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