Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Landgericht Braunschweig Beschluss vom 21.12.1998 - 8 T 1048/98 - Zur Entstehung der Beweisgebühr bei Anhörung einer Partei auch ohne Beweisbeschluss

LG Braunschweig v. 21.12.1998: Zur Entstehung der Beweisgebühr bei Anhörung einer Partei auch ohne Beweisbeschluss


Das Landgericht Braunschweig (Beschluss vom 21.12.1998 - 8 T 1048/98) hat entschieden:
Diente die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien und deren Anhörung im Termin der Klärung des Unfallherganges zum Zwecke der Ermittlung der jeweiligen Verursachungsbeiträge und fließt das Ergebnis dieser Anhörung in das Urteil ein, so hat eine Beweisaufnahme - wenn auch ohne förmlichen Beweisbeschluss - stattgefunden und die Gebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ausgelöst.


Siehe auch Parteivernehmung und Stichwörter zum Thema Beweisprobleme


Zum Sachverhalt:

Mit seiner Klage vom 7.4.1998 hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall am 26.8.1997 in B. in Anspruch genommen. Da keine Zeugen vorhanden waren, hat das Amtsgericht den Kläger und den Beklagten am 21.7.1998 zum Hergang des Verkehrsunfalles befragt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 21.7.1998 wird insoweit Bezug genommen. Die Akten des Bußgeldverfahrens 908 Js 54073/97 der Staatsanwaltschaft Braunschweig waren beigezogen. Diese wurden dem Beklagtenvertreter auf seinen Antrag hin zur Verfügung gestellt. Er hat daraus Ablichtungen für die Partei gefertigt. Durch Urteil vom 18.8.1998 hat das Amtsgericht Braunschweig der Klage teilweise stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu ¼ und den Beklagten zu ¼ auferlegt. Beide Parteien haben Kostenausgleichungsanträge gestellt, die u. a. auch eine Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO beinhalten. Beide Parteien haben die Absetzung der Beweisgebühr durch die Rechtspflegerin beanstandet.


Aus den Entscheidungsgründen:

Den Parteivertretern steht gern. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 BRAGO eine Beweisgebühr zu, obwohl eine förmliche Beweisaufnahme auf der Grundlage eines Beweisbeschlusses nicht statfgefunden hat. Darüber, ob eine Beweisaufnahme bezweckt ist, entscheidet der objektiv erkennbare Wille des Gerichts. Zwar ist grundsätzlich ein Beweisbeschluss erforderlich; eine Beweisaufnahme kann aber auch ohne einen förmlichen Beschluss erfolgen (Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 31 BRAGO Rdnr. 125). Insbesondere kann die Anhörung der Parteien zur Information eine Beweisaufnahme sein. Keine Beweisaufnahme liegt vor, soweit das Gericht zu einer Anhörung gesetzlich verpflichtet ist, wenn es also lediglich um die Gewährung rechtlichen Gehörs geht. Eine Beweisaufnahme fehlt auch dann, wenn das Gericht nur einen persönlichen Eindruck über eine unstreitige Tatsache gewinnen möchte. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet wurde und das Gericht bereits im Zeitpunkt der Anordnung die Absicht hatte, den oder die Geladenen zur Klärung streitiger, entscheidungserheblicher Tatsachen anzuhören, um eine Klärung der Angelegenheit herbeizuführen. In diesem Fall ist eine Beweisgebühr gebührenrechtlich entstanden (vgl. Hartmann, aa. 0., Rdn. 139 bis 141).

Vorliegend diente die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien und deren Anhörung im Termin der Klärung des Unfallherganges zum Zwecke der Ermittlung der jeweiligen Verursachungsbeiträge. Der Unfallhergang war im Einzelnen streitig. Zeugen des Geschehens waren nicht vorhanden, sodass auf eine Anhörung der Parteien zurückgegriffen werden musste. Das Ergebnis dieser Anhörung ist auch in das Urteil vom 18.8.1998 eingeflossen. Hier wurden die klägerische Version des Unfallherganges und die Version des Beklagten miteinander verglichen und die jeweiligen Verursachungsbeiträge gegeneinander abgewogen. Dabei wurden beide Aussagen in ihren Einzelheiten gewürdigt. Eine Beweisaufnahme - wenn auch ohne förmlichen Beweisbeschluss - hat daher stattgefunden. ..."