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OLG Düsseldorf Urteil vom 13.07.2010 - I-4 U 180/09 - Zum Umfang des Rückforderungsanspruchs des Fahrzeugversicherers

OLG Düsseldorf v. 13.07.2010: Zum Umfang des Rückforderungsanspruchs des Fahrzeugversicherers im Falle der Täuschung über den notwendigen Reparaturumfang


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 13.07.2010 - I-4 U 180/09) hat entschieden:
Eine Fahrzeugversicherung hat ihre Leistung ohne rechtlichen Grund erbracht, soweit sie zu dieser nach § 7 (V) Nr. 4, (I) Nr. 2 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. von der Leistungspflicht freigeworden ist, weil der Versicherungsnehmer seine Aufklärungsobliegenheiten dadurch vorsätzlich verletzt hat, dass er der Versicherung gegenüber bewusst unwahre Angaben über die Art, Weise und Umfang der Reparaturen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug machte und die Versicherung damit arglistig täuschte. Dies berechtigt die Versicherung trotz des für die alte Rechtslage im Bereich der Obliegenheitsverletzung geltenden alles-oder-nichts-Prinzips jedoch nicht zur vollständigen Rückforderung der gesamten Versicherungsleistung. Von der Leistungsfreiheit sind nur solche Ansprüche betroffen, die im Zeitpunkt der arglistigen Täuschung noch offen sind. Für schon vor dem Eintritt des Verwirkungstatbestandes erbrachte Leistungen auf bestehende Verbindlichkeiten entfällt der rechtliche Grund durch die arglistige Täuschung nicht. Der Gedanke, dass ein Vertragspartner eine empfangene Leistung, die ihm zum Zeitpunkt der Erfüllung auch zustand, wegen einer nachträglichen Pflichtverletzung herauszugeben hätte, ist dem bürgerlichen Recht fremd.


Siehe auch Fahrzeugversicherung - Voll- oder Teilkasko und Obliegenheitsverletzungen / Leistungsfreiheit und Regress der Kfz-Versicherung


Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Rückzahlung einer vorgeblich ohne Rechtsgrund gezahlten Versicherungsleistung. Die Parteien streiten insbesondere um die Frage, ob der Beklagte die von der Klägerin bezahlte Reparatur seines Fahrzeugs in der Art und Weise durchführte, wie er sie ihr gegenüber abrechnete.

Der Beklagte, der seit dem 01. April 2007 einen D.-Stützpunkt betreibt, erwarb auf Grundlage des Kaufvertrags vom 30. Mai 2005 einen gebrauchten PKW A.. In der verbindlichen Bestellung eines Kraftfahrzeugs (Bl. 216 ff. GA) ist u.a. ein reparierter Unfallschaden Kotflügel vorne links, Haube und Stoßfänger vermerkt. Für dieses Fahrzeug nahm der Beklagte bei der Klägerin eine Vollkaskoversicherung mit einer vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von € 300,00. Vertragsgrundlage waren die AKB Stand 01. April 2005 der Klägerin (fortan: AKB), die unter § 13 (5) folgende Regelung enthält:
"In allen sonstigen Fällen der Beschädigung des Fahrzeugs ersetzt der Versicherer bis zu dem nach den Absätzen 1 bis 3 sich ergebenden Betrag die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung und die hierfür notwendigen einfachen Fracht- und Transportkosten. … Wird das Fahrzeug nicht oder nicht vollständig repariert, so ersetzt der Versicherer die geschätzten Kosten der Wiederherstellung, Leistungsgrenze im Sinne der Absätze 1 und 1a ist dann der um den Veräußerungswert des beschädigten Fahrzeugs verminderte Wiederbeschaffungswert. …"
Der Beklagte meldete bei der Klägerin ein Unfallgeschehen vom 23. Oktober 2006, bei dem sein Fahrzeug durch das Streifen von Blumenkübeln an der rechten und linken Seite beschädigt worden sei. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. V. der D. ermittelte aufgrund der Besichtigung des Fahrzeugs vom 25. Oktober 2006 einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von € 15.500,00, einen Restwert in Höhe von € 8.500,00 und Reparaturkosten in Höhe von € 9.094,64. Für die weiteren Einzelheiten des Gutachtens, für dessen Abfassung Kosten in Höhe von € 298,29 entstanden sind, wird auf Bl. 11 ff. GA verwiesen. Die Klägerin nahm auf dieser Grundlage unter dem 27. Oktober 2006 eine Abrechnung als wirtschaftlichen Totalschaden vor (Bl. 22 GA) und zahlte dem Beklagten nach Abzug der Selbstbeteiligung einen Betrag in Höhe von € 6.700,00 aus.

Mit Schreiben vom 06. November 2006 übersandte der Beklagte der Klägerin eine Rechnung vom selben Tage über eine in seiner eigenen Werkstatt durchgeführte Reparatur mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von € 9.646,33 (Bl. 23 ff. GA.) Die Klägerin rechnete nunmehr auf Reparaturkostenbasis ab und zahlte dem Beklagten einen weiteren Betrag in Höhe von € 2.646,33.

Da die Klägerin zwischenzeitlich den Verdacht hegte, der Beklagte habe sein Fahrzeug nicht wie von ihm ihr gegenüber abgerechnet repariert, beauftragte die Klägerin erneut den Sachverständigen Dipl.-Ing. V. der D. mit einer Nachbesichtigung des Fahrzeugs des Beklagten. Der Sachverständige Dipl.-Ing. V. nahm am 13. Februar 2007 diese Nachbesichtigung vor, fertigte dabei Lichtbilder und gab unter dem 15. Februar 2007 eine Stellungnahme ab, für deren weitere Einzelheiten auf Bl. 53 f. GA Bezug genommen wird und für die Kosten in Höhe von € 75,80 entstanden. Der Beklagte gab bei der Nachbesichtigung an, es lägen neue Schäden am Fahrzeug vor, die er nicht gemeldet habe, weil er seinen Schadensfreiheitsrabatt nicht weiter verlieren wolle. Am 12. April 2007 sowie am 14. April 2007 fanden weitere von der Klägerin beauftragte Nachbesichtigungen statt, die nunmehr durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. M. der D. im Dabeisein des Beklagten u.a. mit einem Lackschichtmessgerät durchgeführt worden. Der Sachverständigen Dipl.-Ing. M. erstellte – nachdem er den Beklagten erfolglos um die Vorlage von Belegen für die Ersatzteile und die durchgeführte Lackierung gebeten hatte – unter dem 02. Mai 2007 ein Gutachten, für das Kosten in Höhe von € 552,91 entstanden sind und für dessen weitere Einzelheiten auf Bl. 29 ff. GA verwiesen wird. Dort heißt es insbesondere:
"Bei der Besichtigung des Fahrzeugs wurden unter anderem eindeutige Instandsetzungspuren an den Stellen des Fahrzeugs festgestellt, die auch im D. Schadengutachten vom 27. Oktober 2006 beschrieben wurden. Da zusätzlich keine Montagespuren an den entsprechenden Stellen vorgefunden wurden, ergeben sich hier aus sachverständiger Sicht keine Anknüpfungspunkte, die auf einen Austausch gemäß Rechnung schließen lassen könnten."
Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 04. Mai 2007 (Bl. 41 GA) an die Klägerin und teilte dieser u.a. mit:
"bei erneuter Prüfung der Rechnung haben wir mit Erschrecken festgestellt, dass uns ein Eklatanter Fehler unterlaufen ist.

Unsere Buchhaltung hat das Gutachten zu obiger Schadensnummer eins zu eins zur Rechnung übernommen. Hierbei wurde übersehen, dass wir die Türen nicht erneuert sondern nur instandgesetzt haben. …

Somit legen wir diesem Schreiben, ein Verrechnungsscheck über: 1.019,79 Euro, bei.

Nach der Reparatur hatte das Fahrzeug drei weitere Selbstverschuldete Unfälle, Um den Vorhandenen Versicherungsschutz zu behalten haben wir diese Schäden voll Selbst getragen"
Die Klägerin löste den Verrechnungsscheck ein und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 21. Mai 2007 (Bl. 42 GA) zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von € 8.879,45 auf, der neben der erbrachten Versicherungsleistung auch die Kosten für das Gutachten des Dipl.-Ing. M. enthielt und den Gegenstand der ursprünglichen Klageforderung bildete, welche im Laufe des Rechtsstreits um die Kosten der Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. V. erhöht wurde. Zur Begründung führte die Klägerin u.a. aus, der Beklagte habe durch die Vorlage der falschen Rechnung Einfluss auf das Regulierungsverhalten der Klägerin genommen, weshalb sie von ihrer Leistungspflicht frei geworden sei. Der Beklagte wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit Anwaltsschreiben vom 29. Mai 2007 (Bl. 78 f. GA) zurück.

Am 17. Oktober 2007 wurde das streitgegenständliche Fahrzeug wegen eines polizeilich aufgenommenen Auffahrunfalls vom 15. Oktober 2007 erneut begutachtet. Der Sachverständige S. aus dem Ingenieurbüro K. GmbH führte in seinem Gutachten, für dessen weitere Einzelheiten auf Bl. 203 ff. GA verwiesen wird, u.a. aus, dass durch den zentrisch geführten Frontanstoß der Stoßstangenkörper durchgedrückt und verformt worden sei; darüber hinaus hätten sich Anstoßspuren am Kühlergrill befunden. Altschäden stellte der Sachverständige S. hingegen nicht fest. Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2008 (Bl. 149 GA) teilte der Beklagte mit, er habe vor Zustellung des landgerichtlichen Beweisbeschlusses vom 05. Juni 2008 das Fahrzeug in Internet-Verkaufsbörsen eingestellt; das Fahrzeug sei nunmehr verkauft und werde in der 28. Kalenderwoche des Jahres 2008 an den Käufer im Westerwald ausgeliefert. Der Kaufvertrag vom 15. Juni 2008, für dessen weitere Einzelheiten auf Bl. 199 GA verwiesen wird, weist als Verkäufer R. S. aus, zudem ist ein Seitenschaden an beiden Seiten angegeben und als Bagatellschaden bezeichnet.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie könne vom Beklagten die erbrachten Versicherungsleistungen zurückverlangen. Sie habe die Zahlungen ohne Rechtsgrund erbracht, da sie gemäß § 7 V Abs. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. von ihrer Leistungspflicht frei geworden sei, weil der Beklagte seine Aufklärungsobliegenheit gemäß § 7 I Abs. 2 Satz 3 AKB verletzt habe. Denn der Beklagte habe die Klägerin nicht über alle Umstände unterrichtet, die für die Regulierung des Schadens von Bedeutung gewesen sein. Zudem habe der Beklagte die Klägerin arglistig getäuscht, um eine möglichst hohe Entschädigungsleistung zu erhalten. Bei Obliegenheitsverletzung gelte das "alles-oder-nichts-Prinzip".

Hierzu hat die Klägerin im Wesentlichen behauptet, die Reparaturrechnung des Beklagten sei fingiert gewesen, denn der Beklagte habe die von ihm abgerechnete Reparatur nicht, allenfalls beschränkt auf das Notwendigste, durchgeführt. Am 08. Februar 2007 habe ein Mitarbeiter der Klägerin festgestellt, dass das Fahrzeug des Beklagten an der linken Fahrzeugseite noch die begutachteten Schäden aufgewiesen habe. Auch der seinerzeitige Sachverständige Dipl.-Ing. V. habe das Fahrzeug am 25. Januar 2007 noch im beschädigten Zustand gesehen. Bei der Nachbesichtigung am 13. Februar 2007 sei festgestellt worden, dass der abgerechnete Schaden noch vorgelegen habe. Auch die weiteren Nachbesichtigungen vom 12. und vom 17. April 2007, die durch weitere Unfallschäden erschwert gewesen sein, hätten ergeben, dass am Fahrzeug des Beklagten durchgeführten Reparaturarbeiten entgegen der vorgelegten Rechnung nicht den Vorgaben des Gutachtens des Sachverständigen V. entsprochen hätten. An den Stellen, die aus dem Gutachten vom 27. Oktober 2006 als Neuteilersatz kalkuliert worden gewesen sein, sei indes Schwemmmaterial enthalten gewesen. Mit Ausnahme des vorderen rechten Kotflügels hätten keine Montagespuren an den Teilen festgestellt werden können, die eigentlich hätten ausgetauscht worden sein müssen. Die spätere Verwicklung in zwei weitere Unfälle mit exakt denselben Schäden sei unwahrscheinlich, zumal im Schreiben vom 04. Mai 2007 vom Beklagten drei Unfälle behauptet wurden.

Der Beklagte habe sein Schreiben vom 04. Mai 2007 nach Kenntnis des Gutachtens verfasst, zumal der Beklagte bei der Nachbesichtigung durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. M. zugegen gewesen und von diesem zur Vorlage von Belegen für Ersatzteile und Lackierung aufgefordert worden sei. Dass der Beklagte nach sieben Monaten aus eigenem Antrieb auf einen Abrechnungsfehler aufmerksam geworden sein will, sei daneben unwahrscheinlich. Zudem könne dem Beklagten ein Versehen bei der Rechnungserstellung nicht abgenommen werden. Als Werkstattinhaber und Eigentümer des Autos habe der Beklagte selbst bei Übernahme des Gutachtens eins zu eins wissen müssen, dass die Türen nicht erneuert wurden.

Der Beklagte habe auch den Unfall vom 23. Oktober 2006 vorgetäuscht, der von ihm geschilderte Unfallhergang sei unwahrscheinlich. In der telefonischen Schadensanzeige vom 24. Oktober 2006 habe der Beklagte – unstreitig – angegeben, er sei mit seinem Fahrzeug vorne rechts an einen Blumenkübel geraten. Wegen des dadurch hervorgerufenen Schrecks sei er auf einen Radfahrer zugefahren, um diesem auszuweichen, sei er dann nochmal hinten rechts an Kübel und dann links an den nächsten Blumenkübel geraten. Schließlich habe der Beklagte gegenüber Dritten geäußert, er wolle sich mit einem fingierten Unfall aus seiner schlechten wirtschaftlichen Situation befreien.

Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 9.253,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. Juni 2007 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsleistung, denn der Beklagte habe die Klägerin nicht über den Reparaturaufwand getäuscht. Hierzu hat der Beklagte im Wesentlichen behauptet, er habe das Fahrzeug wie von ihm – mit Ausnahme des Austausches der Türen – in Rechnung gestellt in seiner eigenen Werkstatt repariert, was auch die Fotos des Dipl.-Ing. V. aus dem Februar 2007 bestätigen würden. Denn das Fahrzeug hätte zwischenzeitlich neue Schäden erlitten, dabei sei das Schadensbild jedoch nicht identisch gewesen. Der Beklagte habe sein Fahrzeug in völlig repariertem Zustand kurz vor Weihnachten 2006 an den G. M. verliehen, der damit Gegenstände in die Schweiz transportiert habe. Dieser habe in der Schweiz einen neuen Unfall an der linken Seite verursacht und den Schaden in der Schweiz im Februar 2007 reparieren lassen. Dass der in der Schweiz geschehene Unfall nicht näher konkretisiert werden könne, liege daran, dass der Beklagte nicht dabei gewesen sei. Der Zeuge M. werde die Einzelheiten darlegen können. Es sei zu einem weiteren Unfall auf dem Firmengelände des Beklagten gekommen, als dieser nach Konsum von Alkohol bei einem Rangiervorgang mit einer Abschleppstange die Stoßstange und den Scheinwerfer seines Fahrzeugs beschädigt habe.

Hingegen habe der Beklagte ohne Kenntnis "der Aktionen der Klägerin" von sich aus die Klägerin mit Schreiben vom 04. Mai 2007 von seinem Abrechnungsirrtum in Kenntnis gesetzt. Der Beklagte, der selbst die Idee zur Vorlage der der Reparaturbelege gehabt habe, habe die Nachbesichtigung nie auf die Reparaturrechnung bezogen, zumal der Sachverständige M. ihm nicht den Grund für die Nachuntersuchung genannt habe. Der Beklagte habe aber daraufhin die Rechnung überprüft. Für die Rechnungserstellung sei im Übrigen die Buchhaltung verantwortlich, der Beklagte kümmere sich hierum nur am Rande.

Der Beklagte hat gegen das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten eingewendet, der Sachverständige führe ohne Anhaltspunkte aus, dass der Kotflügel nicht erneuert worden sei. Der Sachverständige habe nicht erkannt, dass die Kotflügel vor und nach dem streitgegenständlichen Unfall erneuert worden seien. Die Kaufbelege zeigten eindeutig, dass das Fahrzeug bereits vor dem Erwerb durch den Beklagten durch einen Unfall beschädigt worden und der Kotflügel vorne links ersetzt worden sei. Das Gutachten sei daher falsch. Im Termin vom 27. August 2009, nach Stellung der Anträge und Bestimmung eines Verkündungstermins hat der Beklagte die mündliche Erläuterung des Gutachtens beantragt.

Dass die Klägerin nunmehr den Unfallhergang vom 23. Oktober 2006 bestreite, mute merkwürdig an, denn die Klägerin habe den diesbezüglichen Schaden doch ausgeglichen gehabt. Der Schaden sei eingetreten, zumal der Unfall polizeilich aufgenommen und von der Klägerin begutachtet worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen erstinstanzlichen Vortrags wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Grundurteils und die in den Entscheidungsgründen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Gutachtens durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. R. aufgrund des Beweisbeschlusses vom 05. Juni 2008 stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der aus Anlass des behaupteten Schadensfalles vom 23. Oktober 2006 erbrachten Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt € 9.253,54, denn diese habe sie wegen der vom Beklagten begangenen Obliegenheitsverletzung ohne rechtlichen Grund geleistet. Die Klägerin habe beweisen können, dass der Beklagte die seiner Rechnung vom 06. November 2006 zugrunde gelegten Arbeiten nicht oder nicht vollständig durchgeführt habe. Dies stehe nach dem eingeholten Gutachten fest, da dieses u.a. ergeben habe, dass der Beklagte auch die beiden vorderen Kotflügel nicht erneuert habe. Der Beklagte dringe mit seinen Einwendungen gegen das Gutachten nicht durch, da die Feststellung des Sachverständigen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lasse. Soweit der Beklagte trotz vorheriger Fristsetzung erstmalig nach Schluss der mündlichen Verhandlung die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen beantragt habe, sei dieser Beweisantrag nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

Gegen das ihm am 16. Oktober 2009 zugestellte Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal hat der Beklagte mit am 02. November 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 25. November 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Beklagte wendet insbesondere ein, das Landgericht habe seine Entscheidung einzig und allein auf das Gutachten des Sachverständigen R. gestützt; dieses Gutachten sei indes schon im Ansatz falsch. Der Sachverständige habe nicht erkannt, dass schon vor dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Beklagten die Originalkotflügel ausgetauscht gewesen sein. Das Gutachten sei objektiv falsch, wie die vorgelegten Kaufbelege eindeutig belegten. Das Fahrzeug habe keine Originalkotflügel mehr haben können, nachdem es schon vor dem Kauf durch den Beklagten nach einem Unfallschaden durch die Firma K. in S. repariert worden sei. Da der Gutachter seine Wertung von diesem Umstand ableite, sei das Gutachten unbrauchbar. Dies ergebe sich auch aus den Lichtbildern, denn dort sei an den Schrauben bzw. an dem Hof rundherum erkennbar, dass kein Originalteil mehr vorhanden sei. Ansonsten wäre kein unlackierter Bereich erkennbar. Zu dem Gutachten habe der Beklagte bereits erstinstanzlich mehrfach Stellung genommen. Eine Anhörung des Sachverständigen hätte keine Lösung gebracht, denn der Sachverständige hätte sein Gutachten nicht in der mündlichen Erörterung belegen können; das müsse vielmehr am Fahrzeug gemacht werden. Außerdem hätte das Landgericht, nachdem es auf die falsche Ausgangslage des Sachverständigen aufmerksam gemacht worden sei, selbst ein weiteres Gutachten zu den Originalteilen in Auftrag geben müssen.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 08. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch in der Sache hat die Berufung überwiegend Erfolg. Das Landgericht hat der Klage der Höhe nach unzutreffend vollumfänglich über einen Betrag in Höhe von € 9.253,54 stattgegeben; die Klage ist vielmehr nur begründet in Höhe von € 2.225,25. Denn die Klägerin kann von dem Beklagten lediglich die Rückzahlung von Versicherungsleistungen in Höhe von € 1.626,54 nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen; nur diesen Betrag hat sie dem Beklagten ohne Rechtsgrund erbracht. Der Beklagte hat nämlich gegen die Klägerin einen Anspruch auf Versicherungsleistungen in Höhe von € 6.700,00 aus dem Schadensfall vom 23. Oktober 2006 aus § 1 Abs. 1 VVG a.F. i.V.m. § 12 (1), (6) a) AKB Stand 01. April 2005 der Klägerin. Die Klägerin kann von dem Beklagten zudem die Kosten in Höhe von € 628,71 für die im Nachprüfungsverfahren eingeholten Gutachten als Rechtsverfolgungskosten nach § 280 Abs. 1 BGB verlangen; nicht hingegen die Kosten in Höhe von € 298,29 für das ursprüngliche Gutachten.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 1.626,54 aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn der Versicherer, der in Unkenntnis seiner Leistungsfreiheit gezahlt oder seine Verpflichtung anerkannt hat, kann die Entschädigung nach § 812 BGB zurückfordern (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1993, AZ.: IV ZR 179/92, abgedruckt u.a. in: BGHZ 123, 217; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage (2004), § 6 Rdnr. 89).

a) Die Klägerin kann die von ihr erbrachten Versicherungsleistungen jedoch nicht bereits deshalb kondizieren, weil kein Versicherungsfall eingetreten wäre.

Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Rückfordernde die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er ohne rechtlichen Grund geleistet hat. Dies gilt auch für den Versicherer, der deshalb darlegen und beweisen muss, dass er in Wahrheit nicht zur Leistung verpflichtet gewesen sei (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001, Az.: IV ZR 237/00, abgedruckt u.a. in: VersR 2001, 1020; BGH, Urteil vom 14. Juli 1993, AZ.: IV ZR 179/92, abgedruckt u.a. in: BGHZ 123, 217; Kollhosser, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage (2004), § 55 Rdnr. 72).

Die Klägerin hat jedoch nicht bewiesen, dass kein Versicherungsfall eingetreten ist, denn sie ist für ihre Behauptung, der Vorfall vom 23. Oktober 2006 sei kein Unfallgeschehen im Sinne von § 12 (1), (6) a) AKB gewesen, weil der Beklagte diesen mutwillig herbeigeführt habe, den Beweis fällig geblieben. Insbesondere hat die Klägerin für ihre Behauptung, der Beklagte habe gegenüber Dritten geäußert, er wolle sich mit einem fingierten Unfall aus seiner schlechten wirtschaftlichen Situation befreien, weder weitere Einzelheiten noch einen Zeugen benannt. Die absichtliche Herbeiführung des Unfalls steht auch nicht etwa schon deshalb fest, weil die Unfallschilderung des Beklagten, die der Klägerin zudem vor der Regulierung ja bekannt war, völlig unglaubhaft sei. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte unfreiwillig mit seinem Fahrzeug vorne rechts an einen Blumenkübel geriet, wegen des dadurch hervorgerufenen Schrecks zunächst auf einen Radfahrer zufuhr und dann, um diesem auszuweichen, nochmal hinten rechts an Kübel und dann links an den nächsten Blumenkübel angestoßen ist.

b) Die Klägerin hat jedoch einen Teilbetrag in Höhe von € 1.626,54 an den Beklagten gezahlt, ohne dass es hierfür einen Rechtsgrund gegeben hat. Die Klägerin erbrachte dem Beklagten wegen des Schadensfalls vom 23. Oktober 2006 Zahlungen in Höhe von insgesamt € 9.346,33 (= € 6.700,00 + € 2.646,33). Die Klägerin war dem Beklagten gegenüber jedoch nach § 13 (5) AKB lediglich zur Erbringung von Versicherungsleistungen in Höhe von € 6.700,00 verpflichtet, denn der Beklagte hat das Fahrzeug nicht vollständig in dem Umfang repariert, wie er es gegenüber der Beklagten abrechnete. Auf den überbezahlten Betrag von € 2.646,33 hat der Beklagte bereits vorgerichtlich eine Summe von € 1.019,79 zurückgezahlt.

aa) Die Leistungsverpflichtung der Klägerin richtet sich nach der Regelung, die die Parteien vorliegend unter § 13 (5) AKB getroffen haben, denn dort heißt es:
"In allen sonstigen Fällen der Beschädigung des Fahrzeugs ersetzt der Versicherer bis zu dem nach den Absätzen 1 bis 3 sich ergebenden Betrag die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung und die hierfür notwendigen einfachen Fracht- und Transportkosten. … Wird das Fahrzeug nicht oder nicht vollständig repariert, so ersetzt der Versicherer die geschätzten Kosten der Wiederherstellung, Leistungsgrenze im Sinne der Absätze 1 und 1a ist dann der um den Veräußerungswert des beschädigten Fahrzeugs verminderte Wiederbeschaffungswert."
Danach kann der Beklagte wegen der von ihm nicht vollständig durchgeführten Reparatur des A. zwar grundsätzlich die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. V. geschätzten Wiederherstellungskosten in Höhe von € 9.094,64 verlangen, diese sind aber in der Leistung begrenzt auf den um den Veräußerungswert in Höhe von € 8.500,00 verminderten Wiederbeschaffungswert in Höhe von € 15.500,00 mithin auf € 7.000,00, abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von € 300,00 nach § 13 (9) AKB.

bb) Zweifel an der Durchführung der Reparatur durch den Beklagten in dem Umfang, wie er sie gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 06. November 2006 abrechnete, ergeben sich bereits aus seinem eigenen Sachvortrag des Beklagten. Unstreitig hat sich an den Stellen, die der Beklagte nach dieser Rechnung erneuert haben will, Spachtelmasse befunden. Hinsichtlich der Fahrzeugtüren hat der Beklagte eingeräumt, diese nicht ausgetauscht zu haben. Der Beklagte liefert aber auch keine plausible Erklärung dafür, weshalb sich auf den Kotflügeln Spachtelmasse befunden hat.

Auffällig ist bereits, dass der Beklagte in seinem – selbst verfassten – Schreiben vom 04. Mai 2007 behauptet, es hätten sich drei weitere Unfälle ereignet, während er prozessual trotz Vorhalts der Klägerin für den Zeitraum vor dem 04. Mai 2007 nur zwei Unfälle behauptet. Auf einen Unfall vom 17. Oktober 2007 kann es ersichtlich nicht ankommen.

Eine nähere Unfallschilderung zu dem Unfall in der Schweiz trägt der Beklagte nicht vor. Er darf sich auch nicht darauf zurückziehen, er sei bei dem Unfall nicht dabei gewesen und der von ihm benannte Zeuge werde schon zum Unfallhergang näheres aussagen. Im Parteiprozess ist es Aufgabe des Beklagten, den entsprechenden Sachvortrag zu halten und unter Beweis zu stellen, es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den Sachvortrag durch die Vernehmung von Zeugen zu ermitteln. Auch liegt es auf der Hand, dass es im natürlichsten Interesse des Beklagten gelegen hat, von dem benannten Zeugen Einzelheiten zu dem Unfall zu erfahren, welcher immerhin sein Fahrzeug beschädigte. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zeuge den Unfall in der Schweiz repariert haben lassen soll, für den Beklagten – zumal als Fachmann – dürfte dann zudem ein Interesse an der sach- und fachgerechten Durchführung der Reparatur bestehen, was ohne Kenntnis der Einzelheiten nicht überprüfbar ist. Hinzukommt, dass der Beklagte dem Zeugen das Fahrzeug bereits um Weihnachten 2006 für den Transport von Gegenständen geliehen haben will, die Reparatur aber erst im Februar 2007 in der Schweiz repariert worden sein soll. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Beklagte nicht selbst gegen Bezahlung die Reparatur durchgeführt hat, zumal das beschädigte Fahrzeug in der Werkstatt des Beklagten gesehen wurde. Reparaturrechnungen werden überdies nicht vorgelegt. Schließlich folgt aus dem vorgeblich späteren Zeitpunkt der Reparatur in der Schweiz und der zwischenzeitlichen Rückgabe des Fahrzeugs an den Beklagten, dass diesem sehr wohl Angaben zu Art und Umfang des vorgeblich in der Schweiz entstandenen Schadens möglich sind.

Zu dem zweiten Unfall auf dem Betriebsgelände des Beklagten beim Rangieren nach dem Konsum von Alkohol sind nachprüfbare Einzelheiten ebenfalls nicht vorgebracht. Merkwürdig ist auch, dass der Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Juni 2008 (Bl. 149 GA) mitgeteilt hat, er habe das Fahrzeug in Internet-Verkaufsbörsen eingestellt und das Fahrzeug sei nunmehr verkauft und werde in der 28. Kalenderwoche des Jahres 2008 an den Käufer im Westerwald ausgeliefert, der Kaufvertrag vom 15. Juni 2008 jedoch als Verkäufer R. S. auswies und der Seitenschaden nur als Bagatellschaden bezeichnet wurde.

Zweifel an der Durchführung der sach- und fachgerechten Reparatur folgen auch daraus, dass der Beklagte trotz Aufforderung die entsprechenden Belege für Ersatzteile und Lackierungen weiterhin nicht vorlegt. Dies gilt umso mehr, wenn die Idee zur Vorlage der Belege vom Beklagten selbst stammte, wie dieser behauptet.

Schließlich kann dem Beklagten nicht geglaubt werden, dass er bei Abfassung seines Schreibens vom 04. Mai 2007 keine Kenntnis von den Nachuntersuchungen der Klägerin gehabt und von sich aus die Rechnung vom 06. November 2006 überprüft haben will. Der Beklagte war – überdies als Fachmann – jedenfalls bei der vom Sachverständigen Dipl.-Ing. M. unter Zuhilfenahme eines Lackschichtmessgeräts durchgeführten Nachuntersuchung zugegen und will diesem gegenüber sogar die Idee der Vorlage der entsprechenden Belege vorgebracht haben. Diese Behauptung macht keinen Sinn, wenn sich der Beklagte damit nicht vom Verdacht befreien wollte, er habe sich überführt gefühlt und durch sein Zugeständnis hinsichtlich der Tür die Klägerin von weiteren Nachforschungen abhalten wollte.

cc) Der Sachverständigen Dipl.-Ing. R. hat in seinem Gutachten vom 13. Februar 2009 (Bl. 178 ff. GA) festgestellt, dass der Beklagte die Reparaturen an dem A. nicht in dem Umfang durchgeführt hat, wie er diese mit Rechnung vom 06. November 2006 über einen Betrag in Höhe von € 9.646,33 gegenüber der Beklagten angegeben hat. Der Sachverständige hat insbesondere bei der Untersuchung des Fahrzeugs festgestellt:
"Der Verschmutzungsgrad der Befestigungslaschen der beiden vorderen Kotflügel und der Umgebung ist sehr gleichmäßig, Lackierungsspuren wie Farbnebel oder Abklebekante sind im Motorraum nicht vorhanden (Lichtbilder 7 bis 9). An den Befestigungsschrauben des Kotflügels sind helle, nicht lackierte Ränder zu erkennen (Lichtbilder 10 bis 12). …

Sowohl in dem Schadensgutachten des Sachverständigen V. vom 27.10.2006 als auch in der Rechnung des Beklagten vom 06.11.2006 (Bl. 24 ff GA) sind identische Ersatzteile zur Erneuerung vorgesehen, nämliche die beiden linken Türen und die hintere rechte Tür, beide vordere Kotflügel, der Frontstoßfänger, vier Leichtmetallfelgen einschließlich der Radzierkappen sowie die Bereifung der beiden Vorderräder. … Beide vordere Kotflügel weisen in den Bereichen, in denen die Lichtbilder zum Schadengutachten V. Deformationen erkennen lassen, Spachtelantragungen mit nicht nur unerheblicher Schichtdicke auf. Außerdem zeigt das Lackierungsbild der Kotflügel, dass diese nicht durch Neuteile ersetzt worden sind."
dd) Der Beklagte greift das Ergebnis des Sachverständigengutachtens mit der Berufung an. Jedoch ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten. Dies ist nicht der Fall.

(1) Solche Zweifel ergeben sich nicht bereits daraus, dass das Landgericht dem Antrag des Beklagten auf Anhörung des Sachverständigen nicht nachgekommen ist. Zwar wäre der Senat grundsätzlich verpflichtet, einem vom Landgericht verfahrensfehlerhaft übergangenen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen zu entsprechen, wenn dieser in der zweiten Instanz erneut gestellt würde (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2005, V ZR 241/04, abgedruckt u.a. in: NJW-RR 2006, 428; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005, Az.: VI ZR 245/04, abgedruckt u.a. in: VersR 2005, 1555; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2002, Az.: VI ZR 353/01, abgedruckt u.a. in: VersR 2003, 926; BGH, Urteil vom 24. Oktober 1995, Az.: VI ZR 13/95, abgedruckt u.a. in: VersR 1996, 211; Greger, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 411 Rdnr. 5a). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

Das Landgericht hat – jedenfalls im Ergebnis, wenn auch mit falscher Begründung – zutreffend von einer Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. abgesehen. Die Anhörung des Sachverständigen durch das Landgericht war nicht aufgrund des Antrags des Klägers vom 27. August 2009 erforderlich, da dieser erst verspätet gestellt wurde.

(a) Die Partei hat zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO. Dabei kann von einer Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert oder seinen Antrag gesondert begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2004, Az.: VI ZR 245/04, abgedruckt u.a. in: VersR 2005, 1555; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2002, Az.: VI ZR 353/01, abgedruckt u.a. in: VersR 2003, 926; BGH, Urteil vom 03. Juni 1986, Az.: VI ZR 95/85, abgedruckt u.a. in: VersR 1986, 1079; BGH, Urteil vom 21. September 1982, Az.: VI ZR 130/81, abgedruckt u.a. in: VersR 1982, 1141; Greger, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 411 Rdnr. 5a).

Der Beklagte hat zwar die Anhörung des Sachverständigen erst nach Stellung der Anträge und Bestimmung eines Verkündungstermins in der Sitzung vom 27. August 2009 beantragt. Der Antrag des Beklagten war jedoch nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO verspätet. Nach § 296 Abs. 1 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zulässig, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Auch wenn die übrigen Voraussetzungen wohl nicht vorgelegen haben, so fehlt es schon an einer wirksam gesetzten Frist.

Präklusionsvorschriften haben strengen Ausnahmecharakter, weil sie das Grundrecht auf rechtliches Gehör einschränken. Ihre Anwendung steht unter dem besonderen Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Deshalb muss das Gericht – nicht nur der Vorsitzende – den Inhalt seiner Verfügung, mit der es eine Frist im Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO setzt, klar und eindeutig abfassen, so dass bei der betroffenen Partei von Anfang an vernünftigerweise keine Fehlvorstellung über die gravierenden Folgen der mit der Nichtbeachtung der Frist verbundenen Rechtsfolgen aufkommen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2001, Az.: VI ZR 268/00, abgedruckt u.a. in: VersR 2002, 120). Eine Präklusionswirkung kann der Ablauf einer richterlichen Frist zum Vorbringen der Einwendungen gegen das Gutachten und der die Begutachtung betreffenden Anträge nur dann auslösen, wenn bei der Partei keine Fehlvorstellung über diese Wirkung aufkommen können. Hierfür ist es erforderlich, dass die Verfügung mit einem Hinweis auf einen Ausschluss eines erst nach Ablauf der Frist eingehenden Vorbringens verbunden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2005, Az.: V ZR 241/04; abgedruckt u.a. in: NJW-RR 2006, 428).

Die mit Verfügung des Vorsitzenden vom 24. Februar 2009 (Bl. 191R GA) gesetzte Frist zur Stellungnahme von drei Wochen genügt dem nicht.

(b) Die Unbeachtlichkeit des Antrags des Beklagten auf Anhörung des Sachverständigen folgt aber aus § 296a ZPO.

Der Beklagte hat den Antrag auf Anhörung des Sachverständigen zwar im Termin vom 27. August 2009 gestellt, jedoch erst nach Stellung der Anträge und Bestimmung eines Verkündungstermins. Der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen ist damit erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 136 Rdnr. 4).

Damit ist § 296a ZPO anzuwenden. Danach können Angriffsmittel, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, auf die das Urteil ergeht, grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden. Die Ausnahmen nach §§ 139 Abs. 5, 283 ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Auch hat kein Bedürfnis bestanden, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wiederzueröffnen, es wurde weder ein neuer Sachantrag gestellt noch lag ein Anordnungsgrund nach § 156 Abs. 2 ZPO vor. Der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung ist eine klare Grenzziehung, für deren Aufweichung es hier keinen Anlass gibt, da es dem Beklagten ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Anhörung des Sachverständigen noch in der mündlichen Verhandlung zu beantragen.

Dem Senat ist es nicht verwehrt, die Begründung der Unbeachtlichkeit des Antrags auf Anhörung des Sachverständigen auf die Vorschrift des § 296a ZPO zu stützen.

Zwar hat der Bundesgerichtshof zu § 528 Abs. 3 ZPO a.F., der wortgleich der Regelung in § 531 Abs. 1 ZPO n.F. entspricht, entschieden, dass das Berufungsgericht die Zurückweisung des Antrags einer Partei auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen durch das Landgericht nicht nach § 296 Abs. 1 i.V.m. § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO für gerechtfertigt halten darf, nachdem das Landgericht diese auf § 296 Abs. 2 ZPO gestützt hatte. Die Befugnis des Berufungsgerichts beschränke sich insoweit darauf, die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu überprüfen. Dagegen sei es ihm verwehrt, die Zurückweisung auf einen anderen als den vom erstinstanzlichen Gericht angegeben Grund zu stützen. Das im Rechtszug übergeordnete Gericht dürfe weder eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nachholen noch die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2001, Az.: VI ZR 268/00, VersR 2002, 120; BGH, Urteil vom 15. Juli 1998, Az.: IV ZR 206/97, abgedruckt u.a. in: RuS 1998, 512).

Die vorgenannten Entscheidungen betreffen jedoch nur das Verhältnis von § 296 Abs. 1 ZPO zu § 296 Abs. 2 ZPO und beziehen sich auf die Zurückweisung von Vortrag, der noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung gehalten wurde. Bei der Anwendung des § 296a ZPO geht es nicht um eine solche Zurückweisung, weil der diesbezügliche Vortrag gerade nicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung gehalten wurde. Bleibt Vorbringen unberücksichtigt, das nach Schluss der mündlichen Verhandlung aktenkundig gemacht wird, dann ist im zweiten Rechtszug nur eine Prüfung nach § 531 Abs. 2 ZPO veranlasst, Abs. 1 ist unanwendbar, da es an einer Zurückweisung fehlt (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 531 Rdnr. 8). Dass das Landgericht den Antrag des Beklagten nach § 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen hat, ist unschädlich.

(2) Eine Anhörung des Sachverständigen durch den Senat ist auch nicht geboten. Die Zulässigkeit des Antrags des Beklagten, der erstmals im Berufungsverfahren Berücksichtigung finden kann, richtet sich nach § 531 Abs. 2 ZPO (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 27. Auflage (2009), § 531 Rdnr. 8). Auch wenn die Fristsetzung für die Stellungnahme zum Gutachten durch den Vorsitzenden keinen Ausschluss bewirkte, so stellt sie als solche keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Zum einen ist die Fristsetzung nach § 411 Abs. 4 ZPO nicht zwingend vorgeschrieben. Zum anderen hätte sich die Frage eines Verfahrensfehlers allenfalls dann gestellt können, wenn der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen noch vor der letztlichen mündlichen Verhandlung gestellt worden wäre. Auch ohne Fristsetzung hätte der Beklagte seinen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen erstinstanzlich geltend machen können, zumal er sich in der Sache gegen das Gutachten gewendet hat und das Landgericht ihn nicht in der Sicherheit gewogen hat, es werde deswegen eine Anhörung des Sachverständigen oder sonst wie geartete erneute Begutachtung veranlassen. Von daher liegt es auf der Hand, dass ein Entschuldigungsgrund nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht gegeben ist.

(3) Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R., die eine Anhörung des Sachverständigen von Amts wegen geboten erscheinen lassen könnten, ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem übrigen Vorbringen des Beklagten.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf stützen, der Sachverständige habe nicht erkannt, dass schon vor dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Beklagten die Originalkotflügel nach einem Unfallschaden durch die Firma K. in S. ausgetauscht gewesen sein. Dies wird durch die vorgelegten Kaufbelege gerade nicht belegt. Richtig ist, dass in der verbindlichen Gebrauchtwagenbestellung aufgeführt ist, dass es einen reparierten Unfallschaden an dem Fahrzeug gegeben hatte. Dieser Schaden bestand jedoch nur am Kotflügel vorne links, der Haube und dem Stoßfänger. Ein Schaden am rechten Kotflügel bestand demnach nicht. Auch lässt sich nicht im Ansatz entnehmen, dass die Reparatur des linken Kotflügels durch dessen Austausch erfolgt sei.

Zweifel ergeben sich auch nicht aus dem Umstand, dass an den Schrauben bzw. an dem umgebenden Hof ein unlackierter Bereich erkennbar ist. Der Beklagte behauptet zwar insoweit, dass sich daraus ergebe, dass es sich nicht um ein Originalteil handle. Der Sachverständige Dipl.-Ing. R. hat dies jedoch nicht übersehen, sondern auch als Anknüpfungspunkt dafür gewählt, dass der Kotflügel nicht erneuert wurde. Denn wenn dieser insgesamt nachträglich lackiert worden wäre, dann gäbe es gerade keine unlackierten Stellen. Das leuchtet ein.

Zudem liefert der Beklagte keine plausible Erklärung dafür, wie es zu den erheblichen Spachtelmasseanhaftungen an den Kotflügeln, dem sehr gleichmäßigen Verschmutzungsgrad der Befestigungslaschen der beiden vorderen Kotflügel und der Umgebung sowie zum Fehlen typischer Lackierungsspuren gekommen ist. Den vorgeblichen Unfall und dessen Reparatur in der Schweiz hat der Beklagte – wie bereits gezeigt – nicht ausreichend geschildert. Weder für diesen noch für Beschaffungen durch ihn selbst legt er Rechnungen vor. Auch der vorgeblich spätere Anstoß beim Rangieren auf dem Betriebsgelände liefert keine Erklärung für die Spachtelmasseanhaftungen an den Kotflügeln, da dieser sich auf die Stoßstange und den Scheinwerfer bezogen haben soll. Schließlich folgt auch keine Erklärung hierfür aus dem Auffahrunfall vom 15. Oktober 2007, denn dieser hatte ebenfalls ein anderes Schadensbild, nämlich einen zentrisch geführten Frontanstoß, der den Stoßstangenkörper verformte und durchdrückte und Anstoßspuren am Kühlergrill verursachte.

c) Die Klägerin hat den Teilbetrag in Höhe von € 1.626,54 wegen der nicht vollständig durchgeführten Reparatur auch unter einem weiteren Gesichtspunkt rechtsgrundlos an den Beklagten gezahlt.

Die Klägerin hat ihre Leistung ohne rechtlichen Grund erbracht, weil und soweit sie zu dieser nach § 7 (V) Nr. 4, (I) Nr. 2 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. von der Leistungspflicht freigeworden ist, weil der Beklagte seine Aufklärungsobliegenheiten dadurch vorsätzlich verletzte, dass er – nach dem Vorstehenden – der Klägerin gegenüber bewusst unwahre Angaben über die Art, Weise und Umfang der Reparaturen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug machte und die Beklagte damit arglistig täuschte.

Dies berechtigt die Klägerin trotz des für die alte Rechtslage im Bereich der Obliegenheitsverletzung geltenden alles-oder-nichts-Prinzips jedoch nicht zur vollständigen Rückforderung der gesamten Versicherungsleistung. Von der Leistungsfreiheit sind nur solche Ansprüche betroffen, die im Zeitpunkt der arglistigen Täuschung noch offen sind. Für schon vor dem Eintritt des Verwirkungstatbestandes erbrachte Leistungen auf bestehende Verbindlichkeiten entfällt der rechtliche Grund durch die arglistige Täuschung nicht. Der Gedanke, dass ein Vertragspartner eine empfangene Leistung, die ihm zum Zeitpunkt der Erfüllung auch zustand, wegen einer nachträglichen Pflichtverletzung herauszugeben hätte, ist dem bürgerlichen Recht fremd (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001, Az.: IV ZR 237/00, abgedruckt u.a. in: VersR 2001, 1020; BGH, Urteil vom 02. Oktober 1985, Az.: IVa ZR 18/84, abgedruckt u.a. in: BGHZ 96, 88; Hofmann, in: Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage (2000), § 7 AKB, Rdnr. 240).

2. Die Klägerin kann von dem Beklagten zudem die Zahlung von Gutachterkosten in Höhe von € 628,71 verlangen. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine Rückerstattung nach § 812 BGB, denn die Kosten der Gutachten waren zu keinem Zeitpunkt eine Versicherungsleistung, die die Klägerin an den Beklagten geleistet hätte. Vielmehr handelt es sich bei den im Nachprüfungsverfahren eingeholten Gutachten um solche, die nach der Pflichtverletzung des Beklagten für die Rechtsverfolgung der Klägerin erforderlich waren. Die Klägerin kann diese als Rechtsverfolgungskosten nach § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Keinen Anspruch hat die Klägerin indes auf die Zahlung der Kosten in Höhe von € 298,29 für das ursprüngliche Gutachten, denn für diesen Zeitpunkt steht eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht fest.

3. Die Klägerin kann vom Beklagten Zinsen nur aus dem Betrag in Höhe von € 2.225,25 verlangen; hinsichtlich eines Betrages in Höhe von € 1.626,54 wegen des Schreibens vom 21. Mai 2007 seit dem 06. Juni 2007, hinsichtlich eines Betrages in Höhe von € 628,71 erst ab Rechtshängigkeit (27. September 2007).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

5. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, er wendet diese vielmehr an.

6. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 9.253,54 festgesetzt.