Das Verkehrslexikon

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BGH Beschluss vom 06.07.2000 - VII ZB 4/00 - Zum Vorrang von Einzelanweisungen vor den allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen zur Wahrung von Fristen

BGH v. 06.07.2000: Zum Vorrang von Einzelanweisungen vor den allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen zur Wahrung von Fristen


Der BGH (Beschluss vom 06.07.2000 - VII ZB 4/00) hat entschieden:
Auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei kommt es nicht entscheidend an, wenn im Einzelfall eine konkrete Anweisung erteilt worden ist, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte.


Siehe auch Fristenkontrolle undWiedereinsetzung


Gründe:

I.

Der Beklagte hat gegen ein ihm nachteiliges landgerichtliches Urteil rechtzeitig am 1. April 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 4. Mai 1999 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Beklagte hat nach Mitteilung dieses Eingangsdatums rechtzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hat unter Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen zur Begründung vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift am Nachmittag des 3. Mai 1999 der sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten L. gesondert mit der ausdrücklichen Anweisung übergeben, den Schriftsatz sofort an das Berufungsgericht zu faxen, da die Frist am selben Tage ablaufe. Frau L. habe diese Anweisung bestätigt. Anschließend sei sie aber durch ein Telefongespräch so abgelenkt worden, dass sie den Berufungsbegründungsschriftsatz in den normalen Postgang gegeben habe. Bei Dienstschluss habe Frau L. dann die Berufungsbegründungsfrist im Fristenbuch gestrichen und dort einen Erledigungsvermerk angebracht, ohne dass der Schriftsatz per Fax versandt worden war.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.


II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt ist der Prozessbevollmächtigte des Beklagten seiner Verpflichtung, für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zu sorgen, dadurch nachgekommen, dass er der Kanzleiangestellten L. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Angestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, derartige Weisungen befolgt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787, 788). Es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern.

Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts für die Fristwahrung, mit denen sich das Berufungsgericht befasst hat, kommt es nicht entscheidend an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden sind, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätten (BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - XII ZB 180, 96, NJW-RR 1998, 1360, 1361). Allgemeine Hinweise für das Verhalten im Telefaxverkehr konnten sich ohnedies nicht auswirken, da der Angestellten L. entfallen war, dass die Berufungsbegründung per Telefax zu übermitteln war.



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