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OLG Celle Beschluss vom 02.04.2012 - 322 SsBs 84/12 - Zum notwendigen Vorbringen bei der Rüge eines Verstoßes gegen § 218 StPO

OLG Celle v. 02.04.2012: Zum notwendigen Vorbringen bei der Rüge eines Verstoßes gegen § 218 StPO


Das OLG Celle (Beschluss vom 02.04.2012 - 322 SsBs 84/12) hat entschieden:
Zum notwendigen Vorbringen bei der Rüge eines Verstoßes gegen § 218 StPO gehört, dass der Verteidiger nicht auf anderem Wege noch vor der Verhandlung Kenntnis von dem Termin erlangt hat.


Siehe auch Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung und Säumnis des Betroffenen und Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren


Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Einspruch der Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Landkreises L. vom 9. Juni 2010 gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil die Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung dem Hauptverhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben war.

Gegen das Urteil wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie u.a. rügt, ihr Verteidiger sei zum Termin nicht geladen worden.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.


II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Verfahrensrüge ist nicht zulässig ausgeführt, die Sachrüge zeigt keinen Fehler im angefochtenen Urteil auf.

1. Die Rüge der Verletzung der § 71 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 217, 218 StPO wegen Nichtladung des Verteidigers ist bereits nicht zulässig ausgeführt.

Gemäß §§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 StPO müssen die den geltend gemachten Verfahrensmangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau dargelegt werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Rechtsbeschwerdebegründung in die Lage versetzt wird, hierüber endgültig zu entscheiden (st. Rspr., vgl. nur die Nachweise bei Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 344 Rn. 21; KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl. § 344 Rn. 38ff.). Diesen Anforderungen genügt das Rechtsbeschwerdevorbringen nicht. Zum notwendigen Vorbringen eines Verstoßes gegen § 218 StPO gehört, dass der Verteidiger nicht auf anderem Wege noch vor der Verhandlung Kenntnis von dem Termin erlangt hat. Denn in diesem Fall kann das Fehlen einer förmlichen Ladung unschädlich sein (z.B. BGH NStZ 2009, 48; BGHSt 6, 259, 261).

Auch die Frage des Beruhens des Urteils auf der fehlenden Ladung kann ohne den unterbliebenen Sachvortrag zu anderweitiger Kenntnis vom Termin nicht geprüft werden. Denn ein Beruhen des Urteils auf diesem Verfahrensmangel scheidet z.B. aus, wenn feststeht, dass der Verteidiger auch bei rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht erschienen wäre (BGH NStZ 2005, 646, 648).

Der Darlegungsmangel kann nicht durch die insoweit nachgeholte Sachverhaltsdarstellung in der Gegenerklärung vom 21. März 2012 geheilt werden. Die Frist zur Gegenerklärung nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 3 Satz 2 StPO dient der Vertiefung der Sachrüge. Einer weiteren Ausführung der Verfahrensrüge steht bereits die Frist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO entgegen.

Nur ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass auch das neue Vorbringen, nach dem der Verteidiger (erst) einen Tag vor der Hauptverhandlung durch einen Anruf der Betroffenen Kenntnis vom Termin erlangt hatte, der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg verholfen hätte. Abgesehen davon, dass nicht mitgeteilt wird, ob dem Verteidiger wegen der späten Kenntniserlangung vom Termin einen Erscheinen nicht möglich gewesen wäre, rügt die Betroffene in der Sache nunmehr die Nichteinhaltung der Ladungsfrist nach §§ 71 Abs. 1 OWiG, 218 Satz 2, 217 StPO. Darauf kann die Revision jedoch grundsätzlich nicht gestützt werden. Die Nichteinhaltung der Ladungsfrist kann allein mit einem Aussetzungsantrag nach § 218 Abs. 2 StPO beanstandet werden (Meyer-Goßner, a.a.O., § 217 Rn. 12 m.w.N.). Erst dessen fehlerhafte Zurückweisung würde gegebenenfalls die Revision begründen.

2. Auch der Sachrüge hält das angefochtene Urteil stand. Insoweit war die Rechtsbeschwerde auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO) zu verwerfen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Die Betroffene wird darauf hingewiesen, dass sie sich nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar macht, wenn sie nach Ablieferung des Führerscheins oder vier Monate nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung, also nach dem 2. August 2012, ein Kraftfahrzeug führt, dass die Fahrverbotsfrist aber erst vom Tage der Ablieferung des Führerscheins bei der Vollstreckungsbehörde (Landkreis L.) an gerechnet wird (§ 25 Abs. 5 Satz 1 StVG).



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