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OLG Celle Urteil vom 12.02.2014 - 14 U 113/13 - Keine allgemeine Helmtragepflicht für Fahrradfahrer

OLG Celle v. 12.02.2014: Keine allgemeine Helmtragepflicht für Fahrradfahrer


Das OLG Celle (Urteil vom 12.02.2014 - 14 U 113/13) hat entschieden:
  1. Kollidiert ein Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen, sich verkehrswidrig verhaltenden Verkehrsteilnehmer und erleidet er infolge des Sturzes unfallbedingte Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, muss er sich gleichwohl nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt oder infolge seiner persönlichen Disposition, beispielsweise aufgrund von Unerfahrenheit im Umgang mit dem Rad oder den Gefahren des Straßenverkehrs ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht - ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen (in Abweichung von: OLG Schleswig, Urteil vom 5. Juni 2013, 7 U 11/12).

  2. E-Bike-Fahrer unterfallen nicht der Bestimmung des § 21 a Abs. 2 S. 1 StVO und sind nicht verpflichtet, einen Sturzhelm zu tragen.

Siehe auch Radfahrerschutzhelm und Stichwörter zum Thema Fahrrad und Radfahrer


Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfallgeschehen vom 16. Juli 2009 in A.-​B. in Anspruch, an dem beide Parteien als Fahrradfahrer beteiligt waren. Dabei kam es zu einer Kollision zwischen den Parteien, als der Kläger mit seinem Rennrad die Beklagte überholen wollte, die ihrerseits nach links in ein an der von den Parteien befahrenen A.-​straße gelegenes Grundstück abbiegen wollte. Wegen der Einzelheiten des Hergangs des Unfallgeschehens sowie des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Der Kläger, der bei dem Unfallereignis keinen Fahrradhelm trug und u. a. schwere Kopfverletzungen erlitt, befand sich nach der im Krankenhaus A. erfolgten Erstversorgung zunächst bis zum 24. Juli 2009 im Diakoniekrankenhaus R., anschließend in einer Anschlussheilbehandlung in der Zeit zwischen dem 5. August 2009 und dem 26. August 2009 im Klinikum Soltau.

Gegenstand seiner Klage sind neben einem Schmerzensgeld, das sich nach seinen Begehrensvorstellungen auf etwa 20.000 € belaufen sollte, verschiedene materielle Schadensersatzpositionen gemäß der folgenden Aufstellung:

Eigenanteil Krankenhausaufenthalt in A. und R. 90,00 €
Eigenanteil Krankenhausaufenthalt S. 220,00 €
Ersatz der Kosten für die Gleitsichtbrille 290,00 €
Ersatz der Kosten für das Hörgerät 453,00 €
Ersatz der Kosten für ausgefallenen Urlaub 700,00 €
Ersatz des Bekleidungsschadens 26,00 €
Eigenanteil Rettungswagen 10,00 €
Eigenanteil für Notfallversorgung 10,00 €
Eigenanteil für Medikamente 32,00 €
Fahrtkosten A. - R. - A. 88,00 €
Fahrtkosten S. 166,00 €
Fahrtkosten S. 243,00 €
Haushaltsführungsschaden 2.880,00 €
Kosten für Vogtländischen Hausmeisterdienst 867,69 €
Kosten für Diagnose von Frau U. D. 17,43 €
Ersatzbetrag für die Pflege des Klägers durch die Ehefrau 480,00 €
Kosten Krankengymnastik M.-F. 312,00 €


Die Fahrtkosten für vier Fahrten von A. nach R. und zurück bzw. für vier Fahrten nach S. und zurück in Höhe von 88 € bzw. 166 € macht der Kläger aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau geltend.

Bei den veranschlagten Ersatzforderungen für den Einsatz des Vogtländischen Hausmeisterdienstes handelt es sich um Kosten für Rasenmäharbeiten in Höhe von 292,86 €, für das Ausheben eines Bungalowfundaments samt Frostschutz in Höhe von 459,79 € sowie für die Verladung von Blockbohlen in Höhe von 115,04 € am Zweitwohnsitz des Klägers im Vogtland, wo er ein land- und forstwirtschaftlich genutztes Anwesen mit einer Größe von etwa zwei Hektar besitzt.

Das Landgericht hat, nachdem es zunächst durch Versäumnisurteil vom 9. Februar 2011 dem Klagebegehren vollumfänglich stattgegeben hatte, auf den Einspruch der Beklagten hin nach Beweiserhebung durch Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-​Ing. T. sowie eines neurochirurgischen Sachverständigengutachtens durch die Medizinische Hochschule Hannover einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers in Höhe von 8.000 € sowie materielle Ersatzansprüche in Höhe von 1.680,67 € für begründet erachtet. Außerdem hat es dem Kläger einen Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 775,64 € zuerkannt. In Bezug auf das vom Kläger wegen der nach seiner Behauptung durch das Unfallereignis entstandenen Schulterverletzung zunächst ebenfalls geltend gemachte Feststellungsbegehren hatten die Parteien den Rechtsstreit bereits in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt.

Seine Entscheidung hat das Landgericht auf folgende Erwägungen gestützt:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte dem Kläger für die diesem bei dem streitgegenständlichen Unfallereignis entstandenen Schäden gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Höhe von 50 % zu haften habe, da dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten sei, das gleichhoch zu werten sei wie das Verschulden der Beklagten.

So ergebe sich aus den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen T., dass die Beklagte bei der Vornahme ihres Abbiegevorgangs nach links gegen die ihr obliegende doppelte Rückschaupflicht des § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO verstoßen habe, wobei sich dieser Verstoß auch unfallursächlich ausgewirkt habe, da sie für den Fall der Vornahme der gebotenen Rückschau die Kollision mit dem Kläger hätte vermeiden können. Allerdings begründe sich ein Mitverschulden des Klägers aus dem Umstand, dass dieser die Beklagte bei unklarer Verkehrslage überholt und deswegen gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen habe. Da er nämlich unstreitig auf dem linksseitigen Fußweg zu Fall gekommen sei, müsse er die Beklagte auf der linken Fahrbahnseite überholt haben. Dies ließe wiederum den Rückschluss darauf zu, dass sich diese zum Zeitpunkt des Überholvorgangs in der Straßenmitte befunden habe. Unter diesen Voraussetzungen hätte der Kläger jedoch von der Vornahme eines Überholvorgangs absehen müssen, da für ihn nicht klar ersichtlich gewesen sei, weshalb die Beklagte die Fahrbahn mittig befahren habe. In Anbetracht dessen könne der Kläger von den grundsätzlich ersatzfähigen der von ihm geltend gemachten Schadensersatzpositionen lediglich die Hälfte verlangen.

Generell nicht ersatzfähig seien der von ihm angesetzte Eigenanteil für die Krankenhausaufenthalte in A. und R., da er diesen nicht durch Unterlagen belegt habe, die Kosten für den entfallenen Urlaub, da er nicht nachgewiesen habe, dass diese nicht hätten erstattet werden können und eine Stornierung ausgeschlossen gewesen sei, der Eigenanteil für die Notfallversorgung bzw. für die Medikamente, da er auch hier entsprechende Nachweise nicht vorgelegt habe, der verlangte Ersatzbetrag für seine Pflege, da sich aus der Vernehmung seiner Ehefrau ergeben habe, dass sich deren Tätigkeit lediglich auf ein „Aufpassen“ beschränkt habe, die Kosten für die Krankengymnastik der Fa. M.-​F., da es diesbezüglich an einer Kausalität mit dem Unfallgeschehen fehle, sowie die Kosten für die Bungalowfundamente und den Frostschutzeinbau, da insoweit nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger selbst im gesunden Zustand solche Arbeiten selbst ausgeführt hätte.

Der grundsätzlich erstattungsfähige Haushaltsführungsschaden des Klägers belaufe sich auf 1.440 €, von dem ihm unter Berücksichtigung der anzusetzenden Haftungsquote 50 % zustünden. Insoweit sei davon auszugehen, dass der Kläger über einen Zeitraum von vier Monaten hinweg nicht in der Lage gewesen sei, im Haushalt zu helfen, wobei der unfallbedingte Arbeitskraftausfall unter Berücksichtigung der Angaben seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau mit eineinhalb Stunden anzusetzen sei. Pro Stunde seien dabei 8 € in Ansatz zu bringen.

In Bezug auf die Schmerzensgeldforderung des Klägers sei ein Betrag von 8.000 € angemessen, aber auch ausreichend. Dies gelte zum einen im Hinblick auf die anzusetzende Haftungsquote von 50 %, zum anderen angesichts des ihn in Bezug auf die erlittenen Verletzungen treffenden weiteren Mitverschuldens gemäß § 254 BGB infolge der Tatsache, dass er keinen Fahrradhelm getragen habe. Dieses Mitverschulden sei in Höhe von 20 % zusätzlich zu berücksichtigen. Das Nichttragen des Schutzhelms sei nämlich kausal für das Ausmaß seiner erlittenen Kopfverletzungen gewesen, wie sich sowohl aus den Feststellungen des Sachverständigen T. als auch dem Gutachten der Medizinischen Hochschule Hannover ergeben habe. Durch das Tragen eines Helmes wären die eingetretenen Verletzungen voraussichtlich zwar nicht verhindert, wohl aber in ihrem Umfang erheblich gemindert worden. Dieser Bewertung stehe auch nicht entgegen, dass es keine gesetzliche Verpflichtung zum Tragen eines Helmes gebe. Auch in anderen sportlichen Betätigungsbereichen wie Reiten oder Skifahren gehe die Rechtsprechung vom Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung aus, wenn das Tragen eines Helmes unterlassen werde. Insoweit sei dabei zu berücksichtigen, dass es sich beim Kläger um einen sportlich ambitionierten Fahrradfahrer gehandelt habe. Dies belege allein die Tatsache, dass er mit einem Rennrad unterwegs gewesen und nach den Angaben des Sachverständigen T. mit einer Geschwindigkeit von ca. 25 bis 30 km/h gefahren sei.

In Bezug auf die bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigenden Verletzungen erwiesen sich die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden im Schultergelenk nicht relevant, weil diesbezüglich der medizinische Sachverständige nicht habe klären können, ob die Verletzung der Sehne traumatischer oder degenerativer Natur gewesen sei. Auch die vom Kläger aufgestellte Behauptung, nach dem Unfall zwei Tage im Koma gelegen zu haben, habe der Sachverständige nicht verifizieren können, weswegen dieser Umstand daher gleichfalls bei der Bewertung seines Schmerzensgeldanspruchs außer Acht zu bleiben habe. Ebenfalls nicht unfallkausal und damit auch nicht schmerzensgeldbestimmend sei die beim Kläger aufgetretene arterielle Hypertonie. Diesbezüglich habe der Sachverständige ausgeführt, dass diese nicht die Folge eines Schädelhirntraumas sei. Allerdings seien die sonstigen vom Kläger geklagten Verletzungen und Beschwerden wie ein Schädelhirntrauma, beidseitige Hirnblutungen, ein Schädelbruch links, Schwindelanfälle, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Desinteresse unter Berücksichtigung der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückzuführen und deswegen bei der Schmerzensgeldbemessung zu berücksichtigen. Gleiches gelte in Bezug auf den von ihm behaupteten Krampfanfall und das daraus resultierende PKW-​Fahrverbot für sechs Monate.

Angesichts dessen sei daher - insbesondere auch unter Berücksichtigung des unfallbedingten Unvermögens des Klägers für ein halbes Jahr, Rad zu fahren, zu laufen, zu wandern und zu paddeln - ein Schmerzensgeld von insgesamt 8.000 € angemessen. Diese Bemessung orientiere sich dabei an einer Entscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 26. Februar 2009 (1 O 106/07, lfd. Nr. 311780 aus der Tabelle von Hacks/Wellner/Häcker), das einem vergleichbar Verletzten ein Schmerzensgeld von 20.000 € unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 1/3 wegen Nichttragens eines Schutzhelms zuerkannt habe. Dieser Betrag sei im Fall des Klägers allerdings unter zwei Gesichtspunkten zu mindern: Zum einen sei beim Kläger keine einen Behinderungsgrad von 30 % begründende Beeinträchtigung seiner Gehirnfunktion verblieben, zum anderen müsse er sich angesichts der vorstehenden Ausführungen ein Mitverschulden von 70 % anrechnen lassen.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Mit dieser verfolgt er sein erstinstanzliches Begehren, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, weiter.

Er meint, dass das Landgericht zu Unrecht von einem ihn treffenden Mitverschulden ausgegangen sei, da keine unklare Verkehrslage bestanden habe. Die Beklagte habe sich entgegen ihrer Angaben mit ihrem Fahrrad am rechten Fahrbahnrand bewegt und sei ihm erst plötzlich ohne vorheriges, auf einen Fahrtrichtungswechsel hindeutendes Zeichen durch ein scharfes Abbiegen nach links in die Fahrbahn gefahren. Zu dem Zeitpunkt, zu dem für ihn erstmals die drohende Gefahr erkennbar gewesen sei, habe er sich von der Beklagten etwa 8 m entfernt befunden. Deswegen habe er trotz sofort eingeleiteter Gefahrbremsung einen seitlichen Aufprall in das Hinterrad der Beklagten nicht vermeiden können. Wäre diese stattdessen, wie sie behauptet habe, straßenmittig gefahren, hätte er ohne Probleme an ihr rechts vorbei fahren können.

Dass sich der Unfall so ereignet habe wie von ihm geschildert, belege bereits der vom Sachverständigen festgestellte Winkelversatz des Aufpralls beider Fahrräder zueinander. Nach den Feststellungen des Sachverständigen habe dabei der Kollisionswinkel ca. 25 bis 30 Grad betragen. In Anbetracht dessen sei er beim Zusammenstoß der Fahrräder über den Lenker seines Fahrrades geschleudert worden und linksseitig auf dem Bordstein aufgeschlagen. Insoweit verkenne das Landgericht, dass er nicht auf der linken Fahrbahnseite zu Fall gekommen, sondern dorthin geschleudert worden sei.

Auch die Ausführungen des Landgerichts in Bezug auf die Schadenshöhe könnten einer Überprüfung durch das Berufungsgericht nicht standhalten.

So sei die Tatsache, dass auf einen Patienten ein Eigenanteil von 10 € pro Tag im Krankenhaus entfiele, allgemein bekannt. Außerdem habe er das Entstehen der entsprechenden Kosten bereits erstinstanzlich unter Beweis gestellt.

Gleichfalls falsch sei die Auffassung des Landgerichts, dass es an einer Kausalität zwischen dem streitgegenständlichen Unfall und der erfolgten Stornierung des Urlaubes, einer Kanufahrt auf der Donau, gefehlt habe. Diesbezüglich sei dem Landgericht vorzuwerfen, dass es - wenn es den Vortrag des Klägers nicht für ausreichend erachtet hätte - hierauf hätte hinweisen müssen. Ein Anspruch auf Erstattung der von ihm verauslagten Kosten von 700 € ergebe sich daraus, dass eine Rückerstattung der Teilnehmergebühren und Bustransferkosten - diese machten die geltend gemachten 700 € aus - infolge der kurzfristigen Absage der am 24. Juli 2009 beginnenden Tour nicht mehr möglich gewesen sei. Entsprechend hätten die für ihn und seine Ehefrau reservierten Plätze nicht mehr neu belegt werden können.

Ebenfalls unberechtigt sei die Auffassung des Landgerichts, dass von ihm der geltend gemachte Eigenanteil für die Notfallversorgung und die Medikamente nicht ausreichend belegt worden seien. Auch diesbezüglich habe er erstinstanzlich für den Anfall dieser Kosten Beweis angetreten.

Soweit das Landgericht einen Anspruch auf Ersatz der verlangten Kosten für die Pflege durch seine Ehefrau verneint habe, habe es verkannt, dass diese Zeit in einer Größenordnung von wenigstens zwei Stunden täglich für ihn habe aufwenden müssen für die anfallende Pflege und Betreuung. So habe sich zwar aus der Aussage seiner Ehefrau ergeben, dass er sich selbst habe anziehen können, selbst Körperpflege betrieben habe und selbst zur Toilette gegangen sei. Allerdings habe seine Ehefrau auch bekundet, dass er nach dem Unfall sehr unkonzentriert gewesen sei, habe gebremst werden müssen und keine schweren Arbeiten habe ausführen dürfen. Außerdem habe sie ihn zu außerhäusigen Terminen begleiten müssen. Infolge seines Autofahrverbots habe sie ihn zudem chauffieren müssen. Infolgedessen seien zwei Stunden Pflegekosten à 8 € pro Tag angemessen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien auch die Kosten für die Jahresmitgliedschaft bei der Firma M.-​F. erstattungsfähig. Der Besuch des Fitnessstudios habe zur Verbesserung seines gesundheitlichen und körperlichen Zustandes gedient. Gebühren für ein Fitnessstudio würden nun einmal üblicherweise im Wege einer Jahresmitgliedschaft gezahlt werden.

Der Kläger meint weiter, dass ihm das Landgericht auch nicht die Erstattung der Kosten für die Beton- und Frostschutzarbeiten, die an seinem Zweitwohnsitz in S. angefallen seien, hätte verweigern dürfen. Schließlich habe er, wie auch seine Ehefrau in der Beweisaufnahme bestätigt habe, alle Arbeiten an dem Zweitwohnsitz selbst gemacht. Wäre er gesund geblieben, wären ihm daher die entsprechenden Kosten erspart geblieben.

Soweit das Landgericht ihm die Kosten für das Rasenmähen des Grundstücks zuerkannt habe, sei dies zu Recht erfolgt. Insbesondere liege hier kein Verstoß gegen die ihn treffende Schadensminderungspflicht vor, weil diese Kosten nicht für das Grundstück in A., sondern für das in W. angefallen seien. Dieses Grundstück umfasse immerhin ca. 20.000 m².

Bezüglich der weiteren Positionen sei - bedingt durch die unzutreffend ausgeurteilte Haftungsquote - der vom Landgericht vorgenommene Abzug in Höhe von 50 % zu Unrecht erfolgt.

Was den Schmerzensgeldanspruch betreffe, so habe hier das Landgericht unzutreffender Weise ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelmes berücksichtigt. Hieraus ließe sich allenfalls ein Mitverschulden begründen, wenn ein Fahrradfahrer sportliche Wettkämpfe betreibe. Das Fahrradfahren allein zur körperlichen Ertüchtigung erfordere dagegen nicht das Tragen eines Fahrradhelms.

Entgegen der Behauptung der Beklagten sei er auch kein besonders sportlich ambitionierter Fahrradfahrer, weil es ihm nicht um die Erzielung hoher Geschwindigkeiten gehe. Schließlich habe es sich bei dem von ihm gefahrenen Fahrrad nicht um ein Renn-​, sondern ein Sportrad gehandelt. Soweit der Sachverständige T. zu dem Ergebnis gelangt sei, dass er mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h unterwegs gewesen sei, müsse insoweit berücksichtigt werden, dass die Straße im Bereich der Unfallstelle stark abschüssig sei.

In Bezug auf die für die Bemessung des Schmerzensgeldes relevanten Beeinträchtigungen müsse noch berücksichtigt werden, dass er auch an einem unfallbedingten Verlust des Geruchssinns einschließlich einer Beeinträchtigung der Geschmacksnerven gelitten habe und dies auch noch nach mehr als vier Jahren weiterhin tue. Hierbei handele es sich um voraussichtlich bis zu seinem Lebensende fortwährende Beschwerden.

In Bezug auf die Anschlussberufung meint der Kläger, dass diese allein deswegen unzulässig sei, weil die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag von insgesamt 10.906,76 € längst an ihn gezahlt habe.

Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil des Landgerichts Verden vom 9. Februar 2011 unter Fortfall des erledigten Teils der Klage (Ziffer 3 des Versäumnisurteils) unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Verden vom 28. Juni 2013, soweit dieses den Kläger beschwert, aufrecht zu erhalten,

sowie

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,

sowie

im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil sowie das Versäumnisurteil des Landgerichts Verden vom 9. Februar 2011 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die klägerische Darstellung des Unfallgeschehens, wonach sie plötzlich und unerwartet scharf vom rechten Fahrbahnrand diesem in den Weg gefahren sei, durch die Feststellung des Sachverständigen T. widerlegt sei. Allein der von diesem festgestellte Winkelversatz der Fahrräder zueinander von 25 bis 30 Grad, also ein sehr spitzer Winkel, widerlege die klägerische Unfallversion.

Darüber hinaus bestreitet die Beklagte, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Reaktionsaufforderung nur etwa 8 m von ihr entfernt gewesen sei. Ihrer Ansicht nach sei nämlich nicht erklärlich, wie er unter diesen Voraussetzungen angesichts einer anzusetzenden Reaktionszeit von einer Sekunde dann noch die von ihm behauptete Gewaltbremsung habe durchführen können; denn wenn man berücksichtige, dass er mit ca. 25 bis 30 km/h unterwegs gewesen sei, habe er damit rund 8 m pro Sekunde zurückgelegt.

Jedenfalls sei dem Kläger nicht gelungen zu beweisen, dass sie sich entgegen ihrem Vorbringen nicht zur Fahrbahnmitte eingeordnet, nicht ihre Geschwindigkeit reduziert und nicht den linken Arm ausgestreckt habe, um ihre Abbiegeabsicht anzuzeigen. Dass sie der sie treffenden doppelten Rückschaupflicht durch zweimaligen Schulterblick nachgekommen sei, habe sie unter Beweis gestellt. In diesem Zusammenhang müsse zudem berücksichtigt werden, dass einem Fahrradfahrer mangels Rückspiegels nicht die gleichen Möglichkeiten zum Rückblick zur Verfügung stünden wie einem Kraftfahrzeugfahrer; anders als dieser könne ein Fahrradfahrer nur den linksseitig neben der Fahrlinie seines Rades befindlichen Verkehrsraum überblicken.

Dieser Umstand hätte im Übrigen auch dem Kläger bekannt sein müssen, weswegen er sein Überholmanöver durch Klingelzeichen hätte ankündigen müssen. Bei richtiger Beurteilung des streitgegenständlichen Unfallhergangs hätte das Landgericht daher zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Kläger den Verkehrsunfall allein verursacht und verschuldet habe.

Soweit das Landgericht ein Mitverschulden des Klägers aus dem Nichttragen eines Fahrradhelms hergeleitet habe, sei dies nicht zu beanstanden. Allein die Tatsache, dass er eine Kanutour von Ingolstadt bis zum Schwarzen Meer geplant habe, belege seine sportlichen Ambitionen. Im Übrigen spreche schon der Anscheinsbeweis dafür, dass das Nichttragen eines Fahrradhelms für das Eintreten der Verletzungen des Klägers kausal gewesen sei. Richtigerweise hätte das Landgericht den sich aus dem Nichttragen eines Fahrradhelms ergebenden Mitverschuldensanteil des Klägers sogar mit 50 % bewerten müssen.

In Bezug auf die einzelnen Schadenspositionen trägt die Beklagte Folgendes vor:

Eigenanteile für Krankenhausaufenthalte seien nach ständiger Rechtsprechung nicht ersatzfähig, da der Verletzte während seines Aufenthalts im Krankenhaus dafür häusliche Verpflegungskosten erspare.

Soweit das Landgericht dem Kläger Ersatz für die Gleitsichtbrille und das Hörgerät zuerkannt habe, sei dies zu Unrecht erfolgt, da nicht erwiesen sei, dass er diese zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens überhaupt getragen habe. Die Beklagte habe dies bestritten; zwar habe die Ehefrau des Klägers ausgesagt, dass er diese Gegenstände „normalerweise immer“ trage, allerdings gleichzeitig einräumen müssen, diese bei der Absuche des Unfallorts nicht gefunden zu haben.

Soweit der Kläger Fahrtkosten, also Besuchskosten seiner Ehefrau, geltend mache, seien diese nicht erstattungsfähig; dies wäre lediglich dann anders, wenn die Besuche Folge einer medizinischen Notwendigkeit seien. Hierzu habe der Kläger jedoch nichts vorgetragen.

Der Umstand, dass die Ehefrau des Klägers bestätigt habe, sie habe auf ihren Mann „ein bisschen aufgepasst“, begründe keinen Ersatz von Pflegekosten.

Bei seiner Entscheidung über den Haushaltsführungsschaden, der bereits nicht substantiiert dargelegt worden sei, habe das Landgericht zudem nicht die kontinuierliche Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers berücksichtigt.

Die verlangten Hausmeisterkosten für das Mähen einer Fläche von 1.700 m² zu einem Preis von 292,86 € seien stark überhöht. Insoweit habe der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen.

In Bezug auf das ausgeurteilte Schmerzensgeld habe das Landgericht übersehen, dass eine Unfallkausalität der Schulterverletzung nicht nachgewiesen sei.

Im Übrigen sei zu beanstanden, dass das Landgericht das sich aus dem Nichttragen eines Fahrradhelms ergebende Mitverschulden lediglich beim immateriellen Schaden berücksichtigt habe, nicht aber auch bei den materiellen Schadenspositionen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien in den zur Akte gereichten Schriftsätzen samt Anlagen Bezug genommen.


II.

Sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung gegen die angefochtene Entscheidung erweisen sich als zulässig und - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß - als teilweise begründet, weswegen das landgerichtliche Urteil wie aus dem Tenor dieser Entscheidung ersichtlich abzuändern war.

Im Einzelnen:

A. Zur Berufung des Klägers:

1. Zur Haftungsquote:

Zu Recht beruft sich der Kläger darauf, dass die vom Landgericht angenommene Haftungsverteilung von 50 % zu 50 % keinen Bestand haben kann.

a) Dabei ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagten ein Verstoß gegen ihre doppelte Rückschaupflicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO anzulasten ist.

Denn auch wenn die Beklagte als Fahrradfahrerin nicht der Gefährdungshaftung des § 7 StVG unterliegt und daher nur für den Fall eines schuldhaften Verhaltens ihrerseits aus § 823 BGB zu haften hat, beurteilt sich die Ordnungsgemäßheit ihrer im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis maßgeblichen Verhaltensweise nach den Vorschriften der StVO, insbesondere § 9 Abs. 1 bis 5 StVO (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 12. Aufl., Vorbemerkung zur Rdnr. 530). Unter dieser Maßgabe war sie daher aufgrund ihres beabsichtigten Abbiegevorgangs gehalten, diesen durch Handzeichen anzuzeigen, sich entsprechend einzuordnen sowie vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen durch Schulterblick auf den nachfolgenden Verkehr zu achten.

Dass die Beklagte dabei jedenfalls ihrer doppelten Rückschaupflicht nicht genügt hat, ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass die Parteien miteinander kollidiert sind. Nach den Feststellungen des Sachverständigen T., die insofern auch von der Beklagten nicht angegriffen werden, befanden sich die beiden unfallbeteiligten Fahrräder im Kollisionszeitpunkt nämlich in einem Winkelversatz von etwa 25 bis 30 Grad zueinander. Damit ist auszuschließen, dass der Kläger entsprechend der ursprünglich von der Beklagten vorgetragenen Unfallversion diese übersehen hat und ihr von hinten auf ihr Fahrrad aufgefahren ist. Stattdessen steht durch diese Feststellung des Sachverständigen fest, dass sich die Beklagte im Moment des Zusammenstoßes in einer Schrägstellung befunden hat, die auf das von ihr eingeleitete Abbiegemanöver zurückzuführen ist; denn dass der Kläger seinerseits nicht parallel zur Fahrbahnrichtung gefahren sei, behauptet nicht einmal die Beklagte.

Dabei kann - jedenfalls für die Frage des sie treffenden Verschuldens wegen eines Verstoßes gegen § 9 StVO - dahingestellt bleiben, ob sie entsprechend ihrem Vorbringen die gesamte Zeit vor dem Unfallereignis die Straßenmitte befahren, oder aber - wie der Kläger behauptet hat - vom rechten Fahrbahnrand aus seinen Weg gekreuzt hat. Denn gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO hätte sie sich in jedem Fall vor der Vornahme ihres Abbiegemanövers über den rückwärtigen Verkehr orientieren müssen. Hätte sie dies getan, hätte sie den herannahenden Kläger erkannt und durch Zurückstellen ihres Abbiegemanövers das Kollisionsgeschehen verhindern können.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen T. befand sich unter Annahme einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 20 km/h für die Beklagte, die sie zum Beginn der Vornahme ihres Abbiegemanövers auf ca. 10 km/h reduzierte, sowie zwischen 25 und 30 km/h für den Kläger letzterer nämlich im Moment der reaktionsauffordernden Position der Beklagten durch Einschlagen ihres Lenkers nach links lediglich ca. 7 - 8 m von dieser entfernt. Wie aus der vom Sachverständigen gefertigten Skizze zum Unfallgeschehen (Anlage 6 zum Gutachten vom 8. September 2011) ersichtlich, war der Kläger dabei auch nicht für die Beklagte durch den Verlauf der Rechtskurve verdeckt. Dass ein Fahrrad - worauf die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung abstellt - nicht über Rückspiegel verfügt wie ein Kraftfahrzeug, ist in diesem Zusammenhang irrelevant; denn wie sich aus der dem Gutachten zu entnehmenden bildlichen Darstellung des Geschehenshergangs ergibt, hätte eine Erkennbarkeit des Klägers für sie bereits durch die Vornahme einer einfachen Kopfdrehung nach links bestanden.

b) Bei der Beurteilung des der Beklagten anzulastenden Verschuldens hat das Landgericht allerdings unberücksichtigt gelassen, dass dieser in Anbetracht ihres eigenen Vorbringens nicht nur ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO, sondern auch ein solcher gegen § 9 Abs. 5 StVO vorzuwerfen ist.

Da die Beklagte nämlich beabsichtigte, auf ein linksseitig der Straße gelegenes Grundstück abzubiegen, unterlag sie gemäß § 9 Abs. 5 StVO gesteigerten Sorgfaltsanforderungen. Danach hätte sie dafür Sorge tragen müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch ihr Abbiegemanöver ausgeschlossen ist.

Kommt es zu einer Kollision eines ordnungsgemäß überholenden Verkehrsteilnehmers mit einem in ein Grundstück abbiegenden, spricht bereits der Anschein dafür, dass der Linksabbieger gegen die ihn obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen und hierdurch das streitgegenständliche Unfallgeschehen verursacht hat (König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 9 StVO Rdnr. 55 m. w. N.).

Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht zu entkräften vermocht. Zwar muss eine Partei zur Erschütterung eines Anscheinsbeweises nur die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs darlegen und hierfür nicht den Vollbeweis erbringen. Entkräftet kann der Anscheinsbeweis jedoch nur durch feststehende, d. h. unstreitige oder bewiesene Tatsachen werden (BGH, VersR 2006, 931 ff.; Senat, Urteil vom 27. Mai 2009 - 14 U 2/09).

Einen solchen Lebenssachverhalt, der im vorliegenden Fall für einen atypischen Verlauf des Geschehens sprechen könnte, hat die Beklagte jedoch nicht darzulegen, geschweige denn zu beweisen vermocht. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen ist gerade auszuschließen, dass der Kläger der Beklagten, solange sich diese noch in Geradeausfahrt befunden hat, auf das Fahrrad aufgefahren ist, oder aber dass diese trotz eines ordnungsgemäß erfolgten Schulterblicks den Kläger zu sehen nicht in der Lage gewesen wäre.

c) Aufgrund der von einem Linksabbieger in ein Grundstück verlangten äußersten Sorgfalt hat dieser im Regelfall nach der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung im Fall einer Kollision mit einem ordnungsgemäß überholenden Fahrzeug allein zu haften (Kammergericht, NZV 2006, 309, 310 m. w. N.; Hanseatisches OLG Bremen, Beschluss vom 1. September 2009 - 3 U 36/09 m. w. N.).

Dies gilt dabei auch im hier zu beurteilenden Fall, da entgegen der Annahme des Landgerichts dem Kläger ein Überholen bei unklarer Verkehrslage unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO oder ein anderweitiger Sorgfaltspflichtverstoß nicht nachzuweisen ist.

aa) Eine unklare Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist (König, a. a. O., § 5 StVO Rdnr. 34 m. w. N.). Dass eine solche Situation für den Kläger bestanden hat, hat die Beklagte allerdings nicht zu beweisen vermocht.

Zwar hat sie behauptet, sich zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet, ihre Geschwindigkeit verlangsamt und insbesondere ihre Abbiegeabsicht durch Handzeichen angekündigt zu haben, so dass für den Fall, dieser Vortrag wäre zutreffend, in der Tat der Kläger die Beklagte nicht links, sondern gem. § 5 Abs. 7 StVO allenfalls rechts hätte überholen dürfen. Ein solches rechtzeitiges Anzeigen ihrer Abbiegeabsicht hat die Beklagte jedoch nicht nachweisen können. Denn für die Richtigkeit ihres Vorbringens hat sie kein geeignetes Beweismittel angeboten, sodass sie infolgedessen beweisfällig geblieben ist.

Soweit sie sich für die Richtigkeit ihrer Behauptung neben der Vernehmung ihrer Person als Partei auf die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens, die Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Verden sowie das Zeugnis des den Unfallsachverhalt aufnehmenden Polizeibeamten bezogen hat, sind die drei zuletzt genannten Beweismittel für den Nachweis der hier relevanten Tatsachen untauglich, da hierdurch belastbare Feststellungen zur vermeintlich verkehrsgerechten Verhaltensweise der Beklagten zum Zeitpunkt vor dem Unfallgeschehen nicht getroffen werden können.

Was die von ihr angebotene eigene Vernehmung als Partei betrifft, so hat der Kläger einer solchen nicht zugestimmt, sodass die Voraussetzungen des § 447 ZPO nicht vorliegen. Unter Berücksichtigung des dem erkennenden Gericht eingeräumten Ermessens schied auch eine amtswegige Parteivernehmung gemäß § 448 ZPO aus, da bereits die vom Landgericht durchgeführte Anhörung beider Parteien gem. § 142 ZPO zu entsprechend divergierenden Sachverhaltsschilderungen geführt hat und deswegen die erforderliche „gewisse Wahrscheinlichkeit“ für die Richtigkeit der Sachdarstellung der Beklagten nicht vorliegt.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts lässt sich ein Verstoß des Klägers gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO auch nicht damit begründen, dass er die Beklagte deswegen nicht habe überholen dürfen, weil sie sich mittig auf der Fahrbahn befunden habe. Denn ob die Beklagte in der Straßenmitte gefahren ist oder am rechten Fahrbahnrand, ist zwischen den Parteien streitig und nach den Angaben des Sachverständigen T. im Nachhinein nicht mehr aufklärbar.

Anders als das Landgericht meint, lässt sich dabei auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger auf dem linksseitigen Fußweg zu Fall gekommen ist, als erwiesen ansehen, dass sich die Beklagte tatsächlich in der Mitte der Fahrbahn befunden haben müsse und der Kläger deswegen mit einem geplanten Abbiegemanöver nach links hätte rechnen müssen.

So ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Straße an der Unfallstelle lediglich 5 m breit ist. In Anbetracht dessen erscheint es durchaus denkbar, dass der Kläger zum Überholen die linke Fahrbahnhälfte benutzt hat, selbst wenn die Beklagte - wie er behauptet - ihrerseits am rechten Fahrbahnrand entlang gefahren sein sollte, nämlich um zu dieser einen angemessenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Angesichts der geringen Fahrbahnbreite lässt sich daher aus der etwaigen Benutzung der linken Fahrspur durch den Kläger keineswegs zwingend der Schluss ziehen, die Beklagte habe sich auf jeden Fall mittig auf der Fahrbahn befunden.

Hinzu kommt, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von 25 bis 30 km/h unterwegs war und im Zeitpunkt der Kollision eine Kollisionsgeschwindigkeit von ca. 15 km/h aufwies. Unter diese Voraussetzungen ist daher, worauf er im Rahmen seiner Berufungsbegründung zu Recht hinweist, nicht davon auszugehen, dass er beim Zusammenstoß mit dem Fahrrad der Beklagten lediglich linksseitig vom Fahrrad „heruntergekippt“, sondern stattdessen im hohen Bogen in der durch den Anstoß eingeleiteten Fahrt - bzw. Flugrichtung weiter nach vorne geflogen ist. Als Spezialsenat für Verkehrsunfallsachen ist dem Senat aus in anderen Verfahren eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachten bekannt, dass „Flugweiten“ von Radfahrern von ca. 2 m bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von ca. 15 km/h durchaus üblich sind. In Anbetracht dessen wäre der Kläger daher bei der vergleichsweise geringen Straßenbreite voraussichtlich selbst dann auf dem linken Gehweg aufgeschlagen, wenn die Beklagte seinen Weg vom rechten Fahrbahnrand aus gekreuzt hätte und sich die Kollision daher - wie auch vom Sachverständigen seiner Beurteilung zugrunde gelegt - in der Fahrbahnmitte ereignet hätte.

Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts lässt daher die Tatsache, dass der Kläger auf dem linken Bordstein zu Fall gekommen ist, keinen verbindlichen Rückschluss darauf zu, auf welcher Fahrbahnseite sich jeweils die Parteien vor der Einleitung des Abbiegevorgangs der Beklagten befunden haben.

cc) Ein Mitverschulden des Klägers lässt sich auch nicht aus einer diesem anzulastenden verzögerten Bremsreaktion herleiten.

Soweit die Beklagte die Richtigkeit der klägerischen Sachverhaltsschilderung damit angreift, dass dieser unter Berücksichtigung einer Fahrgeschwindigkeit von 25 bis 30 km/h eine Gefahrbremsung überhaupt nicht mehr habe vornehmen können, wenn er sich im Zeitpunkt der Reaktionsaufforderung etwa 8 m hinter der Kollisionsstelle befunden habe, verkennt sie, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die dem Kläger verbleibende Fahrzeit zwischen Wahrnehmung des Gefahrensignals in Form der Einleitung des Abbiegemanövers durch die Beklagte und der Kollision nicht nur eine Sekunde, sondern stattdessen 1,7 Sekunden betrug. Innerhalb dieses Zeitraums war ihm daher selbst unter Berücksichtigung einer Reaktionszeit von ca. 0,8 Sekunden die Vornahme einer Gefahrbremsung möglich. Diese reichte nach den gutachterlichen Feststellungen allerdings lediglich dazu, um seine Fahrgeschwindigkeit von 25 - 30 km/h auf die nach Ansicht des Sachverständigen darstellbare Kollisionsgeschwindigkeit von 15 km/h zu reduzieren.

dd) Ein (Mit-​)Verschulden des Klägers folgt auch nicht aus dem Umstand, dass er seine Überholabsicht nicht durch Klingeln, Rufen oder eine andere Form der Abgabe von Warnzeichen angekündigt hat.

Eine solche Verpflichtung nimmt die Rechtsprechung nämlich nur dann an, wenn dies das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 1 StVO erfordert. Das betrifft insbesondere Fälle der gemeinsamen Benutzung von kombinierten Fuß- und Fahrradwegen durch Fußgänger und Fahrradfahrer (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2011 - I-​1 U 242/10, 1 U 242/10).

Demgegenüber ist eine solche Verhaltensweise schon zwischen Fahrradfahrern, die gemeinsam einen Radweg benutzen, nicht erforderlich. So hat das OLG München (Urteil vom 18. Mai 1984 - 10 U 3728/83) entschieden, dass ein Radfahrer, der einen vor ihm auf einem Radweg fahrenden anderen Radfahrer im Bereich einer Grundstücksausfahrt ohne Klingelzeichen überholen will, grundsätzlich nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn der eingeholte Radfahrer ohne Handzeichen plötzlich nach links abbiegt und dadurch mit dem Überholenden zusammenstößt.

Dies muss dabei erst Recht dann gelten, wenn es sich um einen Überholvorgang auf der Straße handelt. Denn bedingt durch die größere Breite einer Straße im Vergleich zu einem Fahrradweg ist hier das Ankündigen eines Überholvorgangs des einen Fahrradfahrers gegenüber dem anderen nicht erforderlich.

Nach alledem kann daher die Annahme des Landgerichts, dem Kläger sei infolge seines Fahrverhaltens ein hälftiges Mitverschulden am Zustandekommen des streitgegenständlichen Kollisionsgeschehens anzulasten, unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen keinen Bestand haben.

d) Nicht zu folgen vermag der Senat auch der Auffassung des Erstgerichts, den Kläger treffe an der Entstehung der unfallbedingt eingetretenen Verletzungen wegen Nichttragens eines Fahrradhelms ein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB, durch das sich seine Ersatzforderung mindere.

aa) Diesem vom Landgericht nur im Rahmen des Schmerzensgeldanspruchs berücksichtigten Mitverschuldensgesichtspunkt, der - wenn er zu bejahen wäre - bei allen Schadenspositionen, bei denen sich das Unterlassen des Tragens eines Helms ausgewirkt hätte, zu berücksichtigen wäre, steht entgegen, dass jedenfalls die noch immer vorherrschende Auffassung in der Rechtsprechung (OLG Hamm, NZV 2001, 86 sowie NZV 2002, 129; OLG Stuttgart, VRS 1997, 15; OLG Nürnberg, DAR 1991, 173; OLG Karlsruhe, NZV 1991, 25; OLG Saarbrücken, NZV 2008, 202, 203) eine Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelms durch einen Fahrradfahrer im Straßenverkehr jedenfalls dann nicht annimmt, wenn dieser weder zu schnell, noch den herrschenden Straßenbedingungen unangepasst gefahren ist, sich lediglich auf einer Trainingsfahrt befunden hat und dabei völlig unauffällig gefahren ist, ohne besondere Risiken einzugehen.

Unter dieser Maßgabe ist ein Radfahrer aus Eigenschutzgesichtspunkten daher nur gehalten, einen Schutzhelm zu tragen, wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt oder infolge seiner persönlichen Disposition - etwa aufgrund von Unerfahrenheit im Umgang mit dem Rad oder den Gefahren des Straßenverkehrs - ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht (Saarländische OLG, Urteil vom 9. Oktober 2007 - 4 U 80/07; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Februar 2007, NJW 2007, 3075 ff.).

Hieran vermag nach Auffassung des Senats auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 5. Juni 2013 (Az. 7 U 11/12) nichts zu ändern. Zutreffend ist zwar, dass - wie dort ausgeführt - Radfahrer heutzutage auch im täglichen Straßenverkehr vielfältigen Gefahren ausgesetzt sind. Der vorliegende Fall belegt jedoch geradezu exemplarisch, dass entsprechend schwerwiegende Verletzungen auch unabhängig von der Dichte des Straßenverkehrs auf vergleichsweise ruhigen Seitenstraßen eintreten können, sodass mithin die Zunahme der Verkehrsdichte allein nicht als Argument für einen Sorgfaltspflichtverstoß gegen sich selbst für den Fall des Unterlassens des Tragens eines Schutzhelms herangezogen werden kann.

Richtig ist auch, worauf das Oberlandesgericht Schleswig ebenfalls abstellt, dass die von der bisherigen Rechtsprechung, insbesondere des Oberlandesgerichts Düsseldorf (a. a. O.), vorgenommene Differenzierung zwischen verschiedenen Arten von Radfahrern - nämlich denjenigen das Fahrrad lediglich als Fortbewegungsmittel nutzenden einerseits sowie den sportlich ambitionierten Fahrern andererseits - durchaus Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten kann, zumal aufgrund der technischen Entwicklung auch mit solchen Fahrrädern, bei denen es sich nicht um Rennräder handelt, hohe Geschwindigkeiten erzielt werden können. Gleichwohl vermag jedoch eine solche Differenzierung, die auf eine Einzelfallbetrachtung hinausläuft, den tatsächlichen Verhältnissen im Straßenverkehr am besten gerecht zu werden.

Dabei mag, wie das Oberlandesgericht Schleswig ausführt, zwar das Tragen von Sturzhelmen bei Fahrradfahrern heutzutage bereits mehr verbreitet sein als noch vor einigen Jahren. Eine solche allgemeine Verkehrsauffassung hat der 50. Deutsche Verkehrsgerichtstag allerdings noch 2012 nicht festzustellen vermocht (Scholten, Aktuelles und Bekanntes zum Mitverschulden im Straßenverkehr, DAR Extra 2013, 748, 749 unter Verweis auf Verhandlungen des 50. Verkehrsgerichtstages, AK II, Hamburg 2012). Nach den regelmäßigen Erhebungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) waren im Jahr 2011 lediglich 11 % und im Jahr 2012 13 % der Fahrradfahrer innerorts mit Helm unterwegs (Scholten, a. a. O., unter Verweis auf BAST, Forschung kompakt, Nr. 06/13: Gurte, Kindersitze, Helme und Schutzkleidung - 2012). Mithin zeigt sich gerade im täglichen Straßenbild, dass die weit überwiegende Zahl von Fahrradfahrern - und dies dürften insbesondere die weniger dem sportlich ambitionierten Personenkreis, als mehr dem der „Alltagsfahrer“, die das Fahrrad als schlichtes Fortbewegungsmittel benutzen, zuzurechnenden sein - eben keinen Helm benutzen. Diesen Personen grundsätzlich im Fall einer Kopfverletzung ein Mitverschulden ausschließlich infolge des Nichttragens eines Helms anzulasten, ohne dass sie durch ihre Fahrweise zu dem Unfall Anlass gegeben hätten, erscheint dem Senat unangemessen. Hierauf würde allerdings die vom Oberlandesgericht Schleswig vertretene Auffassung hinauslaufen, obwohl auch weiterhin keine gesetzlich geregelte und bußgeldbewehrte Verpflichtung für Fahrradfahrer, selbst für Nutzer bestimmter Arten von E-​Bikes, die nicht der Bestimmung des § 21 a Abs. 2 S. 1 StVO unterfallen, zur Nutzung eines Sturzhelms besteht.

Auch aus der Parallele zu sportlichen Betätigungen wie Reiten oder Skifahren lässt sich nach Auffassung des Senats ein Obliegenheitsverstoß von Radfahrern, die auf einen Schutzhelm verzichten, nicht herleiten. Denn bei den vorstehend genannten Tätigkeiten handelt es sich um reine Hobbys, die mit der Nutzung eines Fahrrades zu Transport- und Beförderungszwecken, wie im Alltagsverkehr üblich, nicht vergleichbar sind. Gerade bei Sportarten wie Reiten wegen der damit verbundenen Tiergefahr bzw. beim Skilaufen wegen der dort erzielten vergleichsweise hohen Geschwindigkeiten und weitgehend fehlender „Verkehrsregeln“ liegen spezifische Risiken vor, die sich von denen eines Fahrradfahrers - selbst wenn dieser mit einem Rennrad zu Trainingszwecken im Straßenverkehr unterwegs ist, dort aber ansonsten völlig unauffällig fährt (hierzu LG Koblenz, Urteil vom 4. Oktober 2010 - 5 O 349/09) - deutlich unterscheiden (so insbesondere auch OLG München, BeckRS 2012, 12391).

Hinzu kommt, dass bislang nicht hinreichend erwiesen sein dürfte, dass Fahrradhelme in einer statistisch signifikanten Weise zur Abwendung von Kopfverletzungen beizutragen geeignet sind. Auch das Oberlandesgericht Schleswig geht in dem von ihm entschiedenen Fall unter Berücksichtigung der Ausführungen des dortigen Sachverständigen davon aus, dass die dortige Klägerin für den Fall des Tragens eines Helms gleichwohl Kopfverletzungen erlitten hätte, lediglich deren Ausmaß geringer ausgefallen wäre. Unter dieser Maßgabe gelangt es deswegen zu der Auffassung, dass Fahrradhelme die größte Schutzwirkung ohnehin nur bei leichten bis mittelgradigen Traumen entfalten würden. Generell ist das Ausmaß der Wirksamkeit von Fahrradhelmen jedenfalls schwierig zu qualifizieren (Scholten, Mithaftung ohne Fahrradhelm? - zur Begründung einer allgemeinen Obliegenheit, 50. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2012, S. 65, 74). Dementsprechend lässt sich daher dem Tragen eines Fahrradhelms allenfalls eine tendenzielle Schutzwirkung zuschreiben (LG Koblenz, a. a. O.), was jedoch aus Sicht des Senats eher gegen eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines solchen Helms im Sinne einer Obliegenheit spricht. Das gilt umso mehr, als es - soweit ersichtlich - bislang auch noch keine zuverlässigen Zahlen über die Wahrscheinlichkeit gibt, in Deutschland Opfer eines Verkehrsunfalls mit einer Kopfverletzung zu werden (vgl. Scholten, a. a. O., S. 76).

Problematisch erwiese sich die Annahme einer Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms auch unter dem Gesichtspunkt, wie eine Kollision zwischen einem Radfahrer und einem Fußgänger zu beurteilen wäre, die beide infolge des Zusammenstoßes auf den Kopf stürzen. Für diesen Fall wäre selbst bei ansonsten gleichen Verursachungsbeiträgen automatisch von einem Mitverschulden und damit geringeren Ersatzansprüchen des keinen Schutzhelm tragenden Fahrradfahrers auszugehen, obwohl ein solcher beim Fußgänger den Eintritt schwerer Kopfverletzungen möglicherweise in gleicher Weise verhindert hätte wie beim Radfahrer.

Der Senat folgt deshalb der von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass sich ein Mitverschulden aus dem Nichttragen eines Fahrradhelms mangels einer hierzu bestehenden gesetzlichen Verpflichtung jedenfalls im Allgemeinen nicht herleiten lässt, sondern ein solches lediglich unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls bei einer besonders risikobehafteten Fahrweise des Radfahrers in Betracht kommen kann.

bb) Dass im konkreten Fall dem Kläger eine solche vorzuwerfen wäre, hat die Beklagte jedoch nicht nachzuweisen vermocht.

Zwar ist wohl davon auszugehen, dass der Kläger als „sportlich ambitionierter“ Fahrer anzusehen ist, da es sich bei der hier zu beurteilenden Unfallfahrt nach seinen eigenen Angaben um eine „Trainingsfahrt“ gehandelt hat, er mit einem Rennrad nahe kommenden Fahrrad unterwegs war und er sich seinen Erklärungen im Strafverfahren gegen die Beklagte zufolge mit dem Fahrer eines Tourenrades als nicht vergleichbar erachtete. Nach seinen dortige Angaben fahre nämlich „ein Fahrer auf einem Rennrad keinem Radfahrer auf einem Tourenrad hinterher“, was wohl dahingehend zu verstehen sein dürfte, dass sich der Kläger selbst als Radfahrer einer „anderen Klasse“ ansah als derjenigen, der er die Beklagte zuordnete.

Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass er sich im Zeitpunkt des Unfallereignisses auch besonderen Risiken ausgesetzt hat. Allein die „sportliche Ambition“ eines Radfahrers begründet nach überwiegender Ansicht nämlich noch nicht eine Obliegenheit zum Tragen eines Helms, soweit er mit seinem Fahrrad nichts anderes tut als ein „gewöhnlicher“ Radfahrer auch.

Hinweise auf eine besonders rasante oder anderweitig risikobehaftete Fahrweise des Klägers hat die Beklagte nicht vorgetragen. Allein aus der Tatsache, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen T. mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h auf einer abschüssigen Straße unterwegs war, auf der die Beklagte nach eigenen Angaben selbst etwa 20 km/h fuhr, lässt sich ein besonders gefahrträchtiges Fahrverhalten nicht herleiten. Gleichermaßen ist dem Kläger auch nicht zu widerlegen, dass er seine Trainingsfahrten lediglich zur Verbesserung seiner Ausdauer, nicht hingegen zur Erzielung möglichst hoher Geschwindigkeiten durchgeführt hat.

In Anbetracht dessen lässt sich daher in der Gesamtschau ein Mitverschulden des Klägers auch nicht aus dem Unterlassen von Sicherheitsvorkehrungen, namentlich dem Nichttragen eines Fahrradhelms, herleiten.

Dies hat zur Folge, dass ihm deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts die Beklagte nicht nur die Hälfte seines grundsätzlich ersatzfähigen unfallbedingten Schadens zu erstatten hat, sondern stattdessen vollumfänglich für diesen haftet.

2. Zu den einzelnen Schadenspositionen:

a) Soweit das Landgericht unabhängig von der Haftungsquote dem Kläger den geltend gemachten Eigenanteil für die Krankenhausaufenthalte in A. und R. sowie den Eigenanteil für die Notfallversorgung und für Medikamente nicht zuerkannt hat, da er entsprechende Belege nicht vorgelegt habe, ist dies aus Sicht des Senats im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Ein Ersatzanspruch für die geltend gemachten Eigenanteile für die Krankenhausaufenthalte scheidet allein schon deswegen aus, weil der Kläger hierfür im Ausgleich Aufwendungen für seine häusliche Versorgung erspart hat.

Was die Eigenanteile für die Notfallversorgung und die Medikamente betrifft, hat er diese Aufwendungen nicht in hinreichendem Maße substantiiert. Es reicht nicht aus, darauf zu verweisen, dass derartige Anteile üblich seien. Der Kläger hätte konkret die einzelnen Summen vortragen müssen und können. Da es sich insoweit um Leistungen von Ärzten bzw. Notfalleinrichtungen handelt, ist davon auszugehen, dass dem Kläger entsprechende Belege und Quittungen für die erbrachten Zahlungen erstellt worden sind. Dem Beweisantritt auf Einholung einer Auskunft der Krankenkasse durch das Gericht oder die Vernehmung der Ehefrau des Klägers brauchte dementsprechend nicht nachgegangen zu werden.

b) Gleichfalls zu Recht hat das Landgericht den vom Kläger geltend gemachten Pflegebetrag von 480 € für die Betreuung durch seine Ehefrau im vermeintlich unsicheren Zustand abgelehnt. Insoweit hat es zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme von einer Pflegebedürftigkeit des Klägers und damit entsprechenden ersatzfähigen Leistungen seiner Ehefrau nicht auszugehen sei.

Auch im Rahmen der Berufungsbegründung behauptet der Kläger lediglich pauschal, er sei durch die Krankenhausaufenthalte geschwächt gewesen und seine Ehefrau habe auf ihn aufpassen und ihn darüber hinaus zu Anwaltsbesuchen oder sonstigen Außerhausterminen begleiten müssen. Dieses Vorbringen in seiner Pauschalität vermag jedoch nicht eine ausreichende Schätzgrundlage für einen vom Kläger geltend gemachten täglichen Pflegeaufwand von wenigstens zwei Stunden zu begründen, auf den er sein Ersatzverlangen stützt. Eine Hilfestellung bei der täglichen Körperpflege war jedenfalls - wie nunmehr in der Berufungsinstanz unstreitig ist - durch die Ehefrau nicht erforderlich.

Angesichts dessen handelte es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten „Pflegeaufwand“ um nicht ersatzfähige Maßnahmen der persönlichen Fürsorge seiner Ehefrau, also um einen immateriellen Aufwand, der bei der schadensrechtlichen Bewertung des notwendigen Betreuungsaufwands unberücksichtigt zu bleiben hat (Küpperbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 10. Aufl., Rn. 265 m. w. N.), weswegen das Landgericht einen diesbezüglichen Ersatzanspruch daher zu Recht verweigert hat.

c) Als gleichfalls erfolglos erweist sich die Berufung des Klägers auch in Bezug auf die von ihm verlangten Kosten in Höhe des Jahresbeitrags für das Fitnessstudio.

Dass der Besuch eines Fitnessstudios medizinisch indiziert war, hat der Kläger nicht nachgewiesen. Vielmehr ist in Anbetracht seiner von ihm betonten Sportlichkeit davon auszugehen, dass er das Fitnessstudio auch schon vor dem Unfallereignis aufgesucht hat. Bezeichnenderweise bleibt daher auch in der Berufungsbegründung sein Vorbringen dazu, warum vermeintlich der Besuch des Fitnessstudios unfallbedingt erforderlich gewesen sei, vergleichsweise pauschal. Insoweit behauptet er nämlich lediglich, dass dies erforderlich gewesen sei, um aufgrund seiner unfallbedingten Verletzungen seine Fitness wieder zu erlangen und ein entsprechendes Aufbautraining dort durchzuführen, da es ihm darum gegangen sei, seinen gesundheitlichen und körperlichen Zustand zu verbessern. Dies reicht jedoch angesichts des Bestreitens der Beklagten, dass die Mitgliedschaft des Klägers bei der Firma M.-​F. durch den Unfall veranlasst gewesen sei, nicht aus, um einen verletzungsbedingten Mehrbedarf hinreichend substantiiert zu begründen.

d) Nicht zu folgen ist aus Sicht des Senats allerdings der Auffassung des Landgerichts, soweit dieses dem Kläger einen Ersatzanspruch für die mit Rechnung des Vogtländischen Hausmeisterdienstes (Anlage K 14) belegten Kosten für die Aushebung eines Fundaments für den Bungalow und den Einbau von Frostschutzmaßnahmen an seinem Zweitwohnsitz in S. vollständig versagt hat. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Kläger im gesunden Zustand nicht in der Lage gewesen wäre, selbst derartige Betonarbeiten durchzuführen, für die es keiner besonderen Ausbildung bedarf, die vielmehr zu den heutzutage von den meisten Heimwerkern ausgeführten Arbeiten gehören.

Insoweit ersatzfähig ist aus der als Anlage K14 vorgelegten Rechnung allerdings lediglich die dort abgerechnete Arbeitszeit von 8,25 Stunden. Bei den sonstigen Positionen dieser Rechnung handelt es sich um sog. „Sowieso-​Kosten“, die dem Kläger unfallunabhängig entstanden und daher nicht von der Ersatzpflicht der Beklagten umfasst sind. Dies betrifft insbesondere die Kosten für das Vorhalten eines 2-​Tonnen-​Minibaggers und einer 180 kg schweren Rüttelplatte. Davon, dass der Kläger entsprechende Gerätschaften selbst vorgehalten hat, geht der Senat nicht aus. Das behauptet er auch nicht.

Der erstattungsfähige Anspruch des Klägers hinsichtlich dieser Schadensposition beläuft sich danach auf 181,63 € (152,63 € zzgl. Mehrwertsteuer).

e) Soweit der Kläger mit seiner Berufung den von ihm erstinstanzlich mit 2.880 € bezifferten Haushaltsführungsschaden in dieser Höhe weiterverfolgt, erweist sich sein Begehren nur unter dem Gesichtspunkt als erfolgreich, wie die vom Landgericht vorgenommene Kürzung auf der unzutreffend ermittelten Haftungsquote beruht.

In Bezug auf die Differenz zwischen dem vom Kläger verlangten und dem vom Landgericht für grundsätzlich erstattungsfähig erachteten Ersatzbetrag in Höhe von 1.440 € fehlt es dagegen an einem zulässigen Berufungsangriff, da der Kläger insoweit nicht darlegt, inwieweit die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig sein soll.

Allein deswegen kommt daher unabhängig von der Anschlussberufung der Beklagten die Zuerkennung eines die Summe von 1.440 € übersteigenden Haushaltsführungsschadens nicht in Betracht.

f) Demgegenüber greift das Berufungsvorbringen des Klägers, soweit er sich gegen die Abweisung seiner Ersatzforderung in Bezug auf die von ihm verlangten Urlaubskosten in Höhe von 700 € wendet, vollumfänglich durch. Den entsprechenden Aufwand hat er nunmehr im Rahmen der Berufungsbegründung (mangels Hinweises des Landgerichts auch nicht verspätet) nachgewiesen.

Es versteht sich von selbst, dass eine Rückerstattung dieses Betrages, den der Kläger für die Teilnahme an einem Teil der Kanutour zwischen Ingolstadt und dem Schwarzen Meer für sich und seine Ehefrau bezahlt hatte, durch den Veranstalter in Anbetracht der Tatsache, dass zwischen dem Unfalltag und dem Abreisedatum lediglich eine Woche und ein Tag lagen, und der Kläger wegen seiner unfallbedingten schweren Verletzungen nicht an der Kanutour teilnehmen konnte, nicht mehr in Betracht kam. Diesem Vortrag ist die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungserwiderung im Übrigen auch nicht mehr entgegengetreten.

g) In Bezug auf die sonstigen, vom Landgericht als grundsätzlich ersatzfähig erachteten materiellen Schadenspositionen führt die Berufung des Klägers - soweit sich insoweit nicht die Anschlussberufung der Beklagten als begründet erweist - zum Berufungserfolg im Hinblick auf ihren Angriff zur Quote.

3. Zum Schmerzensgeldanspruch des Klägers:

Soweit sich der Kläger gegen die vom Landgericht vorgenommene Kürzung seiner Schmerzensgeldansprüche wegen eines ihm (vermeintlich) anzulastenden Mitverschuldens an dem Kollisionsgeschehen bzw. der Entstehung der schweren Unfallfolgen wendet, erweisen sich diese Beanstandungen als berechtigt. Wie bereits vorstehend ausgeführt, lässt sich ein solches Mitverschulden weder unter dem Gesichtspunkt einer gegen die Vorschriften der StVO verstoßenden Fahrweise des Klägers, noch mit dem Nichttragen eines Fahrradhelms begründen.

Gleichwohl rechtfertigt sich auf der Grundlage der vom Landgericht festgestellten Beeinträchtigungen keine Schmerzensgeldforderung in Höhe von 20.000,- € entsprechend den Begehrensvorstellungen des Klägers.

Insoweit hat das Landgericht selbst erkannt, dass die von ihm in Bezug genommene Vergleichsentscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 26. Februar 2009 (Az. 1 O 106/07, lfd. Nr. 31.1780 der Schmerzensgeldtabelle nach Hacks/Wellner/Häcker) in Anbetracht der beim Kläger weitgehend fehlenden Dauerschäden nicht vollumfänglich vergleichbar ist. Soweit die Rechtsprechung in Fällen von Hirntraumata Schmerzensgelder von 20.000 € und mehr zuerkannt hat (beispielsweise LG München I, Urteil vom 16. Januar 1992 - 19 O 5932/90), liegen diesen Entscheidungen im Regelfall dauerhaft verbliebene Schäden vor allem im kognitiven Bereich zugrunde, die beim Kläger glücklicherweise nicht zu verzeichnen sind. Insoweit war der Kläger nicht einmal in Bezug auf körperliche Aktivitäten, insbesondere bei der Ausübung seiner Hobbys wie Radfahren, Laufen, Wandern und Paddeln, ersichtlich länger als ein halbes Jahr nachhaltig beeinträchtigt.

Hinzu kommt, dass - wie die Beklagte begründet rügt - eine Unfallbedingtheit der vom Kläger behaupteten Schulterverletzung nicht nachgewiesen ist. Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen kann die im Entlassungsbericht des Klinikums S. vom 1. September 2009 angesprochene Rotatorenmanschettenschädigung nämlich sowohl posttraumatischer als auch degenerativer Natur sein. Angesichts dieser Unsicherheit lässt sich daher selbst unter Anwendung des Beweismaßstabs des § 287 ZPO nicht die Annahme einer Unfallursächlichkeit rechtfertigen.

Ob das Landgericht zu Unrecht den vom Kläger behaupteten dauerhaften Verlust seines Geruchs- und Geschmacksempfindens nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt hat, kann dagegen dahingestellt bleiben; denn mit seiner Berufung hat der Kläger die vom Landgericht seiner Schmerzensgeldbemessung zugrunde gelegte Tatsachengrundlage nicht angegriffen.

Vor diesem Hintergrund hält der Senat im Fall des Klägers ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 € für angemessen, aber auch ausreichend.

Diese Bemessung berücksichtigt den von der Vergleichsrechtsprechung in Fällen leichterer bis mittelschwerer Hirntraumata mit unfalltypischen sonstigen Körperverletzungen (Thoraxprellungen, Rippenbrüchen, Organquetschungen u. ä.) angenommenen Schmerzensgeldrahmen. Insoweit nimmt der Senat auf seine Entscheidungen vom 26. April 2001 - 14 U 139/00, OLGR 2001, 252, sowie vom 16. Mai 2002 - 14 U 231/01, SP 2003, 54, 55, darüber hinaus auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2005 - I-​1 U 217/04 (vgl. Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 4. Aufl., E 811), des Kammergerichts Berlin vom 2. November 1987 - 22 U 339/87 - und des Oberlandesgericht Naumburg vom 18. November 1997 - 1 U 1251/97, OLGR 1999, 216 Bezug, durch die den jeweils Geschädigten (unter Herausrechnung etwaiger Abzüge infolge eines Mitschuldens) Schmerzensgeldansprüche zwischen 10.000 € und 15.000 € zugebilligt worden sind. In Bezug auf die Entscheidung des Senats vom 16. Mai 2002 - 14 U 231/01 - ist allerdings zu berücksichtigen, dass der dortige Kläger ein Schädel-​Hirn-​Trauma dritten Grades erlitten hatte, was insoweit einen höheren Schmerzensgeldanspruch als in den anderen zu Vergleichszwecken in Bezug genommenen Entscheidungen rechtfertigt.

Da der Kläger einerseits - was sich schmerzensgelderhöhend auswirkt - auch einen Schädelbruch und einen Krampfanfall, aufgrund dessen ihm für sechs Monate das Führen von Kraftfahrzeugen untersagt war, erlitten, andererseits aber nur temporäre kognitive Defizite zu beklagen hatte und seine neuropsychologischen Beeinträchtigungen nicht von dauerhafter Natur waren, er zudem zum Zeitpunkt des Unfalls fast 70 Jahre alt war, hat der Senat seine Schmerzensgeldansprüche in etwa im mittleren Bereich des von der vorstehend genannten Vergleichsrechtsprechung gesetzten Rahmens angesiedelt.

Dies führt dazu, da das Landgericht dem Kläger bereits 8.000 € Schmerzensgeld zugesprochen hat, dass sich seine Berufung in Bezug auf den Schmerzensgeldanspruch in Höhe weiterer 4.000 € als begründet erweist.

B. Zur Anschlussberufung der Beklagten:

1. Zur Zulässigkeit der Anschlussberufung

Die Tatsache, dass die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts den ausgeurteilten Betrag samt Zinsen und Rechtsverfolgungskosten an den Kläger gezahlt hat, lässt die durch die Verurteilung der Beklagten eingetretene Beschwer und damit ihr Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung eines (Anschluss-​)Rechtsmittels nicht entfallen. Dass die Haftpflichtversicherung damit in Anerkennung der Richtigkeit der erstgerichtliche Entscheidung den Kläger endgültig befriedigen und nicht nur ihrer Versicherungsnehmerin möglicherweise drohende Vollstreckungsmaßnahmen abwenden wollte, ergibt sich aus einer solchen kommentarlos erfolgten Zahlung nämlich nicht.

Allein die Zahlung auf eine streitig gebliebene Klageforderung nach Verkündung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten zusprechenden Urteils führt jedoch bei Fehlen klarstellender Begleitumstände im Zweifel nicht zu einem Wegfall der Beschwer und Erledigung der Hauptsache und ist auch nicht als Rechtsmittelverzicht zu werten (BGH NJW 1994, 942). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des BGH vom 25. Mai 1976 (MDR 1976, 1005). Der BGH hat vielmehr auch in diesem Beschluss die vorstehend aufgeführten Grundsätze aufgestellt (juris Rdnrn. 14 ff.). Ob die materielle Beschwer einer Partei durch die endgültige bedingungslose Erfüllungsleistung eines Dritten entfällt, hat er hingegen offen gelassen (juris Rdnr. 25), wobei dieser Fall auch gar nicht gegeben ist. Denn in der Regel ist davon auszugehen, dass eine Zahlung auf ein nur vorläufig für vollstreckbar erklärtes Urteil nicht der endgültigen Befriedigung des Gläubigers dient, sondern darauf gerichtet ist, die Geltendmachung des Vollstreckungstitels zu kennen (Rdnr. 12).

Unter diesen Voraussetzungen kann daher der Beklagten nicht unter Verweis auf ein vermeintlich nicht mehr bestehendes Rechtsschutzbedürfnis die Verteidigung gegen eine sie beeinträchtigende Gerichtsentscheidung verwehrt werden.

2. Zur Haftungsquote

Ohne Erfolg verbleibt die Anschlussberufung der Beklagten, soweit sie sich gegen die Annahme eines unfallursächlichen Verschuldens ihrerseits wendet und eine rechtliche Würdigung des Geschehensablauf dahingehend anstrebt, der Kläger habe das streitgegenständliche Unfallereignis ausschließlich selbst verursacht und verschuldet. Dass der Beklagten ein unfallursächliches Verschulden infolge eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 Satz 4 sowie § 9 Abs. 5 StVO vorzuwerfen, dagegen ein Mitverschulden des Klägers nicht als erwiesen anzusehen und infolgedessen eine vollumfängliche Haftung der Beklagten anzunehmen ist, ist bereits oben unter II. A. 1. ausführlich dargestellt worden.

3. Zur Schadenshöhe:

Als zum Teil erfolgreich erweist sich allerdings die Anschlussberufung in Bezug auf einige der vom Landgericht dem Kläger zuerkannten Schadenspositionen.

a) So macht die Beklagte zu Recht geltend, dass der vom Landgericht dem Kläger zugesprochene Ersatz für die beim Unfallgeschehen vermeintlich verlustig gegangene Gleitsichtbrille und das Hörgerät nicht gerechtfertigt sind.

Der Kläger hat nämlich nicht zu beweisen vermocht, diese Hilfsmittel zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens getragen zu haben. So muss allein aufgrund der Aussage seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau, wonach er „normalerweise immer“ Brille und Hörgerät trage, davon ausgegangen werden, dass es auch Situationen bei ihm gibt, in denen er diese Hilfsmittel nicht trägt. Denn würde - wie dies beispielsweise bei einem stark kurzsichtigen Menschen der Fall ist - der Kläger immer eine Sehhilfe in der Öffentlichkeit tragen, wäre eine Äußerung der Ehefrau dahingehend zu erwarten gewesen, ihr Mann verließe niemals ohne das Tragen einer Brille und/oder eines Hörgeräts das Haus.

Dass der Kläger nicht so fehlsichtig ist, dass eine Teilnahme am Straßenverkehr ohne das Tragen einer Brille fernliegend wäre, ergibt sich im Übrigen aus der von ihm als Anlage K 9 vorgelegten Rechnung für die Beschaffung einer neuen Gleitsichtbrille. Danach ist der Kläger offensichtlich geringfügig weitsichtig und leidet unter einer (gleichfalls relativ geringfügigen) Hornhautverkrümmung. Diese Werte sind jedoch so marginal, dass deswegen eine Teilnahme am Straßenverkehr ohne Sehhilfe alleine aus Eigenschutzgründen nicht faktisch auszuschließen wäre.

Hinzu kommt, dass sich Brille und Hörgerät weder im Krankenwagen angefunden haben, noch von der Ehefrau am Unfallort aufgefunden wurden, obwohl sie offensichtlich gleich nach dem Unfall nach diesen Gerätschaften gesucht haben will. Da ausweislich der Lichtbildaufnahmen, die dem Sachverständigengutachten beigefügt sind, an der Unfallstelle auch keine dergestalt dichte Vegetation vorhanden ist, die es erklärlich machen würde, dass Gegenstände wie eine Brille oder ein Hörgerät einfach „verschwinden“ können, verbleiben deswegen begründete Zweifel, ob der Kläger tatsächlich mit Brille und Hörgerät unterwegs war und diese Gegenstände deswegen unfallbedingt verlustig gegangen sind.

Diese Zweifel gehen dabei zu seinen Lasten, da ihn für den Nachweis des unfallbedingten Verlusts oder die Beschädigung seines Eigentums die Darlegungs- und Beweislast trifft.

b) Auch die Zuerkennung eines Erstattungsanspruchs für den Eigenanteil an den Krankenhauskosten für den Krankenhausaufenthalt des Klägers in S. durch das Landgericht rügt die Beklagte unter Verweis auf die ersparten Eigenaufwendungen zu Recht.

c) Dagegen nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Landgerichts, soweit es von einer Ersatzfähigkeit der der Ehefrau des Klägers entstandenen Fahrtkosten ausgegangen ist, die der Kläger aus abgetretenem Recht geltend macht.

Diese streitgegenständlichen Fahrten dienten ersichtlich zur Verbringung des Klägers in das bzw. zu dessen Abholung aus dem jeweiligen Krankenhaus, sodass ihm die Beklagte die dafür anfallenden Kosten ohnehin zu erstatten hätte. Insoweit macht es auch keinen Unterschied, ob der Kläger die Fahrten selbst vorgenommen hat, oder aber ob er sich von seiner Ehefrau hat fahren lassen. Denn bei den jeweils geltend gemachten Ersatzforderungen (Fahrten zum und vom Krankenhaus in R., Fahrten zum und vom Krankenhaus S. sowie Fahrten zum und vom Krankenhaus in S.) handelt es sich ausschließlich um den reinen Fahrtkostenaufwand und nicht um sonstigen Aufwendungsersatz für von der Ehefrau aufgewendete Arbeitszeit.

Auch die Tatsache, dass sich der Kläger bei den Fahrten hat chauffieren bzw. begleiten lassen, wodurch doppelte Fahrtkosten infolge der Nachhausefahrt der Ehefrau angefallen sind, hat sich die Beklagte zurechnen zu lassen. Infolge der zum seinerzeitigen Zeitpunkt beim Kläger unfallbedingt vorhandenen neurologischen Defizite war ihm nämlich der Antritt entsprechender Wege ohne Begleitung nicht zumutbar.

Auch der Ansatz der Fahrtkosten mit 25 Cent pro Kilometer ist nicht zu beanstanden, wobei die Beklagte die Höhe der Abrechnung ohnehin nicht angreift.

d) Was den vom Kläger geltend gemachten Haushaltsführungsschaden für die Zeit der ersten vier Monate nach dem Unfall betrifft, rügt die Beklagte im Ergebnis zu Unrecht eine nur unzureichende Substantiierung der Anspruchsvoraussetzungen.

Grundsätzlich ist Maßstab für die Ermittlung des Haushaltsführungsschadens zunächst der wöchentliche Zeitbedarf für die Versorgung des Haushalts unter Berücksichtigung der zwischen den Ehegatten vereinbarten Verteilung der Haushaltsführungslasten. Eine genaue Darstellung der Tätigkeiten, die der Kläger vor dem Unfallereignis im Haushalt ausgeführt haben will, ergibt sich aus seinem Vorbringen zwar nicht. Insoweit beschränkt er sich im Wesentlichen darauf, eine hälftige Verteilung der Haushaltsführungstätigkeiten zwischen ihm und seiner Ehefrau zu behaupten, die täglich in etwa 6 Stunden in Anspruch genommen hätten, wobei auf ihn vor allem die Gartenarbeiten entfallen seien.

In Anbetracht der erfolgten Angaben zum Zuschnitt des Haushalts, der sich aus der mitgeteilten Grundstücksgröße (selbst bewohntes Haus auf Grundstück mit 3.000 m², davon 1.500 m² Garten), dem Alter des Klägers (Rentner) und der Anzahl der das Haus bewohnenden Personen (2) ergibt, ist dieses Vorbringen (gerade noch) als hinreichend anzusehen, um eine Schätzung des unfallbedingt in Wegfall geratenen Tätigkeitsumfangs des Klägers vorzunehmen.

Soweit der Kläger daher in der Klageschrift vorgetragen hat, dass der auf ihn entfallende Arbeitsaufwand ca. 3 Stunden pro Tag ausmache und diesen Wert auch seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat, erscheint dies in Anbetracht der Größe des Hauses und der Gartenanlagen nach den Erfahrungen des Senats durchaus nachvollziehbar und kann deswegen einer Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zugrunde gelegt werden.

Der Kläger stützt seine Behauptung, dass er während der vier Monate nach dem Unfall überhaupt keine Haushaltsführungstätigkeiten habe ausführen zu können, pauschal auf die von ihm vorgelegten Arztberichte sowie den Umstand, dass ihm wegen des unfallbedingt erlittenen Krampfanfalls für sechs Monate untersagt gewesen sei, ein Kraftfahrzeug zu führen. Hieraus begründet sich allerdings nicht eine vollumfängliche Leistungsminderung. Denn wenn der Kläger nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auch unter Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Desinteresse litt, dürfte es ihm trotzdem möglich gewesen sein, Tätigkeiten wie Tisch decken, Nahrungsmittel aus dem Kühlschrank zum Esstisch oder Geschirr in die Küche zu bringen oder eben zumindest leichte Gartenarbeiten auszuführen, grundsätzlich möglich gewesen sein, ggf. nur entsprechend langsamer.

Dies hat ersichtlich auch das Landgericht angenommen und eine vollumfängliche Leistungsminderung des Klägers infolge des Unfallereignisses verneint. Insoweit hat es in seinen Entscheidungsgründen zwar nicht näher ausgeführt, welchen (prozentualen) Umfang der Leistungsminderung es zugrunde gelegt hat. Die seiner Berechnung zugrunde gelegte (zeitliche) Beeinträchtigung des Klägers von täglich ca. 1 1/2 Stunden entspricht jedoch einer Leistungsminderung von 50 %; eine solche erscheint unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen auch dem Senat zutreffend und angemessen.

Richtig ist zwar, wie die Beklagte meint, dass bei der Bewertung des Haushaltsführungsschadens auch die kontinuierliche Verbesserung des Gesundheitszustands des Klägers berücksichtigt werden müsse, also von einer abnehmenden Leistungsminderung auszugehen sei. Wenn man insoweit allerdings gleichzeitig darauf abstellt, dass der Kläger im Zeitpunkt seines Krankenhaus- bzw. Anschlussheilbehandlungsaufenthalts überhaupt keine Arbeiten im Haushalt hat durchführen können, erscheint es - auch wenn in dieser Zeit von einem reduzierten Gesamthaushaltsführungsaufwand auszugehen ist -, nicht fehlerhaft, der Bewertung der Ersatzansprüche, die ja nur für einen Zeitraum von 4 Monaten geltend gemacht werden, einen durchschnittlichen Ausfall des Klägers in Höhe von 50 % zugrunde zu legen.

Konkrete Anhaltspunkte, aufgrund der von einer durchschnittlich geringeren Beeinträchtigung in den vier Monaten nach dem Unfallgeschehen auszugehen wäre, hat auch die Beklagte erst- sowie zweitinstanzlich nicht vorzubringen vermocht. Soweit sie in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass der vom Kläger behauptete Ausfall seiner Hilfe im Haushalt bis in den Monat November hinein gedauert habe und infolgedessen die Gartenarbeit von eher untergeordneter Relevanz gewesen sei, übersieht sie, dass gerade vor Beginn des Winters in einem Garten vergleichsweise viele Arbeiten anfallen, insbesondere aufgrund der erforderlich werdenden Beseitigung des von den Bäumen abgeworfenen Laubs oder sonstiger Maßnahmen, um den Garten winterfest zu machen.

Vor diesem Hintergrund besteht daher auf die Anschlussberufung der Beklagten für den Senat kein Anlass, die vom Landgericht vorgenommene Schätzung des grundsätzlich erstattungsfähigen Haushaltsführungsschadens abzuändern.

e) Auch die von der Beklagten gegen die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Erstattungsansprüche bezüglich der Kosten des Vogtländischen Hausmeisterdienstes für Rasenmähleistungen (Anlage K 13) vorgebrachten Einwände erweisen sich als unbegründet.

Dass dem Kläger insoweit ein Verstoß gegen die ihn treffende Schadensminderungspflicht vorzuwerfen sei, hat die Beklagte bereits nicht hinreichend dargetan, geschweige denn nachgewiesen.

Zwar erweist sich die Behauptung des Klägers in seiner Erwiderung auf die Anschlussberufung, dass es sich bei den abgerechneten Hausmeisterkosten in Höhe von 292,86 € nicht um solche für das Mähen einer Rasenfläche von 1.700 m², sondern stattdessen um solche für das einer Fläche von ca. 20.000 m² gehandelt habe, als unzutreffend. Gegenteiliges ergibt sich aus der von ihm selbst vorgelegten Rechnung, ausweislich der Mähleistungen für 1.700 m² einschließlich Anfuhrkosten von 20,- € netto, mithin also insgesamt 292,86 € abgerechnet werden.

Hierauf, sowie auf die Frage, ob Kosten in dieser Größenordnung für das Mähen einer vergleichsweise kleinen Rasenfläche als überteuert anzusehen sind, kommt es jedoch im Ergebnis nicht an. Denn dass dem Kläger ein günstigeres Angebot eines andern Anbieters vorgelegen hat, auf das er hätte zurückgreifen können und müssen, behauptet auch die Beklagte nicht. Unter diesen Voraussetzungen ist jedoch für die Annahme eines Verstoßes des Klägers gegen seine Schadenminderungspflicht kein Raum.

C. 1. Damit ergeben sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen für den Kläger folgende ersatzfähige Positionen im Bereich des materiellen Schadens:

Eigenanteil Krankenhausaufenthalt in A. und R. -
Eigenanteil Krankenhausaufenthalt S. -
Kosten für Ersatz der Gleitsichtbrille -
Kosten für Ersatz des Hörgerätes -
Ersatz der Kosten für ausgefallenen Urlaub 700,00 €
Bekleidungsschaden 26,00 €
Eigenanteil Rettungswagen 10,00 €
Eigenanteil für Notfallversorgung -
Eigenanteil für Medikamente -
Fahrtkosten A. - R. - A. 88,00 €
Fahrtkosten A. - S. - A. 166,00 €
Fahrtkosten A. - S. - A. 243,00 €
Haushaltsführungsschaden 1.440,00 €
Kosten für Vogtl. Hausmeisterdienst (292,86 €+ 181,63 € + 115,04 €) 589,53 €
Kosten für Diagnose Frau U. D. 17,43 €
Ersatzbetrag für Pflege des Klägers -
Kosten für Krankengymnastik M.-F. -
Summe 3.279,96 €


Damit beläuft sich der ersatzfähige Schaden des Klägers in der Hauptsache (12.000 € Schmerzensgeld, 3.279,96 € materieller Schadensersatz) auf insgesamt 15.279,96 €.

2. Zusätzlich hat die Beklagte dem Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 899,40 € zu erstatten (1,3-​fache Geschäftsgebühr auf einen Gegenstandswert von 15.279,96 € zzgl. Telekommunikationskostenpauschale und Mehrwertsteuer).


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 91 a, 344 ZPO.

Die Frage, ob sich die Rechtsmittel der Parteien gegenseitig ausschließen und ein Fall des § 45 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 45 Abs. 2 GKG gegeben ist, über die der Senat aufgrund der Eingabe der Beklagten vom 10. Januar 2014 durch gesonderten Beschluss entscheiden wird, hat auf die Kostenquote des Berufungsverfahrens keinen Einfluss, da sich diese an den fiktiven Einzelwerten der beiderseitigen Berufungsangriffe und den sich daraus ergebenden Obsiegens- und Unterliegensanteilen orientiert.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, 2 ZPO.

In Anbetracht der in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantworteten Frage, ob sich aus dem Nichttragen eines Schutzhelms durch einen Fahrradfahrer ein Mitverschulden ergibt, war gemäß § 543 II ZPO die Revision zuzulassen.