Das Verkehrslexikon

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OLG Köln Beschluss vom 28.03.2013 - I-9 W 75/12 - Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts durch den mitbeklagten Kraftfahrzeughalter

OLG Köln v. 28.03.2013: Zur Einschaltung eines eigenen Rechtsanwalts durch den mitbeklagten Kraftfahrzeughalter bei Vorwurf des Unfallbetruges


Das OLG Köln (Beschluss vom 28.03.2013 - I-9 W 75/12) hat entschieden:
Die Bestellung eines eigenen Anwalts durch den Versicherungsnehmer bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer und gegen Kraftfahrzeughalter in einem gemeinsamen Rechtsstreit nach Verkehrsunfall ist im Regelfall nicht notwendig, wenn kein sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts besteht. Steht jedoch die Möglichkeit einer Unfallmanipulation im Raum, so handelt der Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne von § 114 S. 1 ZPO, wenn er die Vertretung durch einen eigenen Anwalt begehrt.


Siehe auch Die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts neben dem der Versicherung im Prozess des Unfallgegners gegen Haftpflichtversicherung und Versicherungsnehmer und Unfallmanipulationen (Unfallbetrug - Berliner Modell)


Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Grund eines behaupteten Verkehrsunfalls vom 26.06.2011 in X auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat den auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gerichteten Antrag der Beklagten zu 1) zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Aachen 902 JS 1181/11 beigezogen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beklagte zu 1) verneint.

Wenn Halter und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer wegen eines Verkehrsunfalls als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden, regeln die AKB (A.1.1.4 AKB 2008 (Außenverhältnis), E.2.4 (Innenverhältnis), § 10 Abs. 5 AKB a.F.), dass der Versicherungsnehmer dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer die Regulierung und die Prozessführung zu überlassen hat. Die Bestellung eines eigenen Anwalts durch den Versicherungsnehmer bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherer und gegen Halter in einem gemeinsamen Rechtsstreit sind dementsprechend dann nicht notwendig, wenn kein sachlicher Grund für die Einschaltung eines eigenen Anwalts besteht (vgl. BGH NJW-​RR 2004, 536). Eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei würde sich insoweit nicht von einem eigenen Anwalt vertreten lassen.

Steht allerdings die Möglichkeit einer Unfallmanipulation im Raum, so handelt der Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne von § 114 S.1 ZPO, wenn er die Vertretung durch einen eigenen Anwalt begehrt (vgl. BGH VersR 2010, 1472; OLG Köln VersR 1997, 597). Der Kfz-​Haftpflichtversicherer, der von einem gestellten Unfall ausgeht, kann zwar im wegen der Nebenintervention für einen Versicherungsnehmer Klageabweisung beantragen, es besteht jedoch eine Interessenkollision, wenn der Versicherer als auch die versicherte Person vertreten werden und gegen deren Willen behauptet wird, der Unfall sei manipuliert. Zudem ist es für den Versicherten von besonderen Interesse, ob die Klage im Hinblick auf das Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls abgewiesen wird. In einem solchen Fall würde eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei, ihre Rechte durch einen eigenen Anwalt wahrnehmen.

2. Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist jedoch darüber hinaus, dass die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Insoweit fehlt es an einem der Verteidigung dienenden konkreten Vortrag der Beklagten zu 1), so dass das Gericht die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung nicht prüfen kann. Weder im Schriftsatz vom 08.10.2012, noch im Termin vor dem Landgericht Aachen am 23.10.2012 und mit der Beschwerdebegründung hat die Beklagte zu 1) zu den gegen sie gerichteten Ansprüchen Stellung genommen und ihr Verteidigungsvorbringen dargelegt.

Soweit lediglich ausgeführt wird, Grund für die Bestellung des Prozessbevollmächtigten für die Beklagte zu 1) sei der Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten zu 2) vom 19.04.2012, "u.a. ansatzweise, dass man der Beklagten zu 1) offensichtlich einen Versicherungsbetrug unterstelle", handelt es sich nicht um eine Erwiderung auf die Klage. Die Beklagte zu1) hat auch im weiteren Beschwerdeverfahren zur Klage inhaltlich nicht Stellung genommen.

Danach hat das Landgericht die Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung der Beklagten zu 1) zutreffend verneint.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 574 ZPO liegen nicht vor.



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