Das Verkehrslexikon

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OLG Koblenz Urteil vom 01.03.2004 - 12 U 99/03 - Haftung bei Kfz-Unfall im Kreisverkehr mit einem Überholer

OLG Koblenz v. 01.03.2004: Haftung bei Kfz-Unfall im Kreisverkehr mit einem Überholer


Das OLG Koblenz (Urteil vom 01.03.2004 - 12 U 99/03) hat entschieden:
  1. Das Überholen im Kreisverkehr richtet sich nach allgemeinen Regeln, jedoch schuldet jeder Teilnehmer des Kreisverkehrs dem anderen Aufmerksamkeit. Eine unklare Verkehrslage, die ein Überholen verbietet, liegt nicht vor, wenn die Fahrbahn ausreichend Raum zum Überholen bietet und das zu überholende Fahrzeug sich äußerst rechts bewegt. Dass keine Markierung mehrerer Fahrstreifen vorhanden ist, steht dem Überholen nicht entgegen.

  2. Wer sich im Kreisverkehr bewegt, unterliegt dem Rechtsfahrgebot. Lenkt er grundlos nach links und kollidiert er deshalb mit einem Überholer, so haftet er für die Unfallfolgen alleine.

Siehe auch Kreisverkehr und Das Rechtsfahrgebot


Gründe:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Unfallereignis, das sich am 27. Dezember 1999 gegen 19.00 Uhr in einem Verkehrskreisel in B. ereignet hat. Der Kläger, der jetzt in K. wohnt, aber in B. aufgewachsen war, fuhr mit seinem Pkw Audi A6 Avant zuerst in den Kreisel ein. Dieser Kreisel hat Ausfahrten nach der T.- Straße, E.- Straße, S.- Straße und M.- Straße. Hinter dem Kläger fuhr die Erstbeklagte mit Ihren Pkw VW Polo, der bei der Zweitbeklagten gegen Haftpflicht versichert ist. Weitere Fahrzeuge befanden sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Verkehrskreisel. Der Kläger hielt sich zunächst auf der rechten Seite der etwa 6 m breiten Fahrbahn des Kreisels, der Richtungspfeile, aber keine Fahrspurmarkierung aufweist. Einen Fahrtrichtungsanzeiger betätigte der Kläger nicht. Die Fahrzeuge kollidierten bei einem Überholversuch der Erstbeklagten miteinander so, dass die rechte Vorderkante des Fahrzeugs der Erstbeklagten mit der linken Flanke des Fahrzeugs des Klägers zusammenstieß. Die Beschädigung am Fahrzeug des Klägers erstreckt sich über beide Türen der linken Fahrzeugseite hinweg. In der Endstellung blockierte das Fahrzeug der Erstbeklagten mit seiner rechten Vorderkante die Fahrertür des diagonal zur Fahrbahn im Kreisel stehenden klägerischen Autos. Der Kläger konnte deshalb zunächst nur an der Beifahrerseite aussteigen. Er hat einen Sachschaden in Höhe von 11.807,82 DM, Sachverständigenkosten in Höhe von 1.049,80 DM, einen Nutzungsausfallschaden in Höhe von 1.053 DM und pauschale Unkosten von 40 DM geltend gemacht; diese Schadenspositionen sind hier nicht im Streit. Es geht um die Frage der Mithaftung.

Der Kläger hat behauptet, er sei aus der T. -Straße kommend mit etwa 35 km/h in den Kreisel eingefahren, habe diesen durchfahren und in der Gegenrichtung der T.- Straße wieder verlassen wollen. Die Erstbeklagte habe überraschend an ihm vorbeizufahren versucht und dabei sein Fahrzeug gerammt. Die Fahrbahn sei nass gewesen. Die Erstbeklagte habe nach dem Unfall erklärt, sie habe das andere Fahrzeug nicht gesehen.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 13.950,62 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, beide Fahrzeuge seien mit geringer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h hintereinander in den Kreisel eingefahren. Der Kläger habe sein Fahrzeug in Richtung der Ausfahrt zur E.- Straße geführt, weshalb die Erstbeklagte innen im Kreisel an ihm habe vorbeifahren wollen. Dann sei das Fahrzeug des Klägers mit einer scharfen Linksbewegung überraschend vor ihr aufgetaucht; sie habe sofort angehalten. Das klägerische Fahrzeug sei dann mit seiner linken Seite an ihrem stehenden Pkw vorbeigestreift. Dies werde durch den Fahrzeugendstand und durch das Beschädigungsbild belegt. Der Kläger habe Unfallort gegenüber den später eintreffenden Polizeibeamten behauptet, die Stellung der Fahrzeuge sei dadurch entstanden, dass die Erstbeklagte sein Fahrzeug „hintenherum gesetzt“ habe. Das sei aber bereits mit den Fahrzeuggewichten und der Fahrgeschwindigkeit unvereinbar.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-​Ing. P. Es hat dann durch Urteil vom 19. Dezember 2002 die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe den Unfall alleine verschuldet. Er sei ohne erkennbaren Grund plötzlich und mit maximalem Lenkeinschlag nach links gefahren. Dabei habe er den nachfolgenden Pkw übersehen. Die Erstbeklagte habe den Unfall nicht verhindern können. Ihr Fahrzeug habe sich mit einem Abstand von 30 cm nach links zur inneren Fahrbahnbegrenzung bewegt. Das Fahrzeug des Klägers habe sich demgegenüber in einer Schrägstellung nach links mit einem Winkel von etwa 40° zur Fahrbahnlängsachse befunden. Im Zeitpunkt der ersten Berührung habe der eingeschlossene Winkel der Fahrzeuglängsachsen sogar bei etwa 55° gelegen. Daraus habe der Sachverständige nachvollziehbar entnommen, dass das Fahrzeug des Klägers mit höchstmöglichem Lenkeinschlag nach links geführt worden sei. Das stehe mit den Angaben der Erstbeklagten in Einklang. Deren Verschulden sei nicht festzustellen. Es könne keine überhöhte Geschwindigkeit angenommen werden. Auch liege kein Fall des Überholens bei unklarer Verkehrslage vor. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile sei von einer alleinigen Haftung des Klägers auszugehen, weil auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Erstbeklagten hinter das Verschulden des Klägers zurücktrete.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Damit verfolgt er seine Klageforderung im Umfang einer Haftungsquote von 75 : 25 zu seinen Gunsten weiter. Er meint, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit der Frage befasst, ob bei der konkreten Verkehrssituation ein Überholen überhaupt zulässig gewesen sei. Die Fahrbahn am Unfallort sei unübersichtlich und eng geschnitten. Im Einmündungsbereich der T.- Straße sei sie so eng, dass dort zwei Fahrzeuge nicht nebeneinander fahren könnten. Auf der Straße seien nur Richtungspfeile aufgemalt, aber keine Fahrstreifenmarkierung angebracht gewesen. Deshalb sei lediglich eine Fahrspur vorhanden gewesen. Das Landgericht habe zu Unrecht ein Überholen bei unklarer Verkehrslage verneint. Jeder Verkehrsteilnehmer müsse im Kreisverkehr damit rechnen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer noch orientieren. Die Erstbeklagte habe sich nicht darauf verlassen dürfen, dass er nach rechts in die E. Straße einbiegen werde, zumal er nicht den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte. Nach allem habe ein Überholverbot bestanden. Der gerichtliche Sachverständige habe sich nicht auf einen bestimmten Geschehensablauf festgelegt, sondern zwei Varianten diskutiert. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass er mit einem höchstmöglichen Lenkeinschlag nach links gefahren sei. Der Sachverständige habe eine vage Plausibilitätsbetrachtung vorgenommen. Auf dieser Grundlage könne nicht zu seinem Nachteil unterstellt werden, er habe sein Fahrzeug scharf nach links gelenkt. Die Einholung des Gutachtens eines weiteren Sachverständigen sei geboten.

Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.349,63 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 14. Februar 2000 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weisen darauf hin, der Kläger habe sich zunächst äußerst rechts eingeordnet gehabt. Er sei auch ganz langsam gefahren. Der Sachverständige habe seine Geschwindigkeit auf 10 km/h geschätzt, der Kläger selbst auf 20 bis 25 km/h. Die Fahrbahn im Kreisel habe eine Breite von sechs bis sieben Metern aufgewiesen, so dass ein gefahrloses Überholen möglich gewesen sei. Die Erstbeklagte sei auch beim Überholversuch äußerst links gefahren. Zur Zeit der ersten Berührung der Autos beim Aufprall habe die linke Seite ihres Fahrzeugs nur einen Abstand von 30 cm zur inneren Begrenzung der Fahrbahn aufgewiesen. Der Kläger habe den Blinker nicht gesetzt gehabt. Er habe auch nicht in den Rückspiegel gesehen, was er damit erläutert habe, dass er nach seiner Vorstellung keinen Fahrbahnwechsel habe vornehmen wollen; er habe auch hinter sich keinen anderen Wagen gesehen. Das Nichterkennen ihres Fahrzeugs bedeute angesichts seiner vom Sachverständigen festgestellten Erkennbarkeit, dass der Kläger keine Rückschau gehalten habe. Die Fahrbahn besitze eine Fahrstreifenmarkierung.

Der Kläger ist der Berufungserwiderung entgegengetreten, soweit dort auf das Vorhandensein einer Fahrstreifenmarkierung hingewiesen wurde. Dabei handele es sich um unzulässigen neuen Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen. Bezüglich der landgerichtlichen Feststellungen nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug. Die Akten der Kreisverwaltung B.-​P. Az. 357110/357111 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ebenso zwei vom Kläger als Computerausdruck vorgelegte Lichtbilder; darauf wird gleichfalls verwiesen.


I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.

1. Gegen die Feststellungen ist im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nichts zu erinnern. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht nicht.

a) Das Landgericht ist den Ausführungen des Sachverständigen P. gefolgt, dessen Sachkunde nicht zweifelhaft ist. Diese Ausführungen sind anhand der Lichtbilder, Skizzen und weiteren Informationen über das Geschehen ohne weiteres nachzuvollziehen. Schon aus der fotographisch dokumentierten Endstellung des Fahrzeugs des Klägers in deutlicher Schrägstellung zur Fahrspur mit einem Abstand der Vorderkante von nur noch 80 cm von der Innenmarkierung der rund sechs Meter breiten Fahrbahn ergibt sich, dass der Kläger eine starke Lenkbewegung nach links ausgeführt haben muss. Einen plausiblen Grund für dieses Fahrverhalten hat er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht angeben können. Vorausfahrende Fahrzeuge im Kreisel waren nicht vorhanden. Die starke Lenkbewegung des Klägers nach links wird schließlich durch die Feststellung unterstrichen, dass das Fahrzeug des Klägers an seiner linken Flanke „von hinten nach vorne“ beschädigt wurde.

Die ursprüngliche Behauptung des Klägers, das Fahrzeug der Erstbeklagten habe sein Fahrzeug durch den Anstoß in die Endposition versetzt, ist in dieser Allgemeinheit nicht nachvollziehbar. Dagegen sprechen die konkrete Fahrzeugendstellung, die Gewichtsverhältnisse der Fahrzeuge (zulässiges Gesamtgewicht des klägerischen Fahrzeugs 2.155 kg, Leergewicht des Fahrzeugs der Beklagten 750 kg), der aus dem Schadensbild zu entnehmende Winkel des ersten Anstoßes gegen die hintere Flanke des Fahrzeugs des Klägers (nicht gegen dessen Heck) und die relativ geringe Fahrgeschwindigkeit. Aus der Wirkung des Anstoßes heraus ist bei dieser Sachlage die Schrägstellung des Fahrzeugs des Klägers nach dem Unfall alleine nicht zu erklären; vielmehr hat der von hinten nach vorne verlaufende streifende Anstoß nach den Ausführungen des Sachverständigen den Winkel von etwa 55° auf 40° verändert, ohne dass dadurch im Grundsatz das Bild eines Fahrmanövers nach links zum Nachteil des Klägers verändert würde.

b) Ein Anlass zur Einholung des Gutachtens eines weiteren Sachverständigen gemäß § 412 Abs. 1 ZPO besteht nicht. Der Sachverständige P. hat seine Annahmen nachvollziehbar erläutert und dokumentiert. Zweifel an seiner Sachkunde sind nicht angemeldet worden. Dass ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel verfüge, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Auch aus dem Inhalt des Gutachtens heraus ergibt sich kein Aufklärungsbedarf dahin, dass ein weiterer Sachverständiger beauftragt werden müsste. Alle feststellbaren Befundtatsachen wurden vom Sachverständigen P. ausgewertet. Konkrete Hinweise darauf, dass ergänzende relevante Anknüpfungstatsachen ermittelbar sein könnten, bestehen nicht. Der Sachverständige P. hat zudem auf Einwendungen des Klägers in erster Instanz sein Gutachten ergänzt, so dass keine Fragen offen geblieben sind. Er hat dabei auch zu der vom Kläger aufgeworfenen Frage der Nässe der Fahrbahn Stellung genommen. Darauf kommt es im Ergebnis nicht an.

Die Beanstandung des Klägers, der Sachverständige habe sich nicht auf einen konkreten Ablauf festlegen können, sondern zwei denkbare Varianten diskutiert, greift nicht durch. Denn der Sachverständige hat insoweit die – im Ergebnis nicht entscheidungserhebliche Frage - überprüft, ob der Kläger im Bereich der Ausfahrt zur E. Straße bereits den Einmündungsbereich zu jener Straße befahren oder noch nicht berührt habe. Insoweit sind geringe Variationen der Fahrbewegung bei der Unfallrekonstruktion in Betracht gezogen worden. Darauf kommt es nicht an. Fest steht jedenfalls auf Grund der unstreitigen Tatsachen, dass der Kläger an der Einmündung der T.- Straße in den Kreisel eingebogen ist, sich zunächst äußerst rechts auf der Fahrspur im Kreisverkehr gehalten hat, schließlich aber diagonal zur Fahrtrichtung gefahren und fast an der Innenseite der Fahrbahn des Kreisels zum Stehen gekommen ist. Diese Feststellung reicht zur Sachentscheidung aus, ohne dass es auf eine noch genauere Bestimmung der Fahrbewegungen ankäme. Die von der Berufungsbegründung beanstandete Plausibilitätsbetrachtung des Sachverständigen diente nur zur Abrundung der gutachterlichen Ausführungen.

Der Hinweis des Klägers darauf, dass Überlegungen zur Frage der Vermeidbarkeit fehlen, greift ebenfalls nicht durch. Denn das Ergebnis ist evident. Die Behauptung des Klägers, sein Fahrverhalten müsse für die Erstbeklagte bereits beim Einfahren in den Kreisel erkennbar gewesen sein, wird durch die unstreitige Tatsache, dass der Kläger zuerst rechts gefahren war und ausweislich des Fahrzeugendstands eine scharfe Lenkbewegung nach links vorgenommen hat, widerlegt.

2. Die rechtliche Bewertung der Umstände durch das Landgericht trifft zu. Ein Überholverbot bestand für die Erstbeklagte nicht. Sonstige erhebliche Pflichtverletzungen sind nicht anzunehmen. Die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile gemäß § 17 StVG ergibt sodann die alleinige Haftung des Klägers.

a) Ein Überholverbot für die Erstbeklagte folgte nicht aus § 5 Abs. 2 StVO. Diese Vorschrift bezweckt nur den Schutz des Gegenverkehrs (BGHR StVO § 5 Abs. 3 Sicht, verdeckte 1), nicht den Schutz des gleichgerichteten Verkehrs.

b) Die Erstbeklagte hat § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO nicht verletzt. Eine unklare Verkehrslage lag nicht vor. Unklar ist eine Verkehrslage nur dann, wenn nach den für den Überholer erkennbaren Gesamtumständen mit einem ungefährdeten Überholen nicht gerechnet werden kann. Das war hier nicht der Fall.

aa) Eine Sichtbehinderung, die zur Unklarheit der Verkehrslage führen kann (BGH a.a.O.), lag nach den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern und den Lichtbildern in der Bußgeldakte nicht vor.

bb) Eine Unklarheit ergab sich auch nicht aus der Fahrbahnbeschaffenheit. Im Kreisel war die Fahrbahn mit etwa 6 m breit genug, so dass zwei Fahrzeuge mit ausreichendem Sicherheitsabstand nebeneinander fahren konnten. Verengt waren nur die Ein- und Ausfahrten, so dass dort nicht zwei Fahrzeuge nebeneinander gleichzeitig einbiegen oder ausfahren konnten. Das steht einem Überholen im Kreisverkehr nicht entgegen. Dass keine Markierung mehrerer Fahrstreifen (§ 7 Abs. 1 StVO) durch eine Leitlinie (Zeichen 340 zu § 42 StVO) vorhanden war, ändert hieran nichts. Eine Leitlinie ist nicht notwendige Voraussetzung dafür, dass auf einer ausreichend breiten Fahrbahn überholt werden darf.

cc) Auch das Fahrverhalten des Klägers gab keinen Anlass zur Annahme einer unklaren Verkehrslage. Hatte sich der Kläger zunächst unstreitig rechts eingeordnet und war kein weiteres Fahrzeug im Kreisel vorhanden, so bestand kein Anlass zur Annahme des Vorliegens einer unklaren Verkehrslage. Darauf, ob der Kläger den Eindruck erweckte, er werde in die E.- Straße ausfahren oder ob dies nicht der Fall war, kommt es nicht an. Wer im Kreisverkehr bleibt, folgt dem natürlichen Verlauf der Straße und ist jedenfalls kein Linksabbieger. Er unterliegt dem Rechtsfahrgebot (vgl. OLG Celle VersR 1980, 562; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 27 Rn. 64; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 2 StVO Rn. 31; Heß, in: Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 18. Aufl., § 2 Rn. 49) und darf deshalb nicht ohne weiteres scharf nach links lenken. Die Erstbeklagte durfte vielmehr darauf vertrauen, dass der Kläger, der sich rechts eingeordnet hatte, es dabei belassen werde.

c) Eine Verletzung von § 1 Abs. 2 StVO durch die Erstbeklagte deshalb, weil im Kreisverkehr jeder dem anderen Aufmerksamkeit schenken muss (Geigel a.a.O.), ist ebenfalls nicht nachweisbar. Die Behauptung des Klägers, die Erstbeklagte habe nach dem Unfall bekundet, sie habe das andere Fahrzeug gar nicht gesehen, ist mit dem festgestellten Ablauf unvereinbar. Nach der Verkehrsunfallanzeige hat die Erstbeklagte auch den unfallaufnehmenden Polizeibeamten mitgeteilt, sie habe angenommen, der Kläger wolle in die E.- Straße einbiegen. Dies ist nur erklärbar, wenn sie das Fahrzeug des Klägers gesehen hatte.

d) Weil der Kläger sehr stark nach links gelenkt hat, ohne dass ein Grund für dieses Fahrmanöver ersichtlich wäre, ist die Annahme des Landgerichts zutreffend, dass ein grobes Verschulden vorliegt, hinter welches auch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Erstbeklagten zurücktritt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

III.

Ein Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 5.349,63 Euro.