Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Landgericht Kleve Beschluss vom 09.03.2012 - 5 S 151/11 - Anscheinsbeweis für schuldhafte Vorfahrtverletzung bei Kollision eines Radfahrers mit einem vorfahrtberechtigten Pkw

LG Kleve v. 09.03.2012: Anscheinsbeweis für schuldhafte Vorfahrtverletzung bei Kollision eines Radfahrers mit einem vorfahrtberechtigten Pkw


Das Landgericht Kleve (Beschluss vom 09.03.2012 - 5 S 151/11) hat entschieden:
Bei Kollision eines Fahrradfahrers mit einem aus einer Vorfahrtstraße kommenden Pkw spricht der Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Vorfahrtverletzung des Radfahrers. Der Anscheinsbeweis wird nicht durch ein kurzes Abstoppen des Pkw entkräftet, wenn dieses erfolgte, um dem für den Pkw von rechts kommenden Verkehr Vorfahrt zu gewähren. Ein Vorfahrtsverzicht gegenüber dem Radfahrer kann darin nicht gesehen werden.


Siehe auch Radfahrer-Unfälle und Verzicht auf das Vorfahrtrecht - Vorrangverzicht


Gründe:

Es ist nicht er sichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Unstreitig befuhr die Klägerin mit ihrem Fahrrad am Unfalltag den P.weg in K und kollidierte mit dem aus der bevorrechtigten L-straße kommenden Pkw des Beklagten zu 1). Sie hat damit den Anschein schuldhafter Vorfahrtsverletzung gegen sich (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, § 8 StVO Rn. 68 m.w.N.). Der Anscheinsbeweis kann nur durch erwiesene Tatsachen entkräftet werden, sowie durch den Nachweis von Tatsachen, aus denen sich die Möglichkeit eines atypischen Geschehnisablaufs ergibt (vgl. Hentschel, a.a.O.). Solche Tatsachen hat die Klägerin hier nicht vorgetragen. Insbesondere ist ein kurzes Abstoppen des vorfahrtberechtigten Fahrzeugs, worauf bereits das Amtsgericht hingewiesen hat, keine derartige Tatsache. Das Abbremsen des Beklagtenfahrzeugs erfolgte, weil der Beklagte zu 1) dem für ihn von rechts kommenden Verkehr Vorfahrt gewähren musste. Ein Vorfahrtsverzicht gegenüber der Klägern kann darin nicht gesehen werden.

Der Einwand der Klägerin, das Amtsgericht hätte die angebotenen Beweise erheben müssen, geht fehl. Denn für das eigentliche Unfallgeschehen hat die Klägerin keinen tauglichen Beweis angetreten. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung der beweispflichtigen Klägerin nach § 447 ZPO liegen nicht vor. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Kleve verwiesen werden, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt.

Die von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) ausgegangene Betriebsgefahr tritt im Hinblick auf das erhebliche Verschulden der Klägerin durch den Vorfahrtsverstoß nach § 8 Abs. 1 StVO zurück (vgl. Hentschel, a.a.O., Rn. 69, KG, NZV 2002, 79; OLG Köln NZV 2008, 100).

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses, zu den Hinweisen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.







Datenschutz    Impressum