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OLG Saarbrücken Urteil vom 21.01.2015 - 5 U 20/14 - Betrieblicher Versicherungsschutz gegen Verunreinigungsschäden bei Öltransport

OLG Saarbrücken v. 21.01.2015: Betrieblicher Versicherungsschutz gegen Verunreinigungsschäden bei Öltransport


Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 21.01.2015 - 5 U 20/14) hat entschieden:
Lasst der gegen Betriebshaftpflicht und Transportschäden versicherte Unternehmer A. einen Fischöltransport durch einen Subunternehmer B. ausführen, der seinerseits ein weiteres Subunternehmen C. eingeschaltet hat, und kommt es durch auslaufendes Fischöl zu einer Fahrbahn- und Bodenverunreinigung, so hat der Versicherer des Unternehmens A. Deckung zu gewähren, wenn dieses im Wege der Absenderhaftung gem. § 414 Abs. 1 Nr. 1 HGB vom Subunternehmer auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, weil der Subunternehmer auf Grund öffentlich-rechtlicher Anordnung für die Beseitigung der Verunreinigung aufkommen musste.


Siehe auch Frachtvertragsrecht und Entsorgungskosten - Fahrbahnreinigung nach einem Verkehrsunfall - Ölspuren


Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt Deckungsschutz aus einer Betriebshaftpflichtversicherung.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung gemäß Versicherungsschein Nr. … vom 22.03.2006 (Bl. 9 d.A.), der die ... (…- Bl. 13 d.A.) und die … (… - Bl. 20 d.A.) zugrunde liegen. Unter Ziffer 4.9.4 ... ist vereinbart:
"Mitversichert sind - in teilweiser Änderung von Ziff. 5.2 - Ansprüche wegen Schäden, die aus der Beauftragung eines Kraft- oder Wasserfahrzeug-​Fuhrunternehmers entstehen. Nicht versichert ist die persönliche Haftpflicht des Fuhrunternehmers sowie seiner Betriebsangehörigen."
Außerdem unterhält die Klägerin bei der Beklagten eine Transportversicherung (Bl. 211 d.A.).

Nach dem Auslaufen von Fischöl beim Transport durch einen Subunternehmer … GmbH verlangte die Stadt H. von diesem per Bescheid vom 24.08.2011 (Bl. 159 d.A.) Kostenerstattung aufgrund Polizeirechts wegen durchgeführter Maßnahmen der Gefahrenabwehr in Höhe von 91.861,61 EUR. Die … (...) setzte aufgrund des … gegen die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.184,00 EUR wegen einer Straßenverunreinigung fest (Bl. 164 d.A.).

Die Klägerin hat behauptet, die Firma … GmbH beauftragt zu haben, Fischöl, welches eine chilenische Firma nach H. geliefert hatte, nach B. zu transportieren. Auf der Fahrt durch einen Subunternehmer der Firma … GmbH, der Firma … GmbH, sei es am 05.10.2010 zu einem Auslaufen des Öls und einer Verunreinigung einer Straße gekommen, weil der zu transportierende Tank nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Die Firma … GmbH verlange nun von ihr Ersatz des Schadens, den die Stadt H. dem Subunternehmer in Rechnung gestellt habe und der gegen sie geltend gemacht werde. Insgesamt verlange die Firma … GmbH von ihr 97.754,54 EUR. Der Bescheid der … sei später aufgehoben worden.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Beklagte durch Urteil vom 18.03.2014 - Az: 14 O 236/13 - antragsgemäß verurteilt, der Klägerin im Zusammenhang mit dem Schadensereignis vom 05.10.2010 im F. Kreisel in H., insbesondere gegenüber der Schadensersatzforderung der … GmbH, …, …, bedingungsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren, die Klage auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.053,50 EUR dagegen abgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und im Wege der Anschlussberufung,
die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 1.053,50 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.


II.

Die Berufung der Beklagten hat nur geringen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Deckungsschutz aus § 1 AHB, Ziffer 1.1, 4.9.4, 5.2 AVB zu. Die Anschlussberufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.

(1.) Im Haftpflichtversicherungsrecht kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe. Denn in der Haftpflichtversicherung steht es dem Versicherer grundsätzlich frei, ob er die gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr dieser Ansprüche machen will (BGH, Urt. v. 21.09.1983 - IVa ZR 165/81 - VersR 1984, 252; Schneider in: Beckmann/Matusche-​Beckmann, Versicherungsrechts-​Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rdn. 20).

Die vom Landgericht Saarbrücken ausgesprochene Verurteilung, der Klägerin bedingungsgemäßen Versicherungsschutz zu gewähren, meint dies zwar, ist aber entgegen der rechtlichen Notwendigkeit nicht als Feststellungsausspruch formuliert. Als Leistungsurteil ist dieser Tenor nicht vollstreckbar.

Außerdem ist die Formulierung "insbesondere gegenüber der Schadensersatzforderung der … GmbH" nicht präzise genug. Der Feststellungsausspruch muss sich auf eine genau bezeichnete Forderung beziehen. Da die Klägerin ausdrücklich klargestellt hat, dass sich ihr Klagebegehren ausschließlich auf Deckung gegenüber der Schadensersatzforderung der … GmbH bezieht (Blatt 334 d. A.), bestimmt lediglich diese Forderung den Streitgegenstand und ist dem Feststellungsausspruch zugrunde zu legen.

(2.) Die Beklagte schuldet Deckungsschutz für das Schadensereignis vom 05.10.2010 aus § 1 AHB, Ziffer 1.1, 4.9.4, 5.2 AVB.

Nach § 1 Nr. 1 AHB schuldet die Beklagte Versicherungsschutz für den Fall, dass die Klägerin wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Versichertes Risiko ist nach Ziff. 1.1 der AVB die gesetzliche Haftpflicht der Klägerin für alle betrieblichen Aktivitäten, die sich im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein/Nachtrag genannten Unternehmenscharakter ergeben. Dies ist die Herstellung und der Vertrieb von Omega-​3 Fettsäurekonzentrat, sowie die Herstellung und der Vertrieb von Omega-​3-Kapseln (Blatt 9 d.A.).

Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Schreiben der Firma … GmbH vom 25.07.2011 (Blatt 50 d.A.) sowie der vorgelegten Klageschrift vom 20.12.2013 (Blatt 172 d. A.), steht fest, dass die Firma … GmbH wegen des am 05.10.2010 in H. ausgelaufenen Fischöls die Klägerin als Absenderin und Vertragspartnerin eines Frachtvertrages auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten ohne substantiierten Gegenbeweis ändert daran nichts.

Diese Inanspruchnahme der Klägerin durch die Firma … GmbH nach § 414 Abs. 1 Nr. 1 HGB stellt eine Inanspruchnahme aufgrund einer gesetzlichen Haftpflichtbestimmung privatrechtlichen Inhalts dar. Dem steht nicht entgegen, dass die den Schaden unmittelbar verursachende Subunternehmerin der Firma … GmbH, die Firma … GmbH, von der Stadt H. aufgrund öffentlichen Polizeirechts durch Bescheid vom 24.06.2011 (Blatt 53 d.A.) wegen der Kosten in Anspruch genommen wurde, die zur Beseitigung des ausgelaufenen Öls erforderlich waren. Um diesen öffentlich-​rechtlichen Leistungsanspruch, der von § 1 AHB nicht erfasst wird (BGH, Urt. v. 20.12.2006 - IV ZR 325/05 - VersR 2007, 200; Lücke in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., AHB 2008 Nr. 1 Rdn. 16), geht es nicht. Dieser öffentlich-​rechtliche Leistungsanspruch wurde gegen die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Klägerin wird als Vertragspartnerin des mit der Firma … GmbH abgeschlossenen Frachtvertrages alleine aufgrund der privatrechtlichen Norm des § 414 HGB in Anspruch genommen. Auf diese Inanspruchnahme der Klägerin selbst als Folge des eingetretenen Sachschadens kommt es nach dem Wortlaut von § 1 Nr. 1 AHB an. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann nicht erkennen, wie die Beklagte argumentiert, dass es bereits dann an einer Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts fehlt, wenn er von einem Dritten aufgrund privatrechtlicher Haftpflichtbestimmungen in Anspruch genommen wird, der seinerseits als unmittelbarer Schadensverursacher öffentlich-​rechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt ist. Dass die Qualifikation eines Ersatzanspruchs als öffentlich-​rechtlich oder privatrechtlich im Rahmen eines Rechtsverhältnisses zwischen anderen Personen auf die Qualifikation der rechtlichen Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers selbst durchschlagen soll, ist in § 1 Nr. 1 AHB nicht bestimmt.

Eine solche Annahme führte auch zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass die Firma … GmbH, obwohl sie aufgrund öffentlich-​rechtlichen Polizeirechts in Anspruch genommen worden ist, trotzdem einen Ersatzanspruch gegen ihre Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung hätte, weil in diesem Verhältnis der Versicherungsfall bereits mit dem Auslaufen von Öl aus dem Fahrzeug und der dadurch bedingten Verschmutzung der Straße eingetreten war, denn dieser Sachverhalt war geeignet, Ansprüche aus § 7 StVG gegen die Firma … GmbH zu begründen. Soweit es bei den getroffenen Maßnahmen darum ging, angesichts eines bereits gegebenen Versicherungsfalles den Schaden unter Haftpflichtgesichtspunkten zu begrenzen, und zwar durch Absperren der Fahrbahn und Abbinden des Öls, um nachfolgende Verkehrsunfälle zu verhindern und einer fortschreitenden Kontaminierung des Erdreichs zu begegnen, wären diese Kosten nach § 63 VVG zu ersetzen (allgemein dazu: BGH, Urt. v. 20.12.2006 - IV ZR 325/05 - VersR 2007, 200). Für die Kosten zur Vermeidung nachfolgender Verkehrsunfälle gilt dies zweifelsfrei. Für die Kosten zur Beseitigung oder Verhinderung weiterer Kontamination des Erdreichs gilt dies jedenfalls, soweit Erdreich betroffen war, welches nach dem HWG nicht Teil des öffentlichen Eigentums der Stadt H., also des Straßenkörpers ist. Die Klägerin dagegen wäre nach der Argumentation der Beklagten an die öffentlich-​rechtliche Qualifizierung des Kostenfestsetzungsbescheides gebunden und hätte keine Haftpflichtansprüche, obwohl sie selbst aus § 414 HGB in Anspruch genommen wird.

(3.) Entgegen der Argumentation der Beklagten kann sich diese auch nicht auf einen Ausschluss nach § 4 Nr. 1 AHB berufen. Danach sind Haftpflichtansprüche ausgeschlossen, soweit sie aufgrund Vertrages oder besonderer Zusagen über den Umfang der gesetzlichen Haftpflicht des Versicherungsnehmers hinausgehen. Sinn dieses Ausschlusstatbestandes ist es, das Haftpflichtrisiko für den Versicherer kalkulierbar zu halten, was nur möglich ist, wenn das Risiko nach Art und Ausmaß dem Gesetz entnommen werden kann, nicht aber, wenn eine darüber hinausgehende Einstandspflicht des Versicherungsnehmers im Einzelfall willkürlich begründet wird. Daraus folgt, dass die im Rahmen des dispositiv geltenden Vertragsrechts gegebenen Haftungsbestimmungen vom Versicherungsschutz erfasst werden. Das bedeutet, dass Haftpflichtansprüche, die auf dem Willen des Gesetzgebers beruhen, gedeckt sind, solche dagegen, die allein auf dem Willen der vertragsschließenden Parteien oder des Zusagenden beruhen, ungedeckt bleiben (Späte, AHB, § 4 Rdn. 1).

Die die Klägerin treffende Absenderhaftung nach § 414 Abs. 1 Nr. 1 HGB ist vom Gesetzgeber bewusst als verschuldensunabhängige Haftung für den Fall eingeführt worden, dass der Absender kein Verbraucher ist. Eine auf dem Willen der Klägerin beruhende Haftungsverschärfung ist nicht erkennbar. Die Argumentation der Beklagten, dass die Klägerin "bei einem der Gesetzeslage entsprechenden Abschluss des Vertrages nicht die Auftraggeberin des Vertrages gewesen wäre, sondern die chilenische Herstellerin des Fischöls", so dass sie nicht als Absenderin haften würde, ist nicht nachvollziehbar. Wenn der Versicherungsnehmer im Rahmen des versicherten Risikos seiner Betriebshaftpflichtversicherung Waren durch einen Dritten transportieren will, wird er zwangsläufig Auftraggeber eines Frachtvertrages. Die Beklagte hält der Klägerin mit ihrer Argumentation den Abschluss des Frachtvertrages überhaupt vor. Der Ausschluss nach § 4 Nr. 1 AHB betrifft aber nicht die Eingehung vertraglicher Pflichten im Rahmen des versicherten Risikos, die lediglich die Tatsachengrundlage liefert, an welche die gesetzliche Haftung anknüpft (Schneider in: Beckmann/Matusche-​Beckmann, Versicherungsrechts-​Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rdn. 54), sondern willentliche Haftungsverschärfungen, die der Versicherer dem Gesetz nicht entnehmen kann. Eine solche ist nicht ersichtlich.

(4.) Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf den Ausschluss nach Ziffer 5.2 AVB berufen. Dieser Ausschluss, der alle Ansprüche wegen Schäden betrifft, die der Versicherungsnehmer, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch von Kraftfahrzeugen … verursachen, ist durch die Deckungserweiterung in Ziffer 4.9.4 AVB für den vorliegenden Fall der Beauftragung eines Kraft-​Fuhrunternehmers aufgehoben. Nach Ziffer 4.9.4 AVB sind - in teilweiser Änderung von Ziff. 5.2 - Ansprüche wegen Schäden, die aus der Beauftragung eines Kraft- oder Wasserfahrzeug-​Fuhrunternehmers entstehen, mitversichert. Nicht versichert ist die persönliche Haftpflicht des Fuhrunternehmers sowie seiner Betriebsangehörigen.

Die Auslegung dieser Versicherungsbedingung führt zu dem Ergebnis, dass Ziffer 4.9.4 der AVB gerade die im vorliegenden Fall streitgegenständliche Absenderhaftung eines Frachtvertrages in die Deckung einbezieht. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urt. v. 22.01.2014 - IV ZR 343/12 - VersR 2014, 371).

Der Wortlaut ist bereits eindeutig. Die Überschrift "Beauftragung von Kraft- und Wasserfahrzeug-​Fuhrunternehmen" im Abschnitt 4 "Deckungserweiterung" deutet bereits darauf hin, dass Schadensersatzansprüche aufgrund von Transportaufträgen in die Deckung mit einbezogen werden. Dies formuliert die Klausel in Absatz 1 dann ausdrücklich dadurch, dass Ansprüche wegen Schäden mitversichert sind, die aus der Beauftragung eines Kraft- oder Wasserfahrzeug-​Fuhrunternehmers entstehen. Damit bezieht sich der Wortlaut ausdrücklich auf die Ansprüche wegen Schäden gegen den Versicherungsnehmer, die aus dem Abschluss eines Frachtvertrages gegen ihn als Versicherungsnehmer entstehen. Irgendeine Einschränkung wird nicht formuliert. Die Auslegung der Beklagten, dass lediglich Versicherungsschutz für Schäden geboten werden solle, die aus einem Auswahlverschulden des Versicherungsnehmers resultieren, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Vielmehr erfolgt in Absatz 2 lediglich eine Einschränkung dahingehend, dass die persönliche Haftplicht des Fuhrunternehmers sowie seiner Betriebsangehörigen nicht versichert wird. Aus den Worten "aus" in Verbindung mit "Beauftragung" kann nicht abgeleitet werden - wie die Beklagte meint -, dass es um den Vorgang der Beauftragung, also den Vertragsschluss geht, und nicht um die Vertragsdurchführung. Schäden, die aus der Beauftragung eines Fuhrunternehmers entstehen, sind in erster Linie diejenigen, die bei der Vertragsdurchführung eintreten. Dieses nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis der Deckungserweiterung ist maßgeblich. Die zweckgerichtete Betonung und Verabsolutierung des Wortes "Beauftragung" ist vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus der Bedingung nicht herauszulesen. Auch von einem Verschulden, also einem Verschulden bei der Auswahl ist nicht die Rede.

Auch besagt entgegen der Ansicht der Beklagten die Parenthese "in teilweiser Änderung von Ziff. 5.2" nichts darüber, dass die Schäden aus der Beauftragung eines Fuhrunternehmers nur teilweise wiedereinbezogen werden sollen. Denn die Einbeziehung aller Schäden aus der Beauftragung eines Fuhrunternehmers stellt gerade eine teilweise Änderung der großen Benzinklausel in Ziffer 5.2 AVB dar, die jegliche Schäden aufgrund eines Kraftfahrzeuggebrauchs ausschließt.

Schließlich stehen auch Sinn und Zweck von Ziffer 4.9.4 AVB im Einklang mit dieser Wortlautauslegung. Der Versicherungsnehmer, der nicht Spediteur ist, wird im Regelfall einen Fuhrunternehmer beauftragen, um sich Rohstoffe anliefern zu lassen oder eigene Produkte auszuliefern. Gerade in diesem Fall droht ihm die Haftung gegenüber seinem Vertragspartner aus § 414 HGB. Ein Fall der Inanspruchnahme wegen Auswahlverschuldens ist dagegen kaum vorstellbar. Die Versicherungsbedingungen böten also gerade in dem naheliegenden Fall einer Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers keine wirkliche Deckungserweiterung. Dieser Fall, der Transport durch einen Frachtunternehmer, stellte bei der Auslegung der Beklagten für den Versicherungsnehmer vielmehr eine gefährliche Deckungslücke dar. Wegen des Einsatzes fremder Fahrzeuge drohte bei einem Unfall über § 414 HGB ein Regress, wie vorliegender Fall zeigt. Beim Einsatz eigener Fahrzeuge, der von Ziffer 5.2 AVB erfasst würde, hätte der Versicherungsnehmer aber eigenen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsschutz. Es ist deshalb kein Widerspruch, dass Ziffer 4.9.4 AVB eine Deckung durch die Betriebshaftpflichtversicherung beim Einsatz fremder Kraftfahrzeuge vorsieht - soweit es den Versicherungsnehmer betrifft -, dagegen beim Einsatz eigener Kraftfahrzeuge nicht.

Auch die Möglichkeit, Transportversicherungen abzuschließen, steht dem nicht entgegen. Anders als die Argumentation der Beklagten nahelegt, betrifft die Transportversicherung - so auch diejenige der Klägerin (Bl. 211 d.A.) - die Versicherung des transportierten Produktes, nicht aber Haftpflichtschäden an fremden Rechtsgütern. Soweit also Schäden an fremden Rechtsgütern, z.B. dem Transportfahrzeug eintreten, bietet die Transportversicherung keinen Schutz. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass auch die Bergungs-​, Beseitigungs- und Vernichtungskosten von versicherten Gütern auf 25.000,00 EUR begrenzt ist. Unabhängig von der Haftungshöchstgrenze, die für Aufwendungen für die transportierten Güter gilt, sind die Haftpflichtgefahren wegen Schäden an anderen Rechtsgütern nicht gedeckt. Eine Doppelversicherung - auch bei geografisch identischem Versicherungsschutz - läge demnach nicht vor.

(5.) Ausgeschlossen sind aber nach § 1 Nr. 1 AHB und § 4 Nr. 6 Abs. 3 AHB Erfüllungsansprüche. Die von der Firma … GmbH gemäß Aufstellung vom 08.12.2010 in Höhe von 6.922,23 EUR in Rechnung gestellten Kosten betreffen bis auf 1.178,10 EUR (letzte Position auf Bl 52 d.A.) nicht erkennbar Ansprüche wegen des Schadens. Als Transportlohn betreffen diese Positionen schlicht die von der Klägerin geschuldeten Vertragskosten des Frachtvertrages. Von den geltend gemachten restlichen 3.461,11 EUR (6.922,23 EUR abzüglich der Zahlung in Höhe von 3.461,12 EUR) sind demnach lediglich 1.178,10 EUR als Schadensersatzforderung vom Deckungsanspruch umfasst. Die Klägerin hat auf die Einwände der Beklagten im Schriftsatz vom 11.03.2014 (Bl. 206 d.A.) nichts weiter zur Substantiierung vorgetragen.

Gleiches gilt für die Rechnungen der Firma … GmbH über 3.436,03 EUR, 1.071,00 EUR und 583,94 EUR und die Rechnungen der Firma … GmbH über 310,59 EUR und 5.500,18 EUR (Bl. 226 d.A.). Das Umpumpen und Lagern des Öls nach dem Auslaufen und Aufreißen des ursprünglichen Behälters ist für die Klägerin eine an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung. Es liegen Schäden vor, die das unmittelbare Interesse am vertraglichen Leistungsgegenstand betreffen, der auf den erteilten Auftrag zu beziehen ist (Lücke in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28.Aufl., AHB 2008 Nr. 1 Rdn. 48; BGH, Beschl. v. 28.09.2011 - IV ZR 170/10 - VersR 2012, 96; BGH, Urt. v. 21.02.1957 - II ZR 4/56 - BGHZ, 23, 349). Die Klägerin war neben der Bezahlung des Frachtlohnes auch zur ordnungsgemäßen Verpackung der zu transportierenden Ware verpflichtet und zum Aufwendungsersatz gegenüber dem Frachtführer für eine während des Transportes notwendig werdende Umverpackung der Ware (§§ 411, 418, 419 HGB). Ob der Schaden durch Verstoß gegen eine vertragliche Hauptpflicht oder durch die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht entstanden ist, ist unerheblich. Die Unterscheidung zwischen den (nicht deckungspflichtigen) Ansprüchen auf Ersatz des Erfüllungsinteresses und den (deckungspflichtigen) Ansprüchen auf Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens gilt nämlich ohne Rücksicht darauf, welche Rechtsgrundlage im Einzelfall für die Ansprüche besteht (Lücke, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28.Aufl., AHB 2008 Nr. 1 Rn. 51; OLG Frankfurt, r+s 2010, 325).

Alle Kosten, die aufgewendet werden mussten, um das restliche Öl ordnungsgemäß in einen neuen Tank umzufüllen, der für den vereinbarten Transport nach Bexbach geeignet war und diesen Behälter zu lagern, bis ein Weitertransport möglich war, betreffen die von der Klägerin geschuldete Leistung. Die Ersatzleistung hierfür tritt folglich an die Stelle der Erfüllungsleistung der Klägerin.

Insgesamt errechnen sich damit lediglich 81.108,67 EUR (97.754,54 EUR - 6.922,23 EUR + 1.178,10 EUR - 3.436,03 EUR - 1.071,00 EUR - 583,94 EUR - 310,59 EUR - 5.500,18 EUR) als Schadensbetrag, der nicht wegen Erfüllungsansprüchen geltend gemacht wird.

(6.) Die Anschlussberufung hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch aufgrund vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 977,75 EUR zu.

Fraglich ist bereits, ob es auf die Vorlage einer (korrekten) Rechnung nach § 10 RVG ankommt (allgemein: OLG München, Urt. v. 23.05.2014 - 10 U 5007/13). Jedenfalls genügt ein bloßes Bestreiten der Schuldnerseite nicht, wenn ein Rechtsanwalt die Rechnungsstellung und Bezahlung der Rechnung durch den Mandanten im Prozess behauptet. Das genügt, um von der Richtigkeit dieser Behauptung auszugehen, wenn die Gegenseite keine Anhaltspunkte vorbringt, die zu Zweifeln berechtigen, oder Gegenbeweis anbietet.

Die Gebühren errechnen sich aus einem Geschäftswert von 81.108,67 EUR. Lediglich in dieser Höhe war die Inanspruchnahme der Gegenseite berechtigt.

Die Berechnung einer 1,5-​Gebühr ist berechtigt, weil die Tätigkeit des Rechtsanwalts schwierig war (allgemein: BGH, Urt. v. 11 07.2012 - VIII ZR 323/11 - NJW 2012, 2813). Die Rechtsfragen zur Deckung einer Betriebshaftpflichtversicherung eines Beteiligten an einem Frachtvertrag sind schwierig.

Somit ergeben sich 1.915,50 EUR abzüglich 957,75 EUR = 957,75 EUR zuzüglich 20,00 EUR Pauschale = 977,75 EUR.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

(7.) Die Kostenentscheidung beruht auf den § 97, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.