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Amtsgericht Duderstadt Beschluss vom 25.11.2013 - 3 OWi 300/13 - Einsichtsrecht des Verteidigers in den vollständigen Messfilm einer Rotlichtüberwachungsanlage

AG Duderstadt v. 25.11.2013: Einsichtsrecht des Verteidigers in den vollständigen Messfilm einer Rotlichtüberwachungsanlage


Das Amtsgericht Duderstadt (Beschluss vom 25.11.2013 - 3 OWi 300/13) hat entschieden:
  1. Der Verteidiger eines Betroffenen im Bußgeldverfahren hat gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 147 StPO ein Recht auf Akteneinsicht, welches alle Schriftstücke sowie Bild-, Video- und Tonaufnahmen umfasst, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein können.

  2. Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auch auf einen Messfilm (hier einer Rotlichtüberwachungsanlage), der sich nicht in der Akte, sondern bei der Bußgeldbehörde befindet. Einsicht in den vollständigen Messfilm ist dem Verteidiger durch Übersendung einer Kopie des Messfilms auf einem von ihm zur Verfügung zu stellenden Datenträger zu gewähren.

Siehe auch Akteneinsichtsrecht in die Bedienungsanleitungen und Geschwndigkeitsmessungen


Gründe:

Der Verteidiger des Betroffenen hat mit Schreiben vom 28.08.2013 gegen die Versagung der Übersendung des gesamten Messfilms, auf dem auch der dem Betroffenen vorgeworfene Rotlichtverstoß vom 26.04.2013 aufgezeichnet wurde, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Der Verteidiger des Betroffenen hat gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 147 StPO ein Recht auf Akteneinsicht, welches alle Schriftstücke sowie Bild-​, Video- und Tonaufnahmen umfasst, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein können. Der vollständige Messfilm wurde zwar nicht zu den Akten genommen, da er auch in Bußgeldverfahren gegen andere Verkehrsteilnehmer als Beweismittel dienen kann und nicht lediglich einem einzigen Bußgeldverfahren zugeordnet werden kann. Auch derartiges Material, das sich nicht in der Akte, sondern bei der Bußgeldbehörde befindet, ist dem Verteidiger des Betroffenen jedoch zugänglich zu machen.

Der Persönlichkeitsschutz anderer abgebildeter Verkehrsteilnehmer steht dem Einsichtsrecht nicht entgegen, da sich die anderen abgebildeten Personen sich durch ihre Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer und auch der Kontrolle ihres Verhaltens im Straßenverkehr durch die Polizei ausgesetzt haben. Hinzu kommt, dass der aufgezeichnete und festgehaltene Lebenssachverhalt jeweils auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt ist (vgl. entsprechend BVerfG NJW 2011, 2783, 2785).

Einsicht in den vollständigen Messfilm ist dem Verteidiger durch Übersendung einer Kopie des Messfilms zu gewähren. Den hierfür erforderlichen Datenträger hat der Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Bei der anzufertigenden Kopie handelt es sich dann auch nicht mehr um ein amtlich verwahrtes Beweisstück.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 S. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO analog.







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