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OLG München Urteil vom 19.05.2017 - 10 U 4256/16 -Führen eines Leichtkraftrades mit Turnschuhen

OLG München v. 19.05.2017: Führen eines Leichtkraftrades mit Turnschuhen begründet keinen Mitverschuldensvorwurf


Das OLG München (Urteil vom 19.05.2017 - 10 U 4256/16) hat entschieden:
  1. Da keine belastbares Zahlenmaterial vorliegt, wonach es im Jahre 2012 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprochen hätte, dass es für Leichtkraftradfahrer innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen, kann ein Mitverschuldensvorwurf nicht damit begründet werden, dass der Führer eines Leichtkraftrades lediglich Turnschuhe getragen hat.

  2. Ist die Geh- und Stehfähigkeit nur gering eingeschränkt und beträgt die Minderung der Erwerbsfähigkeit 30 %, besteht kein Anspruch auf eine Schmerzensgeldrente.

Siehe auch Geeignetes Schuhwerk und Schmerzensgeldrente


Gründe:

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 06.11.2012 gegen 18.10 Uhr auf der A.str. in A. geltend, während der Berufungsbeklagte aus diesem Unfall seinerseits Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die Berufungskläger geltend macht. Beteiligt an dem Verkehrsunfall waren der Drittwiderbeklagte D., welcher mit dem Pkw BMW 325d aus der B.straße kommend in Fahrtrichtung nach rechts in die A.str. einbogen war, und der Beklagte zu 1), welcher mit dem Leichtkraftrad Kawasaki KMX125B von der H.straße in Fahrtrichtung nach rechts in die A.str. eingebogen war.

Hinsichtlich des Parteivortrags, der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz sowie der Anträge der Parteien in erster Instanz wird gem. § 540 I 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtene Urteils Bezug genommen (S. 3/7 des Ersturteils = Bl. 226/230 d.A.).

Das Landgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen und der (Dritt-)Widerklage überwiegend stattgegeben, und zwar mit der Begründung, dass die Haftung zwischen den Parteien im Verhältnis 90 zu 10 zu Lasten der Widerbeklagten und der Drittwiderbeklagten zu verteilen sei und dass der Berufungsbeklagte gegen die Berufungskläger einen Anspruch auf samtverbindliche Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 28.000,00 € zuzüglich einer Schmerzensgeldrente habe. Hinsichtlich der weiteren Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (S. 7/15 des Ersturteils = Bl. 230/238 d.A.).

Gegen dieses den Berufungsklägern am 28.09.2016 zugestellte Urteil haben diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 27.10.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 244/245 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.12.2016 mit einem beim Oberlandesgericht München am 28.12.2016 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 255/258 d.A.) begründet.

Die Berufungskläger beantragen,
Das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 22.09.2016, Az.: 81 O 2823/13, zugestellt am 28.09.2016, wird insofern aufgehoben, als dem Widerkläger
– ein höherer Betrag für die materiellen Schäden als 1.728,93 € nebst Zinsen zugesprochen worden ist,

– ein höherer Schmerzensgeldbetrag als 14.000,00 € zugesprochen worden ist,

– eine Schmerzensgeldrente zugebilligt worden ist,

– die zukünftigen immateriellen Schäden im Feststellungsbeschluss zugesprochen worden sind und

– hinsichtlich der materiellen Schäden mehr als 50% der zukünftigen materiellen Schäden zugesprochen worden sind.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Senat entscheidet gemäß Beschluss vom 13.04.2017 mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 II ZPO schriftlich; als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 05.05.2017 bestimmt.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, den Schriftsatz der Berufungskläger vom 15.03.2017 (Bl. 274/276 d.A.) sowie die Berufungserwiderung vom 03.04.2017 (Bl. 291/292 d.A.) Bezug genommen.

B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

I.

Das Landgericht ist zu Unrecht von einer Haftungsverteilung im Verhältnis 90 zu 10 zu Lasten der Berufungskläger ausgegangen. Der Höhe nach steht dem Berufungsbeklagten lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 € ohne Schmerzensgeldrente zu.

1. Die Haftung ist im Verhältnis 50 zu 50 zu verteilen.

a) Die allgemeine Betriebsgefahr gemäß § 7 StVG beträgt mindestens 20% (vgl. Senat, RuS 2017, 211).

b) Nach den vom Erstgericht insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen ist der Unfallhergang bzgl. entscheidender Parameter nicht aufklärbar. Keine Seite hat der jeweils anderen einen die allgemeine Betriebsgefahr erhöhenden Verursachungsbeitrag nachweisen können. Dies gilt insbesondere auch für den Berufungsbeklagten:

Dieser konnte nicht nachweisen, dass der Drittwiderbeklagte Deml bereits zum Zeitpunkt des Abbiegens hätte erkennen können, dass sich der Berufungsbeklagte schon bevorrechtigt auf der A.straße näherte und dass noch dazu eine Fortsetzung des Abbiegens angesichts der Enge der Straße und der ggf. eher mittigen Fahrlinie des Leichtkraftrades zu einer Gefährdung des Berufungsbeklagten geführt hätte. Vielmehr lässt sich, ausweislich S. 5 unten des Protokolls der erstinstanzlichen Verhandlung vom 01.09.2015 (= Bl. 138 d.A.), nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. die Angabe des Drittwiderbeklagten D., er habe erst nach Abschluss des Abbiegens, als er bereits ca. 10 bis 15 Meter weitergefahren sei, das Licht des Leichtkraftrades gesehen, mit S. 14 des unfallanalytischen Gutachtens vom 21.10.2014 in Einklang bringen.

Ebenso wenig konnte der Berufungsbeklagte nachweisen, dass der Drittwiderbeklagte Deml gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 II StVO) verstoßen hat. So kann sich der Unfall beispielsweise, wie auch vom Erstgericht festgestellt, so ereignet haben, wie es der Sachverständige H. auf S. 14 seines o.g. Gutachtens (= Bl. 85 d.A.) als „Unfallsituation Nr. 3“ dargestellt hat; ein Überfahren der Fahrbahnmitte durch den Pkw, und sei es auch nur ein solches um ca. 0,40 m, wie auf S. 7 des Ersturteils angenommen, ist weder der Grafik noch dem Text des Gutachtens zu entnehmen. Jene 0,40 m hat im Übrigen nicht der Sachverständige H. berechnet, sondern der von den Berufungsklägern beauftragte Sachverständige Dr.-Ing. Dr. med. Ho. in seiner als Anlage K 5 vorgelegten Stellungnahme vom 24.05.2015. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der vollständige Text der Stellungnahme in dem Zusammenhang wie folgt lautet: „Selbst wenn sich der linke Front-Seiten-Verbund des Pkws 3 m vom rechten Fahrbahnrand befunden haben sollte und damit ein Überschreiten der rechten, 2,6 m breiten Fahrbahnhälfte um 0,4 m erfolgt sein sollte, so wäre für den Krad-Fahrer noch immer ein Fahrkanal mit der Breite von 2,2 m zur Verfügung gestanden“ (red. Unterstreichungen). Es ist mithin nicht nachgewiesen, dass der Pkw in jedem Fall tatsächlich um mindestens 0,40 m über die Fahrbahnmitte hinaus gekommen ist. Auch aus der in der erstinstanzlichen Sitzung vom 01.09.2015 erfolgten Anhörung des Sachverständigen H. ergibt sich nichts anderes (vgl. insb. S. 5 des Protokolls = Bl. 138 d.A.). Soweit der Berufungsbeklagte in seiner o.g. Berufungserwiderung (Bl. 291/292 d.A.) die Meinung vertritt, die vom Sachverständigen H. auf S. 12/14 seines o.g. Gutachtens (= Bl. 83/85 d.A.) dargestellten Unfallsituationen Nr. 2 und Nr. 3 würden ausscheiden, es bleibe nur die Unfallsituation Nr. 1 (gem. S. 11/12 des Gutachtens = Bl. 82/83 d.A.), dem Drittwiderbeklagten Deml liege daher ein unfallursächlicher Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zur Last, gilt Folgendes: Die o.g. Unfallsituation Nr. 3 scheidet nur dann aus, wenn man sich auf die Angaben des Zeugen M. D. stützt. Indes hat das Erstgericht - in nicht zu beanstandender Weise und für den Senat daher gem. § 529 I Nr. 1 ZPO bindend - auf S. 8 des angefochtenen Urteils (= Bl. 231 d.A.) die Aussage dieses Zeugen als nach den Ausführungen des Sachverständigen H. zum Teil widerlegt und für die Aufklärung des Unfallhergangs zur Überzeugung des Gerichts insgesamt untauglich eingestuft.

c) Die allgemeinen Betriebsgefahren der am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuge sind hier als gleich hoch zu bewerten. Zwar wies der Pkw gegenüber dem Leichtkraftrad eine deutlich größere Breite aus. Es verhält sich aus den bereits genannten Gründen jedoch nicht so, dass sich diese nachweislich als Unfallursache ausgewirkt hat.

d) Der Einwand, der Berufungsbeklagte müsse sich gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 I BGB ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er statt Motorradstiefeln unstreitig nur Turnschuhe trug, ist, wie auch bereits im Ersturteil zutreffend ausgeführt, unbegründet. Ob die streitgegenständlichen Verletzungen überhaupt durch das Tragen eines festeren Schuhwerks verhindert worden wären bzw. zumindest weniger schwerwiegend ausgefallen wären, kann daher dahin gestellt bleiben.

Es existiert gem. § 21 a II 1 StVO zwar eine gesetzliche Helmpflicht, aber keine darüber hinausgehende Pflicht, besondere Motorradschutzkleidung wie etwa Motorradstiefel zu tragen. Zwar ist allein deswegen eine Anspruchskürzung gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 I BGB noch nicht ausgeschlossen. Ein Mitverschulden ist nämlich bereits dann anzunehmen, wenn der Verletzte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dass festere Schuhe grundsätzlich einen besseren Schutz bieten, ist allgemein bekannt. Allerdings liegen dem Senat keine belastbaren Zahlen vor, wonach es hinsichtlich der hier maßgeblichen Zeit des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 06.11.2012 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein (vgl. zur Bedeutung dieses Umstands BGH, Urteil vom 17.06.2014, Az.: VI ZR 281/13, juris) entsprochen hätte, dass es für Leichtkraftradfahrer innerhalb geschlossener Ortschaften erforderlich ist, Motorradstiefel zu tragen (vgl. - bzgl. Protektoren-Schutzkleidung - auch das umfassend begründete Urteil des LG Heidelberg vom 13.03.2014, Az.: 2 O 203/13, juris, mit zustimmender Anmerkung von Lang, juris). Inwieweit ein derartiges allgemeines Verkehrsbewusstsein grundsätzlich, bei jeder Art von Kraftrad und auch außerhalb geschlossener Ortschaften, derzeit fehlt, wie es das OLG Nürnberg in seinem Beschluss vom 09.04.2013, Az.: 3 U 1897/12, juris, ausführt, muss hier nicht entschieden werden. Das Urteil des Brandenburgischen OLG vom 23.07.2009, Az.: 12 U 29/09, juris, wiederum steht dem bereits deswegen nicht entgegen, weil es sich auf Schutzkleidung an den Beinen bezieht, nicht auf die Frage des Schuhwerks. Im Übrigen gilt diesbezüglich Folgendes: Nach der o.g. Rechtsprechung des BGH kommt es entscheidend auf das allgemeine Verkehrsbewusstsein an, wovon streng zu unterscheiden sind Aspekte wie das Verletzungsrisiko, der Erkenntnisstand hinsichtlich Schutzmaßnahmen oder Empfehlungen von Verbänden etc. Entscheidend sind vielmehr zureichend verlässliche Unterlagen wie Umfrageergebnisse, Statistiken und amtliche oder nichtamtliche Erhebungen. Dass das Brandenburgische Oberlandesgericht seine o.g. Entscheidung bzw. die Berufungsführer die Berufungsbegründung auf derartige Unterlagen gestützt hätten, ist demgegenüber nicht ersichtlich. Bloße Behauptungen wie „die meisten Motorradfahrer empfinden es heutzutage als eine persönliche Verpflichtung, mit Schutzkleidung zu fahren“ bzw. „jeder weiß, dass das Fahren ohne Schutzkleidung ein um ein vielfach höheres Verletzungsrisiko in sich birgt“ (vgl. das o.g. Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, juris, Rdnr. 18) vermögen die Heranziehung hinreichend belastbarer Unterlagen nicht zu ersetzen. Wie auch der BGH seinem o.g. Urteil vom 17.06.2014 hat der Senat nun zur Beurteilung der Frage, ob das Tragen von Motorradschutzkleidung dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht, als Quelle die auf www.bast.de veröffentlichte amtliche Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen herangezogen. Demnach gibt es zwar tatsächlich eine Erhebung bzgl. des Tragens von Motorradschutzkleidung in Deutschland, und zwar auch bzgl. des hier relevanten Zeitraums, nämlich des Jahres 2012, wonach 53% aller motorisierten Zweiradfahrer ergänzend zum Helm Schutzbekleidung trugen. Die Zahl ist jedoch weitaus niedriger, soweit es um das Tragen einer kompletten Schutzkleidung geht: Eine solche trugen nämlich nur 21% aller motorisierten Zweiradfahrer. Hinzu kommt, dass diese Statistik sehr ungenau ist: Offen bleibt, was im Einzelnen unter einer „kompletten“ Schutzkleidung zu verstehen ist. Unklar ist weiter, welche Schutzkleidungsstücke im Einzelnen (nur Motorradschuhe oder nur Motorradhosen oder nur Motorradjacken oder auch nur Motorradhandschuhe oder etwa bestimmte Kombinationen?) von denjenigen getragen wurden, welche eine unvollständige Schutzkleidung trugen. Unklar ist, auf welche Jahreszeit(en) sich die Untersuchung bezog. Unklar ist schließlich, wie sich bei den Untersuchungen die doch sehr heterogenen Gruppen der „motorisierten Zweiradfahrer“ im Einzelnen jeweils zusammensetzten (Anteil der Mofa- bzw. Kleinkraftradfahrer? Anteil der Leichtkraftradfahrer? Anteil der größeren Maschinen?).

Auf eine solche Statistik aufbauend lässt sich nichts hinreichend Verlässliches hinsichtlich der hier entscheidenden Frage, ob es am Unfalltag, dem 06.11.2012, dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprach, mit dem streitgegenständlichen Leichtkraftrad auf der streitgegenständlichen Strecke nur mit Motorradschutzstiefeln zu fahren. Nachdem dem Senat auch keine weiteren Zahlen hinsichtlich des allgemeinen Verkehrsbewusstseins bzgl. der o.g. Fragestellung bekannt sind, kann hier der Vorwurf des Mitverschuldens nicht begründet werden.

e) Aufgrund dieser geänderten Haftungsverteilung war das Ersturteil in Nr. 2, soweit materielle Schäden umfasst sind (3.112,08 € nebst Zinsen), dahingehend abzuändern, dass ein Anspruch nur in Höhe von 50% von 3.457,87 €, d.h. in Höhe von 1.728,94 € besteht. Der Zinsanspruch war ebenfalls entsprechend abzuändern. Von den 1.728,94 € entfallen 1.344,44 € auf die (Dritt-) Widerklage (Zinsen ab Rechtshängigkeit, d.h. seit dem 28.11.2013) und 384,50 € auf die (Dritt-) Widerklageerweiterung (Zinsen ab Rechtshängigkeit, d.h. seit dem 08.10.2015).

f) Ferner war das Ersturteil entsprechend in Nr. 4. abzuändern, wobei unter Berücksichtigung der o.g. Mitverursachungsquote von 50% der Feststellungsantrag nicht nur hinsichtlich der weiteren materiellen Schäden, sondern auch bzgl. der weiteren immateriellen Schäden (vgl. auch Doukoff in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl., § 2, Rdnr. 1106), begründet ist.

2. Der Berufungsbeklagte hat Anspruch auf samtverbindliche Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000,00 € (nebst Zinsen) ohne Schmerzensgeldrente.

a) Es besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Schmerzensgeldrente. Zwar enthält das Gesetz (vgl. § 11 S. 2 StVG sowie § 253 II BGB) keine Vorgaben darüber, wie die Entschädigung zu erfolgen hat. Allerdings wird in der Rechtsprechung Schmerzensgeld grundsätzlich als Einmalzahlung und nur ausnahmsweise (stattdessen oder auch daneben) als Rente zugesprochen. Zwar stehen hier nicht unerhebliche Dauerschäden inmitten. Diese erreichen aber noch nicht den für die Gewährung einer Schmerzensgeldrente erforderlichen Schweregrad (vgl. z.B. Doukoff, a.a.O., Rdnr. 1070 ff). So wurden Schmerzensgeldrenten zugesprochen bei schweren Hirnschäden, Querschnittslähmung, Erblindung, Taubheit, schwersten Kopfverletzungen, entstellenden Narben oder dem Verlust eines Gliedes oder Sinnesorgans (vgl. Rechtsprechungsnachweise von Müller in Jahnke/Burmann, Handbuch des Personenschadensrechts, 4. Kapitel, Rdnr. 1317 ff). Soweit etwa das OLG München mit Urteil vom 29.03.1988, Az.: 5 U 3777/87, juris, eine Schmerzensgeldrente zugesprochen hat, lagen der Entscheidung Dauerschäden zu Grunde, welche u.a. auch eine massive Geh- und Stehbehinderung und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50% umfassten. Hier hingegen ist die Geh- und Stehfähigkeit nur gering eingeschränkt, die Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt nur 30%. Der Senat verkennt im Übrigen nicht, dass beim Berufungsbeklagten auch Narben verblieben sind; diese sind jedoch noch nicht als besonders entstellend zu bewerten, zumal sie nicht das Gesicht betreffen.

b) Der Senat ist im Übrigen aufgrund eigenständiger Überprüfung der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 € angemessen ist (vgl. dazu BGH NJW 2006, 1589 ff.; Senat, Urt. v. 30.7.2010 - 10 U 2930/10 [juris]). Hierbei kann zunächst Bezug genommen werden auf die grundsätzlich zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts.

Die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss (BGH VersR 1976, 440; 1980, 975; 1988, 299; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]; Senat in st. Rspr., u. a. Urt. v. 29.10.2010 - 10 U 3249/10 [juris]). Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt (grdl. RG, Urt. v. 17.11.1882 - RGZ 8, 117 [118] und BGH - GSZ - BGHZ 18, 149 ff.; ferner BGH NJW 2006, 1068 [1069]; OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]; Senat in st. Rspr., u. a. Urt. v. 29.10.2010 - 10 U 3249/10 [juris]). Besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen zu (OLG Hamm zfs 2005, 122 [123]); OLG Brandenburg, Urt. v. 8.3.2007 - 12 U 154/06 [juris]; Senat in st. Rspr., u. a. Urt. v. 29.10.2010 - 10 U 3249/10 [juris]). Bei Berücksichtigung der Verletzungen und Verletzungsfolgen wirkt sich jedoch die deutlich erhöhte Mithaftung des Berufungsbeklagten aus. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Schmerzensgeldrente entfällt, dass andererseits aber dem Berufungskläger zu 2) kein Verschulden am Unfall nachzuweisen war und deshalb die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes vollständig zurücktritt.

3. Nachdem der Berufungsbeklagte, wie dargestellt, in einem geringeren Umfang als noch gem. Ersturteil obsiegt hat, ist das angefochtene Urteil auch in Nr. 6 (Kostenverteilung) abzuändern, wobei die (geänderte) Kostenentscheidung unter Anwendung der Baumbach’schen Formel auf §§ 92 I 1, II Nr. 1, 100 IV 1 ZPO beruht.

Ferner war bei der Verteilung der Gerichtskosten zu beachten, dass das teilweise Unterliegen der Beklagten zu 2) (rechtskräftige Verurteilung gem. Ersturteil zu Nr. 1.), gemessen am Gesamtstreitwert, mit 0,7% verhältnismäßig geringfügig i.S.d. § 92 II Nr. 1 ZPO ist; hinsichtlich der Beklagten zu 2) enthält die neue Kostenentscheidung keine Abweichung von derjenigen des Ersturteils.

II.

Die Kostenentscheidung (hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens) ergibt sich aus §§ 92 I 1, 100 IV 1 ZPO.

Die Berufung erwies sich als - im Verhältnis zum Streitwert des Berufungsverfahrens (26.193,15 €) - zu ca. 53% erfolgreich, was sich aus folgenden Berechnungen ergibt:

Hinsichtlich der materiellen Schadenspositionen fiel die Verurteilung der Berufungskläger um 1.728,94 € niedriger aus als im Ersturteil, hinsichtlich des Schmerzensgeldes um 3.000,00 €. Die Verurteilung zur Zahlung einer Schmerzensgeldrente entfiel (gegenüber zugesprochen 180,00 € pro Monat, entspricht einem diesbezüglichen Streitwert von 180,00 € x 42 Monate = 7.560,00 €). An Stelle der Feststellung einer 90prozentigen Verpflichtung zur Schadensersatzzahlung erfolgte schließlich nur die Feststellung einer 50prozentigen Verpflichtung (entspricht bei einem diesbezüglichen Streitwert von insg. 5.000,00 € einem Obsiegen der Berufungsführer in Höhe von 2.000,00 €). Die Summe der o.g. Beträge beträgt 13.943,14 €, was wiederum ca. 53% des o.g. Berufungsstreitwertes entspricht.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Insbesondere bedarf es auch nicht etwa deswegen der Zulassung der Berufung, weil der Senat von der o.g. Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23.07.2009 abweichen würde. Denn ein Abweichen liegt, wie ausgeführt, bereits deswegen nicht vor, weil sich jene Entscheidung nicht auf Motorradstiefel bezog. Im Übrigen erging die Entscheidung noch vor dem o.g. Urteil des BGH vom 17.06.2014. Dies gilt im Übrigen entsprechend auch für das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28.11.2013, Az.: 7 U 158/12, juris: Zwar wurde auch dort die Möglichkeit eines Mitverschuldens unter dem Gesichtspunkt des Nichttragens einer Lederschutzbekleidung bejaht, allerdings zum einen nur unter nicht näher erläuterten „bestimmten“ Umständen und zum anderen ebenfalls noch vor dem o.g. BGH-Urteil.