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OLG Hamm Urteil vom 29.08.2014 - I-9 U 26/14 - Öffentlich zugänglicher Parkplatz und StVO

OLG Hamm v. 29.08.2014: Zur Anwendung der StVO auf einen öffentlich zugänglichen Parkplatz


Das OLG Hamm (Urteil vom 29.08.2014 - I-9 U 26/14) hat entschieden:
  1. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar.

  2. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es grundsätzlich nicht.

    Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge (hier: Durchfahrtsstraße im Bereich der LKW-Stellplätze auf einem Rastplatz an einer Bundesautobahn).

Siehe auch Öffentlicher und nichtöffentlicher Verkehr und Unfälle auf Parkgelände


Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagten vollen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 18.06.2013 gegen 17:12 h auf dem an der BAB 44 auf Höhe Km 88,5 gelegenen Rastplatz Eringerfeld in Geseke ereignet hat. Der Angestellte des Klägers, Herr T, befuhr mit dem Lastzug des Klägers einen im weiteren Verlauf zur Auffahrt zur BAB führenden Zufahrtsweg, an den rechtsseitig ca. 18 schräg angeordnete LKW-Stellplätze angrenzen, von denen die Einfahrt in die Zufahrtstraße möglich ist. Auf dem letzten Stellplatz führte der Beklagte zu 2) mit dem Lastzug der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Beklagten zu 1) Rangierbewegungen durch. Dabei kam es im Bereich der rechten Fahrspur der Zufahrtstraße zur Kollision beider Lastzüge. Die Beklagte zu 3) hat vorprozessual auf der Grundlage einer 50%igen Haftung unter Kürzung einzelner Schadenspositionen hinsichtlich des Fahrzeugsachschadens die von dem Kläger geltend gemachten Forderungen reguliert.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs.1 ZPO Bezug genommen wird, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt, hat das Landgericht auf der Grundlage einer hälftigen Haftung dem Kläger einen weiteren Betrag von 1.295,46 € nebst Zinsen zuerkannt und die Beklagten zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 52,00 € verurteilt. Nach Ansicht des Landgerichts sei der Unfall in gleichem Ausmaß von den Beteiligten verursacht worden. Die von dem Fahrer des klägerischen Lastzugs befahrene Zufahrtsstraße diene nicht dem fließenden Verkehr und vermittle gegenüber dem aus dem Stellplatz anfahrenden Beklagten zu 2) kein Vorfahrtsrecht. Zudem sei der Fahrer T mit den in der Klageschrift angegebenen ca. 40 km/h zu schnell unterwegs gewesen, da er jederzeit mit ausparkenden Fahrzeugen habe rechnen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser auf der Grundlage einer 100%igen Haftung der Beklagten Ausgleich des restlichen Schadens verlangt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts, und durch die vorgelegten Lichtbilder belegt, handele es sich bei der von dem Fahrer T befahrenen Fahrbahn um eine dem fließenden Verkehr dienende Straße, auf der der Zeuge T gegenüber dem aus der rechts gelegenen Parkbox einfahrenden Beklagten zu 2) die Vorfahrt zugestanden habe.

Ein Mitverschulden des Zeugen T an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls liege nicht vor. Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil von mindestens 40 km/h ausgehe, sei dies nicht bewiesen. Die Auswertung des Fahrtenschreibers habe nichts ergeben.

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 10.993,28 € nebst Zinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz s.d. 10.08.2013 zu zahlen,

sowie ihn von weiteren 651,80 € vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.


II.

Die Berufung des Klägers hat in der Hauptsache überwiegend Erfolg. Abstriche waren lediglich hinsichtlich des Zinsforderung und der Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorzunehmen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.993,28 € gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 823 Abs. 1 BGB zu. Denn die Beklagten haften dem Kläger in vollem Umfang auf Ersatz der diesem durch den Verkehrsunfall entstandenen Schäden.

A.

Unzweifelhaft hat sich der Unfall beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem Unfall für einen der beiden Kraftfahrzeugführer um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist insoweit auf das Verhalten des sog. "Idealfahrers" (König in: Hentschel/König/Dauer, 41. Aufl., § 17 StVG Rn. 22). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher die Kollision verhindert hätte.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die danach gebotene Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, NJW 2012, 1953).

B.

I.

1. Die Beklagten müssen sich neben der von dem Lastzug des Beklagten zu 1) ausgehenden Betriebsgefahr nach Anscheinsbeweisgrundsätzen ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 2) wegen Verstoßes gegen § 10 StVO anrechnen lassen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der von anderen Straßenteilen oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so verhalten, dass jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

2. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem - wie hier - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar (OLG Frankfurt, ZfSch 2010, 19; Scheidler, DAR 2012, 313, 314); Senat, NJW-RR 2013, 33). Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort Ein- und Ausparkende in der Regel nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. In diesen Fällen sind die gegenseitigen Rücksichtspflichten deshalb (verglichen mit den Pflichten aus §§ 9, 10 StVO) erhöht und einander angenähert. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden" Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es nicht (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. § 8 StVO Rn. 31 a). Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum sein wird. Vielmehr wird hier - anders als im fließenden Verkehr - regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr zu berücksichtigen sein (Scheidler, DAR 2012, 313, 316).

Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Handelt es sich bei einer bzw. mehreren der Zufahrtswege um eine gegenüber den Durchfahrtsgassen zwischen den Parkplätzen nochmals baulich größer und breiter ausgestalteten Zufahrtsstraße, so kann § 10 StVO, ob unmittelbar oder analog zur Anwendung kommen (KG, B.v. 12.10.2009 - 12 U 233/08 -, juris, vgl. hierzu auch OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. Juli 2006 - 10 U 28/06 - VerkMitt 2007, Nr. 43, OLG Düsseldorf, U.v. 23.10.2010 - 1 U 156/09 -, juris, LG Bremen, U.v. 20.06.2013 - 7 O 485/12 -.).

3. Hiervon ausgehend hat die nördlich parallel zur BAB 44 verlaufende Zufahrtsstraße, auf der sich der Unfall ereignet hat, Straßencharakter. Bereits der bauliche Ausbau belegt den Straßencharakter. Die Zuwegung ist zweispurig ausgebaut und durch einen Mittelstreifen gekennzeichnet. Dem Straßencharakter steht nicht entgegen, dass rechtsseitig die Parkplätze für Lastkraftwagen schräg angeordnet an die Zufahrtsstraße angrenzen. Das rechtfertigt nicht die Einordnung als eine dem Parkplatz suchenden Verkehr dienende Zufahrtsstraße. Zum einen ist diese Fläche im Gegensatz zur asphaltierten Fahrbahn in roten Verbundsteinen ausgeführt und damit optisch von dem Randbereich abgegrenzt. Von maßgeblicher Bedeutung ist darüber hinaus, dass aufgrund der baulichen Gestaltung der Benutzer der zweispurigen Fahrbahn allenfalls mit einfahrendem, den Parkplatz verlassenden LKW - Verkehr und nicht mit Parkplatz suchendem LKW - Verkehr rechnen muss. Die Zufahrtsstraßen auf dem Parkplatz sind so angeordnet, dass der auf den Parkplatz einfahrende LKW - Verkehr die mittlere Zufahrtsstraße nehmen muss, um von dieser aus nach schräg links in die Parkbucht einzufahren. Diese verlässt er anschließend vorwärts über die nördlich gelegene Zufahrt. Damit ist faktisch ein Ringstraßensystem in Form einer Einbahnstraße geschaffen worden. Danach stellt sich das Einfahren in die nördliche Zufahrtsstraße als das Anfahren von einem seitlich gelegenen Parkplatz in eine dem fließenden Verkehr dienende Fahrbahn dar.

Den Entlastungsbeweis haben die Beklagten nicht führen können. Zwar hat der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass er sich vor der Einfahrt in den rechten Fahrstreifen durch einen Blick nach links darüber vergewissert habe, dass sich kein Verkehr auf der Zufahrtstraße näherte. Er habe bereits 5 bis 10 Sekunden in der Fahrspur gestanden, als der Fahrer des klägerischen Lastzuges, Herr T, in seinen Lastzug hineingefahren sei. Die Unfallschilderung des Beklagten zu 2) vermag den Senat nicht zu überzeugen und ist auch unter ergänzender Berücksichtigung der vorhandenen Lichtbilder nicht geeignet, einen anderen Geschehensablauf als bewiesen anzusehen.

Die Lichtbilder in dem Anlagenband zur Klageschrift zeigen die Endstellung der verunfallten Lastzüge. Der LKW des Beklagten zu 2) ist ca. bis auf 75 cm an den die beiden Fahrbahnen trennenden Mittelstreifen herangefahren. Hätte der Beklagte zu 2) in dieser Position bereits mindestens 5 Sekunden unverändert gestanden, so bedeutete dies, dass der Fahrer T beim Befahren der über mehr als 100 m frei überschaubaren Durchfahrtsgasse in höchstem Maße unaufmerksam gewesen sein müsste, um erst im letzten Moment ein Ausweichmanöver einzuleiten, wie es die in den Lichtbildern dokumentierte Endstellung wiedergibt. Dieser - nicht unter Beweis gestellten - Unfallschilderung kommt jedenfalls keine höhere Glaubhaftigkeit als der des Klägers zu, so dass der gegen den Beklagten zu 2) sprechende Anscheinsbeweis nicht erschüttert ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 2) seinerseits uneingeschränkte Sicht auf den auf der Durchfahrtsgasse von links herannahenden Verkehr hatte, so dass nicht plausibel ist, warum der Beklagte zu 2) den aus dem in etwa 80 Meter entfernt gelegenen ersten Stellplatz auf die Durchfahrtsgasse eingefahrenen LKW des Klägers während seines gesamten Rangiermanövers nicht bemerkt haben will. Ausweislich der Feststellungen der den Unfall aufnehmenden Beamten ist es schließlich so gewesen, dass der Beklagte zu 2) mit seinem LKW gegen den vorbeifahrenden LKW des Herrn T gefahren ist.

II.

Ein Verschulden des Fahrers des klägerischen LKWs, des Herrn T, ist nicht festzustellen.

1. Das Landgericht wirft dem Herrn T vor, gegen die allgemeinen Pflichten aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen zu haben, weil er die rechte Fahrspur nicht mit Schrittgeschwindigkeit und stetiger Bremsbereitschaft befahren habe. Hierzu sei er verpflichtet gewesen, weil er damit habe rechnen müssen, dass LKW unvermittelt auf die Zufahrtsstraße einfahren könnten. Das gelte unter Berufung auf OLG Frankfurt, NZV 2001, 36 selbst dann, wenn der Zufahrtsstraße Straßencharakter zukäme.

2. In der Sache dürfte nicht § 1 Abs. 2 StVO, sondern § 3 Abs. 1 S. 2 StVO einschlägig sein. Nach dieser Vorschrift hat der Fahrzeugführer seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßenverkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Anders als in der zitierten Entscheidung, in der es um einen belebten Parkplatz in einem Einkaufszentrum ging, sind hier andere Umstände prägend. Es handelt sich vorliegend um einen Autobahnparkplatz im Bereich der LKW-Standplätze. Mit erwähnenswertem Fußgängerverkehr ist bei ca. 18 Stellplätzen nicht zu rechnen. Insassen geparkter Personenkraftwagen sind nicht zu erwarten, weil deren Parkplätze weiter südlich liegen. Mit Suchverkehr ist auf der Durchfahrtstrasse nicht zu rechnen. Dass der Parkplatz in der konkreten Situation überfüllt war, so dass die LKWs auch außerhalb der eingezeichneten Stellplätze standen, ist nicht vorgetragen. Daher stellte sich die Situation für den herannahenden, aber auch den ausparkenden LKW-Fahrer sehr wohl als überschaubar dar. Für beide waren die Sichtverhältnisse über mehr als 100 m uneingeschränkt. Aus den vorgelagerten Parkboxen auf die Zufahrtstraße einbiegende LKW beschleunigen entsprechend langsam, so dass sich jeder weitere LKW Fahrer darauf einstellen kann.

Gesicherte Feststellungen zur Geschwindigkeit des klägerischen LKW lassen sich nicht treffen. Unzutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass Herr T mindestens 40 km/h gefahren ist. In der Klageschrift heißt es, dass die Geschwindigkeit des klägerischen LKW ca. 40 km/h betragen habe. Dabei geht der Vortrag davon aus, dass Herr T nach dem Einfahren auf die Zufahrtsstraße 400 m zurückgelegt hat. Das Luftbild, Bl. 110 d.A., belegt, dass die zurückgelegte Strecke nur 80 m beträgt. Ob der LKW innerhalb dieser Strecke auf 40 km/h beschleunigen konnte oder nicht, ist aus Sicht des Senats unerheblich. Denn auch eine Geschwindigkeit von ca. 40 km/h ist angesichts der Örtlichkeiten - insbesondere der guten Sichtverhältnisse für den Beklagten zu 2) - nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei der Zufahrtsstraße nicht um eine Beschleunigungsspur, die übergangslos in den Beschleunigungsstreifen der BAB 44 übergeht. Angesichts der Schwerfälligkeit eines LKW ist es aber nicht zu beanstanden, wenn dessen Fahrer die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs bereits in diesem Bereich maßvoll erhöht, damit er bei Auffahren auf die BAB nicht so langsam ist, dass er verkehrsgefährdend wirkt.

3. Eine unter § 1 Abs. 2 StVO zu fassende schuldhafte Reaktionsverzögerung des Herrn T lässt sich nicht feststellen. Das beantragte Sachverständigengutachten entbehrt der erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Dass der Beklagte zu 2) mit weniger als Schritttempo in die Zufahrtsstraße eingefahren und deshalb frühzeitig zu sehen gewesen sei, können die Beklagten nicht beweisen. Dass Herr T auf den LKW des Beklagten zu 2) reagiert hat, zeigt die Endstellung der Fahrzeuge. Das Zugfahrzeug des Klägers ist nach links ausgewichen. Im Übrigen zeigen die Lichtbilder in der Anlage zur Klageschrift, dass Herr T nicht weit von der Kollisionsstelle zum Stehen gekommen ist.

4. Dem Fahrer des klägerischen LKW ist auch nicht vorzuwerfen, dass er den rechten, und nicht den linken Fahrstreifen benutzt hat. Herr T hat sich an § 2 Abs. 2 StVO gehalten, als er den rechten Fahrstreifen gewählt hat. Er hätte den linken Fahrstreifen wählen dürfen, wenn es die Verkehrslage rechtfertigte, § 7 Abs. 1 StVO. Eine dahingehende Verpflichtung bestand vorliegend keinesfalls.

5. Angesichts des schwerwiegenden Verschuldens des Beklagten zu 2) ist es aus Sicht des Senats gerechtfertigt, die von dem LKW des Klägers ausgehende Betriebsgefahr im Rahmen der nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge unberücksichtigt zu lassen mit der Folge, dass die Beklagten dem Kläger in vollem Umfang für die diesem entstandenen unfallbedingten Schäden einzustehen haben.

III.

1. Im Rahmen des Fahrzeugschadens sind die Verbringungskosten nach der Rechtsprechung des Senats auch bei fiktiver Abrechnung zu ersetzen, wenn sie bei Durchführung der Reparatur entstehen. Die übrigen Einwände der Beklagten zum Fahrzeugsachschaden hat das Landgericht bereits zutreffend behandelt, sodass insoweit verwiesen werden kann. Danach ergibt sich ein Fahrzeugsachschaden von 20.526,36 €. Nachdem das Landgericht hierauf nach der vorprozessualen Zahlung weitere 1.295,46 € zuerkannt hat, verbleiben die beantragten 10.993,28 €.

2. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger Freistellung in Höhe weiterer 156,00 € verlangen.

Eine Gebühr nach einem Gegenstandswert von bis zu 22.000,00 € beträgt 646,00 € nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des RVG. Die 1,3 fache Gebühr beträgt 839,80 € zzgl. 20,- Pauschale = 859,80 €. Mehrwertsteuer kann der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger nicht verlangen. Hierauf hat die Beklagte zu 3) ausweislich ihres Abrechnungsschreibens v. 13.08.2013 den Betrag von 651,80 € gezahlt. Danach verbleiben noch 208,00 € offen, hinsichtlich derer der Kläger von den Beklagten Freistellung verlangen kann. Unter Berücksichtigung des bereits vom Landgericht zuerkannten Betrages stehen weitere 156,00 € offen.

Soweit der Kläger über die bereits gezahlten 651,80 € weitere 703,80 € abzgl. zuerkannter 52,00 € beansprucht, berücksichtigt er dabei nicht, dass der Kläger vorprozessual den Gesamtbetrag einschließlich Sachverständigenkosten und Pauschale geltend gemacht. Es handelt sich daher um eine Angelegenheit, auf die die geleisteten Zahlungen der Beklagten zu 3) iHv 651,80 € anzurechnen sind. Der Kläger kann nicht die Angelegenheit in eine Gebührensache vor und eine nach der Teilzahlung aufspalten.

3. Der Zinsanspruch ist aus Verzug, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB ab dem 13.08.2013, dem Tag des Zugangs des Abrechnungsschreibens mit dem die Beklagte zu 3) weitere Ansprüche abgelehnt hat, begründet.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 92 Abs. 2, 708 Nr.10, 713 ZPO.

5. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO.