Das Verkehrslexikon

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Arbeitsgericht Berlin Urteil vom 21.11.2012 - 31 Ca 13626/12 - Verdachtskündigung eines Busfahrers bei positivem Drogenschnelltest

ArbG Berlin v. 21.11.2012: Zur Verdachtskündigung eines Busfahrers bei positivem Drogenschnelltest


Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 21.11.2012 - 31 Ca 13626/12) hat entschieden:
Ein positiver Drogenschnelltest auf Kokain bei einem Busfahrer begründet den schwerwiegenden Verdacht des Fahrens im öffentlichen Straßenverkehr unter Einfluss von Betäubungsmitteln und damit des Fahrens in einem Zustand der Fahrdienstuntauglichkeit. Der begründete Verdacht berechtigt aufgrund der Schwere der arbeitsvertraglichen Verfehlung zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.


Siehe auch Arbeitsrecht und Verkehrsrecht und Drogenschnelltest - Drogenvortest - Urin Control


Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses sowie um einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Der Kläger ist seit 16.01.2006 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Die Bruttomonatsvergütung betrug 2.200,00 EUR brutto.

Mit Schreiben vom 21.08.2012, dem Kläger am 22.08.2012 zugegangen, kündigt die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31.10.2012 (Bl. 5 d. A.).

Das Kündigungsschutzgesetz findet unstreitig Anwendung.

Mit Schriftsatz vom 03.09.2012, eingegangen beim Arbeitsgericht Berlin am 06.09.2012, wendet sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kündigung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war am 15.08.2012 auf der Linie X … (Endhaltestelle L.) eingesetzt. Um 17.20 Uhr meldete sich ein weiblicher Fahrgast telefonisch bei der Polizei. Den Fahrgästen gaben an, der Kläger habe zwischen Rathaus Steglitz und der Malteserstraße zwei Lichtzeichenanlagen bei Rot überfahren, einen Radfahrer in Marienfelde, Malteserstraße/Paul-Schneider-Straße von der Straße in nötigender Art und Weise bedrängt und er habe Fahrgäste, die ihn auf seinen Fahrstil ansprachen, beschimpft. Die Polizei hat um 17.30 Uhr die Leitstelle der BVG informiert. Diese hat den Kläger per Funk aufgefordert an der Haltestelle Kaiser-Wilhelm-Straße Ecke Paul-Schneider-Straße anzuhalten. An der Haltestelle wartete bereits die Polizei, die seitens der Leitstelle zur Haltestelle beordert worden war. Beim Kläger wurde durch die Polizei zuerst ein Atemalkoholtest durchgeführt. Dieser war negativ. Ein danach durchgeführter Drogenschnelltest (Urintest) zeigte den Konsum von Kokain an. Der Führerschein des Klägers wurde beschlagnahmt. Weiterhin wurde er zur Abnahme einer Blutprobe zur Polizeidirektion 4 gebracht. Das Ergebnis der Blutuntersuchung ist nicht bekannt. Das strafrechtliche Verfahren ist gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden (Bl. 44 d. A.).

Zu dem Vorfall fand ein Personalgespräch am 16.08.2012 um 10.00 Uhr statt. Teilgenommen haben Herr R. und Herr L. aus der Personalabteilung sowie der Kläger. Im Personalgespräch hat der Kläger den Konsum von Kokain am vergangenen Sonntag mit Freunden eingeräumt. Er räumte weiterhin einen früheren Drogenkonsum ein, der aber Jahre zurückläge. Den ihm angebotenen Aufhebungsvertrag unterzeichnete der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 20.08.2012 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung an (Anlage B 2, Bl. 19 ff. d. A.). Die Anhörung ist dem Betriebsratsvorsitzenden am 20.08.2012 übergeben worden (Bl. 21 d. A.). Der Betriebsrat hat sich unter Verzicht auf die Ausschöpfung der Anhörungsfrist, bestätigt durch Unterschrift mit Datum vom 21.08.2012, nicht zur beabsichtigten Kündigung geäußert (Bl. 49 d. A.).

Der Kläger bestreitet die sein Fahrverhalten am 15.08.2012 betreffenden Vorwürfe. Insbesondere bestreitet er, dass er zwei rote Ampeln überfahren, einen Radfahrer genötigt und Fahrgäste beschimpft habe. Die Stimmung sei an diesem Tag im Bus gereizt gewesen, da die Klimaanlage nicht funktioniert habe. Schließlich bestreitet der Kläger, dass ein Drogenschnelltest den Konsum von Kokain nachweisbar anzeige. Der weitere Drogentest müsse negativ ausgefallen sein, denn das Strafverfahren ist eingestellt worden. Im Personalgespräch am 16.08.2010 habe der Kläger zunächst die Anschuldigungen als unzutreffend bestritten und auch den ihm vorgeworfenen Drogenkonsum. Allerdings habe sich der Kläger zunehmend erheblich unter Druck gesetzt gefühlt und sei übermüdet gewesen. Aufgrund der emutionalen Ausnahmesituation habe er die Vorwürfe bestätigt, obwohl dies nicht den Tatsachen entspreche. Im Hinblick auf das bisher beanstandungsfreie Arbeitsverhältnis hätte die Beklagte hier weitere substantielle Aufklärung im Hinblick auf die Vorwürfe betreiben müssen.

Der Kläger beantragt,
  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.08.2012 beendet worden ist,

  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf bestimmte Zeit fortbesteht,

  3. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Busfahrer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie könne sich für die Rechtfertigung der Kündigung auf den Verdacht stützen, der Kläger habe einen Bus mit Fahrgästen unter Einfluss von Betäubungsmitteln in einem Zustand der Fahrdienstuntauglichkeit geführt. Weiterhin bezieht sie sich auf die Betriebsordnung der Berufskraftfahrer, wonach die Dienstausübung unter Alkohol oder anderen, die Diensttauglichkeit beeinträchtigenden Mitteln untersagt ist.

Für das weitere Parteivorbringen wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vom 03.09.2012 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 22.10.2012 (Bl. 12 ff. d. A.), vom 14.11.2012 (Bl. 40 ff. d. A.), vom 19.11.2012 (Bl. 47 f. d. A.) sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO.


Entscheidungsgründe:

A.

Die Klage ist im Antrag zu 1. zulässig aber unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Dem Antrag ist aufgrund der drohenden materiellen Präklusion gemäß §§ 13 S. 2, 4 S. 1, 7 KSchG das notwendige Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO zuzusprechen.

II.

Die Klage ist im Antrag zu 1. unbegründet. Das Arbeitsverhältnis wird durch die Kündigung vom 21.08.2012, dem Kläger zugegangen am 22.08.2012 fristlos beendet.

1. Dabei gilt die Kündigung nicht bereits gemäß §§ 13 S. 2, 4 S. 1, 7 KSchG als rechtswirksam, denn der Kläger hat ab Zugang der Kündigung vom 21.08.2012 am 22.08.2012 innerhalb der 3-Wochen-Frist mit Schriftsatz vom 03.09.2012, eingegangenen beim Arbeitsgericht Berlin am 06.09.2012, fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben.

2. Die Kündigung erweist sich auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG als rechtsunwirksam. Die Beklagte hat den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört.

a. Die Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 20.08.2012 umfassend über die beabsichtigte Kündigung des Klägers informiert und angehört. Insoweit wird auf das Anhörungsschreiben vollumfänglich Bezug genommen (Bl. 19 f. d. A.).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Anhörung des Betriebsrates nicht deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger die ihm zur Last gelegten Vorwürfe bestritten hat und zwar zum einen im Hinblick auf den ihm zur Last gelegten Drogenkonsum als auch im Hinblick auf die dem Kläger vorgeworfenen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr und gegenüber den Fahrgästen. Es entstünde damit der Eindruck, dass der Kläger auch diese Vorwürfe zugegeben habe, was nicht den Tatsachen entspreche.

Hinsichtlich der Kündigungsgründe wird die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers, hier der Beklagten, durch den Grundsatz der subjektiven Determinierung bestimmt. Danach hat der Arbeitgeber nur diejenigen Kündigungsgründe dem Betriebsrat mitzuteilen, auf die er die Kündigung stützen will. Es müssen dem Betriebsrat daher also nicht alle objektiv kündigungsrechtlich erheblichen Tatsachen, sondern nur die vom Arbeitgeber für die Kündigung als ausschlaggebend angesehenen Umstände mitgeteilt werden (BAG, 22.09.1994, 2 AZR 31/94, AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972). Diese Kündigungsgründe müssen vom Arbeitgeber so detailliert dargelegt werden, dass sich der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschung ein Bild über ihre Stichhaltigkeit machen und beurteilen kann, ob es sinnvoll ist, Bedenken zu erheben oder Widerspruch gegen die Kündigung einzulegen (BAG, 21.06.2001, 2 AZR 30/00, EzA Nr. 7 zu § 626 BGB Unkündbarkeit).

Diesen Anforderungen wird nach Sicht der erkennenden Kammer die Anhörung vom 20.08.2012 gerecht. Auf Seite 1 des Anhörungsschreibens bezieht sich die Beklagte ausdrücklich auf die Gründe. So wird Fahrdienstuntauglichkeit während des Dienstes wegen Drogenkonsums bzw. wegen des begründeten Verdachts der Fahrdienstuntauglichkeit aufgrund von Drogenkonsums genannt. Weiterhin werden als Gründe vorläufiger Führerscheinentzug, Verstöße gegen die StVO, Nötigung eines Radfahrers, Gefährdung von Fahrgästen sowie aggressives Auftreten, persönliche Nichteignung durch leichtfertigenden Drogenkonsum bzw. des begründeten Verdachts hierzu und schließlich die Schädigung des Images der Konzerngesellschaft und der Beklagten als Gründe genannt. In der Erläuterung bezieht sich die Beklagte auch noch auf die BO-Kraft sowie die Regularien der Beklagten, die ein Fahren unter Drogeneinfluss untersagen.

b. Der Ausspruch der Kündigung ist auch nicht vorzeitig erfolgt.

Gemäß § 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung seine Bedenken innerhalb von drei Tagen schriftlich mitzuteilen. Mit Anhörung am 20.08.2012 hätte die Beklagte daher frühestens am 24.08.2012 die Kündigung aussprechen können. Der Betriebsrat hat jedoch ausdrücklich durch Unterschrift am 21.08.2012 auf die Ausschöpfung der Anhörungsfrist sowie auf eine Stellungnahme verzichtet (Bl. 49 d. A.). Die Beklagte hat dies im Kammertermin am 21.11.2012 nachgetragen. Diesbezüglich hat die Klägerseite keine weiteren Einwendungen erhoben.

Damit konnte die Beklagte bereits am 21.08.2012 die Kündigung gegenüber dem Kläger aussprechen.

3. Die Kündigung vom 21.08.2012 beendet das Arbeitsverhältnis mit Zugang am 22.08.2012. Die Kündigung ist als Verdachtskündigung gerechtfertigt.

a. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass nicht nur eine erhebliche Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen kann. Der Verdacht der schwerwiegenden Pflichtverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Pflicht verletzt, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, der Verdacht eines (nicht erwiesenen) vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist nur dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Dabei ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Die Kündigung verstieße anderenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie wäre nicht ultima-ratio (BAG, 23.06.2009, 2 AZR 474/07, NZA 2009, 1136; BAG, 13.03.2008, 2 AZR 961/06, NZA 2008, 809). Der Verdacht muss darüber hinaus schwerwiegend sein und sich aus den Umständen ergeben bzw. objektiv durch Tatsachen begründet sein. Er muss weiter dringend sein, d. h. bei einer kritischen Prüfung muss eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung gerade dieses Arbeitnehmers bestehen (BAG, 12.03.2009, 2 ABR 24/08, NZA-RR 2010, 180). Dabei muss das Gericht im Einzelnen prüfen, ob die den Verdacht begründenden Indizien zutreffen, also entweder unstreitig sind oder vom Arbeitgeber bewiesen werden. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Tatvorwurf erwiesen ist, sondern darauf, ob die vom Arbeitgeber zur Begründung des Verdachts vorgetragenen Tatsachen einerseits den Verdacht rechtfertigen und ob sie tatsächlich zutreffen (BAG, 10.02.2005, 2 AZR 189/04, NZA 2005, 1056). Der Verdacht muss sich dabei aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben (BAG, 10.06.2010, 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227).

Der Verdacht des Fahrens unter Einfluss von Betäubungsmitteln in einem Zustand der Fahrdienstuntauglichkeit ist geeignet einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

b. Entsprechend der vorgenannten Grundsätze geht die erkennende Kammer davon aus, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Verdachts im konkreten Fall vorliegen.

Gemäß § 8 der Berufsordnung für Kraftfahrer (BO-Kraft) ist dem Betriebspersonal untersagt, während des Dienstes oder der Dienstbereitschaft alkoholische Getränke oder andere die dienstliche Tätigkeit beeinträchtigende Mittel zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie unter der Wirkung solcher Getränke oder Mittel stehen. Bereits der schwerwiegende Verdacht einer solchen Handlung rechtfertigt die Verdachtskündigung. Der Kläger trägt vorliegend die Verantwortung für seine Person, die Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer.

Der Verdacht ist schwerwiegend. Der Kläger ist Busfahrer. Das Führen eines Fahrzeugs unter Drogeneinfluss im öffentlichen Straßenverkehr mit Fahrgästen bzw. der Verdacht eines Fahrens unter Drogeneinfluss stellt einen Verstoß gegen elementare Hauptleistungspflichten dar.

Der Verdacht ist durch objektive Tatsachen begründet.

Der beim Kläger durch die Polizei durchgeführte Drogenschnelltest (Urintest) wies ein auf Kokain positives Ergebnis auf. Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er pauschal die Aussagefähigkeit des Drogenschnelltestes bestreitet. Insoweit hätte es substantiierter Anhaltspunkte bedurft, warum dem grundsätzlich durch die Polizei benutzen Drogenschnelltest keine derart gewichtige Aussagefähigkeit zukommen soll bzw. welche persönlichen Umstände auf Seiten des Klägers zur Annahme führen könnten, das Ergebnis spreche nicht für einen Konsum von Kokain. Soweit der Kläger anfangs behauptet hat, der weitere Bluttest auf Drogenkonsum sei negativ ausgefallen, kann dem keine Bedeutung beigemessen werden. Zum einen handelt es sich nur um eine Annahme des Klägers, die er weder in dieser Deutlichkeit aufrechterhalten noch durch Tatsachen belegt hat. Vielmehr schließt er das Ergebnis aus dem Umstand, dass das Strafverfahren gegen ihn gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Auch wenn das zutreffend sein sollte, kann dieser Umstand nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden. Denn der Kläger kann hier zu seiner Entlastung lediglich Umstände vortragen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorlagen. Solchen können bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen werden. Da es für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung aber auf die im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehenden Verdachtsmomente ankommt, kann es auf spätere Entwicklungen – auch zu Gunsten des Klägers – nicht ankommen (Ascheidt/Preis/Schmidt/Döner-Vossen, Kündigungsschutzrecht, 4. Aufl., 2012, § 626 Rn. 356).

Weiterhin kann sich die Beklagte auf weitere Indizien stützen. So lag ihr im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Meldebucheintrag der BVG vor (Bl. 22 f. d. A.). Dort ist das dem Kläger vorgeworfene Fehlverhalten im Straßenverkehr wiedergegeben. Weiterhin hat der Kläger den Drogenkonsum im Gespräch am 16.08.2012 eingeräumt. Dabei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er zunächst einen Drogenkonsum geleugnet hat. Er behauptet selbst, dass er sich im weiteren Verlauf des Gesprächs derart unter Druck gesetzt gefühlt hat, dass er den Drogenkonsum schließlich einräumte. Dabei wirkt die Begründung des Klägers, er habe den Konsum lediglich eingeräumt, weil er das Gefühl hatte, ihm werde kein Glauben geschenkt und er habe sich einer emotionalen Ausnahmesituation befunden, als Schutzbehauptung. Nachvollziehbar ist, dass es sich um eine emotionale Ausnahmesituation für den Kläger gehandelt hat. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass in einer solchen Ausnahmesituation ein Eingeständnis eines Fehlverhaltens erfolgt und dass alles unter Mitteilung eines - dann wohl erdachten - Randgeschehens, nämlich dass der Drogenkonsum konkret mit Freunden am vergangenen Sonntag erfolgt sein soll. Der Kläger hat seine Angaben auch im Nachhinein nicht gegenüber der Beklagten korrigiert. Warum damit die Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung von anderen Anhaltspunkten hätte ausgehen müssen, als dem schließlich vom Kläger geäußerten Eingeständnis des Drogenkonsums, ist nicht ersichtlich.

Damit konnte die Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 21.08.2012 mangels anderweitiger entgegenstehender Anhaltspunkte davon ausgehen, dass der Kläger am 15.08.2012 unter dem Einfluss von Kokain seine Arbeitsleistung, nämlich das Fahren eines Busses im öffentlichen Straßenverkehr mit Fahrgästen erbringen wollte.

Der Verdacht ist auch dringend. D. h. es besteht eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung.

Die Indizien, der positive Drogenschnelltest, der Eintrag im Meldebuch der BVG sowie das letztendliche Eingeständnis seitens des Klägers im Rahmen des Personalgesprächs sind unstreitig, selbst wenn der Kläger nunmehr bestreitet, Kokain genommen und die ihm vorgeworfenen Verstöße im Straßenverkehr begangen zu haben. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung lagen diese Indizien vor. Insbesondere hat der Kläger nicht im Nachgang zum Gespräch am 16.08.2012 mitgeteilt, dass er von seinem Eingeständnis des Drogenkonsums abrücke.

In Ansehung der gegebenen Indizien war die Beklagte damit nicht verpflichtet, so wie vom Kläger gefordert, noch weitere substantielle Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.

Die Beklagte hat den Kläger auch im Personalgespräch am 16.08.2012 ordnungsgemäß zu den Vorwürfen angehört.

B.

Die Klage ist im Antrag zu 2. unzulässig. Der Kläger hat keine weiteren Beendigungstatbestände bzw. das Risiko solcher dargetan. Aus diesem Grund fehlt dem Antrag das notwendige Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO.

C.

Der Weiterbeschäftigungsantrag war lediglich unter der innerprozessualen Bedingung gestellt, dass der Kläger mit dem Antrag zu 1. und/oder dem Antrag zu 2. obsiegt. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, fiel der Weiterbeschäftigungsantrag nicht zur Entscheidung an.

D.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er in vollem Umfang unterliegt, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

E.

Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er war für den Antrag zu 1. mit drei Bruttomonatsgehältern sowie für den Antrag zu 2. mit 10 % des Bestandschutzantrages zu 1) zu bemessen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 7.260,00 festgesetzt.

Gründe

Das Urteil war gemäß § 319 ZPO zu berichtigen, weil eine offensichtliche Unrichtigkeit in Form eines Tenorierungs-/ bzw. Rechenfehlers vorliegt.

Verkündet wurde im Tenor zu III. die Festsetzung des Streitwertes auf 9.460,00 Euro. Dabei ist der hilfsweise gestellte Antrag zu 3) einbezogen worden, obwohl dieser nicht zur Entscheidung angefallen war. Ausweislich der Urteilsgründe ist lediglich ein Betrag in Höhe von 7.260,00 Euro rechnerisch zutreffend und damit festzusetzen.

Die Entscheidung darf gem. § 319 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung von Amts wegen ergehen.

Mangels Beschwer ist gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.