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Landgericht Saarbrücken Urteil vom 09.04.2010 - 13 S 15/09 - Zum Vorrang des Fußgängers beim Ausfahren aus einem Kreisverkehr

LG Saarbrücken v. 09.04.2010: Zum Vorrang des Fußgängers beim Ausfahren aus einem Kreisverkehr


Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 09.04.2010 - 13 S 15/09) hat entschieden:
Wer aus der Bogenfahrt im Kreisverkehr heraus den Kreisverkehr verlässt, biegt ab. Die den Abbiegenden treffende Rücksichtnahmepflicht besteht nicht erst dann, wenn ein Fußgänger die Straße betreten hat, sondern bereits dann, wenn mit Fußgängern gerechnet werden muss.


Siehe auch Kreisverkehr und Fußgänger - Verkehrsunfälle mit Fußgängerbeteiligung


Gründe:

I.

Der Kläger macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am ... gegen 6.40 Uhr in ... in Höhe des Kreisverkehrs .. Straße/... Straße ereignete. Der Zeuge ..., Sohn des Klägers, durchfuhr mit dem Pkw des Klägers den Kreisverkehr von ... kommend und nahm die dem Verlauf der ... Straße folgende erste Ausfahrt in Richtung Krankenhaus. Unmittelbar danach erfasste er den Beklagten, der von rechts kommend die Fahrbahn in Richtung ... Straße überquerte.

Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet, der Zeuge ... habe den Kreisverkehr mit Abblendlicht und gesetztem Blinker sowie einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 km/h durchfahren. Der Beklagte sei für ihn wegen seiner dunklen Kleidung und des schlecht ausgeleuchteten Straßenbereichs und in Folge Verdeckung durch einen auf der Umgehungsspur fahrenden Bus und die Blumenkästen zwischen der Umgehungsspur und seiner Fahrbahn nicht zu sehen gewesen.

Mit seiner Klage hat er Reparaturkosten für die Windschutzscheibe (brutto 568,74 €) und Motorhaube, Dach und Frontbereich (netto 1.184,45 €), Nutzungsausfall (43,00 €) sowie eine Unkostenpauschale (25,56 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise rechnet er mit Ansprüchen auf Schmerzensgeld, die er auf 1.000,00 € beziffert, und Ansprüchen auf Erstattung von Attestkosten (19,50 €) auf.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Klage als unbegründet ansehen sollte, hat er widerklagend beantragt, den Kläger zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 1.000,00 € zuzüglich Zinsen sowie Attestkosten von 19,50 € zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, er habe im Bereich der Fußgängerfurt angehalten und zunächst rechts, dann links und dann nochmals nach rechts geschaut und habe dann, da er kein herannahendes Fahrzeug gesehen habe, normalen Schrittes zum Überqueren der Fahrbahn angesetzt. Der Zeuge ... sei zu schnell gefahren.

Das Erstgericht, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Akte 65 Js 593/06 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken beigezogen, den Beklagten informatorisch angehört, die Zeugen ... und ... vernommen und ein Sachverständigengutachten eingeholt. Daraufhin hat es der Klage insgesamt stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei gegenüber dem Zeugen ... wartepflichtig gewesen. Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass er beim Betreten der Fahrbahn die ihn treffenden Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen habe. Dieser Anscheinsbeweis sei nicht entkräftet. Es sei nicht erwiesen, dass der Zeuge ... mit überhöhter Geschwindigkeit oder ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers gefahren sei. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs trete hinter dem Verschulden des Beklagten zurück.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung sowie seine Hilfswiderklage in vollem Umfang weiter. Er macht geltend, ihm habe nach der Verkehrslage das Vorrecht gegenüber dem aus dem Kreisverkehr ausfahrenden Kraftfahrer zugestanden. Ferner habe das Amtsgericht verkannt, dass nach der Beweisaufnahme eine Kollisionsgeschwindigkeit des Pkw von 40-​45 km/h erwiesen sei. Hingegen habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass er den Pkw hätte sehen können. Es sei jedoch erwiesen, dass der Zeuge ... ihn habe erkennen können.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.


II.

Die – nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Einlegung und Begründung des Rechtsmittels – form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist insoweit begründet, als der Beklagte dem Kläger lediglich 1/3 seines Schadens zu ersetzen hat. Insoweit beruht die erstinstanzliche Entscheidung auf einem Rechtsfehler zu Lasten des Beklagten und rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Amtsgericht die Pflicht des Beklagten zum Ersatz des Unfallschadens nach §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit der StVO beurteilt. Soweit das Erstgericht allerdings annimmt, der Beklagte habe als Fußgänger dem Zeugen ... beim Betreten und Überqueren der Fahrbahn gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO den Vorrang einräumen müssen, hält diese Rechtsauffassung einer Überprüfung nicht stand. Die vorliegende Verkehrslage ist vielmehr nach § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO zu beurteilen. Danach hat der Abbiegende auf Fußgänger besondere Rücksicht zu nehmen und muss wenn nötig warten. Ein solches Abbiegen liegt auch vor, wenn – wie hier – der Kraftfahrer einen Kreisverkehr verlässt.

a) Abbiegen im Sinne des § 9 StVO erfasst alle Richtungsänderungen im fahrenden Längsverkehr, d.h. jede Fahrtrichtungsänderung, die aus dem gleichgerichteten Verkehr herausführt (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 9 StVO Rdn. 16; Geigel/Zieres, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 27 Rdn. 261; Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, Kap. 8 Rdn. 2). In der durch das Zeichen 215 (Kreisverkehr) angeordneten Verkehrssituation besteht die Besonderheit, dass der gleichgerichtete Verkehr eine – je nach Größe des Kreisverkehrs mehr oder weniger ausgeprägte – Bogenfahrt beschreibt. Wer aus dieser Bogenfahrt heraus den Kreisverkehr verlässt, biegt ab (KG VRS 114, 119-122; AG Kempten DAR 2008, 271; Hentschel aaO § 9a StVO Rdn. 12; Nettesheim DAR 2008, 271; vgl. auch OLG Celle VersR 1980, 562). Dies verkennen im Ausgangspunkt offenbar auch die Parteien nicht, die u.a. darüber streiten, ob der Sohn des Klägers beim Ausfahren aus dem Kreisverkehr vorschriftsgemäß den rechten Fahrtrichtungsanzeiger betätigt habe. In der Konsequenz dieser Annahme gilt auch die gesteigerte Rücksichtspflicht nach § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO.

b) Nach dieser Vorschrift trifft den Abbiegenden in Ausnahme zu dem Vorrecht des Fahrverkehrs gem. § 25 Abs. 3 StVO eine erforderlichenfalls bis zur Wartepflicht gesteigerte Rücksichtnahmepflicht. Diese Pflicht besteht nicht erst dann, wenn ein Fußgänger die Straße betreten hat. Vielmehr greift sie bereits dann ein, wenn mit Fußgängern gerechnet werden muss (vgl. BayObLG VRS 1965, 233; OLG Hamm NZV 2005, 94; OLG Hamm, NZV 1994, 399; Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. 2008, § 9 StVO Rdn. 39; Hentschel aaO § 9 StVO Rdn. 43). Die Rücksichtnahmepflicht gebietet grundsätzlich, dem bevorrechtigten Fußgänger das Überqueren in gleicher Weise zu ermöglichen, wie wenn sich dieser einem Fußgängerüberweg nähert (vgl. KG VRS 61, 328 f.; Geigel/Zieres aaO Kap. 27 Rdn. 288; Kuckuk VersR 1978, 1101), d.h. der Abbiegende darf nur langsam und mit jederzeitigen Bremsbereitschaft fahren, notfalls muss er Schrittgeschwindigkeit einhalten, um rechtzeitig anhalten zu können (vgl. KG VRS 37, 445; Kuckuk, VersR 1978, 1101).

c) Hinweise darauf, dass die Vorschrift mit Blick auf den ihr zugrunde liegenden Schutzzweck im Kreisverkehr nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre, bestehen hier nicht. § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO dient in erster Linie dazu, den Fußgänger von der Pflicht zur – mitunter schwierigen – Beobachtung des schräg rückwärtigen Verkehrs zulasten des Abbiegenden, der eine bessere Sicht hat, zu entbinden (vgl. OLG Hamm NZV 2005, 94 f.; Kuckuk VersR 1978, 1101). Jedenfalls in einem Kreisverkehr, der – wie hier - mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit durchfahren werden kann, so dass ein Fußgänger zur sicheren Überqueren der Ausfahrspur nicht nur den linksseitig im Kreisverkehr befindlichen Verkehr, sondern auch noch etwaige Fahrzeuge, die im linken rückwärtigen Bereich aus der Fahrtrichtung des Klägers kommend erst noch in den Kreisverkehr einfahren, zu beobachten hat, besteht gerade die Gefahrensituation für den Fußgänger, vor der § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO schützen will.

2. Dieser ihm gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO obliegenden Rücksichtspflicht hat der Zeuge ... nicht genügt. Die Verletzung dieser Sorgfaltspflicht war auch für den Unfall ursächlich. Wird nämlich – wie hier – gegen eine Schutzvorschrift verstoßen, die wie § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO auf bestimmten Erfahrungen über die Gefährlichkeit einer Handlungsweise beruht, so kann bei einem Schadenseintritt nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises darauf geschlossen werden, dass sich die von ihr bekämpfte Gefahr verwirklicht hat, sofern sich der Schadensfall in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Verhalten ereignet hat (vgl. Urteil der Kammer vom 30.10.2009 – 13 S 161/09; Geigel/Knerr aaO Kap 37 Rdn. 47; Geigel/Freymann aaO Kap. 15 Rdn. 12, jew. m.w.N.). Dem Kläger ist auch nicht der Gegenbeweis dafür gelungen, dass sich der Unfall selbst dann ereignet hätte, wenn der Zeuge ... die ihn treffende – im Hinblick auf die eingeschränkten Sicht- und Beleuchtungsverhältnisse gesteigerte – Sorgfaltspflicht beachtet hätte. Dass der Beklagte so schnell gelaufen wäre, dass der Zeuge ... mit ihm selbst unter Anwendung der danach gebotenen Sorgfalt nicht rechnen konnte, ist nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen.

3. Fehlerfrei hat das Erstgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger über den Verstoß gegen § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO hinaus kein zusätzlicher Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO anzulasten ist. Das Erstgericht hat angenommen, der Sohn des Klägers könne 30, 40 oder 45 km/h schnell gefahren sein; eine konkrete überhöhte Geschwindigkeit des Sohnes des Klägers sei nicht erwiesen. Hieran ist die Kammer gemäß § 529 ZPO gebunden. Konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Feststellungen bestehen nicht. In seiner Beweiswürdigung hat sich das Erstgericht vielmehr entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt ohne gegen Denk- oder Erfahrungssätze zu verstoßen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht aufgrund der nur vagen Schätzung des Zeugen ..., der Sohn des Klägers sei „zügig“ gefahren, keine konkrete Geschwindigkeit zugrunde gelegt hat. Auch die Würdigung des Sachverständigengutachtens ist entgegen der Berufung nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hatte seine anfängliche Einschätzung, die mögliche Geschwindigkeit liege bei 40-​45 km/h im Rahmen der mündlichen Erläuterung des Gutachtens eingeschränkt und das Schadensbild auch noch bei einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h für nachvollziehbar erklärt. Diese Geschwindigkeit kann beim Durchfahren des Kreisverkehrs nicht ohne weiteres als überhöht angesehen werden.

4. Jedoch ist die Pflicht zum Ersatz des Unfallschadens gemäß § 254 Abs. 1 Satz 1 BGB durch ein Mitverschulden des Klägers gemindert.

a) Das aus § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO resultierende Vorrecht des Fußgängers entbindet diesen nicht von eigenen Sorgfaltspflichten. Vielmehr wird es durch das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme eingeschränkt, §§ 1 Abs. 1, 11 Abs. 3 StVO (vgl. KG VRS 61, 328; Geigel/Zieres aaO Kap. 27 Rdn. 289; Kuckuk aaO; Jagow/Burmann aaO § 9 Rdn. 39; s. auch BGH NJW 1960, 2235). Zwar darf der Fußgänger grundsätzlich auf die Beachtung des Vorrangs nach § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO vertrauen (Greger NZV 1990, 409, 411). Er darf jedoch nicht blindlings die Fahrbahn betreten. Ebenso wie etwa beim Überqueren eines geschützten Übergangs (bei Zebrastreifen: BGH NJW 1982, 2384; Greger NZV 1990, 409, 410) ist von ihm wenigstens zu verlangen, dass er sich durch einen beiläufigen Blick nach den Seiten über die Verkehrslage vergewissert und bei erkennbarer Gefährdung abwartet.

b) Diesen Anforderungen hat der Beklagte nicht genügt. Bei Betreten der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr drohte dem Beklagten von links Gefahr, die dieser durch einen beiläufigen Blick hätte erkennen können. Selbst wenn der Zeuge ... mit einer Geschwindigkeit von bis zu 45 km/h gefahren sein sollte, die der Sachverständige ... als maximale Geschwindigkeit des Zeugen ... nachvollziehbar ermittelt hat, hätte der Beklagte diesen durch einen Blick zurück erkennen können. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen hätte der Zeuge ... ab dem Betreten der Fahrbahn bis zur Kollision eine Strecke von höchstens 20 m zurückgelegt. Innerhalb dieser Entfernung bestand jedoch nach den Feststellungen des Sachverständigen vorliegend keine Sichtbehinderung. Hätte der Beklagte vor dem Betreten der Fahrbahn nach links geschaut und nicht – wie das Amtsgericht auf der Grundlage der eigenen Angaben des Beklagten fehlerfrei festgestellt hat – zuletzt nach rechts geschaut und während einer Dauer von ca. drei Sekunden vor dem Anstoß nicht mehr nach links geschaut, so hätte er den Zeugen ... erkennen können und im Hinblick auf ein mögliches Abbiegen des Zeugen aus dem Kreisverkehr den Unfall durch ein Abwarten vermeiden können. Ein solches Abwarten oblag dem Beklagten vorliegend, da sich der Kläger entweder schon sehr nah an der Ausfahrt befand oder sich jedenfalls mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit näherte.

5. Im Rahmen der gebotenen Abwägung der Mitverursachungs- und –verschuldensanteile hält die Kammer unter Berücksichtigung des überwiegenden Gewichts des Pflichtverstoßes des Zeugen ... eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers für angemessen. Danach kann der Kläger seinen Schaden von unstreitig 1.821,75 € in Höhe von 607,25 € ersetzt verlangen. Gemäß §§ 280, 286, 288 BGB ist der Beklagte dem Kläger zudem zur Zahlung von Zinsen in geltend gemachter Höhe sowie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Letztere belaufen sich gemäß §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 2300, 7002 und 7008 VVRVG auf 65,00 € x 1,3 = 84,50 € + 20,00 € (Pauschale) + 19,86 € (USt.) = 124,36 €.

6. In Höhe von 263,00 € ist der Anspruch jedoch gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung mit dem gemäß §§ 7 Abs. 1, 9 StVG bestehenden Anspruch des Beklagten auf Ersatz von 2/3 des ihm bei dem Unfall entstandenen Schadens erloschen.

Neben erstattungsfähigen Attestkosten von 2/3 x 19,50 € kann der Beklagte gemäß § 11 Satz 2 StVG eine billige Entschädigung in Geld in Höhe von 250,00 € verlangen. Unter Berücksichtigung der für die Ermessensausübung gemäß § 287 ZPO heranzuziehenden Umstände des Einzelfalles - insbesondere Art, Intensität und Dauer der erlittenen Rechtsgutsverletzung sind in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und beeinflussen die Höhe der Entschädigung. (MünchKomm-​Oetker, BGB, 4. Auflage 2003, § 253 Rdn. 36 ff.; Ebert in: Erman, BGB, 12. Aufl. 2008, § 253 Rdn. 20 ff.) – hält die Kammer den Betrag von 250 € als Ausgleich für die erlittenen Schmerzen für angemessen und ausreichend. Vorliegend wirkt sich schmerzensgelderhöhend aus, dass der Beklagte, wie sich aus dem vorgelegten Attest ergibt, eine Kopfplatzwunde sowie – als schmerzhaft bekannte – Rippenprellungen erlitt. Im Hinblick auf die nur kurzfristige Arbeitsunfähigkeit des Beklagten sowie unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Beklagten ist die Einbuße des Beklagten gleichwohl durch die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 250,00 € angemessen abgegolten.

Danach steht dem Kläger die Hauptforderung in Höhe von 607,25 € – 13,00 € (Attestkosten) – 250,00 € (Schmerzensgeld) = 344,25 € zu.

7. Über die Hilfswiderklage war hiernach nicht zu entscheiden, da die Klage nicht (insgesamt) unbegründet war.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war eine Erhöhung des Streitwertes durch die Hilfsaufrechnung nur zugrunde zu legen, soweit über diese entschieden wurde, nämlich in Höhe des Klageerfolges. Danach beläuft sich der Streitwert für die Berufung auf 1.821,75 € (Angriff gegen die Verurteilung auf die Klage) + 607,25 € + 124,26 € (Entscheidung über die Hilfsaufrechnung) = 2.553,26 €.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).