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Landgericht Berlin Urteil vom 23.08.2012 - 44 O 262/11 - Kein Anspruch auf Reparatur in einer Vertragswerkstatt und Beilackierungskosten

LG Berlin v. 23.08.2012: Kein Anspruch auf Reparatur in einer Vertragswerkstatt und Beilackierungskosten


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 23.08.2012 - 44 O 262/11) hat entschieden:
  1. Ein Verkehrsunfall ist ein unabwendbares Ereignis, wenn er auch bei äußerster möglicher Sorgfalt nicht hätte abgewendet werden können. Den Nachweis hat derjenige zu führen, der sich auf die Unabwendbarkeit beruft. Dieser Nachweis ist nicht geführt, wenn nach der Beweisaufnahme ungeklärt bleibt, welches von beiden Fahrzeugen in die Spur des anderen geriet. In diesen Fällen ist von einer Haftungsquote von 50/50 auszugehen.

  2. Ein Sachverständigengutachten stellt kein geeignetes Beweismittel für die Frage dar, wo auf der Straße die Fahrzeuge gefahren sind und auch nicht welcher Fahrzeugführer nach rechts oder nach links oder geradeaus gelenkt hat, sofern nicht zumindest die Position eines der beteiligten Fahrzeuge auf der Fahrbahn im Unfallzeitpunkt feststeht.

  3. Ist ein Fahrzeug älter als 3 Jahre, so kann der Geschädigte darauf verwiesen werden, sein Fahrzeug in einer freien Werkstatt reparieren zu lassen, wenn die Reparatur technisch gleichwertig ist. Dem steht nicht entgegen, dass das Fahrzeug bisher immer in einer Vertragswerkstatt gewartet wurde.

  4. Ob eine Beilackierung erforderlich ist, kann erst beurteilt werden, wenn die zu reparierenden Teile Instand gesetzt und lackiert wurden. Denn erst dann wird sichtbar, ob sich ein farblicher Unterschied zu der ursprünglichen Lackierung ergibt. Dass vorliegend letztlich nicht geklärt ist, ob eine Beilackierung tatsächlich erforderlich ist, da die Klägerin nur fiktiv abrechnet, geht zu Lasten der Klägerin, die sich für diese Abrechnungsart entschieden hat und die die Darlegungs- und Beweislast für die Schadenshöhe trägt.

Siehe auch Stundenlohnsätze - Stundenverrechnungssätze einer Fachwerkstatt und Kosten der Beilackierung - Umlackierung


Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom ... in Berlin.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Eigentümerin eines PKW, Typ Mercedes Benz C 180 Coupé, amtliches Kennzeichen ... . Der Mercedes wurde im Dezember 2006 erstmals zugelassen, hatte einen Vorbesitzer und wies zum Unfallzeitpunkt eine Laufleistung von 60.311 km auf. Der Beklagte zu 1) war zum Unfallzeitpunkt Fahrer und die Beklagte zu 2) Halterin eines LKW, amtliches Kennzeichen ... .Der LKW war bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert.

Die Klägerin befuhr mit ihrem Mercedes am Unfalltag gegen 18.05 Uhr den H.-​Damm in Fahrtrichtung Westen. Der Beklagte zu 1) befuhr mit dem LKW ebenfalls den H.-​Damm in Fahrtrichtung Westen in der Fahrspur unmittelbar links neben der Klägerin. Im Kreuzungsbereich H.- Damm / K.- Straße kam es sodann unter zwischen den Parteien einzelnen streitigen Umständen zu einer Kollision der Fahrzeuge. Dabei wurde der Mercedes im linken hinteren Seitenbereich und der LKW an der vorderen rechten Ecke getroffen.

Die Klägerin ließ den Mercedes durch das Ingenieurbüro O. & H. begutachten. Das Gutachten vom 08. Juni 2011 beziffert die Reparaturkosten auf 8.217,46 Euro netto und die Wertminderung auf 800,00 Euro. Dabei legt der Gutachter die Reparaturpreise einer Mercedes Benz Vertragswerkstatt zugrunde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Anlage K1, Bl. 5 ff. der Akte verwiesen.

Die Klägerin machte mit Schreiben vom 14. Juni 2011 gegenüber der Beklagten zu 3) folgende Schäden geltend:

Reparaturkosten netto 8.217,46 Euro
Kosten des Sachverständigen 762,20 Euro
Merkantiler Minderwert 800,00 Euro
Kostenpauschale 25,00 Euro
Gesamt 9.804,66 Euro


Die Beklagte zu 3) teilte mit Schreiben vom 21. Juli 2011 mit, dass der Schaden auf einer Quote von 50% reguliert werde, wobei die Beklagte zu 3) jedoch nur Reparaturkosten in Höhe von 5.568,70 Euro netto ansetzte. Sie überwies dementsprechend 3.577,95 Euro.

Die Klägerin behauptet, sie habe die rechte Fahrspur des H.-​Damms befahren. An der Ampel der Kreuzung K.-​Straße habe sie bei rot anhalten müssen. Als die Ampel wieder auf grün wechselte habe sie in ihrer Fahrspur anfahren wollen, um danach rechts auf die hinter der Kreuzung gelegene Auffahrt einer Shell-​Tankstelle einzubiegen. Hierzu kam es jedoch nicht mehr, denn plötzlich sei der Beklagte zu 1) mit dem LKW aus der links neben ihr befindlichen Fahrspur in ihre Fahrspur geraten und der LKW gegen die hintere, linke Seite des Mercedes gestoßen.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Verweis auf eine freie Werkstatt sei unzumutbar. Ihr Fahrzeug sei zum Unfallzeitpunkt erst 4,5 Jahre alt gewesen, habe eine Laufleistung von lediglich 60.311 km aufgewiesen und sei bis zum Unfallzeitpunkt ausschließlich in einer Vertragswerkstatt gewartet worden.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.226,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 20. August 2011 zu zahlen

und

sie von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 372,82 Euro freizustellen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) habe die von ihm befahrene Spur durchgängig beibehalten. Die Klägerin habe versucht, den LKW rechts zu Überholen und noch vor den am rechten Fahrbahnrand parkenden Fahrzeugen nach links die Fahrspur zu wechseln.

Hinsichtlich Reparaturmöglichkeit der Schadenshöhe sind die Beklagten der Ansicht, dass sich die Klägerin auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt verweisen lassen müsse. Die Firma M. sei in der Lage, den Schaden gleichwertig zu einem Preis von 5.568,70 Euro instand zu setzen. Die Position "Beilackierung" der Tür links und die damit verbundenen De- und Montagearbeiten seien im Rahmen einer fiktiven Abrechnung nicht zu erstatten, da erst nach einer tatsächlich erfolgten Reparatur festgestellt werden könne, ob eine Beilackierung erforderlich sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen PK B. und PK K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Juli 2012 (Bl. 49 ff. d.A.) verwiesen. Die Klägerin sowie der Beklagte zu 1) wurde gem. § 141 ZPO persönlich gehört. Die Akte des Polizeipräsidenten in Berlin zum Aktenzeichen ... lag zu Informationszwecken vor.

Die Klägerin hat Beweis für die Behauptung, der Beklagte zu 1) habe mit dem LKW die Spur gewechselt, angeboten durch Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Die Klägerin hat gem. §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1, Abs. 3 StVG i.V.m. § 115 WG dem Grunde nach nur einen Anspruch auf Ersatz ihrer unfallbedingten Schäden nach einer Quote von 50%.

a) Keine der Parteien hat dargelegt, dass für sie der Verkehrsunfall am ... ein unabwendbares Ereignis war. Ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG setzt voraus, dass ein schadensstiftendes Ereignis auch bei äußerster möglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Hierzu gehört ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über dem Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinaus. Den Unabwendbarkeitsnachweis hat derjenige zu führen, der sich auf die Unanwendbarkeit beruft, wobei zu diesem Nachweis zwar nicht die Widerlegung aller nur denkbaren Unfallverläufe gehört, für die kein tatsächlicher Anhalt besteht, doch schon bloße Zweifel am unfallursächlichen Fahrverhalten die Feststellung der Unabwendbarkeit ausschließt (OLG München, Beschluss vom 07.05.2012, 1 U 4489/11, zitiert nach juris). Vorliegend bleibt - wie unter noch weiter ausgeführt wird - nach der Beweisaufnahme ungeklärt, welches von beiden Fahrzeugen in die Spur des anderen geriet, woraus folgt, dass auch keiner der Unfallbeteiligten den Nachweis geführt hat, dass der Unfall für ihn unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war.

b) Da sich der Unfall für keinen der Beteiligten als unabwendbares Ereignis darstelle nach § 17 Abs. 1 StVG auf eine Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Klägerin und des Beklagten zu 1) unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr an. Hierbei sind neben unstreitigen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagten zu 1), wie von der Klägerin behauptet, aus seiner Fahrspur nach rechts in die Fahrspur der Klägerin zog. Aus dem Unfallprotokoll der Polizei ergibt sich nicht, dass der Beklagte zu 1) die Spur gewechselt hat, Vielmehr hat die Polizei sowohl die Klägerin als auch den Beklagten zu 1) gleichermaßen als Unfallverursacher durch Spurwechsel vermerkt, woraus folgt, dass für die Polizei vor Ort nicht erkennbar war, welcher von beiden Fahrern den Unfall verursacht hat. Dementsprechend haben auch die Zeugen PK B. und PK K. in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sich die Klägerin und der Beklagte zu 1) bereits vor Ort gegenseitig die Schuld gaben. Damit korrespondiert, dass laut Unfallprotokoll auch keiner der beiden Fahrer einen Verkehrsverstoß zugegeben hat. Die Zeugen haben auch die Behauptung der Klägerin, der Beklagte zu 1) habe vor Ort gegenüber den Zeugen geäußert, dass die Luftdruckbremse seines LKWs "gebockt" habe und er deswegen in die Spur der Klägerin geraten sei, nicht bestätigt. Die Zeugen haben glaubhaft erklärt, sich an eine solche Aussage nicht erinnern zu können. Der Zeuge B. hat weiterhin nachvollziehbar ausgesagt, dass - hätte der Beklagte zu 1) eine solche Aussage getätigt - er vermutlich als Unfallverursacher mit der Ordnungsnummer 1) aufgenommen worden wäre.

Im Übrigen hat zwar die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung bestätigt, dass sie auf die hinter der Kreuzung befindliche Einfahrt der dortigen Shell-​Tankstelle einbiegen wollte. Auch der Zeuge PK K. glaubte sich zu erinnern, dass die Klägerin gesagt habe, dass sie auf die Tankstelle fahren wollte. Insoweit bestand für die Klägerin - wie auch der Zeuge PK K. anmerkte - kein Grund, die Spur nach links zu wechseln. Jedoch hat der Beklagte zu 1), für das Gericht nicht minder glaubhaft, erklärt, der Zusammenstoß habe in seiner Fahrspur, d.h. der Spur links neben der Spur der Klägerin stattgefunden. Zudem bestand auch für den Beklagten zu 1) kein Anlass seine Fahrspur zu verlassen und auf die äußerste rechte Spur zu ziehen. Denn diese äußerste rechte Fahrspur des H.-​Damms ist ab dem Bereich hinter der Tankstellenzufahrt regelmäßig - wie der Beklagte zu 1) angegeben hat und wie die Richterin auch aus eigener Kenntnis weiß - beparkt, so dass der Beklagte zu 1) diese Spur für seine Fahrt gar nicht hätte nutzen können.

Dem Antrag der Klägerin auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens war nicht nachzugehen, da dieses Beweismittel vorliegend ungeeignet ist. Denn ein Sachverständiger kann zwar den genauen Anstoßwinkel der Fahrzeuge ermitteln, nicht aber feststellen, wo auf der Straße die Fahrzeuge gefahren sind und auch nicht welcher Fahrzeugführer nach rechts oder nach links oder geradeaus gelenkt hat, sofern nicht zumindest die Position eines der beteiligten Fahrzeuge auf der Fahrbahn im Unfallzeitpunkt feststeht (KG Berlin, Beschluss vom 22.01.2007, 12 U 207/05, NZV 2007, 520). Derartige Anknüpfungspunkte fehlen jedoch hier. So haben die Fahrer nach dem Unfall nicht sofort angehalten, sondern zunächst den Kreuzungsbereich verlassen. Auch die Unfallskizze der Polizei beruht nur auf den Aussagen der beiden Fahrer. Der Zeuge PK K. hat insoweit angegeben, dass - wenn sich wie hier beide Parteien gegenseitig beschuldigen - er auch nur annehmen könne, wo der Kollisionspunkt war.

Selbst wenn ein Sachverständiger, wie von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. August 2012 vorgetragen, ermitteln könnte, welches der Fahrzeuge das andere zuerst berührt hatte, so lässt dies immer noch keine Rückschlüsse darauf zu, wo auf der Fahrbahn diese Annäherung erfolgte (vgl. KG, Beschluss vom 22.02.2007, 12 U 134/06).

c) Da nach den vorstehenden Ausführungen der Unfallhergang ungeklärt bleibt und weder ein Verschulden der Klägerin noch des Beklagten zu 1) feststeht, ist grundsätzlich eine Haftungsquote von 50/50 anzunehmen. Auch dass sich eine etwaige erhöhte Betriebsgefahr des LKW unfallursächlich ausgewirkt hat, steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Zwar dürfte die objektive Betriebsgefahr des LKWs bereits aufgrund seiner Breite höher als die Betriebsgefahr des klägerischen PKWs sein. So hat der Beklagte zu 1) selbst angegeben, dass der LKW 2,60 m breit ist und die betreffende Fahrspur auf dem Hohenzollerndamm 2,80m. Jedoch müsste dieser Umstand auch erwiesenermaßen ursächlich für den Unfall geworden sein, ansonsten bleibt er auch bei der Bemessung der Betriebsgefahr außer Betracht (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 17 StVG, Rz. 5). Vorliegend liegt es zwar nahe, dass die Kollision der beiden Fahrzeuge durch die Breite des LKWs zumindest begünstigt wurde. Fest steht dies jedoch nicht, da zumindest nicht auszuschließen ist, dass die Klägerin in die Fahrspur des Beklagten zu 1) herüberzog und dort auch mit einem weniger breiten PKW kollidiert wäre.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten.

Insoweit sind als ersatzfähige Reparaturkosten gem. § 249 BGB nur die von der Beklagten zugrunde gelegten 5.568,70 Euro anzusetzen, wonach sich unter Berücksichtigung der Quote von 50% ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Reparaturkosten in Höhe von 2.784,35 Euro ergibt, welcher durch die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten zu 3) bereits erfüllt ist.

a) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urteil vom 26.10.2009, VI ZR 53/09, NJW 2010 606).

Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Werkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Dabei muss der Schädiger dem Geschädigten Informationen an die Hand geben, die diesen in die Lage versetzen, die problemlose Zugänglichkeit sowie insbesondere die Gleichwertigkeit der alternativ vorgeschlagenen Instandsetzung in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu überprüfen. Zu der Entfaltung einer erheblichen eigenen Überprüfungsinitiative im Hinblick auf die Realisierung einer Reparatur zu den seitens des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung vorgeschlagenen Preisen ist der Geschädigte indes nicht verpflichtet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2012, 1 U 139/11, zitiert nach juris, Rz 57).

Die Beklagte zu 3) hat die Klägerin mit dem Prüfbericht der Firma " ... vom 21. Juni 2011 (Bl. 53 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Firma M. den Schaden zu einem Preis von 5.568,70 Euro instand setzen können. Der Klägerin wurden die Stundenverrechnungssätze der Firma, der Anschrift und Entfernung zum Wohnort der Klägerin mitgeteilt sowie, dass der Betrieb ausschließlich Originalersatzteile verwende und auf alle durchgeführten Karosserie- und Lackierarbeiten mindestens 2 Jahre Garantie gebe. Mit der Klageerwiderung haben die Beklagten sodann weitere Details zur Ausstattung des Betriebes vorgelegt, so dass die Beklagten der Klägerin jedenfalls im Ergebnis hinreichende Informationen zur Gleichwertigkeit haben zukommen lassen. Dass dem Geschädigten darüber hinaus ein konkretes, annahmefähiges Reparaturangebot, etwa in Form eines konkreten Kostenvoranschlages vorgelegt wird, ist demgegenüber nicht erforderlich (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2012, 1 U 139/11, zitiert nach juris, Rz. 60).

b) Vorliegend hat die Klägerin die Gleichwertigkeit der Firma M. auch nicht bestritten. Vielmehr war sie der Auffassung, dass es ihr unzumutbar sei, sich auf eine nicht markengebundene Werkstatt verweisen zu lassen. Auch dies ist jedoch nicht der Fall.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer nicht markengebundenen Werkstatt für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war. Aber auch bei Kraftfahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.

Alle diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Fahrzeug der Klägerin war zum Unfallzeitpunkt knapp 4 ½ Jahre alt. Es hatte bereits einen reparaturbedürftigen Vorschaden an der Seite erlitten, der nicht in einer Mercedes-​Benz Vertragswerkstatt gerichtet wurde. Zutreffend ist, dass der Mercedes mit einem Kilometerstand von knapp 60.000 km zum Unfallzeitpunkt eine relativ geringe Laufleistung aufwies. Jedoch kann auch daraus keine Unzumutbarkeit abgeleitet werden. Denn wie sich aus dem klägerischen Schadensgutachten ergibt, ist der Mercedes seit Februar 2010 auf die Klägerin zugelassen. Aus den eingereichten Kopien des Serviceheftes ergibt sich, dass der Mercedes zuvor in einer Mercedes-​Benz Niederlassung gewartet wurde, jedoch nach Februar 2010 nur noch in anderen, nicht markengebundenen Werkstätten und die Klägerin auch die Reparatur im November 2011 in einer freien Werkstatt durchführen ließ. Daraus folgt aber, dass die Klägerin selbst die Inanspruchnahme einer freien Werkstatt nicht als unzumutbar erachtet.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der im Schadensgutachten angesetzten Kosten der Beilackierung. Gemäß § 249 BGB sind alle erforderlichen Kosten zur Behebung eines Schadens zu ersetzen. Die Beklagten haben insoweit für nachvollziehbar dargelegt, dass die Frage, ob eine Beilackierung erforderlich ist, erst beurteilt werden kann, wenn die zu reparierenden Teile Instand gesetzt und lackiert wurden. Denn erst dann wird sichtbar, ob sich ein farblicher Unterschied zu der ursprünglichen Lackierung ergibt. Dass vorliegend letztlich nicht geklärt ist, ob eine Beilackierung tatsächlich erforderlich ist, da die Klägerin nur fiktiv abrechnet, geht zu Lasten der Klägerin, die sich für diese Abrechnungsart entschieden hat und die die Darlegungs- und Beweislast für die Schadenshöhe trägt.

d) Auch die durch die Beklagten vorgenommene Kürzung des Betrages hinsichtlich der Kleinersatzteile begegnet keinen Bedenken. Das Gericht kann hier den Schaden gem. § 287 ZPO schätzen, da angesetzten Beträge für Kleinersatzteile stets - so auch hier - auch durch den Sachverständigen nur prozentual anhand der ermittelten Kosten für die sonstigen Ersatzteile geschätzt werden. Aus einer Vielzahl anderer Sachverständigengutachten, die dem Gericht täglich in den verschiedenen Verfahren begegnen, ist erkennbar, dass für Kleinersatzteile regelmäßig 2 Prozent von der Kosten der sonstigen Ersatzteile angesetzt werden (so z.B. in den dem Gericht bekannten Gutachten der DEKRA). Auch in der von der Klägerin als Anlage K5 eingereichten Rechnung (Bl. 73 d.A.) werden nur 2 Prozent angesetzt. Nur vereinzelt hat das Gericht auch einen Wert von 3 Prozent feststellen können. Der im hiesigen Sachverständigengutachten angesetzte Wert von 5 Prozent erscheint danach überzogen. Im Ergebnis erachtet es das Gericht als sachgerecht, auch vorliegend den ganz überwiegend verwendeten Wert von 2 Prozent der Schätzung zugrunde zu legen, wonach sich die auch von der Beklagten zu 3) ermittelten 36,38 Euro (2% von 1.818,78 Euro) ergeben.

3. Da ein Anspruch der Klägerin in der Hauptsache nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der insoweit angefallenen vorgerichtlichen Anwaltskosten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 711 ZPO.