Das Verkehrslexikon

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Landgericht Dortmund Beschluss vom 26.08.2005 - 17 S 131/05 - Zum Überholverbot im verkehrsberuhigten Bereich

LG Dortmund v. 26.08.2005: Zum Überholverbot im verkehrsberuhigten Bereich


Das Landgericht Dortmund (Beschluss vom 26.08.2005 - 17 S 131/05) hat entschieden:
  1. Das Überholen im verkehrsberuhigten Bereich gemäß Zeichen 325 zu § 42 StVO ist per se ausgeschlossen.

  2. Schrittgeschwindigkeit ist die denkbar geringste Geschwindigkeit.

  3. In einem verkehrsberuhigten Bereich muss man nicht damit rechnen, überholt zu werden.

Siehe auch Überholen und Überholverbot und Verkehrsberuhigter Bereich


Zum Sachverhalt: Der Kl. (und Widerbeklagte) und der Bekl. und (Widerkläger) zu 1) verlangten wechselseitig Zahlung von Schadensersatz aus Anlass eines Verkehrsunfalls, der sich auf der H.str. ereignet hat, bei der es sich gem. Ziff. 325 zu § 42 StVO um einen verkehrsberuhigten Bereich (sog. Spielstraße) handelt. Als der Bekl. und Widerkläger zu 1) beabsichtigte, mit seinem Pkw BMW den vom Kl. gehaltenen und gefahrenen Pkw Subaru zu überholen, scherte das Fahrzeug aus und es kam zur Kollision der Fahrzeuge. Der Kl. hat behauptet. dass er an der Stelle hätte ausscheren müssen, da geparkte Fahrzeuge abgestellt gewesen seien. Der Bekl. zu 1) hat behauptet, dass der Kl. äußerst langsam gefahren sei, offensichtlich um ihn zu disziplinieren. Einen sachlichen Grund dafür. das Fahrzeug nach links zu ziehen, habe für den Kl. nicht bestanden.

Das AG hat nach Beweisaufnahme die Parteien auf Grundlage einer Verschuldensquote von 1/3 für den Kl. und 2/3 für die Bekl. wechselseitig zur Zahlung verurteilt.

Hiergegen richtete sich die Berufung des Bekl. zu 1), die erfolglos blieb.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Bei Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge nach § 17 StVG hat das AG zu Recht die Verschuldensquote mit 1/3 zu 2/3 festgesetzt. Zunächst ist auf Seiten des Kl. ein Verstoß gegen § 6 StVO zu berücksichtigen, da er zumindest beim Vorbeifahren an einem Hindernis nicht die erforderliche Sorgfalt hat obwalten lassen.

Auf Seiten des Bekl. zu 1) konnte das AG ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von einem Geschwindigkeitsverstoß ausgehen. Im Unfallbereich ist durch das Z. 325 zu § 42 StVO (sog. Spielstraße) angeordnet, dass Fahr-zeuge Schrittgeschwindigkeit einhalten müssen, Fußgänger die Straße in ihrer gesamten Breite benutzen können und Kinderspiele überall erlaubt sind. Entgegen der Auffassung des Bekl. zu 1) hat der Kl. diesen nicht disziplinieren, sondern dem straßenverkehrsrechtlichen Gebot Folge leisten wollen. Es ist unter logischen Gesichtspunkten nicht denkbar, wie der Bekl. zu 1) mit Schrittgeschwindigkeit das fahrende Fahrzeug des Kl. überholt haben will. Schrittgeschwindigkeit ist die denkbar geringste Geschwindigkeit, was sich zwanglos aus dem Sinn einer Spielstraße ergibt. Es reicht eben nicht aus, dass der Bekl. zu 1) deutlich unter 20 km/h gefahren ist, da dies jedenfalls mehr als Schrittgeschwindigkeit ist und damit eine Geschwindigkeitsüberschreitung darstellt.

Selbst wenn der Kl. nach links gezogen hätte, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich gewesen sein sollte, so muss in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, dass kein Verkehrsteilnehmer in einer Spielstraße damit rechnen muss, überholt zu werden. Die vom AG ausgeurteilte Quote ist unter allen - auch vom Bekl. zu 1) vorgetragenen - Voraussetzungen die denkbar günstigste Quote. Allein aufgrund des Geschwindigkeitsverstoßes wäre denkbar gewesen, dem Bekl. zu 1) die volle Haftung aufzuerlegen, wobei ein möglicher Verstoß gegen § 5 StVO noch nicht gewichtet wurde. Die Erhebung weiterer Beweise zu der Frage, ob der Bekl. überhaupt einem Hindernis ausgewichen ist, führt nach Auffassung der Kammer nicht zu einer Verursachungsquote von unter 2/3. Es kann daher dahinstehen, ob die vom Bekl. zu 1) insoweit angebotenen Beweise überhaupt hätten erhoben werden müssen. Unabhängig davon ist unstreitig, dass es beim Ausscheren des Kl. zur Kollision gekommen ist, so dass insoweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich war. ..."







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