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Landgericht Berlin Beschluss vom 22.06.2018 - 510 Qs 45/18 - Anforderungen an das Wiedereinsetzungsgesuch

LG Berlin v. 22.06.2018: Anforderungen an das Wiedereinsetzungsgesuch im Strafverfahren




Das Landgericht Berlin (Beschluss vom 22.06.2018 - 510 Qs 45/18) hat entschieden:

  1.  Ein Sachvortrag im Sinne des § 45 Abs. 2 StPO ist nur ausreichend, wenn das Gericht, das über den Wiedereinsetzungsantrag zu befinden hat, allein aufgrund des Vorbringens ohne weiteres in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob den Beschwerdeführer an der Fristversäumnis ein Verschulden trifft (vgl. KG, Beschluss vom 15. August 2007 – 2 Ws 157/07 – m.w.N.). Die hierfür maßgeblichen Tatsachen hat dieser glaubhaft zu machen, wobei die Glaubhaftmachung bereits Voraussetzung für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages ist und allein in dessen Verantwortungsbereich liegt (vgl. KG, Beschluss vom 15. August 2007 – 2 Ws 157/07 – m.w.N.)

  2.  Ein Wiedereinsetzungsantrag kann nur auf neue, dem Tatgericht bei seiner Entscheidung nicht bekannte Tatsachen gestützt werden, nicht hingegen auf solche, die das Tatgericht bereits dahingehend gewürdigt hat, dass sie das Ausbleiben des Betroffenen nicht genügend entschuldigen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn mit dem Wiedereinsetzungsantrag weitere Tatsachen vorgetragen werden, die den bisherigen – vom Tatgericht bereits gewürdigten – Entschuldigungsgrund ergänzen, verdeutlichen und glaubhaft machen sollen (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2013 – 517 Qs 98/12 –, juris unter Verweis auf KG, Beschluss vom 13. Januar 2012, - 3 Ws 6/12 – 141 AR 9/12 -)


Siehe auch
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
und
Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren

Gründe:


I.

Gegen den Betroffenen ist am 14. Februar 2018 ein Bußgeld in Höhe von 20,00 EUR wegen Parkens im Bereich eines Parkscheinautomaten ohne gültigen Parkschein festgesetzt worden. Hiergegen legte der Betroffene Einspruch ein. Das Amtsgericht Tiergarten beraumte unter dem 16. April 2018 einen Termin zur Hauptverhandlung auf den 3. Mai 2018 an. Nach einem Gespräch mit der zuständigen Geschäftsstelle des Amtsgerichts Tiergarten am 20. April 2018 bat der Betroffene mit Schreiben vom 22. April 2018 um Verlegung des Termins, weil er vom 28. April bis 6. Mai 2018 verreist sei. Eine Buchungsbestätigung fügte er bei. Mit Schreiben vom 26. April 2018, welches der Betroffene vor dem Antritt seines Urlaubs nicht mehr erhielt, teilte das Amtsgericht Tiergarten mit, dass es bei dem anberaumten Hauptverhandlungstermin bleibe.

Der Betroffene erschien zu dem Hauptverhandlungstermin am 3. Mai 2018 nicht. Das Amtsgericht Tiergarten verwarf daraufhin den Einspruch des Betroffenen. Der Betroffene beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trug vor, dass die Geschäftsstellenmitarbeiterin zuversichtlich gewesen sei, dass der Termin bei Übersendung von Reiseunterlagen aufgehoben werde, dass ihm bei kurzfristiger Absage der Reise hohe Stornokosten entstanden wären und dass er das gerichtliche Schreiben vom 26. April 2018 nicht vor seiner Abreise erhalten habe.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2018 hat das Amtsgericht Tiergarten den Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Betroffenen.





II.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen ist zwar zulässig, ihr bleibt aber der Erfolg versagt. Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand rechtfertigen könnten, sind von dem Betroffenen nicht glaubhaft gemacht worden (§ 45 Abs. 2 StPO).

Ein Sachvortrag im Sinne des § 45 Abs. 2 StPO ist nur ausreichend, wenn das Gericht, das über den Wiedereinsetzungsantrag zu befinden hat, allein aufgrund des Vorbringens ohne weiteres in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob den Beschwerdeführer an der Fristversäumnis ein Verschulden trifft (vgl. KG, Beschluss vom 15. August 2007 – 2 Ws 157/07 – m.w.N.). Die hierfür maßgeblichen Tatsachen hat dieser glaubhaft zu machen, wobei die Glaubhaftmachung bereits Voraussetzung für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages ist und allein in dessen Verantwortungsbereich liegt (vgl. KG, Beschluss vom 15. August 2007 – 2 Ws 157/07 – m.w.N.). Ein Wiedereinsetzungsantrag kann zudem grundsätzlich nur auf neue, dem Tatgericht bei seiner Entscheidung nicht bekannte Tatsachen gestützt werden, nicht hingegen auf solche, die das Tatgericht bereits dahingehend gewürdigt hat, dass sie das Ausbleiben des Betroffenen nicht genügend entschuldigen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn mit dem Wiedereinsetzungsantrag weitere Tatsachen vorgetragen werden, die den bisherigen – vom Tatgericht bereits gewürdigten – Entschuldigungsgrund ergänzen, verdeutlichen und glaubhaft machen sollen (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2013 – 517 Qs 98/12 –, juris unter Verweis auf KG, Beschluss vom 13. Januar 2012, - 3 Ws 6/12 – 141 AR 9/12 -).

Diesen Grundsätzen folgend hat das Amtsgericht Tiergarten den Antrag des Betroffenen zutreffend als unzulässig verworfen. Da sich das Tatgericht mit dem Umstand, dass der Betroffene an dem anberaumten Hauptverhandlungstermin urlaubsbedingt nicht erschienen ist, bereits in seinem Urteil auseinandergesetzt hat, sind entsprechende Entschuldigungsgründe im Wiedereinsetzungsverfahren verbraucht, selbst wenn sie ergänzt oder verdeutlicht werden (vgl. KG, Beschluss vom 6. Februar 2014 – 4 Ws 13/14 –).

Dass der Betroffene seine Entschuldigung auf das mit der Mitarbeiterin der Geschäftsstelle geführte Telefongespräch stützt, verhilft seiner sofortigen Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.




Denn er gibt selbst an, dass die Sachbearbeiterin ihm gegenüber lediglich "Zuversicht" geäußert habe, dass der Termin bei Übersendung entsprechender Reiseunterlagen verschoben werde. Eine Zusage, auf die sich der Betroffene hätte verlassen können, ist mithin bereits aus dem eigenen Vortrag nicht ersichtlich, zumal es sich auch dem Betroffenen aufdrängen muss, dass dies eine allein richterliche Entscheidung ist, die nicht von der Geschäftsstelle getroffen werden kann. Jedenfalls ist der entsprechende Vortrag auch nicht glaubhaft gemacht. Der übersandte Einzelverbindungsnachweis mag zwar durchaus belegen, dass ein Gespräch stattgefunden hat. Der Inhalt des Gesprächs wird hierdurch allerdings nicht deutlich. Eine eidesstattliche Versicherung der Lebensgefährtin, die das Gespräch mitangehört haben soll, ist nicht übersandt worden. Der Betroffene hätte sich vor Antritt seiner Reise ohne Weiteres telefonisch erkundigen können, ob der Termin verlegt worden ist. Dies gilt umso mehr, als er vorträgt, dass das amtsrichterliche Schreiben vom 26. April 2018 ihn nicht mehr vor Reiseantritt erreicht hat.



Da es bereits an einer Glaubhaftmachung fehlt, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand unzulässig und die sofortige Beschwerde unbegründet.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 1 StPO.

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