Das Verkehrslexikon

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Cannabis-Rechtsprechung in Hamburg

Die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zum Cannabiskonsum in Hamburg



Verwaltungsgerichtliche Spruchkörper im Bundesland Hamburg sind das Verwaltungsgericht Hamburg (VG Hamburg) und das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG Hamburg).




Gliederung:


- Oberverwaltungsgericht
- Verwaltungsgericht



Oberverwaltungsgericht:


OVG Hamburg v. 24.10.1997:
Voraussetzung für eine Maßnahme nach § 15b Abs 2 StVZO - Drogenscreening - ist im Falle des aufgrund hinreichend aussagekräftiger Anzeichen bestehenden Verdachts auf regelmäßigen oder gewohnheitsmäßigen Drogenkonsum nicht, dass der Fahrerlaubnisinhaber nachweislich bereits einmal im Drogenrausch am Straßenverkehr teilgenommen hat oder teilnehmen wollte. Der Ablehnung der Beibringung eines Gutachtens steht es gleich, wenn der Fahrerlaubnisinhaber im Rahmen des Drogenscreenings die Haaranalyse verweigert und lediglich mit der Urinuntersuchung einverstanden ist.

OVG Hamburg v. 03.12.2002:
Der bloße Besitz einer geringen Menge von Cannabis reicht nicht aus, um von dem der Behörde in § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV eingeräumten Ermessen im Sinne der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens Gebrauch zu machen oder Satz 1 Nr. 2 dahin auszulegen, dass bereits der bloße Besitz einer geringen Menge Cannabis die Annahme begründet, dass Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt. Der Umstand allein, dass der Fahrerlaubnisinhaber bei einer Autofahrt 4 g Cannabis bei sich hatte, legt eine von ihm ausgehende Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer nicht hinreichend nahe.

OVG Hamburg v. 27.08.2003:
Der Besitz von 252 Gramm Cannabiskraut rechtfertigt, vom Verdacht des regelmäßigen Konsums auszugehen und eine Haaranalyse anzuordnen.

OVG Hamburg v. 27.08.2003:
Der Weigerung im Sinne des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV, ein Gutachten beizubringen, steht es gleich, wenn die rechtmäßig angeordnete Überprüfung der Fahreignung im Rahmen einer rechtsmedizinisch-toxikologischen Untersuchung durch ein dem Betroffenen zurechenbares Kürzen des Haupthaares verhindert wird und es zur Klärung des Haschischkonsums notwendig und dem Betroffenen zumutbar war, die Haare nicht zu kürzen.

OVG Hamburg v. 20.06.2005:
Gelegentlicher Cannabiskonsum kann grundsätzlich, wenn einer der in Nr 9.2.2 der Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten weiteren Umstände wie die fehlende Trennung von Konsum und Fahren hinzutritt, die Nichteignung begründen, ein erlaubnisfreies Kraftfahrzeug, insbesondere ein Mofa, zu führen.

OVG Hamburg v. 23.06.2005:
Schon die einmalige Einnahme von Cannabis genügt für eine "gelegentliche Einnahme" im Sinne des § 14 Abs 1 S 4 FeV. Mit "gelegentlich" ist jede Einnahme bezeichnet, die hinter regelmäßiger Einnahme zurückbleibt. Die Fahrerlaubnisbehörde darf nach § 14 Abs 1 S 4 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einschließlich eines Drogenscreenings anordnen, wenn der Betroffene unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, selbst wenn zunächst nur dieser eine Drogenkonsum feststeht.

OVG Hamburg v. 15.12.2005:
Die gelegentliche Einnahme von Cannabis im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV liegt schon dann vor, wenn ein einmaliger Konsum dieser Droge festgestellt worden ist. Die Fahrtauglichkeit wird bereits bei einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut eingeschränkt (Entziehung der Fahrerlaubnis bei Verweigerung einer MPU nach einmaliger Verkehrsteilnahme unter 1,7 ng/ml THC).

OVG Hamburg v. 03.05.2010:
Der einmalige Konsum von Cannabis ist mit gelegentlichem Konsum im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV gleichzusetzen, so dass auch bei einmaligem Konsum regelmäßig keine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr besteht, sofern nicht zwischen dem Cannabisgenuss und dem Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr getrennt wird.

Achtung! Änderunge der Rechtsprechung:

OVG Hamburg v. 16.05.2014:
Der ein- bzw. erstmalige Cannabiskonsum kann mit einem gelegentlichen Cannabiskonsum i.S.v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV nicht gleichgesetzt werden (Änderung der Rechtsprechung). Die in einem Fall festgestellte Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss von Cannabis rechtfertigt es nicht bereits, auf eine mehr als einmalige Cannabisaufnahme zu schließen, auch wenn es der Betroffene unterlässt, sich ausdrücklich auf einen Erstkonsum zu berufen und die Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft zu erklären.

OVG Hamburg v. 16.05.2014:

   Die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ist ein Tatbestandsmerkmal, für das die Antragsgegnerin die materielle Beweislast trägt.

Es spricht allerdings nichts dagegen, das Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers bei der Klärung der Frage, ob ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt, zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund kommt dem Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers insofern Bedeutung zu, als von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgegangen werden kann, wenn ein Verhalten eingeräumt wird, das den Schluss auf mindestens einen weiteren Konsum rechtfertigt.

Auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 kann weiterhin ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blutserum von fehlendem Trennungsvermögen zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs ausgegangen werden.
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Verwaltungsgericht:


VG Hamburg v. 02.05.2003:
Die Fahrerlaubnisentziehung aufgrund Cannabiskonsums ist trotz der Weigerung, ein medizinisches Gutachten beizubringen, nicht rechtmäßig, wenn die nur gelegentliche Einnahme von Cannabis bekannt ist, bereits durch ein Drogenscreening abgeklärt wurde und keine Umstände für eine zwischenzeitliche Änderung der Konsumgewohnheiten sprechen.

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