Zwar ist der Zweck der Führungsaufsicht auch im polizeilich-präventiven Bereich anzusiedeln, soweit sie dazu dient, den Verurteilten durch Überwachung und Kontrolle an der Begehung weiterer Taten zu hindern. Daraus ist aber keine Kostentragungspflicht des Staates abzuleiten. Der Verurteilte hat die Kosten der Weisung grundsätzlich selbst zu tragen. Die Verpflichtung des Verurteilten, die Kosten einer Nachsorgebehandlung zu übernehmen, folgt damit im Innenverhältnis aus der Inanspruchnahme der jeweiligen Einrichtung. Erst wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verurteilten die Schwelle des Zumutbaren überschritten und damit das Übermaßverbot verletzt wird, muss an eine Änderung der Weisung oder ggf. die Kostentragung des Staates gedacht werden.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Bremen hat den Verurteilten mit Urteil vom 14.02.2008 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit Beschluss vom 19.01.2010 der Kleinen Strafvollstreckungskammer II des Landgerichts Bremen sind die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt sowie die Vollstreckung der noch nicht durch Vikariieren verbüßten restlichen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden. Der Verurteilte wurde am 01.02.2010 aus der Unterbringung entlassen. Mit der Entlassung ist Führungsaufsicht eingetreten. Die Strafvollstreckungskammer hat insoweit verschiedene Weisungen für die Dauer der Führungsaufsicht von zwei Jahren erteilt. Unter anderem hat sie unter Ziff. II Nr. 3 des Beschlusses den Verurteilten angewiesen, an ambulanten Nachsorge- und Therapiemaßnahmen der Klinik nach deren Weisungen teilzunehmen, und zwar einmal wöchentlich.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 04.06.2010 mit dem Antrag festzustellen, dass der Verurteilte von den Kosten freigestellt werde, die ihm insoweit entstehen. Hilfsweise beantragt er, die Auflage Ziff. II Nr. 3 aufzuheben. Zur Begründung führt er an, dass eine Kostenübernahme durch das Amt für Soziale Dienste abgelehnt werde und er selbst die Kosten nicht übernehmen wolle und könne.
Das Amt für Soziale Dienste hat durch Bescheid vom 02.08.2010 die Kostenübernahme für die Rechnung der ambulanten Nachsorge abgelehnt, nachdem der Verurteilte zuvor unter Fristsetzung aufgefordert worden war, Angaben über Einkommen und Vermögen zu machen, dem aber nicht nachgekommen war.
Die Kleine Strafvollstreckungskammer II hat durch Beschluss vom 06.07.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und den Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt, weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt sei. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 05.08.2010 beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1 StPO). Soweit der Verurteilte in erster Linie erstrebt, ihn von der Kostentragungspflicht als Folge einer gerichtlichen Weisung freizustellen, kann er eine entsprechende Überprüfung nur im Rahmen der Beschwerde gegen die Weisung selbst erreichen. Der Verurteilte hat deutlich gemacht, dass dies auch von seinem Anfechtungswillen umfasst ist, indem er "hilfsweise" die Aufhebung der Weisung beantragt hat. Die Beschwerde ist formgerecht eingelegt (§ 306 Abs. 1 StPO) und damit zulässig.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Eine Beschwerde gegen Weisungen nach § 68 b StGB im Rahmen der Führungsaufsicht kann gemäß §§ 463, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO nur darauf gestützt werden, dass die getroffene Anordnung gesetzeswidrig ist. Neben der Prüfung, ob der angefochtenen Entscheidung eine ausreichende Rechtsgrundlage zugrunde liegt, stellt sich dabei die Frage, ob die Anordnung unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. KK-StPO-Fischer, 6. Aufl. 2008, § 453 Rn. 13; Meyer-Goßner, StPO, 53. Auflage 2010, § 453 Rdn. 12). Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Beschluss nicht gesetzeswidrig.
a) Bei der streitgegenständlichen Weisung handelt es sich ihrem Wortlaut und Inhalt nach um eine Therapieweisung gemäß § 68 b Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB. Es ist nicht anzuzweifeln, dass die Weisung im Grundsatz zulässig ist. Zur Notwendigkeit der forensischen Nachsorge wird auf die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 19.01.2010 Bezug genommen. Der Betroffene hat in der Anhörung vom 18.01.2010 seine Einwilligung zur Teilnahme an den ambulanten Nachsorge- und Therapiemaßnahmen erteilt.
b) Die Weisung muss nicht um die Feststellung einer staatlichen Kostentragungspflicht ergänzt werden.
Eine solche Ergänzung ist aber nicht etwa deshalb entbehrlich, weil es bereits eine ausdrückliche gesetzliche Kostentragungspflicht des Staates gäbe. Eine diesbezügliche Pflicht besteht nicht. § 68 b Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB enthält keine Regelung der Übernahme der Kosten für Anordnungen im Rahmen der Führungsaufsicht.
Soweit das OLG Dresden im Beschluss vom 23.03.2009 (NStZ 2009, 268) anscheinend aus dem Gefahrenabwehrcharakter führungsaufsichtsrechtlicher Weisungen eine grundsätzliche Kostentragungspflicht des Staates für solche Weisungen ableiten will, überzeugt dieser Ansatz nicht. Zwar ist der Zweck der Führungsaufsicht auch im polizeilich-präventiven Bereich anzusiedeln, soweit sie dazu dient, den Verurteilten durch Überwachung und Kontrolle an der Begehung weiterer Taten zu hindern. Daraus ist aber keine Kostentragungspflicht des Staates abzuleiten. Denn auch das Polizeirecht und das Verwaltungskostenrecht kennen die Kostentragungspflicht des Veranlassers des Gefahr- oder Störerverdachts (vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 14. Auflage 2008, § 14 Rn. 1, 13; Peglau, Anm. zu OLG Dresden, Beschluss vom 23.03.2009, jurisPR-StrafR 7/2010). So regelt etwa § 4 Abs. 1 Satz 2 BremGebBeitrG die Erhebung von Verwaltungsgebühren für die Vornahme von Amtshandlungen, die aufgrund gesetzlicher Ermächtigung im überwiegenden Interesse eines einzelnen vorgenommen werden. Überdies ist die Führungsaufsicht auch primär nicht im Gefahrenabwehrrecht verankert, sondern soll als Maßregel der Besserung und Sicherung in erster Linie Sozialisierungshilfe gewähren. Die Weisung zur therapeutischen Nachsorge dient vor allem dem Verurteilten als Hilfestellung für zukünftiges straffreies Leben (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.03.2009 – 1 Ws 94/09 – zitiert nach juris; Schneider, Die Reform der Führungsaufsicht, NStZ 2007, 441, 442).
Der Verurteilte hat die Kosten der Weisung grundsätzlich selbst zu tragen. Die Kostentragungspflicht folgt allerdings nicht bereits aus der Kostengrundentscheidung des Strafverfahrens. Insoweit handelt es sich nicht um Kosten des Verfahrens im Sinne des § 464 a Abs. 1 Satz 1 StPO oder Kosten der Vollstreckung im Sinne von § 464 a Abs. 1 Satz 2 StPO, die der Verurteilte nach § 465 StPO zu tragen hat. Das ergibt sich schon daraus, dass die Befolgung einer solchen Weisung nicht vollstreckt werden kann, sondern allenfalls wegen der Konsequenzen im Falle ihrer Missachtung einen faktischen Zwang zur Befolgung ausübt (OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.03.2009 – 1 Ws 94/09 – zitiert nach juris; vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 23.06.2008 – 2 VAs 5/08 – BeckRS 2009 04424). Die Kosten stellen dementsprechend auch keine gerichtlichen Auslagen dar, die der Verurteilte zu erstatten hat. Die Erhebung der Kosten der Vollstreckung von freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung richtet sich nach § 12 KostVfg. und dem StVollzG (LR/Hilger, 26. Auflage 2010, § 464a Rn. 18). Soweit nach §§ 50, 138 Abs. 2 StVollzG, § 12 KostVfg. für die Kosten der Unterbringung als Teil der Kosten der Vollstreckung ein Kostenbeitrag von dem Untergebrachten erhoben werden kann, erstreckt sich das nur auf die stationäre Unterbringung und damit nicht auf die Kosten der Weisung nach Entlassung (vgl. Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 7. Auflage 2009, Rn. 543 ff.). Da die Strafvollstreckungskammer die Einrichtung der ambulanten Nachsorge auch nicht "heranzieht" im Sinne von § 1 Abs. 1 JVEG, besteht kein gesetzlicher Vergütungs- bzw. Entschädigungsanspruch gegen die Staatskasse nach §§ 8, 19 oder 23 JVEG. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation beispielsweise von der Beauftragung des Sachverständigen durch die Strafvollstreckungskammer, ein Prognosegutachten gemäß § 463 Abs. 3 Satz 4 StPO zu erstellen (vgl. Volckart/Grünebaum, a.a.O., Rn. 555). Es ist auch sonst keine gesetzliche Erstattungspflicht des Gerichts gegenüber der Einrichtung mit der Folge der Auslagenerhebung beim Verurteilten ersichtlich (vgl. § 5 Abs. 1 JVKostO i.V.m. § 137 KostO). Wenn die für den Vollzug der Weisungen zuständigen Länder gegenüber den jeweiligen Leistungserbringern Kostenzusicherungen abgegeben oder gar eine konkrete Entgeltvereinbarung getroffen haben, wie es das Land Bremen getan hat, dient dies dem Erhalt der gesetzlich vorgesehenen forensischen Ambulanzen (vgl. § 68 a Abs. 7 StGB) und mag vertragliche Ansprüche der Leistungserbringer begründen. Damit werden die Kosten aber nicht zu Kosten des Vollstreckungsverfahrens.
Die Verpflichtung des Verurteilten, die Kosten einer Nachsorgebehandlung zu übernehmen, folgt damit im Innenverhältnis aus der Inanspruchnahme der jeweiligen Einrichtung. Die Belastung des Verurteilten mit diesen Folgekosten ist dabei der Weisung immanent. Sie kann auch bei anderen Weisungen als der Nachsorge- und Therapieanordnung eintreten. So können etwa Meldepflichten nach § 68 b Abs. 1 Nr. 7 StGB zu Fahrtkosten und das Verbot bestimmter Erwerbstätigkeiten nach § 68 b Abs. 1 Nr. 4 StGB oder das Verbot des Führens bzw. Haltens von Kraftfahrzeugen nach § 68 b Abs. 1 Nr. 6 StGB zu Einnahmeeinbußen führen (vgl. Peglau, a.a.O.).
c) Alleiniger Maßstab, ob die als Folge der Weisung entstehende Kostenbelastung des Verurteilten ihre Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat, ist damit im vorliegenden Fall die Unzumutbarkeit (s. auch § 68 b Abs. 3 StGB). Erst wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verurteilten die Schwelle des Zumutbaren überschritten und damit das Übermaßverbot verletzt wird, muss an eine Änderung der Weisung oder ggf. die Kostentragung des Staates (etwa als Annexregelung zur Entscheidung nach § 68 b Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 StGB; vgl. dazu OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.03.2009 – 1 Ws 94/09 – zitiert nach juris; ihm wohl folgend OLG Karlsruhe, Beschluss v. 05.08.2010 – 1 Ws 107/10 – zitiert nach juris) gedacht werden.
Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kostentragung den Verurteilten unzumutbar belastet. Das Amt für Soziale Dienste als Rehabilitationsträger hat den Verurteilten am 07.05 2010 unter Beifügung eines Antragsformulars zwecks Prüfung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII mit der Aufforderung angeschrieben, Nachweise über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse einzureichen. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen, so dass das Amt für Soziale Dienste mit Bescheid vom 28.06.2010 unter Hinweis auf die fehlende Mitwirkung (§ 66 SGB I) die Übernahme der Kosten abgelehnt hat. Auch im Beschwerdeverfahren hat der Verurteilte seine Vermögensverhältnisse nicht dargelegt. Damit kann nicht festgestellt werden, dass die erteilte Weisung wegen der damit verbundenen Kosten unzumutbar ist. Denn dem Verurteilten ist es jedenfalls zumutbar, seinen Mitwirkungspflichten im sozialrechtlichen Verfahren zur Prüfung der Kostenübernahme nachzukommen. Tut er dies nicht, sprechen genügend Anhaltspunkte dafür, dass die Schwelle zur Unzumutbarkeit der Weisung nicht überschritten ist, weil Einkommen bzw. Vermögen vorhanden sind, so dass der Verurteilte sich von einem Antrag auf Kostenübernahme keinen Erfolg verspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.