Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Fahrverbot wegen grober Pflichtverletzung

Fahrverbot wegen grober Pflichtverletzung




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines



Einleitung:


Wird gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihm die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen.

Daraus ergibt sich die Möglichkeit, auch schon bei einer Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot zu verhängen, wenn es sich um eine grobe Pflichtverletzung handelt.


Grobe Pflichtverletzungen sind solche, die (objektiv) immer wieder Ursache schwerer Unfälle sind und (subjektiv) auf besonders grobem Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruhen. Auch bei objektiv grobem Verstoß setzt die Anordnung ein besonders verantwortungsloses Verhalten voraus.

- nach oben -



Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Fahrverbot

Fahrverbot im Strafverfahren

Regelfahrverbot

Fahrverbot bei Rotlichtverstößen - Einzelfälle

Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitungen - Einzelfälle

Absehen vom Fahrverbot allgemein

Fahrverbot und sog. Augenblicksversagen

Absehen vom Fahrverbot wegen Existenzgefährdung oder drohendem Verlust des Arbeitsplatzes

- nach oben -






Allgemeines:


OLG Düsseldorf v. 04.01.1993:
Eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 35 km/h stellt keine grobe Pflichtverletzung dar.

KG Berlin v. 10.08.1998:
Bei einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (hier: 30 km/h) um mehr als 100% liegt regelmäßig ein grober Verstoß im Sinne von StVG § 25 Abs 1 vor, der die Verhängung des Regelfahrverbots rechtfertigt.

OLG Braunschweig v. 15.03.1999:
Die Grundsätze, die der BGH zum Augenblicksversagen bei "groben" Pflichtwidrigkeiten entwickelt hat (DAR 1997, 450), gelten entsprechend auch für Fälle "beharrlicher" Pflichtwidrigkeiten, da die Grundkonstellationen in beiden Fallgruppen einander entsprechen. Eine "beharrliche" Pflichtwidrigkeit kann daher, in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur "groben" Pflichtwidrigkeit, nicht angenommen werden, wenn der Verkehrsverstoß auf ein Augenblicksversagen zurückgeht, das auch ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrer nicht immer vermeiden kann.




OLG Koblenz v. 20.09.2004:
Ausführlich zu grober Pflichtverletzung, Gleichgültigkeit und Augenblicksversagen

OLG Bamberg v. 11.04.2006:
Die von den Gerichten zu beachtende Vorbewertung des Verordnungsgebers in § 4 Abs. 1 BKatV gilt auch für die Dauer des aufgrund einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verwirkten Fahrverbots.

OLG Stuttgart v. 04.06.2007:
Wer bei unklarer Verkehrslage überholt und dabei die Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295 StVO) überfährt, verwirklicht nicht die Tatbestände der Nr. 19.1 und 19.1.1 des Bußgeldkataloges. Ein Fahrverbot wegen grober Pflichtverletzung kommt daher in einem solchen Fall nicht in Betracht.

AG Lüdinghausen v. 23.01.2009:
Ein Absehen von einem Regelfahrverbot nach einem grob pflichtwidrigen Geschwindigkeitsverstoß ist selbst bei Vorliegen etwaiger Härten dann nicht möglich, wenn zugleich ein Fall der Beharrlichkeit vorlag.

OLG Brandenburg v. 04.01.2011:
Zur Frage, warum grundsätzlich keine Addition von Regelfahrverboten erfolgt, wenn dieselbe Handlung sowohl die Voraussetzungen einer groben als auch einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gemäß § 25 Abs. 1 StVG, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BKatV erfüllt.

AG Haßfurt v. 22.03.2013:
Bei Vorliegen eines Regelfahrverbotes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BkatV wird - nicht zuletzt aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer aus Art. 3 Abs. 1 GG - zum einen die Vermutung ausgelöst, dass das Fahrverbot zur Einwirkung auf den Betroffenen erforderlich ist und zum anderen, dass die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen für den Betroffenen keine unangemessene Härte darstellen. Der Betroffene hat hiernach die mit dem Fahrverbot verbundenen typischen nachteiligen Folgen für die überschaubare Dauer von bis zu 3 Monaten in aller Regel als vorhersehbar und selbst verschuldet hinzunehmen (ebenso statt vieler u.a. BGH St 38, 125, 231; BayObLG NZV 1994, 37; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22OLG Hamm NZV 2000, 264; 2001, 90; 2002, 140; BayObLG DAR 2001, 84).



OLG Bamberg v. 29.01.2015:
Auf eine argumentativ nachvollziehbare tatrichterliche Begründung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots kann regelmäßig dann nicht verzichtet werden, wenn die Fahrverbotsanordnung auf einen beharrlichen Pflichtenverstoß außerhalb eines Regelfalls im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV gestützt wird.

KG Berlin v. 26.05.2016:
Fährt ein Lkw-Fahrer bei Regen und voraussehbar „schmieriger“ Fahrbahn mit 20 km/h rechtsabbiegend unter Missachtung eines Rotlichts 1,86 Sekunden nach Rot in eine bevorrechtigte Straße ein, besteht kein Anlass, von der Verhängung eines Regelfahrverbots wegen grober Pflichtverletzung abzusehen.

- nach oben -



Datenschutz    Impressum