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Alkohol - Grenzwerte für die absolute Fahruntauglichkeit

Alkohol - Grenzwerte für die absolute Fahruntauglichkeit




Gliederung:


   Einleitung

Weiterführende Links

Allgemeines




Einleitung:


Bei der durch den Konsum von Alkohol verursachten Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Fahrzeug im Verkehr sicher führen zu können, wird zwischen sog. absoluter und sog. relativer Fahruntüchtigkeit unterschieden.

Auf Grund jahrzehntelanger Erfahrungen und aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass es Grenzwerte der Alkoholmenge im Blut gibt, bei deren Überschreiten kein Mensch mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. "Sicher führen" bedeutet nicht, beispielsweise ein Kfz mit vorsichtiger Fahrweise noch mit "Ach und Krach" einigermaßen nach Hause zu bringen, sondern der Fahrzeugführer muss in der Lage sein, sein Fahrzeug über längere Wegstrecken ohne jegliche Ausfallserscheinungen auch dann noch vom Alkohol völlig unbeeinträchtigt zu beherrschen, wenn er in eine für ihn oder andere kritische Verkehrssituation gerät.


Für einen Grad der Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit, bei dem dieses sichere Fahrzeugführen nicht mehr möglich ist, hat die medizinische Wissenschaft - deren Resultate die Rechtsanwendung zu akzeptieren hat - Grenzwerte festgestellt. Wird ein derartig wissenschaftlich feststehender Grenzwert überschritten, so wird unwiderlegbar vermutet, dass der betreffende Fahrzeugführer absolut fahruntauglich ist.

Dieser Grenzwert gilt auch für die Führer abgeschleppter Fahrzeuge.

Der wissenschaftlich festgestellte Wert, von dem ab diese sog. absolute Fahruntauglichkeit eine Kfz-Führers vorliegt, liegt eigentlich schon bei 1,0 Promille. Um jedoch etwa noch bestehende geringfügige Fehlermöglichkeiten bei der Blutalkoholbestimmung auszuschließen wird noch ein Sicherheitszuschlag gemacht, der früher bei 0,2 Promille lag, jetzt aber schon seit vielen Jahren auf Grund der wissenschaftlichen Forschung bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration mit 0,1 Promille für ausreichend angesehen wird.

Somit beträgt der von der Rechtsprechung verwendete Grenzwert für die absolute Fahruntauglichkeit eines Kfz-Führers 1,1 Promille; das gilt auch für Krad- oder Moped- bzw. Mofafahrer. Dieser Wert gilt auch bei einem motorisierten Krankenfahrstuhl oder einem E-Scooter.

Für Radfahrer liegt der Wert der wissenschaftlich feststellbaren Fahruntauglichkeit an sich bei 1,5 Promille, unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille also eigentlich bei 1,7 Promille. Ein Großteil der Rechtsprechung hat aber auch bei Radfahrern die Herabsetzung des erforderlichen Sicherheitszuschlages infolge der technischen Entwicklung bei der Blutalkoholbestimmung von 0,2 auf 0,1 Promille mitgemacht und gelangt so zu einem Radfahrer-Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von 1,6 Promille.

Das gilt auch für Pedelecs.

Wann muss nun dieser Grenzwert erreicht sein?

Durch gründlichste und vielfache Untersuchungen und Testverfahren steht fest, dass die gefährlichsten Ausfallerscheinungen bereits in der sog. Anflutungsphase zu Tage treten. Den Zeitraum von der Aufnahme des Alkohols bis zur vollständigen Aufnahme aus dem Verdauungstrakt in den Blutkreislauf bezeichnet man auch als Resorptions- bzw. Anflutungsphase. Nimmt jemand soviel Alkohol zu sich, dass er später den Grenzwert von 1,1 Promille erreicht, dann ist davon auszugehen, dass er auch bereits in der Anflutungsphase nicht mehr zur sicheren Beherrschung seines Fahrzeugs in der Lage war.




Wird also später durch die Blutanalyse ein Alkoholgehalt von 1,1 oder mehr zum Zeitpunkt der Blutentnahme festgestellt, so muss auch dann von absoluter Fahruntauglichkeit schon zur Tatzeit ausgegangen werden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Resorption des konsumierten Alkohols möglicherweise noch nicht abgeschlossen war, sondern sich der Fahrzeugführer noch in der Anflutungsphase befand.

Für Fußgänger als Verkehrsteilnehmer besteht keine an einen bestimmten Grenzwert gebundene absolute Verkehrsuntauglichkeit. Eine Ahndung der Verkehrsteilnahme eines verkehrsuntauglichen Fußgängers kommt allenfalls als Ordnungswidrigkeit in Betracht.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Alkohol

Alkohol - Grenzwerte für die absolute Fahruntauglichkeit

Alkohol im Verkehrsstrafrecht - Trunkenheitsfahrt - Fahruntüchtigkeit

Relative Fahruntüchtigkeit

Die sog. absolute Fahruntauglichkeit

Der sog. Beweisgrenzwert von 1,1 Prom., der für alle Führer von Kraftfahrzeugen gilt, ist auch für Kradfahrer maßgeblich.

(Leicht-)Mofaführer 1,1 Promille?

Rechtsprechung: Absolute Fahruntauglichkeit ist bei einem Radfahrer ab 1,6 oder 1,7 Promille gegeben.

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Allgemeines:


BGH v. 29.10.1981:
Auch der Fahrer eines führerscheinfreien Fahrrades mit Hilfsmotor (sog Mofa 25) ist bei einem Blutalkoholgehalt von 1,3 (jetzt 1,1) ‰ absolut fahruntüchtig.

LG Oldenburg v. 08.09.1989:
Für Leicht-Mofa-Fahrer beginnt wie für Radfahrer die absolute Fahruntüchtigkeit mit 1,7 Promille.

BGH v. 18.01.1990:
Für den Führer eines (hier: mittels eines Abschleppseiles) abgeschleppten betriebsunfähigen Personenkraftwagens gilt der gleiche Beweisgrenzwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit wie für einen Kraftfahrzeugführer.

BGH v. 28.06.1990:
Kraftfahrer sind bei einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig.

OLG Hamm v. 07.01.1999:
Wer einen wegen Kraftstoffmangels betriebsunfähigen Pkw im Abschleppvorgang führt, ist Fahrer eines Fahrzeugs im Sinne von StGB § 316. Für den Fahrer eines solchen Fahrzeugs gilt der Alkoholgrenzwert von 1,1 Promille.

AG Löbau v. 07.06.2007:
Der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit beim Fahrer eines Elektrorollstuhls ist entsprechend dem Grenzwert bei einem Fahrradfahrer mit 1,6 ‰ zu bestimmen.




OLG Nürnberg v. 13.12.2010:
Der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von Fahrern motorisierter Krankenfahrstühle (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV), die nach dem Pflichtversicherungsgesetz zu versichern und mit einem Versicherungskennzeichen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV - in der Fassung vom 16. Juli 2009) zu versehen sind, beträgt 1,1 Promille.

OLG Oldenburg v. 24.02.2014:
Auch der Führer einer Pferdekutsche ist ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 g vT absolut.

OLG Hamburg v. 19.12.2016:
Bei einem sog. Segway handelt es um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 316 StGB. Die maßgebliche Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegt bei 1,1 Promille.

LG München v. 30.10.2019:
Gemäß § 1 Absatz 1 eKFV sind Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der Verordnung grundsätzlich Kraftfahrzeuge im Sinne von § 1 Absatz 2 StVG. Für sie gilt auch der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von 1,1 ‰ (hier: E-Scooter bzw. E-Tretroller).

OLG Karlsruhe v. 14.07.2020:
  1.  Es liegt nahe, Elektrofahrräder mit Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h (sog. Pedelecs) auch strafrechtlich nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen.

  3.  Ein Erfahrungssatz, dass Pedelc-Fahrer unterhalb des für Fahrradfahrer geltenden Grenzwertes von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind, besteht nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht.

LG Halle v. 16.07.2020:
Es kann dahingestellt bleiben, ob auf Fahrten mit E-Scootern der Grenzwert von 1,1 %o anzuwenden ist oder ob für sie der Grenzwert für Fahrradfahrer von 1,6 %o gilt. Selbst wenn von einem Grenzwert von 1,1 0/00 auszugehen wäre, so kommt doch ein Absehen von der Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht.

BayObLG v. 24.07.2020:
Bei E-Scootern handelt es sich um Fahrzeuge im Sinne von § 316 StGB. Die Bewertung der Frage der alkoholbedingten absoluten Fahrunsicherheit ist rechtlich zutreffend unter Anwendung der für Kraftfahrer geltenden Promillegrenze von 1,1 Promille vorzunehmen.



OLG Karlsruhe v. 15.10.2020:
  1.  Elektrofahrräder mit Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h (sog. Pedelecs) sind auch strafrechtlich nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen.

  2.  Ein Erfahrungssatz, dass Pedelec-Fahrer unterhalb des für Fahrradfahrer geltenden Grenzwertes von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind, besteht nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht.

BGH v. 02.03.2021:
Eine Verurteilung gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG setzt im Hinblick auf die Kraftfahrzeugeigenschaft und Fahrerlaubnispflichtigkeit eines Elektrorollers - hier: „Elektroroller Sunny-E-Bike“ - entsprechende Feststellungen zu Art und technischer Beschaffenheit voraus, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob das Fahrzeug § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV oder aber § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV unterfällt. - Gleiches gilt bei der Verurteilung gem. § 316 Abs. 1 StGB oder § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Nr. 2 StGB bezüglich der fahrzeugtechnischen Einordnung, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Tatgericht zu Recht den für absolute Fahruntüchtigkeit entwickelten BAK-Grenzwert von 1,1 ‰ seiner rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt hat. Ob dieser auf Fahrten mit einem Elektroroller überhaupt anwendbar ist, kann offen bleiben.

AG Essen v. 12.01.2022:
Befährt der alkohoöbediingt absolut fahruntaugliche Führer eines E-Scooters sonntags nachts den Gehweg, liegt kein Regelfall für den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis vor.

LG Wuppertal v. 02.02.2022:
Der für Kraftfahrer ermittelte Grenzwert von 1,1 Promille ist auch auf Führer von E-Scootern anzuwenden.

KG Berlin v. 31.05.2022:
Der für Führer von Kraftfahrzeugen anerkannte so genannte Beweisgrenzwert, ab dem die alkoholbedingte Fahrunsicherheit unwiderleglich („absolut“) besteht, gilt auch für Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen, namentlich für Nutzer von E-Scootern.

Auch gegen einen alkoholbedingt fahrunsicheren Fahrer eines E-Scooters können die Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB angeordnet werden.

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