Das Verkehrslexikon

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Bezugnahme auf ein Foto im Urteil - Lichtbildnachweis

Bezugnahme auf ein Foto im Urteil - Lichtbildnachweis




Gliederung:


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Allgemeines




Weiterführende Links:


Lichtbildbeweis - Radarfoto - Videoaufzeichnung - Passfotovergleich - Wahllichtbildvorlage

Täterschaftsnachweis durch ein anthropologisch-biometrisches Sachverständigengutachten

Urteilsanforderungen im Bußgeldverfahren

Die Bezugnahme auf die Anzeige im Urteil in Ordnungswidrigkeitenverfahren

Täterschaftsnachweis durch ein anthropologisch-biometrisches Sachverständigengutachten

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Allgemeines:


OLG Zweibrücken v. 20.11.2001:
Ein Urteil ist fehlerhaft, wenn darin auf Lichtbilder verwiesen wird, die sich im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch nicht bei den Akten befunden haben. Die unzulässige Verweisung bleibt jedoch ohne Auswirkung auf das Urteil, wenn seine Gründe auch ohne die Verweisung auf die Lichtbilder eine aus sich heraus verständliche Schilderung des Fahrverhaltens des Betroffenen, der Straßenverhältnisse, der Beschilderung sowie des Verkehrsablaufs enthalten, so daß eine umfassende Beurteilung möglich ist.

OLG Hamm v. 02.09.2004:
Die Bezugnahme auf ein beweisgeeignetes Foto ist im Urteil auch bei Einholung eines anthropologischen SV-Gutachten nötig.

OLG Hamm v. 13.05.2005:
Wird auf das bei der Akte befindliche Beweisfoto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG sowie auf ein Vergleichsbild verwiesen, kann das Rechtsbeschwerdegericht aus eigener Anschauung die zum Inhalt der Urteilsurkunde gemachten Lichtbilder würdigen und beurteilen, ob das Tatgericht zutreffend die Identität des Betroffenen mit der auf dem Lichtbild abgebildeten Person festgestellt hat.

KG Berlin v. 16.01.2006:
Stützt der Tatrichter seine Überzeugung von der Fahrereigenschaft des Betroffenen auf ein bei der Akte befindliches Foto, so müssen die Urteilsgründe entweder Ausführungen zu der Qualität der Aufnahme oder eine prozessordnungsgemäße Verweisung auf das Foto enthalten.

OLG Düsseldorf v. 08.12.2006:
Bei der Bezugnahme auf ein Radarfoto oder andere Abbildungen in den Akten drängt sich als kürzeste und deutlichste Form der Verweisung auf, die Vorschrift des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO anzuführen und ihren Wortlaut zu verwenden. Macht der Tatrichter von der Möglichkeit, auf das Radarfoto zu verweisen, nicht deutlich und zweifelsfrei Gebrauch, so muss er in den Urteilsgründen aussagekräftige charakteristische (individuelle) Merkmale feststellen, anhand derer Gesichter typischerweise und nach der jedermann zugänglichen Erfahrung mit großer Sicherheit intuitiv (wieder)erkannt werden.


OLG Hamm v. 28.09.2007:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt in den Fällen der Identitätsfeststellung des Betroffenen anhand eines bei einem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes eine gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG prozessordnungsgemäße Verweisung auf das bei den Akten befindliche Lichtbild, wenn das Foto so deutlich ist, dass es zur Identifizierung des Betroffenen uneingeschränkt geeignet ist.

OLG Hamm v. 07.01.2009:
Messprotokolle sind auch dann keine Abbildungen im Sinne von § 267 Abs. 1 S. 3 StPO, wenn sie auf einem Radarfoto eingeblendet sind.

OLG Brandenburg v. 24.06.2010:
Die Urteilsgründe müssen bei Identifikation des Fahrers durch ein Messfoto so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Hierzu kann es ausreichend sein, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Augenschein genommen werden kann. Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich. Sieht der Tatrichter von der Verweisung gemäß § 267 StPO ab, so genügt es weder, wenn er das Ergebnis seiner Überzeugungsbildung mitteilt, noch wenn er die von ihm zur Identifizierung herangezogenen abstrakten Merkmale auflistet. Vielmehr muss er dem Rechtsmittelgericht, dem das Foto dann nicht als Anschauungsobjekt zur Verfügung steht, durch eine entsprechend ausführliche Beschreibung die Prüfung ermöglichen, ob es für eine Identifizierung geeignet ist. In diesem Fall muss das Urteil Ausführungen zur Bildqualität, dabei insbesondere zur Bildschärfe, enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere Identifikationsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenschaften so präzise beschreiben.

OLG Bamberg v. 08.06.2011:
Nimmt der Tatrichter nicht ausdrücklich auf in der Akte befindliche Fotos des Betroffenen gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug, ist es erforderlich, die Identifizierungsmerkmale verbal so präzise zu beschreiben, wie sie bei Betrachtung eines Fotos wahrgenommen würden; - hierbei muss das Urteil auch Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zur Bildschärfe, enthalten.

OLG Hamm v. 20.03.2012:
Eine zulässige Verweisung ermöglicht die Regelung in § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO nur auf Abbildungen. Eine Abbildung ist eine unmittelbar durch Gesichts- oder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergabe der Außenwelt; hierzu zählen insbesondere Fotos - auch Radarfotos - und Abzüge von anderen Bildträgern. Schriftliche Aufzeichnungen über das Ergebnis einer Geschwindigkeitsmessung (Datum, Uhrzeit, gemessene Geschwindigkeit) sind keine Abbildungen - und zwar auch dann nicht, wenn diese Aufzeichnungen auf einem Radarfoto eingeblendet sind -, sondern Urkunden.

KG Berlin v. 10.05.2012:
Macht der Tatrichter wie hier von der gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO gegebenen Möglichkeit Gebrauch, in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto des Fahrzeugführers zu verweisen, so sind weitere Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn das Foto wie im vorliegenden Fall zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist. Eines Sachverständigen-Gutachtens zur Frage, ob der Betroffene der auf dem Tatfoto abgebildete Fahrzeuglenker ist, bedarf es in solchen Fällen regelmäßig nicht.



OLG Hamm v. 28.08.2013:
Soweit das Amtsgericht für einen Identitätsabgleich mit dem Messbild Formulierungen nutzt, die in weiten Teilen einer in der Akte befindlichen aber nicht eingeführten "Kurzbegutachtung Lichtbildvergleich" des Sachverständigen ähneln und sich teilweise sogar decken, liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO nicht vor, wenn das Lichtbild eindeutig und ausdrücklich in Bezug genommen wurde und der Tatrichter damit einen eigenen Vergleich vorgenommen hat, zumal das spezielle Vokabular für die Beschreibung morphologischer Identifizierungsmerkmale in ihren spezifischen Eigenarten - wie auch in anderen Bereichen - begrenzt ist.

KG Berlin v. 12.11.2015:
Zur Frage der ordnungsgemäßen Bezugnahme auf in den Akten befindliche und in Augenschein genommene Radarfotos. - Hat der Tatrichter die dem Betroffenen vorgeworfene Rotlichtzeit dem in Augenschein genommenen und nicht verlesenen Teil des Radarfotos entnommen, ist dies ausnahmsweise zulässig.

OLG Hamm v. 21.01.2016:
Eine Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein Radarfoto ist nur bzgl. der Abbildung selbst, nicht aber bzgl. der Informationen im eingeblendeten Messprotokoll möglich ist. Hierbei handelt es sich um urkundliche Informationen, nicht um Abbildungen. Insoweit ist auch eine Verweisung dann nicht "ausnahmsweise zulässig", wenn sich der gedankliche Inhalt der Urkunde "auf einen Blick erfassen" lässt (Abgrenzung zu: KG Berlin, Beschluss vom 12. November 2015, 3 Ws (B) 515/15, 122 Ss 111/15 - juris).

BGH v. 28.01.2016:
Will der Tatrichter bei der Abfassung der Urteilsgründe i.S.v. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf eine bei den Akten befindliche Abbildung verweisen, so hat er dies deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen. Eine besondere Form schreibt die genannte Vorschrift für die Verweisung nicht vor. Bringt der Tatrichter bei der Nennung und der nachfolgenden inhaltlichen Erörterung der Ablichtung einen Klammerzusatz mit deren genauer Fundstelle an, erklärt er deutlich und zweifelsfrei, er wolle die Ablichtung zum Gegenstand der Urteilsgründe machen.

OLG Bamberg v. 14.11.2016:
An die Wirksamkeit der Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO (i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG) dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Für ihre Wirksamkeit ist weder die Einhaltung einer besonderen Form oder die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts noch die Verwendung einer sonst verdeutlichenden Floskel oder die Zitierung des Gesetzes erforderlich. Notwendig und ausreichend ist, dass der Wille zur Bezugnahme unter Berücksichtigung der Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit eindeutig und bestimmt zum Ausdruck gebracht ist. - Schließt sich das Tatgericht ohne weitere eigene Erwägungen den Ausführungen eines Sachverständigen zur Ordnungsgemäßheit der Durchführung einer 'standardisierten' Messung an, müssen im Urteil die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und fachbezogenen Ausführungen des Sachverständigen - wenigstens in zusammenfassender, im Einzelfall auch nur 'gedrängter' Form - derart wiedergegeben werden, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit unabdingbar ist.

OLG Bamberg v. 06.02.2017:
Gründet die tatrichterliche Überzeugung von der Identität des Betroffenen zum Tatzeitpunkt auf einer Lichtbildidentifizierung ist von einer wirksamen Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO (i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG) auf ein bei den Akten befindliches Lichtbild regelmäßig schon dann auszugehen, wenn in den Urteilsgründen auf die genaue Aktenfundstelle des Lichtbilds hingewiesen wird (Anschluss an BGH, Urteil vom 28. Januar 2016, 3 StR 425/15, StraFo 2016, 155 = NStZ-RR 2016, 178 = BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 3 Verweisung 5; Fortführung von OLG Bamberg, Beschluss vom 14. November 2016, 3 Ss OWi 1164/169).

OLG Bamberg v. 19.07.2017:
Die Bezugnahme nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf eine in Form einer Daten-CD bei den Akten befindliche und in der Hauptverhandlung mit Hilfe eines Abspielgeräts in Augenschein genommene (bewegte) digitale Videoaufzeichnung mit der den Abstandsverstoß dokumentierenden Videosequenz ist unwirksam, weil es sich bei ihr nicht um eine die Außenwelt unmittelbar wiedergebende Abbildung handelt (Anschluss an BGH, Urteil vom 2. November 2011, 2 StR 332/11, BGHSt 57, 53 = NJW 2012, 244 = NStZ 2012, 228 = BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 3 Verweisung).

KG Berlin v. 14.09.2017:
Ein erst nach der Hauptverhandlung zur Akte gelangtes Beweismittel (hier: Lichtbild hinsichtlich eines innerorts begangenen Rotlichtverstoßes) darf nicht bei der Urteilsfindung berücksichtigt werden. Grundlage der Überzeugungsbildung des Richters und der Urteilsfindung darf nur das sein, was innerhalb der Hauptverhandlung, d.h. vom Aufruf der Sache bis zum letzten Wort des Angeklagten mündlich so erörtert worden ist, dass alle Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

OLG Düsseldorf v. 10.01.2019:
Zwar ist die Würdigung der erhobenen Beweise gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 261 StPO allein Sache des Bußgeldrichters, dessen ureigenste Aufgabe es ist, sich eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob der Betroffene in verwertbarer Weise einen Bußgeldtatbestand verwirklicht hat oder nicht. Nur er kann feststellen, ob der in der Hauptverhandlung erschienene Betroffene mit der auf einem Messfoto abgebildeten Person identisch ist. Die Überprüfung dieser tatrichterlichen Überzeugung ist dem Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich versagt. Die Urteilsgründe müssen aber so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (zu vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Mai 2013 - IV-2 RBs 42/13). Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteilsgründen auf die in der Akte befindlichen Fotos gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch die Fotos zum Bestandteil der Urteilsgründe werden und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob sie als Grundlage einer Identifizierung uneingeschränkt tauglich sind, selbst in Augenschein genommen werden können (zu vgl. Beschluss des Senats vom 18. Juli 2013 - IV-3 RBs 67/13).

OLG Hamm v. 09.03.2021:
Eine Bezugnahme ist nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO nur auf Abbildungen wegen der Einzelheiten möglich. Bei dem Datenfeld auf dem Messfoto handelt es sich aber um eine Urkunde.

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