Das Verkehrslexikon

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Seitenstreifen - Standspur

Seitenstreifen - Standspur




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Unbefestigte Seitenstreifen
-   Halten und Parken auf dem Seitenstreifen
-   Rettungsgasse
-   Haftung bei Kollision auf BAB-Standspur



Einleitung:


Seitenstreifen sind zwar Bestandteile der Autobahn, gehören jedoch nicht zur Hauptfahrbahn, vgl. OLG Bamberg (Beschluss vom 16.01.2008 - 2 Ss OWi 1687/07):

"Aufgrund dieser Feststellungen hat das Amtsgericht den Betroffenen zu Recht in objektiver Hinsicht wegen Verstoßes gegen das Verbot, auf der Autobahn rückwärts zu fahren (§ 18 Abs. 7 StVO) schuldig gesprochen, da zur Autobahn nicht nur die durchgehenden Fahrbahnen, sondern auch die Zu- und Abfahrten, deren Beginn und Ende mit den Verkehrszeichen 330 bzw. 334 gekennzeichnet sind, sowie die Seitenstreifen und Nebenfahrbahnen gehören (BayObLGSt 1979, 166/167; OLG Düsseldorf VRS 71, 459; vgl. auch Hentschel Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. StVO § 18 Rn. 14, 14b).

... Dass das Rückwärtsfahren auf dem Seitenstreifen sowie der Beschleunigungsspur der Einfahrt bzw. der Verzögerungsspur der Ausfahrt den Ordnungswidrigkeitentatbestand des §§ 18 Abs. 7, 48 Abs. 1 Nr. 18 StVO i.V.m. § 24 StVG zweifelsohne erfüllt, wurde bereits ausgeführt. Hier von zu unterscheiden ist jedoch die Rechtsfolgenbemessung, die sich aus dem Bußgeldkatalog nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BKatV ergibt, und die ihrerseits eine tatbestandsmäßige Verkehrsordnungswidrigkeit voraussetzt (Göhler OWiG § 17 Rn. 28).


c) Aus Ziffer 83 des Bußgeldkatalogs ergibt sich folgende Staffelung der Regelahndung: Das Rückwärtsfahren in einer Ein- und Ausfahrt einer Autobahn wird nach Ziffer 83.1 des Bußgeldkatalogs mit einer Regelgeldbuße von 50 €, auf der Nebenfahrbahn oder dem Seitenstreifen nach Ziffer 83.2 mit einer Geldbuße von 100 €, und auf den durchgehenden Fahrbahnen nach Ziffer 83.3 mit einer Regelgeldbuße von 150 € und einem Regelfahrverbot von einem Monat geahndet.

Der Betroffene ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht auf der Hauptrichtungsfahrbahn (= durchgehenden Fahrbahn) rückwärts gefahren, sondern „nur“ auf dem
Seitenstreifen und der Beschleunigungsspur der Einfahrt und der Verzögerungsspur der Ausfahrt. Der Beschleunigungsstreifen und der Verzögerungsstreifen sind zwar Bestandteil der Autobahn, jedoch nicht Teil der Richtungsfahrbahn (BayObLG DAR 1970, 276; OLG Hamm Beschluss vom 10.01.1978, Az. 1 Ss OWi 1986, 77 online abrufbar unter juris.de; vgl. auch Hentschel StVO § 2 Rn. 2a m.w.N.). Sie sind daher als Nebenfahrbahnen anzusehen."


Aber auch Bundesstraßen können - befestigte und Mehrfachzwecken dienende - Seitenstreifen haben. Auf ihnen muss mit Verkehr gerechnet werden, siehe hierzu das Fallbeispiel OLG Hamm (Beschluss vom 28.02.2018 - 11 U 108/17).

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Autobahn

Liegenbleiben von Fahrzeugen

Rechtsüberholen

Beschleunigungsstreifen - Verzögerungsstreifen - Seitenstreifen - Nebenfahrbahnen

Halten und Parken auf dem Seitenstreifen

Rettungsgasse bei stockendem Verkehr

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Allgemeines:


OLG Frankfurt am Main v. 14.02.2001:
§ 12 Abs. 1 Ziffer 3 StVO verbietet das Halten auf Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen. § 18 Abs. 8 StVO, der der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Autobahnen dient, verbietet das Halten auf Autobahnen. Dieses Halteverbot erstreckt sich auch auf die Anschlussstellen und damit auch auf den hier betroffenen Bereich einer Abbiege-Einfädelspur. Unter Anhalten ist jede gewollte, nicht durch die Verkehrslage oder eine Anordnung veranlasster Fahrtunterbrechung auf der Fahrbahn zu verstehen. Hält jemand in diesen Bereichen an, um sich hinsichtlich der Weiterfahrt zu orientieren, so haftet er bei einem dadurch verursachten Auffahrunfall zu 40 % mit.

OLG Zweibrücken v. 01.03.2001:
Wer nach einem Verkehrsunfall auf der Autobahn auf der Überholspur zum Stehen gekommen ist, muss grundsätzlich sein Fahrzeug sofort entfernen und auf dem rechten Seitenstreifen oder notfalls auf dem Mittelstreifen abstellen. StVO § 34 Abs 1 S 1 Nr 2 erlaubt es in einem solchen Fall nicht, zunächst nur die Unfallstelle abzusichern und die polizeiliche Unfallaufnahme abzuwarten.

OLG Celle v. 22.02.2002:
Das bloße Einsetzen eines heftigen Regenschauers ist auch für einen Motorradfahrer kein zwingender Notfall ist, der in Abweichung von § 18 Abs. 8 StVO ein Halten auf dem Standstreifen einer Autobahn rechtfertigt.

OLG Celle v. 12.12.2007:
"Liegengeblieben" ist ein Fahrzeug, das sich gleichgültig weshalb, aus eigener Kraft nicht mehr fort- oder aus dem Verkehrsbereich wegbewegen kann, d. h. entweder gegen den Willen des Fahrzeugführers nicht mehr bewegt werden kann oder dieser aus (primär im Fahrzeug liegenden) Umständen gezwungen ist, sein Fahrzeug anzuhalten. Vom Wesen her ist "Liegebleiben" damit ein unfreiwilliges Halten.




OLG Düsseldorf v. 03.06.2008:
Ein Fahrzeugführer verstößt nicht nur gegen §§ 18 Abs. 8 StVO, sondern tateinheitlich auch gegen § 23 Abs. 1a StVO, wenn er sein Kraftfahrzeug mit laufendem Motor auf dem Seitenstreifen einer Autobahn oder Kraftfahrstraße anhält und während der Standzeit ein Telefonat mit einem Mobiltelefon führt.

AG Schmallenberg v. 15.07.2011:
Bei einem Seitenstreifen handelt es sich um eine Fläche, die über einen längeren Abschnitt an der Seite einer Fahrbahn oder besser eines Fahrstreifens liegt. Sie gehören mithin nicht zur Fahrbahn. Grünflächen sind keine Streifen also auch keine Seitenstreifen. Grünstreifen hingegen können durchaus auch gleichzeitig Seitenstreifen oder besser grüne Seitenstreifen sein, wenn sie befahrbar sind. Wird ein Parkverbot durch Zusatzschild auch auf den Seitenstreifen ausgedehnt, dann darf auf einem befahrbaren Grünstreifen nicht geparkt werden.

OLG Nürnberg v. 16.07.2014:
Es bleibt offen, ob bei unterlassenen Sicherungsmaßnahmen nach § 15 StVO ein Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit der unterlassenen Maßnahmen auch dann gilt, wenn sich das liegengebliebene Fahrzeug vollständig auf dem Standstreifen befindet. Wenn das andere unfallbeteiligte Fahrzeug ohne erkennbaren Grund in einer Breite von ca. 0,7 - 0,95 m den Standstreifen befährt, ist der Anscheinsbeweis jedenfalls erschüttert. Der Verursachungsanteil des anderen unfallbeteiligten Fahrers kann in diesem Fall so sehr überwiegen, dass die Haftung des Fahrers des liegengebliebenen Fahrzeugs vollständig zurücktritt.

OLG Celle v. 08.04.2015:
Überholen ist der tatsächliche, absichtslose - d. h. nicht notwendig vorsätzliche - Vorgang des Vorbeifahrens auf demselben Straßenteil (Fahrbahn). Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn (§ 2 Abs. 1 S. 2 StVO). Wer sie benutzt, um rechts an anderen vorbeizufahren, überholt deshalb nicht im Sinne des § 5 StVO . Das Benutzen des Seitenstreifens zum Zweck eines schnelleren Vorwärtskommens stellt jedoch gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO eine vorsätzliche Verkehrsordnungswidrigkeit dar.


OLG Frankfurt am Main v. 14.03.2016:
Nutzt ein Einsatzfahrzeug der Polizei, das zu einem Verkehrsunfall auf einer Bundesautobahn gerufen worden ist, den Seitenstreifen, ist die Nutzung des Seitenstreifens von dem Sonderrecht des § 35 Abs. 1 StVO gedeckt, ohne dass es darauf ankommt, ob sich zwischenzeitlich bereits Rettungsgassen gebildet haben. - Kollidiert ein Pkw, der beim Wechsel von der mittleren auf die rechte Fahrspur einer Autobahn über die Begrenzungslinie hinaus auf den Seitenstreifen gerät, mit einem dort nur mit mäßiger Geschwindigkeit (hier: 45-50 km/h) und Blaulicht fahrenden Einsatzfahrzeug der Polizei, haftet der den Fahrstreifen wechselnde Pkw für den Unfall allein.

OLG Hamm v. 28.02.2018:
Hälftiger Schadensausgleich - auch zwischen den Haftflichtversicherern -, wenn ein Linienbusfahrer wegen eines Karnevalsstaus 200 m von der Haltstelle entfernt ohne Warnblinklicht links neben einem rechts verlaufenden befestigten Mehrzweck-Seitenstreifen hält, um die Fahrgäste auf deren Wunsch aussteigen zu lassen, und es dadurch zum Unfall kommt, dass ein aussteigender Fahrgast auf dem Seitenstreifen von einem dorthin gewechselten Kfz erfasst und verletzt wird.

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Unbefestigte Seitenstreifen:


Straßenrecht - Gemeingebrauch - Sondernutzung - Widmungsbeschränkungen

OVG Lüneburg v. 22.09.2016:
Unbefestigte Seitenstreifen gehören nicht zur Fahrbahn und sind nicht zum Befahren bestimmt. - Eine Widmungsbeschränkung, die die Benutzung der Straße auf Fahrzeuge mit einer bestimmten Achslast beschränkt, ist zum Schutz der unbefestigten Seitenstreifen nicht geeignet, da diese generell nicht zum Befahren bestimmt sind.

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Halten und Parken auf dem Seitenstreifen:


Halten und Parken auf dem Seitenstreifen

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Rettungsgasse:


Rettungsgasse bei stockendem Verkehr

AG Frankenthal v. 31.01.2017:
Gem. § 11 Abs. 2 StVO ist, sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortstraßen mit mindestens 2 Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, durch diese Fahrzeuge für die (mögliche) Durchfahrt von Polizei und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse zu bilden. Dabei ist auch ein Überfahren der Begrenzungslinie zum Standstreifen regelmäßig unschädlich.

OLG Oldenburg v. 20.09.2022:
Unmittelbar sobald die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 StVO vorliegen, müssen die Fahrzeugführer der stillstehenden oder allenfalls mit Schrittgeschwindigkeit fahrenden Fahrzeuzwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Rettungsgasse für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen bilden. Eine Überlegungsfrist für das Bilden einer Rettungsgasse besteht nicht.

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Haftung bei Kollision auf BAB-Standspur:


AG Frankenthal v. 31.01.2017:
Kommt es zu einem Unfall zwischen einem Lkw, dessen Führer wegen eines von hinten unter Signalgebung herannahenden Streifenwages nach rechts auf die die Standspur wechselt, und eiinem Pkw, dessen Führerin gerade verbotswiddrig zum schnelleren Fortkommen die Standspur benutzt, so haftet letzterer allein.

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