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Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - Führerscheinsperre - Mindestsperrfrist - Fahreignung

Die Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis / Führerscheinsperre




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Berechnung - Mindestsperrfrist - isolierte Sperrfrist
Lebenslange Sperrfrist
Gesamtstrafenbildung

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Einleitung:


Entzieht das Strafgericht einem Straftäter die Fahrerlaubnis, weil es davon ausgeht, dass er charakterlich nicht geeignet ist, als Kfz-Führer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen, so setzt es gleichzeitig eine die Führerscheinbehörde bindende Sperrzeit zwischen 6 Monaten und 5 Jahren - in besonderen Fällen sogar lebenslang - fest, innerhalb derer dem Betroffenen eine neue Fahrerlaubnis nicht wieder erteilt werden darf.

Es handelt sich hierbei um eine auf einer Prognose des Strafgerichts beruhende Maßregel der Sicherung und Besserung.


Nach dem Ablauf der Sperrfrist ist aber die Fahreignung des Betroffenen nicht automatisch wiederhergestellt; vielmehr muss das Führerscheinbüro dann in eigener Verantwortung prüfen, ob die erforderliche Fahreignung als Voraussetzung für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wiedererlangt wurde oder nicht.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein

Die isolierte Sperrfrist

Alkohol im Verkehrsstrafrecht

Entzug der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsdelikten durch das Strafgericht

Die Berechnung der Sperrfrist beim Führerscheinentzug

Nachträgliche Sperrfristverkürzung

Beschränkung auf bestimmte Arten von Fahrzeugen beim Fahrverbot und bei der Entziehung der Fahrerlaubnis.

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Allgemeines:


BayObLG v. 05.04.1991:
Die Bestimmungen des StGB § 69a Abs 4 und 6 können nicht entsprechend auf Fälle angewendet werden, in denen der Angeklagte keine Fahrerlaubnis besitzt.

AG Aachen v. 19.11.1991:
Im Hinblick auf die vom Angeklagten zwischen Tattag und Hauptverhandlung absolvierte Nachschulung für Erstalkoholtäter nach dem Modell Main 77 kann auf eine Fahrerlaubnissperre von nur noch 3 Monaten und 2 Wochen erkannt werden.

AG Lüdinghausen v. 15.07.2008:
Eine zehnstündige anerkannte Verkehrstherapie bei einem Verkehrspsychologen lässt nach einer Trunkenheitsfahrt eines bereits einschlägig vorbelasteten Täters nicht automatisch den Eignungsmangel entfallen, kann aber zu einer Verkürzung der festzusetzenden Sperre führen (hier: 4 Monate Verkürzung).

KG Berlin v. 01.11.2010:
Nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB gilt regelmäßig als charakterlich ungeeignet, wer wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) strafbar ist. Der charakterliche Mangel wird kraft Gesetzes vermutet und von einer Entziehung kann nur abgesehen werden, wenn ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die dem durch die Tat indizierten Eignungsmangel entgegenstehen. Der bloße Zeitablauf – während des Berufungs- oder Revisionsverfahrens – rechtfertigt ein Absehen von der Maßregel indes nicht. Das Berufungsgericht ist nicht gehindert, eine Sperrfrist von der gleichen Dauer anzuordnen wie schon das erstinstanzliche Gericht und das Revisionsgericht muss die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht deshalb aufheben, weil die Verfahrensdauer die Dauer der Sperrfrist übersteigt.

LG Berlin v. 17.10.2011:
Gemäß § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB beginnt die Sperre mit der Rechtskraft des Urteils. Nach § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB wird in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, indem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmalig geprüft werden konnten. Diese Anrechnungsregelung ist nicht direkt anwendbar, wenn dem Verurteilten mangels einer Fahrerlaubnis diese nicht vorläufig entzogen worden war. Die Anrechnungsvorschrift des § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ist nicht analog anwendbar.

OLG Nürnberg v. 10.08.2016:
Gegenstand einer Verständigung vor dem Berufungsgericht kann auch die nachträgliche Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch sein. Hierin liegt keine unzulässige Verständigung über den Schuldspruch oder über einen Rechtsmittelverzicht. - Das Verbot einer Verständigung über Maßregeln der Besserung und Sicherung schließt eine Verständigung über Folgeentscheidungen (etwa die Dauer der Sperrfrist beim eventuellen Entzug der Fahrerlaubnis) nicht aus. Bei der Verständigung über die Sperrfrist für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis kann eine konkrete Dauer in Aussicht gestellt werden. Der Angabe eines Rahmens bedarf es nicht.

BGH v. 15.08.2019:
Eine angeordnete Sperrfrist betreffend die Erteilung einer Fahrerlaubnis hat zur Folge, dass der Betreffende vor deren Ablauf in der Bundesrepublik Deutschland auch dann kein Fahrzeug führen darf, wenn er über eine gültige ausländische Fahrerlaubnis verfügt.

BGH v. 20.10.2020:
Die Länge der Sperrfrist ist an der voraussichtlichen Dauer der Ungeeignetheit des Täters auszurichten. Der Umfang der erforderlichen Darlegungen dieser Prognoseentscheidung in den Urteilsgründen ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Bei einem nicht vorbestraften erstmals wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis Verurteilten bedarf eine zweijährige Sperrfrist näherer Begründung.

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Berechnung - Mindestsperrfrist - isolierte Sperrfrist:


Die isolierte Sperrfrist

OLG Jena v. 27.11.2009:
Nach ganz herrschender Auffassung, der sich der Senat anschließt, berechnet sich die 3-Jahres-Frist des § 69a Abs. 3 StGB ab Rechtskraft der die frühere Sperre anordnenden Entscheidung.

OLG Hamm v. 29.07.2013:
Jedenfalls dann, wenn die Dauer einer isolierten Sperrfrist die gesetzliche Mindestsperrfrist deutlich überschreitet (konkret: Sperrfristdauer von 2 Jahren), bedarf die Länge der Sperrfrist einer eingehenden Begründung. Die Dauer der Sperrfrist richtet sich danach, wie lange die aus der Anlasstat sich ergebende Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen voraussichtlich andauern wird.

OVG Lüneburg v. 19.11.2015:
Der Lauf einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis beginnt mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung (§ 69a Abs. 5 Satz 1 StGB). Satz 2 dieser Vorschrift ist im Fall einer isolierten Sperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) nicht anwendbar.

OLG Hamm v. 31.01.2017:
Die Anordnung eines Fahrverbots nach § 44 StGB, allein mit der Begründung, die Anordnung einer (gleichzeitig angeordneten isolierten) Fahrerlaubnissperre habe hinsichtlich des Angeklagten keine fühlbaren Auswirkungen, ist rechtsfehlerhaft. Sie verkennt, den Charakter der isolierten Sperrfrist nach § 69a StGB als Maßregel der Besserung und Sicherung. - Der Tatrichter muss bei der Bemessung von Haupt- und Nebenstrafe (hier: Geldstrafe und Fahrverbot) auch das Wechselspiel dieser beiden Strafen erörtern. Haupt- und Nebenstrafe zusammen dürfen die Tatschuld nicht überschreiten.

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Lebenslange Sperrfrist:


OLG Hamm v. 25.06.2009:
Eine lebenslange Sperre bedarf stets besonders sorgfältiger Prüfung und erschöpfender Begründung. Sie setzt voraus, dass eine Sperre von fünf Jahren zur Abwendung der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Lebenslange Sperre kommt in erster Linie bei körperlich oder geistig begründeter Fahrunfähigkeit in Betracht, wenn eine Besserung ausgeschlossen erscheint. Bei charakterlichen Mängeln kommt sie in der Regel nur in Fällen schwerster Verkehrskriminalität in Betracht, insbesondere bei chronischer Trunkenheitsdelinquenz und sonstiger auf fest verwurzeltem Hang beruhender Verkehrsdelinquenz bei mehreren Vorstrafen und mehrfacher Entziehung der Fahrerlaubnis.

BGH v. 15.08.2023:
Entscheidend für die Dauer der Sperrfrist für die Wiedererteiling einer Fahrerlaubnis ist die voraussichtliche Ungeeignetheit des Täters. Eine lebenslange Sperre “für immer” nach § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB kann nur angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. - Feststellungen, dass das Verhalten des Angeklagten „schwerste Verkehrskriminalität“ darstelle und „eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr aufgrund erheblicher Charaktermängel“ offenbaren. reichen zur Rechtfertigung einer lebenslangen Sperre nicht aus.

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Gesamtstrafenbildung:


BGH v. 14.02.2008:
Wenn bei einer Gesamtstrafenbildung ein Urteil einzubeziehen ist, das unter anderem auf Entziehung der Fahrerlaubnis und Anordnung einer Sperrfrist erkannt hat, ist zu prüfen, ob sich die Sperrfrist infolge Zeitablaufs erledigt hat. Sollte sich die Sperrfrist infolge des Zeitablaufs erledigt haben, so ist lediglich die Entziehung der Fahrerlaubnis, nicht aber die Sperrfrist aufrecht zu erhalten.

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