Das Verkehrslexikon

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EU-Fahrerlaubnis - Nutzungsuntersagung - erstinstanzliche Eilentscheidungen von Verwaltungsgerichten zur sofortigen Vollziehung von Nutzungsuntersagungen

EU-Fahrerlaubnis - Nutzungsuntersagung - erstinstanzliche Eilentscheidungen von Verwaltungsgerichten zur sofortigen Vollziehung von Nutzungsuntersagungen




Gliederung:


Einleitung
Entscheidungen, die die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt haben und Begründung:

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis

Die EuGH-Entscheidungen stehen einer Nutzungsuntersagung nicht entgegen

Gegebene Zweifel "wirken fort"

Die Berufung auf das Gemeinschaftsrecht und die EuGH-Rechtsprechung ist rechtsmissbräuchlich

Es ist offen, ob die Berufung auf Rechtsmissbrauch europarechtlich zulässig ist, bei der Interessenabwägung im Eilverfahren gebietet aber das überwiegende öffentliche Interesse den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung

Nach dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis kam es zu einer schwerwiegenden Verkehrsordnungswidrigkeit

Durch die 3. Führerschein-Richtlinie ist die Rechtslage zu Ungunsten der Betroffenen verändert worden

Im ausländischen EU-Führerschein steht ein deutscher Wohnsitz

Entscheidungen, die die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt haben und Begründung:

Nach der EuGH-Rechtsprechung muss eine FE-Fahrerlaubnis „ohne Wenn und Aber“ anerkannt werden



Einleitung:


Hier findet sich eine Auswahl von erstinstanzlichen Eilentscheidungen der Verwaltungsgerichte, in denen die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Klage gegen eine Nutzungsuntersagung ihrer ausländischen EU-Fahrerlaubnis angestrebt haben.


Sofern derartige Entscheidungen bestätigt oder aufgehoben wurden, ergibt sich dies bei der Sammlung von zweitinstanzlichen Eilentscheidungsbeschlüssen der Oberverwaltungsgerichte.

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Entscheidungen, die die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt haben und Begründung:



Begründung: Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis


VG Neustadt v. 04.03.2005:
Die fehlende Berechtigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland ergibt sich aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV –; einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine behördliche Nutzungsuntersagung fehlt daher das Rechtsschutzbedürfnis.

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Begründung: Die EuGH-Entscheidungen stehen einer Nutzungsuntersagung nicht entgegen



VG München vom 13.01.2005:
Die Ausnahmeregelung des Art. 8 Abs. 2 und 4 der 2. Führerschein-Richtlinie soll es den Mitgliedstaaten gerade abweichend von der generellen Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Die Richtlinie ist also nicht auf vollständige Harmonisierung hinsichtlich der Führerscheinerteilung und -entziehung ausgerichtet, sondern enthält z.T. nur Mindestanforderungen, die einer strikteren Ausformung im Recht des einzelnen Mitgliedsstaates jedenfalls nicht grundsätzlich entgegenstehen.

VG Bayreuth v. 28.02.2005:
Die Nutzungsuntersagung stellt sich insoweit als gesetzeskonkretisierender Verwaltungsakt dar, da der Antragsteller bereits vor dessen Erlass nach § 28Abs. 4.Nr. 3 FeV nicht berechtigt war, im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis zu führen. Der Erlass der Anordnung war jedoch erforderlich, da der Antragsteller tatsächlich trotz seiner Nichtberechtigung im Inland von seiner tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch gemacht hat und durch Vorzeigen seines tschechischen EU-Führerscheins den Anschein erweckt hat, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen auch in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist.

VG Neustadt v. 11.03.2005:
§ 28 Abs. 5 FeV hält sich im Rahmen der in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG geregelten Ermächtigung; sie stellt sicher, dass entsprechend dem Wortlaut und Regelungszweck von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG im Falle einer früheren Entziehung einer Fahrerlaubnis die nach Ablauf der innerstaatlichen Sperrfrist im EU- oder EWR-Ausland erworbene Fahrerlaubnis nicht automatisch im Inland gilt, sondern das Recht zur Nutzung dieser Fahrerlaubnis von einer innerstaatlichen Prüfung und einem bewilligenden Bescheid abhängt.

VG München v. 12.04.2005:
Soweit im Hinblick auf materielle Eignungsvoraussetzungen die Richtlinie 91/493/EWG nur Mindestvoraussetzungen festlegt, besteht - anders als beim Wohnsitzerfordernis - keine ausschließliche Prüfkompetenz des Ausstellungsstaates; Art. 1 Abs. 2, Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG stehen der Anwendung nationaler Vorschriften über die Überprüfung der nach dem Recht des Mitgliedstaats bestehenden Eignungsvoraussetzungen - hier §§ 46 Abs. 3, 11 ff. FeV - sowie über die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. über die Aberkennung der Fahrberechtigung im Inland im Falle der Nichteignung - § 3 Abs. 1 S. 1 und 2 StVG, § 46 Abs. 1 und 5 FeV - nicht entgegen.

VG Dresden v. 03.01.2006:
Eine EG-Fahrerlaubnis ist auch im Bundesgebiet wirksam; sie kann allerdings nach den deutschen Verkehrsregelungen mit Wirkung für das Bundesgebiet entzogen werden. Ergeben sich Zweifel an der Fahreignung eines Führerscheininhabers mit ordentlichem Wohnsitz in der Bundesrepublik, ist die deutsche Fahrerlaubnisbehörde berechtigt, die nach dem Straßenverkehrsgesetz und der Führerscheinverordnung vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn die die Zweifel auslösenden Vorgänge vor Erteilung der (ausländischen) Fahrerlaubnis liegen.




VG Wiesbaden v. 30.05.2006:
Durch den Halbritter-Beschuss des EuGH ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht an der Anordnung einer Nutzungsuntersagung für eine tschechische Fahrerlaubnis gehindert, da sich der Beschluss nur auf eine österreichische Fahrerlaubnis bezieht.

VG Gelsenkirchen v. 15.02.2007:
Die Auslegung von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie dahingehend, dass nach Ablauf einer strafrechtlich gem. § 69 a StGB angeordneten Sperrfrist generell die Befugnis der deutschen Behörden ausgeschlossen sei, wegen der aus dem früheren Verstoß resultierenden Fahreignungszweifel aus Gründen der Gefahrprävention die nachfolgend erlangte ausländische Fahrerlaubnis zu entziehen, ist zu eng und vom EuGH so auch nicht gemeint.

VG Kassel v. 22.06.2009:
Gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2006-126/EG „3. Führerscheinrichtlinie“ besteht die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, die Anerkennung der Gültigkeit eines EU-Führerscheins abzulehnen, der von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt wurde, wenn der Führerschein im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedsstaats eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden war. Nach Art. 18 der dritten Führerscheinrichtlinie beansprucht diese Vorschrift ab dem 19.01.2009 Geltung. Die uneingeschränkte Geltung der genannten Regelung der dritten Führerscheinrichtlinie hat zur Folge, dass die (zuvor) ergangene EU-Rechtsprechung der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 4 Ziffer 3 FeV nicht mehr entgegengehalten werden kann.

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Begründung: Gegebene Zweifel "wirken fort"


VG Regensburg v. 03.02.2005:
Vorrangiges Gemeinschaftsrecht steht der behördlichen Aberkennung der Befugnis, von dieser Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, nicht entgegen. Die Mitgliedstaaten sind ermächtigt, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden, auch wenn die die Eignungsmängel bereits vor Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis vorlagen, soweit sie in der Gegenwart noch andauern.

VG Sigmaringen v. 12.05.2005:
Die Pflicht der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung von EU-Führerscheinen, die durch andere Mitgliedstaaten ausgestellt wurden (Art 1 Abs 2 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991(EWGRL 439/91)), steht der Verpflichtung der Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs 1 StVG und § 46 Abs 1 FeV zur Überprüfung der Fahreignung des Betroffenen Führerscheininhabers nicht entgegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte vorliegen, nach denen gravierende Zweifel an der Fahreignung angebracht sind.

VG Berlin v. 12.10.2005:
Bestehen aus der Zeit vor der Erteilung einer polnischen Fahrerlaubnis fortwirkende in Deutschland noch verwertbare Eignungszweifel, dann kann der Betroffene nicht mit Erfolg geltend machen, seine Fahreignung sei von den polnischen Behörden überprüft worden.

VG Leipzig v. 14.12.2005:
Für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann sich die (deutsche) Behörde auch auf Umstände berufen, die vor Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis liegen, wenn diese noch verwertbar sind.

VG Braunschweig v. 30.01.2006:
Bei Eignungsmängeln, die bereits vor der Erteilung einer Fahrerlaubnis durch einen EU-Mitgliedsstaat (hier: Polen) vorgelegen haben und auch danach weiter fortwirken können (Verkehrsteilnahme mit erheblichem Gefährdungspotential), hindert die zwischenzeitlich erteilte EU-Fahrerlaubnis nicht die Überprüfung der Fahreignungsvoraussetzungen durch die deutschen Fahrerlaubnisbehörden.

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Begründung: Die Berufung auf das Gemeinschaftsrecht und die EuGH-Rechtsprechung ist rechtsmissbräuchlich


VG Freiburg v. 01.06.2006:
Der EuGH-Rechtsprechung zur gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine kann nicht die generelle Aussage entnommen werden, dass ein Gebrauchmachen von der Ausnahmeermächtigung des Art.8 Abs.2 der Richtlinie richtlinienwidrig sein soll, wenn offensichtlich eine medizinisch-psychologische Überprüfung der Fahreignung durch den anderen Mitgliedstaat vor Ausstellung der neuen Fahrerlaubnis überhaupt nicht stattgefunden hat, wenn dem anderen Mitgliedsstaat der vorangegangene Entzug der deutschen Fahrerlaubnis zum Zeitpunkt der Erteilung der neuen Fahrerlaubnis gar nicht bekannt war oder gar vorsätzlich verschwiegen wurde und wenn schließlich zu keinem Zeitpunkt ein dauerhafter Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers in dem anderen Mitgliedsstaat bestand (zum Wohnsitzerfordernis Art.9 der Richtlinie), d.h. wenn sich der betreffende Inhaber nach vorangegangenem Entzug der deutschen Fahrerlaubnis die ausländische Fahrerlaubnis ausweislich solcher Umstände ganz offensichtlich allein zu dem Zweck beschafft hat, die Folgen des Entzugs seiner nationalen Fahrerlaubnis zu umgehen, um sich unter rechtsmissbräuchlicher Berufung auf das europarechtliche Gegenseitigkeitsprinzip der Richtlinie einer nunmehr durch die ausländische Fahrerlaubniserteilung angeblich dokumentierten Wiedererlangung eines Zustandes der Fahreignung zu berühmen.

VG Münster v. 26.06.2006:
Von den Vorabentscheidungen des EuGH gehen starke präjudizielle Wirkungen für alle anderen Gerichte aus, so dass man von einer eingeschränkten erga-omnes-Wirkung sprechen kann. Diese greift aber nur bei vergleichbaren Sachverhalten ein. Wenn aber objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Betroffener rechtsmissbräuchlich handelt, kann er sich nicht auf das Gemeinschaftsrecht, namentlich auf Art. 8 Abs. 4 RiL 91/439/EWG und dessen Auslegung durch den EuGH berufen.

VG Stuttgart v. 28.07.2006:
In Extremfällen von Fahrungeeignetheit ist ein langdauerndes Vertragsverletzungsverfahren nicht geeignet, die akute Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu beseitigen. Es geht in solchen Fällen den Betroffenen gar nicht um die Ausnützung einer für sie günstigeren Rechtslage in einem anderen Mitgliedstaat der EU, sondern lediglich um die missbräuchliche Ausnutzung von Kommunikationsproblemen zwischen den Mitgliedstaaten der EU.

VG Hamburg v. 31.07.2006:
Weder die Führerscheinrichtlinie, noch die EuGH-Rechtsprechung verbieten es einer deutschen Fahrerlaubnisbehörde, einem als ungeeignet erkannten Kraftfahrer das Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet zu untersagen. Wer durchgängig in Deutschland seinen Wohnsitz hatte, kann sich nicht auf die EuGH-Rechtsprechung berufen, weil dies rechtsmissbräuchlich wäre.

VG Gelsenkirchen v. 29.05.2007:
Wenn sich ein Betroffener seiner mangelnden Fahreignung bewusst ist und sich nicht erkennbar wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen in Tschechien aufgehalten hat, so spricht alles dafür, dass er Gemeinschaftsrecht in missbräuchlicher oder betrügerischer Absicht genutzt hat, um sich der Anwendung nationalen Rechts zu entziehen.

VG Gelsenkirchen v. 30.05.2007:
Die Aberkennung einer EU-ausländischen Fahrerlaubnis verstößt nicht gegen die europarechtlichen Freiheitsverbürgungen, wenn durch den Führerscheinerwerb nationale Verbote umgangen werden.

VG Gelsenkirchen v. 01.06.2007:
Die Fahrerlaubnisbehörde handelt rechtmäßig, wenn sie den Gebrauch einer tschechischen Fahrerlaubnis ohne vorherige MPU-Aufforderung untersagt, wenn dieser sich in der Vergangenheit bereits einer MPU nach einer Trunkenheitsfahrt entzogen und statt dessen im Bewusstsein seiner Fahrungeeignetheit einen EU-Führerschein im Ausland erworben hat.

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Begründung: Es ist offen, ob die Berufung auf Rechtsmissbrauch europarechtlich zulässig ist, bei der Interessenabwägung im Eilverfahren gebietet aber das überwiegende öffentliche Interesse den Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung


VG Aachen v. 24.06.2005:
Die Frage, ob § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV europarechtskonform ist, wird offen gelassen. An der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse.

VG Gießen v. 17.10.2005:
§ 46 FeV enthält - ebenso wie Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG - keine zeitliche Zäsur für die Berücksichtigung von Tatsachen zur Prüfung der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Grundsätzlich können daher bei der Aberkennung des Rechts, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wegen Bedenken gegen die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges Gebrauch zu machen, auch Tatsachen berücksichtigt werden, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis lagen, soweit dem nicht im Einzelfall das verfassungsrechtlich verankerte Gebot des Vertrauensschutzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen stehen.

VG Berlin v. 15.11.2005:
Ob die Anwendung nationalen Rechts aufgrund europarechtlicher Vorgaben eingeschränkt oder ausgeschlossen ist, ist nach derzeitigem Erkenntnisstand offen. Ein Unionsbürger kann sich nicht auf ihm durch das europäische Gemeinschaftsrecht eingeräumte Rechte berufen, wenn er sie rechtsmissbräuchlich erlangt hat. Allerdings ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Europäische Gerichtshof diese Rechtsfragen anders beurteilen wird. Bei der gebotenen Abwägung überwiegt zur Zeit das öffentliche Allgemeininteresse das Individualinteresse des Betroffenen.

VG Karlsruhe v. 29.12.2005:
Es erscheint es zweifelhaft, ob die Ansicht, die aufnehmenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union seien nicht berechtigt, die Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat der Union erteilten Fahrerlaubnis wegen bereits vor der Erteilung eingetretener Ereignisse zu versagen, dem systematischen Verhältnis von Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG gerecht wird.

VG Frankfurt (Oder) v. 26.01.2006:
Das zugunsten des Antragstellers streitende Interesse, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland gebrauchen machen zu dürfen, muss angesichts des hohen Gutes der Verkehrssicherheit und der erheblichen Verkehrsgefährdung Dritter durch ungeeignete Kraftfahrzeugführer grundsätzlich zurückstehen.

VG Meiningen v. 25.04.2006:
Es ist zweifelhaft, ob § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV mit Art.1 Abs.2 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist. Im Eilverfahren ist daher davon auszugehen, dass die Rechtslage offen ist. Es kommt dann entscheidend auf eine Interessenabwägung an, die bei vorangegangenen Alkoholfahrten mit zum Teil erheblichen Promillewerten i.d.R. zu Lasten des Antragstellers ausgeht.

VG Chemnitz v. 07.06.2006:
Auch nach dem Halbritter-Beschuss des EuGH bleibt offen, ob § 28 Abs. 5 FeV mit dem Europarecht vereinbar ist; bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt das öffentliche Sicherheitsinteresse dasjenige des Betroffenen. Da die verbindliche Auslegung des Rechts der Europäischen Union ausschließlich dem EuGH zusteht (Art. 220, 234 EG) und dessen Rechtsprechung von jedem nationalen Gericht bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen ist, ist das Gericht gehindert, hierzu zu entscheiden. Eine Vorlage gemäß Art. 234 EG kommt nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens in Betracht.

VG Sigmaringen v. 25.07.2006:
Die offenen Fragen der Vereinbarkeit der nationalen Vorschriften über die Nutzungsuntersagung und des Rechtsmissbrauchs bei der Berufung auf das Gemeinschaftsrecht müssen in weiteren Vorabentscheidungsverfahren durch den EuGH geklärt werden; einstweilen überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Betroffenen.

VG Chemnitz v. 31.07.2006:
Es ist nur zum Teil geklärt, inwieweit die in § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV angeordnete Einschränkung der Wirksamkeit ausländischer Fahrerlaubnisse im Inland mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Solange dies offen ist, muss im Eilverfahren auf Grund einer Interessenabwägung zwischen den Individualinteressen des Betroffenen und dem Allgemeininteresse an der Sicherheit des Straßenverkehrs abgewogen werden.

VG Frankfurt (Oder) v. 19.10.2006:
Auch wenn die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren gegenwärtig offen sind, überwiegt insbesondere beim Vorliegen objektiver und subjektiver Anhaltspunkte für Rechtsmissbrauch das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.

VG Gera v. 22.02.2007:
Wenn der ausländische Führerschein mit dem Ziel der Umgehung inländischer Vorschriften erworben wurde, um eine Fahreignung vorzutäuschen und dieser Missbrauch zudem für andere Verkehrsteilnehmer zur Gefahr von Leib und Leben bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr führt, kann sich der Fahrerlaubnisinhaber hierauf nicht berufen. Ist offen, ob derartiger Rechtsmissbrauch vorliegt, so überwiegt im Eilverfahren das öffentliche Interesse dasjenige des Betroffenen.

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Begründung: Nach dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis kam es zu einer schwerwiegenden Verkehrsordnungswidrigkeit:


VG Bayreuth v. 27.06.2006:
Begeht der Inhaber einer polnischen Fahrerlaubnis nach deren Erteilung eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 52 km/h, dann ist davon auszugehen, dass alte Eignungsmängel auf Grund einer Drogenproblematik aus der Zeit vor der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis fortwirken und noch bestehen, sodass der Ausspruch einer Nutzungsuntersagung ohne vorherige Beibringung einer positiven MPU rechtmäßig ist.

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Begründung: Durch die 3. Führerschein-Richtlinie ist die Rechtslage zu Ungunsten der Betroffenen verändert worden:


VG Düsseldorf v. 05.02.2007:
Nach Art.11 Abs. 2 der 3. Führerscheinrichtlinie (RL 2006/126/EG), die am 19.01.2007 in Kraft getreten ist, kann der Mitgliedsstaat des ordentlichen Wohnsitzes vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsgrundsatzes auf den Inhaber einer von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen.

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Begründung: Im ausländischen EU-Führerschein steht ein deutscher Wohnsitz


VG Wiesbaden v. 30.06.2008:
Ergibt sich aus dem ausländischen Führerschein, dass die für die Erteilung der Fahrerlaubnis erforderliche Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben gewesen bzw. nicht positiv festgestellt worden ist, kann die Anerkennung des ausländischen Führerscheins abgelehnt werden.

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Entscheidungen, die die aufschiebende Wirkung wieder hergestellt haben und Begründung:


Begründung: Nach der EuGH-Rechtsprechung muss eine FE-Fahrerlaubnis „ohne Wenn und Aber“ anerkannt werden


VG Frankfurt am Main v. 07.09.2005:
Bei der Beurteilung der Fahreignung von Inhabern einer in einem anderen Staat der EU erteilten Fahrerlaubnis dürfen Ereignisse, die vor der Erteilung dieser Fahrerlaubnis liegen, nicht berücksichtigt werden.

VG Schleswig v. 25.10.2005:
Eine Nutzungsuntersagung einer polnischen Fahrerlaubnis kann nicht auf die erfolglose Anordnung zur Beibringung des medizinisch psychologischen Gutachtens gestützt werden, weil sich der Antragsteller durch eine Trunkenheitsfahrt im Jahre 1990 als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges gezeigt habe und diese Eignungszweifel auch nach Erhalt der polnischen Fahrerlaubnis noch fortwirken würden.

VG Frankfurt am Main v. 25.04.2006:
Das Gericht hält auch in Ansehung der vom 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vertretenen gegenteiligen Ansicht an seiner Auffassung fest, dass nach dem Erwerb einer EU-Fahrerlaubnis die Anordnung einer MPU nicht rechtmäßig ist, wenn damit Eignungszweifel beseitigt werden sollen, die auf Tatsachen aus der Zeit vor der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis gestützt werden.

VG Augsburg v. 29.05.2006:
Die vom EuGH im Beschluss vom 06.04.2006 - C 227/05 (Halbritter) - statuierte strikte Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen, die von Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellt wurden, veranlasst das Gericht, seine bisherige Ansicht aufzugeben, dass die Vorschriften des § 28 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 FeV mit hoher Wahrscheinlichkeit mit europäischen Recht vereinbar sind; ebenso ist nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs kein Raum mehr für eine Interessenabwägung für den Fall, dass die Frage der Vereinbarkeit der zitierten Normen mit Europarecht offen ist.



VG Neustadt v. 01.06.2006:
Die Fahrerlaubnisbehörde darf nach dem Halbritter-Beschluss des EuGH den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis nicht zur Vorlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung auffordern und nach dessen Weigerung, sich einer solchen Begutachtung zu unterziehen, nicht nach § 11 Abs. 8 FeV auf seine Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges schließen.

VG Chemnitz v. 21.06.2006:
Ein tschechischer Führerschein ist als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt. An einer „erneuten“ Prüfung der körperlichen oder geistigen Eignung und Befähigung des Inhabers der EU-Fahrerlaubnis ist die Fahrerlaubnisbehörde dann wegen der vom EuGH vorgegebenen engen Auslegung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG gehindert. Somit haben auch Maßnahmen zur Vorbereitung der Entscheidung über den Entzug der Berechtigung aus der EU-Fahrerlaubnis, namentlich die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, zu unterbleiben, wenn sich diese auf Begebenheiten stützt, die vor Erteilung der EU-Fahrerlaubnis lagen.

VG Bayreuth v. 27.06.2006:
Auch wenn der Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 06.04.2006 in der Rechtssache C-227/05 (Halbritter) zu einem anderen und nicht direkt vergleichbaren Sachverhalt ergangen ist, wird dort relativ deutlich ausgeführt, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, ein Fahreignungsgutachten zu fordern, wenn keine Eignungszweifel auslösenden Umstände vorliegen, die erst nach Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis eingetreten sind.

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