Das Verkehrslexikon

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Facharztgutachten im Fahrerlaubnisrecht

Facharztgutachten im Fahrerlaubnisrecht




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Verdachtsanordnung
Kein anfechtbarer Verwaltungsakt
Anfechtung von Nebenbestimmungen (Auflagen)
Facharztgutachten oder MPU?
Anordnungs-Anforderungen
Zu übersendende Unterlagen / Einsicht
Betäubungsmittel - Besitz / Handel
„Reichsbürger“
Nichtvorlage des Gutachtens
Zeitablauf zwischen Anordnung und Sofortvollzug der Entziehung

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Einleitung:


Zur Ursachenfeststellung und zur Verifizierung von objektivierbaren Umständen, die Grund für eine fehlende oder mangelnde Fahreignung sein können, wird und muss sich die - medizinisch in der Regel nicht vorgebildete - Fahrerlaubnisbehörde fachkundiger Hilfe bedienen und anordnen, dass ein Fahrerlaubnisbewerber vor der Erteilung oder ein Fahrerlaubnisinhaber vor fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen ein fachärztliches Gutachten beibringen muss.

Dies kann bei Alkoholproblematiken (Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit) oder bei physischen oder psychischen Erkrankungen geschehen aber auch in Form eines angeordneten Drogenscreenings.


Gerade weil es sich bei der Anordnung um einen tief die Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen betreffenden und mitunter rechtlich folgenreichen Eingriff handelt, kommt es auf eine genaue und stets an den Anforderungen des Fahrerlaubnisrechts ausgerichtete Fragestellung an. Hierbei muss auch beachtet werden, dass der ärztliche Gutachter nicht mit Fragestellungen überfordert wird, die in den Bereich der medizinisch-psychlologischen Untersuchung (MPU) gehören und umgekehrt selbstverständlich auch die Psychologen in den MPIs nicht mit rein fachärztlichen Fragestellungen fehlgeleitet werden.

Die Ermessensausübung durch die Fahrerlaubnisbehörde ist in gleicher Weise notwendig und auch im gleichen Rahmen überprüfbar wie bei der MPU; auch die Rechtsfigur des sog. intendierten Ermessens spielt bei der Anordnung eines Facharztgutachtens zur Behebung von Fahreignungszweifeln eine vergleichbare Rolle.

Ebenso wie bei der MPU wird von der nicht fristgerechten Beibringung eines rechtmäßig angeordneten Gutachtens auf das Fehlen der Fahreignung geschlossen.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Drogen

Stichwörter zum Thema Cannabis

Krankheiten und Fahrerlaubnis

Drogenschnelltest - Drogenvortest - Urin Control

Drogenscreening

Haaranalyse - Abstinenznachweis

Abstinenznachweis allgemein

Facharztgutachten

Fachärztliches Gutachten bei Alkoholproblematik

Kosten des Alkohol- oder Drogenscreenings, insbesondere bei der Erfüllung von Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht

Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)

MPU oder Facharztgutachten

Einzelne Drogen und Substanzen

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Allgemeines:


VGH München v. 27.07.2005:
Die erforderliche Nachweisführung für die Fahreignung kann gleichsam "aufgespalten" und dem Betroffenen zunächst, gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV, nur die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens aufgegeben werden. Durch diese rechtliche Gestaltungsmöglichkeit soll mit Blickrichtung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor allem sichergestellt werden, dass sich der Betroffene nicht bereits zum Zwecke der Durchführung der fachärztlichen Begutachtung an eine Begutachtungsstelle für Fahreignung wenden muss, die für ihn u.U. schlechter erreichbar ist als ein Arzt im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV oder von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV.

VGH München v. 27.09.2010:
Ob jemand Betäubungsmittel konsumiert hat, lässt sich, wenn der Betroffene dies nicht einräumt und keine sonstigen Beweismittel (z.B. eindeutige Zeugenaussagen) vorliegen, nur dadurch feststellen, dass von ihm stammende Körperflüssigkeiten oder Körpersubstanzen laboratoriumsdiagnostisch daraufhin untersucht werden, ob sich in ihnen Spuren (von Abbauprodukten) solcher Stoffe finden. Dies stellt den sachlich rechtfertigenden Grund dafür dar, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV die öffentliche Verwaltung in solchen Fällen auf die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens beschränkt. Hieran ändert sich nichts, wenn zu dem Verdacht des Konsums "harter" Betäubungsmittel die Tatsache einer bereits feststehenden gelegentlichen Cannabiseinnahme hinzutritt. Das Verlangen nach Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens lässt sich in solchen Sachverhaltsgestaltungen nicht begründen. - Soweit der beschließende Senat es in der Vergangenheit als zulässig angesehen hat, gelegentliche Cannabiskonsumenten auch dann gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV damaliger Fassung (heute: § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens aufzufordern, wenn die nach dieser Bestimmung erforderlichen weiteren, Eignungszweifel begründenden Tatsachen ausschließlich in dem Verdacht bestehen, "harte" Betäubungsmittel konsumiert zu haben (vgl. BayVGH vom 14.3.2007 Az. 11 CS 06.2043 RdNr. 13; vom 20.8.2007 Az. 11 ZB 07.1271 RdNrn. 10 ff.), kann hieran aus den aufgezeigten Gründen nicht festgehalten werden.

VGH München v. 30.01.2014:
Um die Notwendigkeit einer fachärztlichen Begutachtung zu bejahen, genügt es, dass bei einer Person Symptome zu verzeichnen sind, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Fähigkeit zur adäquaten Erfassung und Bewertung der Lebenswirklichkeit beeinträchtigt ist, und dass diese Störung möglicherweise mit einer Gefährdung des Straßenverkehrs einhergeht. Denn eine Person, die in ihrem Umfeld ablaufenden Vorgängen eine nicht der Realität entsprechende Bedeutung beimisst, bietet nicht die Gewähr dafür, dass sich aus ihrer motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr keine Schäden für die Rechtsgüter Dritter ergeben werden.

VGH München v. 04.02.2014:
Die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4 oder 5 der FeV vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach § 46 Abs. 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die in § 11 bis 14 FeV geregelten Aufklärungsmaßnahmen zu treffen, wenn Hinweise auf die genannten Krankheiten vorliegen. Zu den notwendigen Aufklärungsmaßnahmen gehört nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV auch die Anordnung, ein fachärztliches Gutachten beizubringen.

VGH München v. 12.03.2014:
Richtig ist zwar, dass § 13 S 1 Nr 1 FeV nur erlaubt, ein ärztliches Gutachten anzufordern, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Jedoch ordnet die Fahrerlaubnisbehörde nach § 13 S 1 Nr 2 Buchst a FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für fahrerlaubnisrechtlichen Alkoholmissbrauch vorliegen. Aus dem Kontext dieser beiden Vorschriften ergibt sich, dass im Rahmen eines nach § 13 S 1 Nr 1 FeV angeordneten ärztlichen Gutachtens auch gefragt werden darf, ob Anzeichen für Alkoholmissbrauch im medizinischen Sinn, also für übermäßigen, schädlichen Gebrauch vorliegen.

OVG Münster v. 23.04.2015:
Soweit in einer Gutachtenanordnung gegenüber einem Radfahrer im Zusammenhang mit der Frage an den Gutachter auf die Beurteilung der Kraftfahreignung abgehoben wird, handelt es sich mit Blick auf die übrige zutreffende Begriffswahl (Fahreignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge) um eine versehentliche Falschbezeichnung ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung.

OVG Saarlouis v. 15.02.2016:
Hat die Fahrerlaubnisbehörde unter Vorgabe einer konkreten Fragestellung die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zur Kraftfahreignung angeordnet, hat der mit der Gutachtenerstellung beauftragte (Amts-)Arzt das ihm durch die Fragestellung vorgegebene Prüfprogramm medizinisch abzuarbeiten. Er ist nicht befugt, aus den Äußerungen im Rahmen der Anamnese den Schluss zu ziehen, dass sich die medizinische Abklärung, die die Behörde als notwendig ansieht, erübrigt.

VGH München v. 25.04.2016:
Die Fahreignung wird nur durch schwerwiegende psychische Erkrankungen ausgeschlossen. Vor der Anordnung einer fachärztlichen Begutachtung muss die Fahrerlaubnisbehörde zuerst prüfen, ob der Sachverhalt zunächst noch durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen weiter aufgeklärt werden kann. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten, bei dem regelmäßig der Charakter des Betroffenen zu erforschen ist, nur angeordnet werden darf, wenn die der Anforderung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen einen Eignungsmangel als naheliegend erscheinen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.6.1993 – 1 BvR 689/92 – BverfGE 89, 69 = juris Rn. 63).

VG Lüneburg v. 20.06.2017:
An die Rechtmäßigkeit der Gutachtenaufforderung sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil der Antragsteller die Gutachtenaufforderung mangels Verwaltungsaktqualität nicht unmittelbar anfechten kann. Die Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens zur Frage der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 (Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF) lässt für den Betroffenen nicht erkennen, dass auch die Frage der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen A, A1, A2, B, BE, AM, L und T) überprüft werden soll.

VGH München v. 28.01.2019:
  1.  Hinreichende Erfolgsaussichten für einen PKH-Antrag liegen nicht erst vor, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs gewiss ist, sondern es reicht aus, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Obsiegen ebenso in Frage kommt wie ein Unterliegen. Die Anforderungen an die Erfolgsaussicht dürfen dabei nicht überspannt werden.

  2.  Einerseits besteht die Auffassung, in bestimmten Situationen sei das in § 11 FeV eröffnete Ermessen intendiert und damit Ermessenserwägungen nur erforderlich, wenn besondere Umstände vorliegen. Ist eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, so müssen besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen.

  3.  Ob angesichts der Begründungspflichten aus § 11 Abs. 6 FeV und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (U.v. 17.11.2016 a.a.O) im Rahmen des § 11 FeV von einem intendierten Ermessen ausgegangen werden kann, erscheint aber durchaus fraglich.

  4.  Geht man gleichwohl von einem intendierten Ermessen aus, dann hätte die Fahrerlaubnisbehörde aber darauf verweisen müssen, dass deshalb keine weiteren Erwägungen erforderlich sind. Die Figur des intendierten Ermessens wird unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als nicht unproblematisch angesehen, weshalb bei der Annahme grundsätzlich Zurückhaltung geboten ist

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Verdachtsanordnung:


Drogenkonsum-Verdacht - Beweisanzeichen für Drogenkonsum

VGH München v. 20.02.2017:
Für die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV reicht der bloße Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Ob ein solcher Konsum tatsächlich vorliegt, soll gerade durch das ärztliche Gutachten geklärt werden. - Hat der Betroffene in einer Diskothek nicht nur Ecstasy angeboten, sondern auch LSD, lässt das darauf schließen, dass er Zugang zu weiteren Betäubungsmitteln hatte. Nicht selten wird der Eigenkonsum durch Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in geringen Mengen finanziert. Auch die in seiner Wohnung aufgefundenen Drogenutensilien sprechen, auch wenn es sich dabei überwiegend um Cannabisutensilien (wohl mit Ausnahme der Feinwaagen) gehandelt hat, dafür, dass der Antragsteller deutlich mehr mit Drogen zu tun hat als den behaupteten einmaliger Verkaufsversuch einer Ecstasy-Tablette.

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Kein anfechtbarer Verwaltungsakt:


OVG Hamburg v. 22.05.2002:
Eine auf § 46 Abs 3 iVm §§ 11 bis 14 FeV gestützte Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens stellt keinen Verwaltungsakt, sondern eine nicht vollstreckbare, lediglich der Sachverhaltsaufklärung dienende vorbereitende Maßnahme dar, die erst im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis überprüft werden kann und gegen die auch die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes in aller Regel unzulässig ist.

OVG Weimar v. 11.05.2004:
Die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde, ein Drogenscreening beizubringen, ist auch unter der Geltung der Fahrerlaubnis-Verordnung - wie auch die Anordnung einer MPU - kein Verwaltungsakt.

OVG Schleswig v. 11.04.2014:
Eine auf § 46 Abs 3 iVm §§ 11 bis 14 FeV gestützte Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens stellt eine lediglich der Sachverhaltsaufklärung dienende vorbereitende Maßnahme dar, die erst im Rahmen eines Verfahrens über die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis überprüft werden kann und gegen die auch die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes in aller Regel unzulässig ist.

VGH München v. 09.11.2017:
Es ist höchstrichterlich geklärt und entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es sich bei der Anordnung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens nach der Fahrerlaubnis-Verordnung um eine Verfahrenshandlung nach § 44a VwGO und nicht um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 BayVwVfG handelt und diese Aufforderung daher nicht selbstständig angegriffen werden kann (BVerwG B.v. 28.6.1996 – 11 B 36.96 – juris; B.v. 17.5.1994 – 11 B 157.93 – ZfSch 1994, 432; BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 11 ZB 06.1818 – juris Rn. 3.; B.v. 22.5.2017 – 11 ZB 17.637 – juris Rn. 12; OVG SH, B.v. 11.4.2014 – 2 MB 11/14 – juris; OVG LSA, B.v. 14.9.2007 – 1 O 190/07 – juris; OVG Hamburg, B.v. 22.5.2002 – 3 Bs 71/02 – juris; vgl. auch Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 11 FeV Rn. 25). - Gegen die Gutachten-Anordnung sind weder die Anfechtungs- noch die Feststellungsklage oder der Antrag auf Erlass einer Anordnung im Eilverfahren zulässig.

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Anfechtung von Nebenbestimmungen (Auflagen):


VG Neustadt v. 23.03.2017:
Wird eine Fahrerlaubnis nach Überprüfung der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers unter Auflagen regelmäßiger Kontrolluntersuchungen und der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens eines Arztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung belassen, so sind diese Auflagen als Verwaltungsakte selbständig anfechtbar. - Der Anfechtbarkeit der einer Fahrerlaubnis beigefügten Nebenbestimmung in Form einer Gutachtensanordnung nach § 11 FeV steht § 44a VwGO nicht entgegen.

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Facharztgutachten oder MPU?


MPU oder Facharztgutachten

BVerwG v. 17.03.2021:
Zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn der Betroffene bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug zwar eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille aufwies, bei ihm aber trotz einer BAK von 1,1 Promille oder mehr keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festgestellt wurden. Bei solchen Anhaltspunkten für eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung und eine damit einhergehende erhöhte Wiederholungsgefahr begründen sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV).

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Anordnungs-Anforderungen:


VGH Mannheim v. 20.04.2010:
In der Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zur Klärung von Fahreignungszweifeln ist dem Betroffenen auch die konkrete Fragestellung der Begutachtung mitzuteilen. Eine Gutachtensanordnung muss aus sich heraus verständlich und bestimmt sein. Lässt sich der Gutachtensanordnung nach einem weiteren Schriftwechsel im Widerspruchsverfahren nicht mehr zweifelsfrei entnehmen, welche Eignungszweifel auf welche Weise geklärt werden sollen, ist die Anordnung keine rechtmäßige Grundlage für den Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV.

VGH Mannheim v. 10.12.2013:
An die Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung für eine fachärztliche Untersuchung sind mangels selbständiger Anfechtbarkeit der Gutachtensanordnung und wegen der einschneidenden Folgen einer unberechtigten Gutachtensverweigerung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen. Die in § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV normierten formellen Anforderungen schließen es aus, die Fragestellung so auszugestalten, dass die mit der Begutachtung betraute Stelle dadurch ermächtigt wird, die Gesamtheit der in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erwähnten Krankheitsbilder zum Gegenstand der Untersuchung zu machen.

OVG Lüneburg v. 15.04.2014:
In materieller Hinsicht ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es zu den an eine Untersuchungsanordnung zu stellenden Mindestanforderungen zählt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein und der Betroffene ihr entnehmen können muss, was konkret ihr Anlass ist, ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag und welches Verhalten konkret von ihm gefordert wird.

OVG Saarlouis v. 14.06.2016:
Die Tatsachen, auf die die Behörde ihre Zweifel an der Kraftfahreignung stützt, sind in der Anordnung, ein ärztliches Gutachten beizubringen, substantiiert darzulegen. Eine Anordnung auf einen bloßen Verdacht hin, sozusagen „ins Blaue hinein“ ist nicht zulässig.

OVG Bautzen v. 03.12.2021:
Wird der Fahrerlaubnisbehörde ein Fahreignungsgutachten direkt durch die begutachtende Fachärztin zugeleitet, hängt dessen Verwertbarkeit durch die Fahrerlaubnisbehörde maßgeblich davon ab, ob das Gutachten den in § 11 Abs. 5 FeV i. V. m. Anlage 4a zur Fahrerlaubnisverordnung geregelten Anforderungen entspricht.

OVG Weimar v. 27.10.2021:
  1.  Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens ist grundsätzlich der Zeitpunkt ihres Erlasses.

  2.  Auf den Zeitpunkt des Erlasses ist aber nicht abzustellen, wenn die ursprünglich zu Recht bestehenden Bedenken gegen die Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers eindeutig ausgeräumt werden, ohne dass es noch der Vorlage des geforderten Gutachtens bedarf.

  3.  Wurde bei einem Fahrerlaubnisinhaber festgestellt, dass er unter dem Einfluss von Cannabiskonsum gefahren ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung der ärztlichen Begutachtung zur Feststellung des Konsumstatus ein Drogenscreening mit einer Haar- und einer Urinanalyse verlangt.

  4.  Die Anordnung wird nicht schon dadurch gegenstandslos, dass der Betroffene noch vor Ablauf der Beibringungsfrist ein freiwillig durchgeführtes Drogenscreening auf der Grundlage einer Haaranalyse nach CTU-Kriterien vorlegt.

  5.  Eine Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens ist nicht mehr anlassbezogen, wenn sich die zu klärenden Fragen allgemein auf den Konsum von Drogen oder Betäubungsmitteln erstrecken, aber keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Fahreignung des Betroffenen - außer dem festgestellten Cannabiskonsum – im Hinblick auf andere Betäubungsmittel, namentlich sog. harte Drogen, fraglich erscheinen könnte.

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Zu übersendende Unterlagen / Einsicht:


BVerwG v. 17.11.2016:
Bei der Mitteilungspflicht der Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV handelt es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung ohne Rechtsfolgen bleibt. - Der Umstand, dass die Tilgungs- und Verwertungsfristen von Verkehrsverstößen noch nicht abgelaufen sind, macht insbesondere bei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringensaufforderung bereits längere Zeit zurückliegenden Verstößen einzelfallbezogene Ermessenserwägungen im Rahmen der nach § 11 Abs. 2 und 3 FeV zu treffenden Ermessensentscheidung nicht entbehrlich..

OVG Berlin-Brandenburg v. 11.10.2017:
Der Hinweis nach § 11 Abs. 6 Satz 2 HS 2 FeV ist nicht entbehrlich, wenn die Behörde im konkreten Einzelfall stillschweigend nicht beabsichtigt, Unterlagen an die Gutachtenstelle zu übersenden..

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Betäubungsmittel - Besitz / Handel:


VG Neustadt v. 04.02.2016:
Der Besitz einer größeren zum Weiterverkauf bestimmten Menge Betäubungsmittel, die tatsächlich auch verkauft wird, rechtfertigt für sich allein nicht die Anordnung, ein ärztliches Gutachten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV beizubringen.

OVG Saarlouis v. 15.02.2016:
Werden bei einer Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts auf Betäubungsmittelhandel größere Mengen von Marihuana und Amphetamin, welche zum Handeltreiben vorhanden waren, sowie Griptütchen und eine Feinwaage aufgefunden und weiterhin festgestellt, dass der Verdächtigte merklich unter Einfluss von Drogen steht, ist die Anordnung eines Facharztgutachtens zur Abdeckung eines Amphetaminkonsums gerechtfertigt.

VG Freiburg v. 28.07.2016:
Nicht jeder Besitz von Haschisch darf zum Anlass genommen werden, eine ärztliche Begutachtung zu verlangen. Letzteres setzt tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass bei dem Betroffenen ein Konsum- oder Bevorratungsverhalten gegeben ist, das anders als ein bloß gelegentlicher Cannabiskonsum aus sich heraus andauernde Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs rechtfertigt. - Es kann dahingestellt bleiben, ob der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV der Besitz von Betäubungsmitteln tatsächlich (zweifelsfrei) nachgewiesen sein muss und hinreichend konkrete Verdachtsmomente für einen solchen Besitz nicht genügen, uneingeschränkt zu folgen ist oder ob es den Fall gibt, in dem es ausreichend sein kann, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Besitz von Betäubungsmittel spricht.

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„Reichsbürger“:


VG Freiburg v. 09.08.2017:
Abwegige und abstruse Äußerungen rechtlicher oder tatsächlicher Art, wie sie von sogenannten Reichsbürgern gemacht werden, können für sich allein noch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine die Fahreignung beeinträchtigende Gesundheitsstörung begründen.

VGH Mannheim v. 02.01.2018:
  1.  Das Äußern politischer und rechtlicher Auffassungen, die der Allgemeinheit völlig abwegig erscheinen (insbesondere Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der Gültigkeit ihrer Rechtsnormen), und hierauf zurückzuführende Verhaltensweisen außerhalb des Straßenverkehrs durch sog. Reichsbürger bieten für sich allein gesehen noch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine die Fahreignung ausschließende psychische Erkrankung im Sinn der Nr 7 der Anl 4 der FeV.

  2.  Da das für Anhänger der "Reichsbürgerbewegung" typische abweichende Verhalten im Regelfall seine Ursache in der Gruppenzugehörigkeit haben dürfte, bedarf es für eine Anordnung, sich einer Begutachtung durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zu unterziehen, um abzuklären, ob eine der in Nr 7 der Anl 4 der FeV genannten psychischen Krankheiten vorliegt, weiterer hinreichend gewichtiger Anhaltspunkte, die auf eine solche schwere psychische Erkrankung hindeuten.

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Nichtvorlage des Gutachtens:


Folgen der Nichtbeibringung des Facharzt-Gutachtens - Mitwirkungsverweigerung an Untersuchungen

Folgen der Nichtbeibringung des MPU-Gutachtens - Mitwirkungsverweigerung an Untersuchungen

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Zeitablauf zwischen Anordnung und Sofortvollzug der Entziehung:


OVG Saarlouis v. 20.10.2016:
Ein Zeitablauf von knapp drei Monaten ab der im Verlauf eines Verfahrens über den Widerspruch gegen eine Entziehung der Fahrerlaubnis gewonnenen Erkenntnis der Behörde, dass der zugrundeliegende Verdacht auf Drogenkonsum einer weiteren Aufklärung durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens bedarf, bis zur auf der Grundlage dieses Gutachtens ausgesprochenen Anordnung der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs steht (fallbezogen) nicht im Widerspruch zu der von der Behörde auf ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug gestützten Begründung der Vollziehungsanordnung.

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