Das Verkehrslexikon

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Fußgängerüberweg - Zebrastreifen - Fußgänger - Radfahrer - Fahrrad - Rollstuhlfahrer - Krankenfahrstühle - Zebrastreifenmarkierung

Fußgängerüberweg - Zebrastreifen




Gliederung:


-   Einleitung
-   Allgemeines
-   Verzicht des Fußgängers auf den Vorrang

-   Fußgängerüberweg und Pedelec
-   Fußgängerüberweg und Radfahrer
-   Fußgängerüberweg und Straßenbahn

-   Ampelgeregelter Zebrastreifen und § 315 c StGB
-   Streupflicht
-   Kfz-Umsetzung - Abschleppkosten
-   Straßenverkehrsgefährdung



Einleitung:


Geschützte Fußgängerüberwege sind nur solche Übergänge, die durch Zeichen 293 (Zebrastreifenmarkierung) ausgewiesen sind. Das Aufstellen eines isolierten Zeichens 350 genügt nicht.

Die Verhaltensregeln an Zebrastreifen sind in § 26 StVO geregelt.


Das Vorrecht gilt nur für Fußgänger, Benutzer von Krankenfahrstühlen und Rollstuhlfahrer. Radfahrer müssen ihr Fahrrad laufend schieben oder "rollern", wenn sie den Vorrang in Anspruch nehmen wollen.

Nicht einheitlich wird die Frage beantwortet, ob auch ein Zebrastreifen mit Ampelregelung ein Fußgängerüberweg im Sinne des § 315 c StGB ist oder nicht. Der BGH hat diese Frage bislang offen gelassen.

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Allgemeines:


Stichwörter zum Thema Fußgänger und Fußgängerunfälle

BGH v. 27.05.1975:
Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt nahezu einhellig von einem Kraftfahrer, dem durch andere Fahrzeuge die Sicht auf einen Fußgängerüberweg teilweise verdeckt ist, sich einem solchen Überweg nur mit ganz besonderer Vorsicht zu nähern, so dass er jederzeit vor einem zügig über die Fahrbahn eilenden Fußgänger noch anhalten kann. Nähert sich ein Kraftfahrer einem in der Gegenrichtung haltenden öffentlichen Verkehrsmittel (Straßenbahn oder Omnibus), so muss er selbst außerhalb von Fußgängerüberwegen seine Geschwindigkeit so herabsetzen, dass Fußgänger, die unachtsam einige Schritte in seine Fahrbahn treten, nicht gefährdet werden.

OLG Düsseldorf v. 25.08.1992:
Allein die Feststellung, dass ein Fußgänger den Überweg bereits betreten hat und dort zwei Schritte gegangen ist, als der Kraftfahrzeugführer diesen passierte, belegt nicht eine Zuwiderhandlung des Fahrzeugführers gegen § 26 I StVO.

OLG Celle v. 05.06.2000:
An Fußgängerüberwegen herrscht weder für die Fahrzeugführer noch für die Fußgänger der Vertrauensgrundsatz. Der Überwegbenutzer hat den Fahrverkehr mit Sorgfalt zu beobachten, er darf sich nicht bedingungslos darauf verlassen, dass ihm der Fahrzeugführer den Vorrang einräumen werde. Allein aus der Verringerung der Geschwindigkeit eines sich dem Überweg nähernden Kfz darf der Fußgänger nicht herleiten, dass der Fahrzeugführer ihn bemerkt hat und rechtzeitig würde anhalten können; er darf jedenfalls nicht "im blinden Vertrauen" auf das ordnungsgemäße Verhalten des Kraftfahrers sein Vorrecht am Fußgängerüberweg ausüben (hier: Haftungsverteilung 80% zu Lasten des Fahrzeugführers).




OLG Hamm v. 14.07.2003:
Bewegt sich ein Fußgänger auf dem Gehweg parallel zum Fahrbahnrand und nähert er sich dabei einem Fußgängerüberweg, der in rechtem Winkel zu seiner Gehrichtung läuft, so werden dadurch für einen in die gleiche Richtung fahrenden Fahrzeugführer noch nicht die Pflichten gem. § 26 StVO (Heranfahren mit mäßiger Geschwindigkeit, Ermöglichen des Überquerens, nötigenfalls Warten) ausgelöst.

AG Ahrensburg v. 20.08.2009:
Für Kraftfahrzeuge besteht keine grundsätzliche Wartepflicht vor Fußgängerüberwegen, wenn sich ein Radfahrer dem Fußgängerüberweg nähert, ohne abzusteigen. Der Führer des Kraftfahrzeugs hat aber damit zu rechnen, dass der Radfahrer die Straße fahrend überqueren werde, und sein Fahrverhalten entsprechend anzupassen.

LG Saarbrücken v. 09.07.2010:
Bewegt sich ein älterer Mensch als Fußgänger am Straßenrand erkennbar in Richtung eines Fußgängerüberwegs, so muss ein Kraftfahrer jederzeit damit rechnen, dass der ältere Mensch unvermittelt den Fußgängerüberweg betritt, ohne auf das weitere Verkehrsgeschehen zu achten. Für die unfallursächliche Verletzung der Pflichten aus § 3 Abs. 2a StVO durch den Kraftfahrer spricht ein Anscheinsbeweis. Auch ein älterer Mensch darf an einem Fußgängerüberweg nicht blindlings auf seinen Vorrang vertrauen. Versucht er trotz erkennbarer Gefährdung des fließenden Verkehrs, die Fahrbahn zu überqueren, trifft ihn ein Mitverschulden.

LG Frankenthal v. 24.11.2010:
Derjenige, der radfahrenderweise einen Fußgängerüberweg überquert, wird vom Schutzbereich eines Fußgängerüberwegs nicht erfasst Gem. § 26 Abs. 1 StVO sind an Fußgängerüberwegen lediglich Fußgänger sowie Fahrer von Krankenfahrstühlen oder Rollstühlen privilegiert, nur diesen räumt die Straßenverkehrsordnung gegenüber Fahrzeugen des fließenden Verkehrs Vorrang ein. Dem gegenüber genießt ein Radfahrer, der sich als solcher fortbewegt, bei Überquerung der Fahrbahn auf einem Fußgängerüberweg gerade nicht den Schutz des § 26 Abs. 1 StVO. Bei einer Kollision zwischen bevorrechtigtem Kfz und den Zebrastreifen fahrenderweise überquerden Radfahrer, der jedoch die gegenüberliegende Verkehrsinsel schon fast erreicht hat, kann Schadensteilung angemessen sein.

OLG Jena v. 27.06.2011:
Grundsätzlich muss der Kraftfahrer vor dem Überweg sofort anhalten, wenn er sieht, dass Fußgänger den Überweg betreten oder sonst durch ihr Gesamtverhalten Benutzungsabsicht anzeigen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn ein vorsichtiges Weiterfahren den Fußgänger bei normalem Weitergehen überhaupt nicht beeinflusst, d.h. ihn in keiner Weise beeinträchtigen kann. Dieser Ausnahmefall ist entweder bei einem außergewöhnlich langen oder in der Mitte geteilten Überweg oder sonst nach Verständigung zwischen Fahrzeugführer und Fußgänger denkbar.

OLG Celle v. 03.01.2013:
Fußgängerüberwege im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sind ausschließlich solche i.S. des § 26 StVO, also die durch Zeichen 293 zu § 41 StVO i.V.m. dem Hinweiszeichen 350 zu § 42 StVO markierten Zebrastreifen.

OLG Stuttgart v. 30.05.2014:
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 StVO in Verbindung mit Satz 1 dieser Vorschrift muss ein Fahrzeug „dann“ - und nur dann - mit mäßiger Geschwindigkeit an einen Fußgängerüberweg heranfahren, wenn ein Fußgänger den Überweg erkennbar benutzen will. Es gibt keine allgemeine Verpflichtung eines Kraftfahrers, seine Geschwindigkeit alleine deshalb zu verlangsamen, weil die nicht ausschließbare Möglichkeit besteht, ein Fußgänger könne den Überweg benutzen.

OLG München v. 16.09.2016:
Kommt es an einem Fußgängerüberweg zu einem Unfall zwischen einem zu schnell fahrenden, nicht anhaltenden Pkw und einem Fußgänger, so haftet der Kfz-Führer zu 3/4, wenn für den Fußgänger das Fahrzeug ausreichend lange sichtbar war und er den Unfall bei Beachtung des Fahrverhaltens des ungebremst weiterfahrenden Pkw und bei entsprechendem Verzicht auf die Überquerung des Zebrastreifens hätte vermeiden können. Bei Dunkelheit hat der Zebrastreifenbenutzer den Fahrzeugverkehr sorgfältig zu beobachten und bei erkennbarer Gefährdung durch nahende Fahrzeuge abzuwarten.

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Verzicht des Fußgängers auf den Vorrang:


BayObLG v. 19.09.2001:
Die Wartepflicht am Fußgängerüberweg entfällt zwar, wenn der Fußgänger auf sein Vorrecht verzichtet. Das kann aber nur angenommen werden, falls der Verzicht so unmißverständlich anzeigt wird, daß hierüber keinerlei Zweifel möglich ist.

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Fußgängerüberweg und Pedelec:


LG Arnsberg v. 07.03.2017:

  1.  Ein das Pedelec fahrend benutzender Verkehrsteilnehmer ist als Radfahrer nicht in den persönlichen Schutzbereich des § 26 Abs. 1 StVO einbezogen.

  2.  Kommt es beim fahrenden Benutzen des Fußgängerüberwegs zum Unfall mit einem Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn, trifft den Pedelecfahrer, der vom kombinierten Geh- und Radweg aus die Straße zu überqueren begonnen hat, ein Mithaftungsanteil von 2/3.

OLG Hamm v. 02.03.2018:

  1.  Den vom gegenüberliegenden Gehsteig kommenden und auf einem Fußgängerüberweg die Fahrbahn in einem Zug überquerenden Pedelec Fahrer trifft bei einer Kollision mit einem Kraftfahrzeug ein Verschulden nach § 10 StVO.

  2.  Als nicht abgestiegener Fahrer eines Pedelec - mithin als Radfahrer - unterfällt er nicht dem Schutzbereich des § 26 StVO.

  3.  Eine Reaktion des Kraftfahrzeugführers ist nicht bereits dann gefordert, wenn der Pedelec Fahrer vom linksseitigen Rad-/Gehweg auf den Zebrastreifen auf der Gegenfahrbahn auffährt. Eine Reaktionsaufforderung ist erst zu dem Zeitpunkt gegeben, zu dem - vom Pedelec Fahrer zu beweisen - konkrete Anhaltspunkte erkennbar wurden, dass der Pedelec Fahrer durchfahren und nicht auf der Mittelinsel halten würde, um der Kraftfahrerin ihren Vorrang zu gewähren.

Fußgängerüberweg und Radfahrer:


Radfahrer und Fußgängerüberweg

Radfahrer-Unfälle

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Fußgängerüberweg und Straßenbahn:


Straßenbahn - Tram - Stadtbahn

BGH v. 27.05.1975:
Der Fahrer eines Straßenbahnzuges verhält sich verkehrswidrig, wenn er entgegen § 15 Abs. 4 StVO a. F. (jetzt § 12 Abs. 1 Nr. 4 StVO 1970) diesen Zug so zum Halten gebracht hat, dass er etwa die halbe Breite des Fußgängerüberwegs in Anspruch nimmt. Dieses Halteverbot betrifft nicht Fahrtunterbrechungen, die durch die Verkehrslage, eine polizeiliche Weisung oder eine sonstige Anordnung (Verkehrssignalanlage, Bahnschranke usw.) bedingt sind. Das Halteschild befreit jedoch nicht von diesem Verbot.

OLG Köln v. 11.01.2001:
Auf dem Fußgängerüberweg, der außer über die Fahrbahn auch über eine Straßenbahn-Gleisanlage führt, muss eine auf Zugkontakt reagierende ("zugbediente") Blinklichtanlage vor einem sich nähernden Straßenbahnzug warnen. Ein Blinklicht, das unabhängig vom Herannahen einer Bahn ständig aufleuchtet, reicht zur Verkehrsregelung nicht aus. Das Unterlassen einer derartigen Warnung für die Fußgänger stellt eine schuldhafte Amtspflichtverletzung dar. Den unaufmerksamen Fußgänger, der eine sich nähernde Straßenbahn übersieht, trifft ein Mithaftungsanteil von 2/3.

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Ampelgeregelter Zebrastreifen und § 315 c StGB:


Straßenverkehrsgefährdung

LG Kassel v. 19.06.2001:
Die Tatbestandsalternative der Ziffer 2c des § 315c Abs. 1 StGB erfasst ein Falschfahren nur an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 StVO, sodass der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn kein Zebrastreifen vorhanden ist.

BGH v. 15.04.2008:
Der Senat hätte indes Bedenken, die Vorschrift des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB von vornherein dann nicht eingreifen zu lassen, wenn der "Fußgängerüberweg" zusätzlich durch eine in Betrieb befindliche Lichtzeichenanlage gesichert ist. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

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Streupflicht:


Verkehrssicherungspflicht

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Fußgängern

KG Berlin v. 26.04.2002:
Die im Berliner Landesrecht öffentlich-​rechtlich ausgestaltete Glättebekämpfungspflicht deckt sich nach Inhalt und Umfang mit der aus der Eröffnung eines Verkehrs kraft Bundesrecht folgenden allgemeinen privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht. Im Einklang mit diesen Grundsätzen sind für Fußgänger innerhalb von geschlossenen Ortschaften auf der Fahrbahn die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege – bei denen es sich nicht unbedingt um besonders gekennzeichnete Überwege im Sinne des § 26 StVO handeln muss – zu bestreuen, soweit dafür ein Bedürfnis besteht.

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Kfz-Umsetzung - Abschleppkosten:


Abschleppkosten - Kfz.-Umsetzungsgebühren

VGH München v. 18.02.2014:
Wird ein Fahrzeug unter Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit weniger als 5 m vor einem Fußgängerüberweg abgestellt, ist dessen gebührenpflichtige Umsetzung rechtmäßig. Wegen der sichtbehindernden Wirkung geht von einem solchen Fahrzeug eine Gefahr für diejenigen Fußgänger aus, die den Zebrastreifen überqueren wollen. Da bereits die Möglichkeit der Gefährdung einzelner Personen genügt, die auf den Schutz des Fußgängerüberwegs vertrauen, spielt es keine Rolle, ob der Fußgängerüberweg zum Zeitpunkt des Parkens tatsächlich benutzt worden ist.

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Kfz-Umsetzung - Abschleppkosten:


Straßenverkehrsgefährdung

BGH v. 21.05.2015:
Die vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c StGB erfasst nur das Falschfahren an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 StVO. Das sind allein die durch Zebrastreifen markierten Fahrbahnflächen. Die Verwendung des Rechtsbegriffes „Fußgängerüberweg“ in den Urteilsgründen vermag die Angabe der zu dessen Ausfüllung erforderlichen Tatsachen nicht zu ersetzen (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO).

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