1. |
Es obliegt der Straßenverkehrsbehörde, die einer verkehrsrechtlichen Anordnung zugrundeliegenden Umstände zu ermitteln, zu dokumentieren und aktenkundig zu machen. Sie trägt die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Anordnung eines Verkehrszeichens erfüllt sind (BayVGH, B.v. 28.12.2020 – 11 ZB 20.2176 – juris Rn. 22).
|
2. |
Eine verkehrsrechtliche Anordnung setzt zwar nicht voraus, dass Schadensfälle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (BVerwG, U.v. 23.9.2010 – 3 C 37.09 – BVerwGE 138, 21 = juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 5.6.2018 – 11 B 17.1503 – KommunalPraxis BY 2018, 320 = juris Rn. 26). Hat aber – wie hier – eine langjährig bestehende verkehrsrechtliche Lage ohne offensichtlich hohes Gefahrenpotential noch nie zu einem Unfall geführt, ist dies durchaus ein Anhaltspunkt dafür, dass es an einer besonderen Gefahrenlage fehlt.
|
3. |
Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen jedoch nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nach § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
|
4. |
Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen sind insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet (vgl. BVerwG, B.v. 3.1.2018 – 3 B 58.16 – juris Rn. 21 m.w.N.).
|
1. |
Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass (ordnungsgemäß aufgestellte) Vorschriftszeichen, auch solche, durch die eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfolgt, i.d.R. wahrgenommen werden und ein fahrlässiges Übersehen die Ausnahme darstellt. Daher braucht die Möglichkeit, dass der Betroffene das Vorschriftszeichen übersehen hat, nur in Rechnung gestellt zu werden, wenn sich hierfür Anhaltspunkte ergeben (st. Rspr., vgl. BGH, 4 StR 638/96, juris; OLG Celle NZV 2014, 232).
|
2. |
Der Regelvermutung steht der alleinige Umstand, dass die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch ein einmalig und einseitig aufgestelltes Vorschriftszeichen begrenzt war, nicht von vornherein entgegen (Abweichung von OLG Brandenburg, Beschluss vom 20. Februar 2017, (1) 53 Ss-OWi 56/17 (34/17). Anlass zur Prüfung des Vorliegens eines Ausnahmefalls besteht nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, z.B. bei einer die Wahrnehmung des Verkehrsschildes bestreitenden Einlassung des Betroffenen oder bei festgestellten besonderen Witterungs- oder Straßenverhältnissen zum Vorfallszeitpunkt. |